Es war wie in früheren Jahren: Keine Diskussion, ob wir noch einmal gehen sollten. Alle waren wir vom Portugiesischen Weg 2013 begeistert, und alle wären gern wieder gegangen, aber außer meiner Frau Hedwig und mir konnte nur Marianne wieder mit. 2003 waren Hedwig und ich schon von Villaviciosa, dem Verzweigungspunkt der beiden Äste der Nordwege, aus den Küstenweg bis Santiago gegangen. Nach so langer Zeit war sicher vieles verändert. Jedenfalls war Marianne mit dieser Route einverstanden. Das Gewimmel auf dem Camino Francés musste nicht sein, obwohl sie diesen noch nicht gesehen hat. Für Marianne war es die 2. Pilgerfahrt, für Hedwig die 9. und für mich die 13. Una vez el camino, siempre el camino (Einmal Pilgerweg, immer Pilgerweg).
Die Vorfreude war groß und währte lang, da wir schon Oktober 2013 die Flüge gebucht hatten (siehe die Planung). Ganze Abende verbrachte ich damit, schöne Wegalternativen mit Google Earth und Iberpix ausfindig zu machen. Aus Iberpix stellte ich Ausschnittkarten 1:25.000 und 1:50.000 zusammen, eine sehr wertvolle Hilfe, wie die Praxis bestätigte.
Jetzt sind wir wieder zu Hause, und der Bericht lässt mich in Erinnerungen schwelgen, etwas wie Heimweh nach dem Weg kommt auf. Außenstehende finden es sicher seltsam, aber wer einmal unterwegs war, weiß mir die Sentimentalität nachzufühlen. Es kommt hinzu: Ich bin dieses Jahr 70 geworden und nicht mehr 56 wie seinerzeit, als ich mit dem Pilgern anfing. Schon dieses Jahr kann es das letzte Mal gewesen sein. Vor allem wegen meiner Frau, die - ich darf es berichten - seit 3 Jahren an Morbus Parkinson leidet und ab irgendwann auf meine Hilfe angewiesen sein wird. Spätestens dann werde auch ich zu Hause bleiben.
Die ganze Pilgerfahrt stand also unter der Rahmenbedingung, dass Hedwig noch die körperlichen Strapazen aushielt, aber Belastung bis an die Grenze war genau das, was ihr die Ärzte rieten. Es war also nicht verantwortungslos oder egoistisch von mir, sie erneut zu einer Pilgertour zu ermuntern. Ich wusste aber auch von Anfang an, dass die Planung in diesem Jahr schnell Makulatur sein konnte, und tatsächlich wurde sie besonders in der ersten Hälfte ohne Umschweife über den Haufen geworfen, wie ich noch schildern werde.
Als Handbuch habe ich wie üblich eines von Raimund Joos verwendet:
Raimund Joos & Michael Kasper: Spanien: Jakobsweg Küstenweg
Outdoor-Handbuch, Band 71. 11., überarbeitete Aufl. 2013. 320 S., Preis: 16,90 €,
ISBN 978-3-86686-405-4
Conrad-Stein-Verlag
Auf der Seite des Verlags am besten bei der Suche "Küstenweg" eingeben.
(Es gibt inzwischen unzählige Pilgerhandbücher.)
Inzwischen ist eine 12. Auflage erschienen, eine 13. ist für Januar 2015 angekündigt.
Pilgerweg im Netz:
Man kann den Pilgerweg unter
Wikiloc
im Internet verfolgen. Er ist als gelber Strich eingezeichnet. Man kann sich mit
der Suchfunktion auch einzelne Abschnitte anzeigen lassen. Ferner haben diverse
Einsender auch Wanderrouten in der Nähe des Camino beschrieben, aber die sind nicht
allzu zuverlässig und kaum für Pilger geeignet, die nicht lange herumsuchen
können.
Achtung: Zunächst das Bild durch Anklicken eines Symbols oben rechts in der Ecke auf Vollbild vergrößern. Danach einfach nach Belieben vergrößern und die Positionspfeile betätigen.
Unten rechts wird auch das Höhenprofil angezeigt, aber was wirklich super ist: Man kann mit dem Mauszeiger die Entfernungsachse des Höhenprofils entlangfahren, dann werden einem laufend die aktuelle Position auf dem Weg und die dortige Höhe angezeigt.
18 Etappen (mit einigen Umwegen, aber auch Abkürzungen): 352,3 km (davon 17 Etappen mit ca. 300 km zu Fuß)
Unsere Route und damit die Entfernungen können nicht für eine normale Pilgertour zugrunde gelegt werden, da wir absichtlich einige individuelle Änderungen vornahmen.
Wegeauszeichung und Wege
Die Wege waren im Vergleich zu 2003 ebenfalls wesentlich verbessert. Trotzdem weist noch mancher Muschelstein in zugewachsene Wege. Da haben wir uns über die Landstraße verdrückt. Von Ribadeo bis Sobrado dos Monxes gibt es praktisch keine Alternativen mehr, und die Pilger laufen jede Etappe im Konvoi. Genauso ging es uns auch. Gewöhnt hatten wir uns an die in Spanien üblichen "Mordanschläge" auf Fußgänger: die Löcher im Pflaster, die durchgerosteten Kanalgitter, die plötzlichen Abbruchkanten usw. Mit den üblichen gegenseitigen Warnungen ging es diesmal fast ohne Sturz ab. Nur ich musste mir natürlich an einer Stelle doch mal wieder ein blutiges Knie holen, in diesem Jahr das linke ...
Fußpflege
Wetter im Juni
Handbuch
Hier ist jetzt die Gelegenheit, um die Frage zu beantworten, ob man ruhig auf
das Handbuch verzichten kann. Ich meine: nein. Besonders wertvoll waren die
Hinweise auf Unterkünfte und Einkaufsmöglichkeiten, ferner die beschriebenen
landschaftlich schöneren
Nebenstrecken, auf denen es ja keine Wegeauszeichnung mit Pfeilen gibt.
Ich habe selbst einige zusätzliche Alternativen ausgekundschaftet, die das Handbuch
gut ergänzen.
Hunde
Trinkwasser, Verpflegung, Finanzen
Ein Pilgermenü oder ein Tagesmenü gab es fast überall. Ich schildere Einzelheiten bei den Etappen. Der Preis war geblieben: zwischen 8 und 10 €, darüber winkten wir ab. Nur eine seltsame neue Erfahrung: Ein Tagesmenü gab es in einigen Orten nachmittags bis 16h00, dann war Schluss, auch abends nichts mehr. Ebenso wie letztes Jahr in Portugal war Merluza (Seehecht) wieder oft im Angebot. Manchmal hatte ich den Verdacht, dass man sich darauf verließ, dass wir Merluza nicht von importiertem Billigfisch aus Asien unterscheiden konnten. Na ja, es schmeckte aber. Die Übernachtungskosten waren in Galizien auf 6 € erhöht worden. Privatzimmerpreise: pro Kopf von 10 bis 20 €, teils sehr günstig. Man merkt den wirtschaftlichen Druck. Als Pilger waren wir überall willkommen und wurden sehr freundlich, teils sogar herzlich und persönlich behandelt. Wir sind tatsächlich wieder mit 25 € pro Tag ausgekommen (den Flug nicht gerechnet), weil wir öfter als geplant in den Herbergen unterkamen.
Ausrüstung
Unterkünfte, Reservieren und Telefonieren
Einige Privatübernachtungen hatte ich vorgebucht, so das Hotel an der Ría de Foz über booking.com von zu Hause: wiedermal perfekt und preisgünstig. Ich kann booking.com jetzt nach dreimaligem Ausprobieren sehr empfehlen. Dann habe ich schon in der Planung berichtet, dass ich noch von zu Hause telefonisch in der Pension in Santa Marina reserviert hatte. So ersparte ich mir das Rumsuchen nach einem Telefon in Avilés. Tatsächlich gibt es kaum mehr Telefonzellen in Spanien, und ich bekam auch keine Vorbezahlkarte mehr in den Tabakläden. Brauchte ich auch nicht, denn zum ersten Mal hatte ich mein Mobiltelefon mitgenommen, und - o Freude! - die Anrufe in Spanien kosteten nur etwa 20 cent. Da hat sich ja gewaltig was getan. Ich brauchte auch nichts umzustellen, sondern mein Uraltmobiltelefon suchte sich selbst das günstigste lokale Netz. Das alles hatte ich durch eine sehr freundliche und kompetente Beratung in der Telekom-Filiale in Münster erfahren. Man reinigte sogar mein Mobiltelefon und meinte, bei meinen bescheidenen Anforderungen bräuchte ich auch kein neues. Da hat Telekom einen treuen Kunden mehr. Das Mobiltelefon hat mir diesmal unschätzbare Dienste geleistet, wie ich noch schildern werde. Ich habe mich auch da kulturell erfolgreich angepasst :-) Mein Spanisch muss auch wohl besser geworden sein, denn erstmalig hatte ich selbst beim Telefonieren keine Probleme. Oder die Gesprächspartner hatten inzwischen gelernt, Ausländer-Einfachspanisch zu sprechen. Jedenfalls war ich sehr stolz auf diese neuen Erfolge. 12. Juni 2014, Donnerstag: Flug nach Asturias, Herberge von AvilésAuf 3h45 sollte ich den Wecker stellen, da wir 4h50 abgeholt wurden. Um 4h31 bemerkt meine Frau, dass ich den Wecker auf 4h45 gestellt habe. Gottlob waren die Rucksäcke so gut wie fertig gepackt, aber jetzt zählte jede Minute, und man muss ja wirklich bis zuletzt an alles denken, wenn man das Haus für 3 Wochen verlässt. Das fing ja gut an! Aber bei unserer Routine lief alles ohne Übereinandergestolper ab, und fast auf die Minute pünktlich waren wir fertig, allerdings ohne Frühstück. Mariannes Mann brachte uns mitten in der Nacht per Auto zum Flughafen nach Düsseldorf, was uns ca. 3 Stunden ersparte, wenn wir mit dem Zug gefahren wären. Die Iberia hatte uns den Flug 5 Stunden vorverlegt. Eigentlich unmöglich! Muss man das hinnehmen? Gottlob hatte unsere Reiseagentur dafür kostenlos den Anschlussflug ebenfalls um 5 Stunden früher umgebucht, so dass wir nun schon am frühen Nachmittag in Avilés eintreffen konnten. Das war schon ein großer Vorteil, der uns versöhnte.
Wir verdrücken uns in die Stadt und suchen lange nach einem Supermarkt. Wir finden einen, ziemlich weit weg im Westen der Altstadt ("elárbol" ist jetzt die Schreibweise), wo auch morgen unser Weg eine Kreuzung vorher entlanggeht. Gute zusätzliche Information.
Die ersten MitpilgerUnter den Pilgern ist die Verständigung mühsam. Da ist z.B. ein Koreaner, mit ihm ein undefinierbarer alter Mann mit Militärmantel, ein italienisches Fähnchen darauf, brabbelt aber irgendein Kauderwelsch, ich tippe auf Balte oder sonstiger Osteuropäer. Die Bettnachbarn, eine Gruppe von 3 Spaniern, kommen mir etwas hochnäsig vor. Jedenfalls suchen sie nicht den üblichen Kontakt, sondern sehen nur zu, dass sie alles haben. In der Nacht höre ich im Dunkeln etwas fallen: Es war die Sonennbrille einer der beiden Frauen, aber als ich die beim Packen morgens finde, sind sie längst weg. Ich lasse die Finger davon, die Sonnenbrile einzupacken, denn wegen übereifrigem Mitsorgen für andere habe ich mir schon mal die Finger verbrannt. Tscha, diesmal hätte es aber klappen können, wie ich Tage später merkte. Abends treffen noch einige weitere Pilger ein, ohne dass wir deshalb zusammenrücken müssen. Um 22h00 wankt noch ein junger Deutscher herein. Er ist erschöpft und sagt außer einem Gruß kein Wort. Es folgt eine ruhige Nacht. 13. Juni 2014, Freitag: Von Avilés nach Esteban de Pravia, 20,2 kmUnd schon ist alles wieder Routine, das Geraschel ab 5h00, dass alles ab 6h00 davonstürzt, als sei man auf der Flucht, und unser gemütliches Aufstehen mit Platz in den Waschräumen und im Schlafsaal, kein Schlangestehen vor der Toilette, weil wir immer unter den Letzten sind. Aaron aus OldenburgHeute ist Freitag, der 13., da sollte man ja lieber in Deckung bleiben ;-) Uns ficht das natürlich nicht an. Gegen 6h00 aufstehen. Der junge Deutsche gegenüber wird ebenfalls munter. Ich stelle uns spontan vor, er sagt: Aaron aus Oldenburg. Beim Frühstück kommen wir ins Gespräch. Er hat ein Praktikum in Madrid hinter sich, hat sich spontan entschlossen, ein Stück Jakobsweg zu gehen und ist etwas kopflos aufgebrochen, hat mit Mühe Avilés als Ausgangsort erreicht. Er hört aufmerksam zu, was ich über die nächsten Etappen sage. Es kommt, wie schon früher öfter, er schließt sich uns vorerst an. Es ist aber abzusehen, dass er uns in ein-zwei Tagen zurücklassen muss, da er sonst mit seiner Zeitplanung nicht hinkommt. Aber meine Abkürzungen und Varianten bis Soto de Luiña sagen ihm sehr zu. Also, abgemacht! 7h50 Morgengebet, und dann um 8h05 los. Heute lege ich den Text meiner Planung lange Zeit nicht aus der Hand, denn ich will die Abkürzung (von ca. 3 km) direkt auf Piedras Blancas zu ausprobieren. Außer meiner Wegbeschreibung (s.u.) habe ich auch noch einen Iberpix-Kartenausschnitt in der Hand. (Um Urheberprobleme zu vermeiden, stelle ich die nicht ins Netz, kann sie aber auf Anforderung elektronisch zusenden.) Abkürzung von Avilés nach Piedras BlancasMan verpasst Salinas (man kommt aber sowieso nicht ans Meer) und die Kirche San Martín de Laspra, die ich vor 11 Jahren schon gesehen habe. Haut einen nicht um. Von der Herberge zum Camino de GaxínVon der Herberge links auf dem Stadtring (Av. de Cervantes) weiter, in einem lang gezogenen Rechtsbogen. Rechts liegt ein großer Park. Weiter in die Verlängerung = Doctor Severo Ochoa hinein, am Ende der Plaza de Carbayedo (kleinere Grünanlage, hier in der Nähe ist der Supermarkt "elarból") nicht sofort links ab, sondern eine Kreuzung weiter bis zur nächsten und dort links in die Av. San Augustin. Jetzt immer geradeaus bis zum Ende an einem Kreisverkehr. Dahinter erhebt sich ein riesiges rotes Gebäude, das Colegio San Fernando. Hier stimmt der 11 Jahre alte Stadtplan wegen Neubauten nicht mehr so ganz. Im Kreisverkehr am rechten Rand geradeaus weiter über die nach rechts abknickende große Straße (Fuero da Avelés?) hinweg in Richtung Colegio. Dort geht nach rechts eine schmale Asphaltstraße ab (wohl die alte Straßenführung), parallel zu der eben überquerten Ausfallstraße, aber etwas höher. Man folgt diesem Rad- und Fußweg einige hundert Meter, dann mündet er, fast wieder an der Ausfallstraße, in eine andere kleine Landstraße, die von der Ausfallstraße nach links (Westen) führt. (Man hätte also auch die Ausfallstraße am Kreisverkehr rechts gehen können, darf dann aber den Abzweig links der kleinen Landstraße nicht verpassen.) Der weitere Weg bis Piedras BlancasDie Landstraße ist der Camino de Gaxín, und man ist sofort in einer schönen Landschaft. Hinter einem ragen die Hochhäuser von Avilés auf, das man auf diesem Weg recht schnell verlassen hat. Auf diesem kleinen Sträßchen nun immer geradeaus, der Flecken Gaxín bleibt rechts liegen. Brücke über die Schnellstraße N-632. (Hier endet der Stadtplan.) Immer weiter auf dem Sträßchen nach Westen, zwischen einer Häusergruppe hindurch, eine Landstraße überqueren. Geradeaus weiter. Erst ist nur links Wald, dann auch rechts. In einer Linkskurve dieser halblinks folgen (nicht rechts abbiegen). Die Straße senkt sich nun in ein markantes Bachtal, an dem ein Bauernhof liegt. Links und rechts erhebt sich Wald. Gleich geht es aus dem Tal wieder hoch, und schon nach 100 m zweigt rechts ein weiteres Sträßchen ab, in das wir nach kurzem Zögern (keinerlei Schilder) einbogen. Das war richtig. Es ging kräftig bergauf. Oben erreichten wir nach einigen hundert Metern den Waldrand. Geradeaus ging es auf einer Piste weiter, die Asphaltstraße machte einen Knick nach rechts, dem wir folgten. Aus dem Wald heraus geht es über offenes Grünland zwischen Höfen auf eine Häusergruppe zu (darin links ein auffälliges langgestrecktes Gebäude). Rechts um die Häuser herum, Rechtsbogen um Gebüsch, und dann dreht der Weg nach Norden, parallel zu dem anderen Ast der Fernstraße N-632 (im Handbuch als gelbe Linie eingezeichnet, mit einem großen Rechtsbogen im Norden). Kurz darauf nicht geradeaus weiter, sondern links abbiegen auf die Fernstraße zu. Es ist ohnehin die Hauptrichtung. Vor der Fernstraße nach rechts und dann ganz nah an ihr entlang, bis von vorne eine andere Landstraße dazukommt und beide Richtungen links die N-632 unterqueren. Dann folgt ein Rechtsbogen auf eine Eisenbahnunterführung zu. Ziemlich eng, man muss aufpassen. An der Unterführung glaubte ich einen gelben Pfeil zu sehen. Dann eine Linkskurve, und man läuft auf die alte N-632 zu, dahinter sieht man schon Piedras Blancas zum Greifen nahe.
Von der Plaza Europa zum regulären PilgerwegRechts erscheint dann die Plaza Europa. Dort rechts abbiegen, über den Platz und geradeaus weiter durch die Calle del Rey Pelayo. Diese führt schnurgerade links am westlichen Altstadtrand vorbei. Doch schon nach gut 100 m geht es vor einem leichten Rechtsknick links ab (Calle del Vallín) bis zu einer T-Kreuzung. Dort rechts (Villar, Camino Caleon del Cura) in einem großen Linksbogen, schon außerhalb der Bebauung, bis zur nächsten T-Kreuzung. Hier kommt der Jakobsweg von rechts und geht links in die Calle de Juan Sin Tierra weiter. Nach wenigen Metern halbrechts abzweigend, steil ansteigend in Richtung La Cruz weiter. Dann wieder nach dem Handbuch. Zusammenfassende Beurteilung der AbkürzungInsgesamt hat sich aus meiner Sicht diese Variante gelohnt: landschaftlich schön, leicht zu laufen und kürzer. An den Resten der Wegeauszeichnung sieht man, dass hier früher einmal der Jakobsweg herging. Warum er verlegt wurde, kann man nur raten. Auch die Iberpix-Karte zeigt am Eingang von Piedras Blancas ein Muschelsymbol. (Ende der Abkürzung von Avilés nach Piedras Blancas)Bis zu den Höhen vor Soto del BarcoWenn man sich den weiteren Weg auf der Iberpix-Karte anschaut, sieht man, dass man nur wenig abseits von Fern- und Schnellstraßen durch viel Grün, das einem landschaftliche Einsamkeit vortäuscht, nach Südwesten geführt wird. Die Kennzeichnung ist tadellos. Hinter Piedras Blancas folgt der Stadtteil Cruz. Dann zieht man oberhalb von Vegarrozada weiter, lange durch mehr oder lichte Wälder auf der Höhe, und kommt bergab zum Ortsteil Ventaniella von Santiago del Monte. An einer Kapelle vorbei (es war die in meinem Bericht von 2003 erwähnte Ermita de la Virgen de los Remedios) überquert man die Landstraße CT-1 und kommt an der Kirche vorbei in den Ortsteil La Banda. Hier quert man die N-634, die vom Flughafen kommt, und biegt in die Landstraße AS-318 nach San Juan de la Arena ein. (Es war 2003 hier, wo wir uns wegen dem Ausbau der N-634 so übel in der Baustelle verlaufen hatten.)
Neue Wegeführung in Soto del BarcoHier gab es eine neue Wegeführung: Anstatt der N-632 nach rechts zur Brücke zu folgen, wird man geradeaus in die Stadt gelotst und läuft dann nach rechts ca. 2 km, bis man vor der Ría-Brücke herauskommt. Es ist die alte Trasse der N-632. Ein satter Umweg, der wohl wegen der Gefährlichkeit der N-632 eingerichtet wurde. Noch nicht im Handbuch erwähnt! Ich rate auszuprobieren, ob man nicht doch an der N-632 entlanglaufen kann.
Danach laufen wir gemeinsam über die Brücke und nehmen gleich wieder Abschied von Hans, der heute noch bis Soto de Luiña will. Wir anderen vier unterqueren jedoch die N-632 und ziehen am linken Ría-Ufer nach Esteban de Pravia, unserem heutigen Ziel weiter. Wir sind guten Muts und bei Kräften, auch das Wetter ist freundlicher, weil gegen 12h00 die Sonne herausgekommen ist und den restlichen Nebel vertrieben hat. Angenehm warm.
Jugendherberge "Bocamar" in Esteban de PraviaDie große Doppeltür ist verschlossen, aber rechts ist noch eine Eingangstür mit Klingel. Ein Mann öffnet, bittet uns freundlich in einen großen Aufenthaltsraum (hinter der Doppeltür) herein und schaut prüfend. Es gibt 4-Bett-Zimmer, da sollen wir noch Aaron mit hineinnehmen. (Er will nicht wegen 1 Jugendlichen ein weiteres Zimmer öffnen, denn ausgebucht war hier wahrscheinlich nicht.) Als wir "kein Problem" sagen, haben wir bei ihm gewonnen. Oben sind im 1. Stock 2 4-Bett-Zimmer a 2 Doppelstockbetten, etwas eng. Ferner 1 Frühstücksraum und 2 Badezimmer mit je Klo, Dusche und Waschbecken zusammen. Reicht aber für maximal 8 Leute. Später kamen noch ein Ehepaar und eine Pilgerin, die wir schon aus Avilés kannten und bezogen das zweite Zimmer. Man konnte Frühstück für 3 € bestellen, musste aber nicht. Der Herbergsvater bereitete es morgens selbst vor, hatte aber nichts gegen Leute, die im Frühstücksraum saßen und von eigenen Vorräten zehrten. Den Übernachtungspreis habe ich nicht notiert, es waren mindestens 13 € wie im Netz angegeben, eher 14 €, evtl. Zuschlag für Einmalüberzüge. Jedenfalls stiegen die Preise jedes Jahr. Im Vergleich zu anderen Privatunterkünften, die wir gesehen haben, nicht die billigste. Hinter dem Haus Wäscheleinen und ein kleiner Garten, oben eine Terrasse, das war alles angenehm. Adresse: Albuerge Bocamar http://albuergebocamar.com info@albuergebocamar.com (28 Betten) Reinfall mit dem PilgermenüMit Mühe konnten wir noch etwas einkaufen, die meisten Geschäfte hatten geschlossen. Abends klapperten wir die benachbarten Kneipen nach einem Pilgermenü ab. Ein junger Mann, nicht der souveränste, bedeutete Aaron, wir sollten uns nur setzen, es gäbe zwar keine Auswahl, aber was für 9 €. Nun ja, der gemischte Salat als 1. Gang war ok, aber der 2. eine Frechheit: Einfach nur Nudeln mit einer Dosentunke aus Ketchup mit Fischbröseln darüber. Da wären nicht einmal meine Kochkünste überfordert worden. Pudding als Nachtisch. Immerhin 2 Flaschen Wein zum Trost. Im Hintergrund versammelten sich die Einheimischen, um das erste Weltmeisterschaftsspiel Spaniens anzuschauen. Während wir durch den Wein recht angeheitert plauderten, schlichen auf einmal alle Spanier wortlos raus. Junge, die mussten sich ja eine furchtbare Packung eingehandelt haben! Tage später lasen wir in der Zeitung, dass es tatsächlich so gewesen war. Sonst bekamen wir vorerst von den Spielen nichts mit. Mir war es recht. Obwohl unser Fenster auf die Straße hinausging, war es eine ruhige Nacht. Die beiden Frauen hatten die unteren Betten. Mit Hilfe eines Stuhls hatte ich keine Probleme beim Hoch- oder Runterklettern. 14. Juni 2014, Samstag: Von Esteban de Pravia nach Soto de Luiña, 22,9 km (43,1 km)6h30 standen wir auf, ließen es etwas langsam angehen. Frühstück im Aufenthaltsraum. Die anderen Pilger bekamen ihres vom Haus, die Qualität schmiss einen nicht um, aber für 3 € kann man auch nicht viel erwarten. Bald waren wir die Letzten im Haus. Morgenandacht noch auf dem Zimmer, dann um 8h30 los. Wenn man schon wegen der Unterkunft über Esteban de Pravia geht, sollte man auch den tollen Wanderweg an der Küste entlang über Cudillero nehmen. Insgesamt 3,3 km Umweg. Nun, die paar Kilometer mehr sind nicht so tragisch, aber die zusätzlichen Höhenmeter (drei satte Steigungen) fallen schon ins Gewicht.
Neuer Wanderweg am Steilufer entlangDann folgte eine kleine Landstraße, die sich auf halber Höhe über Esteban de Pravia hier hochgeschlängelt hatte. Aber schon nach wenigen 100 Metern ging ein neuer Wanderweg - Senda Costera de Muros de Nalón - halbrechts ab. Er ist auf den Iberpix-Karten nicht eingezeichnet. Inzwischen hat Spanien die Wichtigkeit von Wanderwegen entdeckt, und so findet man immer mehr, oft mit EU-Geldern finanziert. Das war genau das, was wir uns gewünscht hatten. (Der Weg ist auch im Handbuch beschrieben.) An einer Brunnenanlage machten wir Rast, um uns von der Strapaze des Aufstiegs zu erholen. Nach ca. 1 km muss man bei einigen Häusern aufpassen, dass man nicht dem Weg weiter folgt, sondern wieder rechts zur Küste abzweigt. Man überquert in der Folge mehrere kleine Stichstraßen, die zu Badebuchten führen. Heute am Samstag war hier einiges los.
Playa de Aguilar: Eher für TouristenDanach ging es lange an der riesigen Playa de Aguilar entlang, niemand nahm von uns Notiz. Dann kam der zweite steile Aufstieg am Ende der Bucht, in Serpentinen hoch, das kannte ich schon. Im Rhythmus richteten wir uns nach Hedwig, der die Aufstiege doch zu schaffen machten und die immer mal wieder stehen bleiben musste. Marianne und sie machten auch eifrig Fotos, und so hatte ich häufig Gelegenheit, entschleunigen zu üben. Das tat auch meinem unruhigen Herzen gut. Umweg zum Besuch von CudilleroEs ging nun von der Küste weg, bis El Pito, wo der reguläre Jakobsweg von links dazukommt. Etwas weiter liegt rechts ein Schlosspark, links eine Kirche. 150 m danach geht der reguläre Jakobsweg links ab. Hier dachten wir 2003, es sei eine gefälligere Route nach Cudillero, aber der Jakobsweg berührt diesen Ort ja nicht. Man sollte aber die 2,3 km Umweg (in den 3,3 km Umweg von heute schon enthalten) investieren. - Wir blieben also auf der Straße nach Cudillero. Links von unserer Straße ging es ganz steil in ein grünes Bachtal hinunter; das war schon der Anfang der Schlucht, in der Cudillero liegt. Es dauerte aber noch einige Zeit, bis wir die Bebauungsgrenze erreicht hatten. Von links mündete eine Straße ein: Das war die, die wir 2003 gekommnen waren und die wir auch zum Pilgerweg zurückgegangen waren. Das kann man machen. Ich halte es aber für besser, nicht vom Hafen aus hierhin zurückzukehren, sondern die Straße am Hafen weiter zur verfolgen, bis sie in langgestreckten Serpentinen wieder die Höhe gewinnt und landeinwärts auf den regulären Pilgerweg zuläuft. So beschreibt es auch das Handbuch.
Esperanto-Reklame erregt AufsehenAuf dieser Pilgertour trug ich fast ununterbrochen ein T-Hemd vom Spanischen Esperanto-Kongress 2010 in Santiago. Die Leute lasen "Esperanto" und "Santiago", und deshalb kam es heute an den Nachbartischen zu einer längeren Diskussion über Esperanto. Einzelheiten konnte ich aber nicht verstehen. Gestärkt ging es in den Hafen weiter. Aus der Rückschau finde ich es merkwürdig, dass wir uns so viel Zeit ließen, denn Soto de Luiña war weiß Gott noch weit entfernt, und es war Samstag, ein Tag, an dem man mit Wochenendpilgern rechnen muss. Aber gottlob wurde ich nicht nervös, was auch gar nichts geholfen hätte. Den Weg durch den Hafen und die schon erwähnten Serpentinen hoch kannte ich noch nicht. 2003 waren wir ja ein Stück zurückgelaufen. Nach diesem dritten steilen Aufstieg war Hedwig oben auf der Höhe ziemlich fertig. Sie hatte die linke Schulter herunterhängen, so dass auch der Rucksack schief hing, und schleppte das linke Bein hörbar nach, alles so deutliche Zeichen ihrer Krankheit, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Es ging die CU-3 entlang, scheinbar endlos geradeaus, bis zu einem Kreisverkehr. Kreuzung mit der N-632, und hier muss auch der reguläre Pilgerweg von schräg links hinzukommen. Vorher noch einmal Trinkpause, dann auf der N-632 langsam weiter. Neue N-632 gesperrtWir näherten uns der Bucht mit der Concha de Artedo, aber ein Blick auf die Uhr sagte, dass wir uns einen Besuch dort abschminken konnten. Es sah ohnehin nach Kiesstrand aus. (Wie war das noch mit dem Fuchs und den Trauben?) Erst einmal war die neue N-632 geradeaus gesperrt, und alles wurde auf die alte N-632, die die nächsten 2 Kilometer parallel lief, nach rechts abgeleitet. (Das Handbuch redet von "Zubringer"). Dort wollten wir ohnhin zu Fuß entlang, aber nun hatten wir auch den ganzen Verkehr am Hals. Lebensgefährlich waren für uns vor allem die Motorradgruppen, die sich hier zum Wochenende austobten. Wenn sie uns sahen, war es längst zu spät, noch groß auszuweichen. Wenn wieder hinter oder vor uns etwas herandröhnte, blieb es uns vorbehalten, rechtzeitig auf die andere Straßenseite auszuweichen oder uns in den Graben bzw. an den Hang zu quetschen. Von vorn musste nun auch noch die neue Autobahn kommen. (In dieser Ecke haben sich 2003 viele verlaufen, aber nun wurde sowieso alles ganz anders und direkt über die Nationalstraße geführt.) Wir erreichten das Hotel Marino. Keine Ahnung, wo wir hier 2003 links herauskommen waren, oben geht jetzt die neue N-632 her. Am Hotel muss man auf dem regulären Pilgerweg eigentlich scharf rechts runter. Ich hatte schon zu Hause eine wesentlich bessere Route geplant, die allerdings vorausgesetzt hatte, dass die alte N-632 wegen der beiden anderen Trassen so gut wie leer sei.
Hinter der Bar kam eine langgestreckte leichte Rechtskurve. Die Straße, die hier von rechts einmündet, kommt von Lamuño, das auf der anderen Seite oberhalb der Bucht liegt. Ich schaute aber nach einem kleineren Weg aus, der in einer scharfen Linkskurve rechts abgeht, und als wir ihn erreichten, wies dort auch ein gelber Pfeil hinein. Man stolpert ein kleines Bachtal hoch, bis zu einer T-Kreuzung, wo der reguläre Pilgerweg von rechts kommt, links geht es weiter. Wir durchquerten das Kuhdorf Mumayor (sehr passender Name), bis der Weg nach links unten auf die schon sichtbare alte N-632 führt. Ich hatte aber eine Abkürzung geradeaus im Auge, wo auch der Pilgerweg sich fortsetzt. Hedwig meuerte etwas, weil sie erschöpft war und weil es auf meinem Weg wieder hoch ging, während die alte Nationalstraße unten so verlockend tief lag. Meine Route ging aber wirklich nur wenige Meter sanft hoch und kürzte eine große Schleife der Landstraße ab. Meine Frau gab nach. An der nächsten Wegekreuzung (rechts ein Haus) wurde es spannend. Der Pilgerweg ging rechts weiter und steigt noch 64 m, bevor man einem Pfad zur alten N-632 hinunter folgt. Ich hatte schon 2003 diesen Umweg und die zusätzlichen Höhenmeter kritisiert. Jetzt hatte ich eine bessere Lösung. Nach vielem Vergleichen mit meiner Iberpix-Karte tippte ich auf einen Hohlweg, der ca. 10 m links versetzt in etwa geradeaus weiterging und - o Freude - sich gleich nach unten senkte. Noch mehr Glück: Er war frisch freigeschnitten, sonst hätten wir Probleme gehabt.
Der weitere Weg führte sanft abfallend bald schräg auf die alte N-632 zu. Wir kamen an einigen Höfen vorbei, wo uns die Leute erstaunt, aber freundlich musterten. Nach Erreichen der Landstraße ging es noch ca. 2 km bis Soto de Luiña. Nach ca. 1 km muss von rechts der Pilgerweg von den Höhen dazugestoßen sein. Zuletzt läuft man auf einem neuen Wiesenweg, bis zum Stadtrand. Wenig weiter liegt die Bar Ecu, wo man den Schlüssel bekommt. Meine Pilgerschwestern ließen sich erschöpft nieder. Es war 19h15, ein ganz schön langer Tag. Ein Matratzenlager hat auch seine VorzügeDie Bar war knackvoll mit Wochenendausflüglern. Ich bekam das Herbergsbuch und musste uns vier eintragen, auch gleich bezahlen. Ich blätterte mal zurück, um zu zählen, wie viele Pilger schon da waren. Ich blätterte und blätterte, mir wurde ganz schwummrig. Das waren ja ganze Völkerstämme, und darunter - knirsch - auch schon Radfahrer! Ich lief nach draußen und wollte die anderen drei zur Herberge schicken, damit sie lieber schon Betten belegten, denn das wurde ja sehr knapp. Da sauste doch glatt die Barbedienstete hinter mir her und drang lautstark auf Vorauszahlung. Sowas Peinliches! Zum Glück stand inzwischen das französische Paar aus Esteban de Pravia bei den anderen und erzählte, dass es nur noch Matratzen gäbe. Na und? Das reichte doch. Mir kam es fast so vor, als seien sie enttäuscht, dass wir nicht zeterten.
Wenn die Radfahrer nicht dölen, müssen wir's selbst tunAlso beschlossen wir den Tag sehr heiter, gingen gemütlich duschen, die Frauen wuschen noch 2-3 Sachen durch. Dann saßen wir beim Abendessen und danach beim Schlummertrunk im sonst menschenleeren Aufenthaltsraum und schwatzten glücklich, bis wir merkten, dass diesmal wir die "Radfahrer" spielten: Um 22h00 noch nicht im Bett und durch die ganze Herberge schwatzen! Nun, noch hatte sich niemand beschwert, und es war auch erst einige Minuten nach 22h00. Bald lagen wir auf unseren Matratzen und schliefen. Auch Hedwig hatte sich gut erholt, aber eines war schon klar: Mehrmals auf und ab am Tag war ihr nicht zuzumuten, und Etappen über 20 km wohl auch nicht. Da würde ich an der Planung gewaltig was umschmeißen müssen. Gottlob war morgen ohnehin erst einmal eine Kurzetappe angesagt. 15. Juni 2014, Sonntag: Von Soto de Luiña nach Santa Marina, 12,5 km (55,6 km)Jeden Morgen dasselbe: Alles stürmt um 6h00 davon, nur die Radfahrer und wir bleiben noch liegen. Es geht doch nichts über leere Waschräume und Toiletten und ein gutes Frühstück, dazu eine Bitte um Gottes Segen in einer Morgenandacht. Wie üblich, ziehen wir dann gegen 8h00 davon. Im Ort gibt es einen überraschenden Schlenker links von der Hauptstraße (alte Nationalstraße N-632), er führt aber bald zur Fernstraße zurück. Abschied von Aaron, der muss heute einige Kilometer mehr machen als wir.
Warum der Küstenweg so schwierig istDie Küste ist hier wild zerklüftet, da ein Höhenzug nach dem anderen quer zu unserer Richtung bis ans Meer reicht und vom Meer zernagt als Steilküste endet. Dazwischen haben immer wieder Bäche tiefe Schluchten eingeschnitten, die die Fernstraße in riesigen Schleifen ins Land hinein umgehen muss. Einige gelbe Pfeile geben hier Abkürzungen an, auch das Handbuch weist auf die eine oder andere empfehlend hin. 2003 hatten wir vor Santa Marina mal gewagt, eine solche Abkürzung auszuprobieren. Es ging steil runter und rauf, dazu durch völlig zugewachsene Pfade: Nie wieder, schwor ich damals. Nach dem, was wir heute sahen, waren die Wege immer noch so zugewachsen wie früher. Wir blieben in diesem Jahr also auf der alten N-632 und nahmen alle Kehren in Kauf. Damit konnte Hedwig auch ihre Kräfte schonen. Vor Novellana holten wir Aaron noch einmal ein.
Der Straßenbauwahnsinn in SpanienDie Küsteneisenbahn war der erste Verkehrsweg, der ohne Serpentinen die Bergketten schnitt. Streckenweise saust die Bahn abwechselnd durch Tunnel und über riesige Brücken. Wenn man sich diese himmelhohen Viadukte betrachtet, auf deren Beton schon Moos und Farne siedeln, dann kann man nur hoffen, dass diese Bauwerke laufend kontrolliert werden und nicht eines Tages eine Feve-Bahn mit einer zusammenbrechenden Brücke ins Tal stürzt. Ist das diese berühmte diffuse "Angst" der Deutschen, die überall Unheil lauern sieht? Nun, wenn man an die Leichtsinnigkeit denkt, mit der die Spanier die schon erwähnten "Mordanschläge" hinnehmen, dann kann man schon auf die Idee kommen, dass auch bei den Fevebrücken ein Irgendwann-Unfall schulterzuckend hingenommen wird. Mit den neuen gigantischen Bauten der N-632 und der Autobahn gibt es zwei weitere Verkehrswege, die die Berge rücksichtslos zerschneiden und die Landschaft verschandeln, zugleich weitere Bauwerke, die laufenden Unterhalt erfordern. Blick auf die Playa del SilencioIn Castañeras gingen wir ein kleines Stück in Richtung Playa del Silencio (Strand der Stille), aber nicht, um dieser Abkürzung auf dem regulären Pilgerweg zu folgen, sondern um die malerische Bucht (wenigstens zum Teil) von oben zu sehen. Dann ging es wieder zurück zur Straße. Eine weitere Serpentine mit dem üblichen "runter zum Bachübergang und anschließend spitzwinklig zurück wieder rauf", dann hatten wir den Ortseingang von Santa Marina, unserem heutigen Ziel, erreicht. Links wies ein Schild auf den örtlichen Bahnhof hin. Wir folgten dem Schlenker des Pilgerwegs rechts durch den Ort, damit wir uns das blaue Haus, an dem der Weg zum Strand vorbeiführt, merken konnten.
Heftiges "Gehirnstürmen" (Ideensammeln)
Dann folgte das übliche Nachmittagsprogramm. Die Frauen wuschen ausgiebig die Wäsche
hinter der Pension. Selbst regengeschützte Wäscheleinen waren vorhanden.
Derweil machte ich mir an Hand meiner Unterlagen einen Plan für die
nächsten Tage zurecht. Folgende Faktoren waren zu berücksichtigen:
Kein Strandwetter seit MonatenSpäter machten wir uns dann auf zum Strand. Es ging an dem erwähnten blauen Haus vorbei, aber nirgendwo gab es ein Schild für nicht Ortskundige. 2003 hatten wir zunächst ganz schön herumsuchen müssen. Der Weg durch die Wiesen war länger, als ich in Erinnerung hatte. Endlich ging es etwas nach unten, und dann kam die Treppe mit über 200 Stufen. Auch hier wie typisch in Spanien: Es wird etwas gebaut, und dann kümmert sich niemand mehr darum. Es gab verfaulte Bretter, fehlendes Geländer, und die letzten Stufen hatte sich inzwischen die See geholt.
Bahnfahrt genehmigtBeim Abendessen auf dem Zimmer trug ich Hedwig und Marianne meinen Plan für morgen vor: erst Feve bis Cadavedo, dann bis Luarca laufen. Beide waren sofort einverstanden. (Die insgesamt 27,9 km waren Hedwig und ich 2003 als 1 Etappe gelaufen.) Danach gingen wir noch in die Bar. In den Bergen zogen Regenwolken auf. Ja, war vor 11 Jahren auch so gewesen. Auf der Suche nach dem BahnhofDa ich ein sehr vorsichtiger Mensch bin, ließ ich meine Pilgerschwestern in der Bar zurück und "schnüffelte", wo der Bahnhof lag. Zurück zum Dorfeingang, wo das Schild war. Es wies landeinwärts. Aha, in der Ferne ein rotes Haus, das war wohl der Bahnhof. Ich stiefelte los. Kurz vor dem roten Haus ein Wegweiser zum Bahnhof nach links auf eine Piste. Hä? Aber es gab keinen Zweifel. Ich folgte der Piste zum Waldrand, nichts. Dann in einem Rechtsbogen in den Wald, einen Steilabhang entlang, wobei der Weg auch noch stetig an Höhe verlor. Das musste ich alles wieder zurück. Bis zur nächsten Kurve noch! Dort meinte ich, im Wald voraus etwas blinken zu sehen. Ok, bis dahin noch, dann war aber endgültig Schluss. Etwas weiter stellte ich fest, dass das Blinken von zwei geparkten Autos kam, dann konnte ich auch irgendwelches Bauwerk und Gestänge ausmachen. Das musste der Bahnhof sein. So war es.
Ausklang des Tages und Bewertung der UnterkunftAls Schlummertrunk gab es 1 Flasche Rotwein für die Pilgerschwestern und für mich 1 großes Bier, machte zusammen 3,50 €, also spottbillig. Die Saison war wegen des seit Wochen anhaltenden kalten Wetters wohl sehr mies, jedenfalls waren außer uns nur wenige Gäste da. Die Nacht war ruhig und erholsam. Nur eine Mücke und im Bad einige Ameisen beeinträchtigten das ansonsten makellose Bild dieser sehr guten Unterkunft. 16. Juni 2014, Montag: Von Santa Marina nach Luarca, 27,9 km, davon 12,2 km mit der Feve (83,5 km)Ein ganz anderer Morgen als sonst. Wir konnten ungestört bis 6h30 schlafen, waren zu 8h00 in der Bar verabredet, um das im Preis inbegriffene Frühstück einzunehmen. 1 große Tasse Kaffee, dazu Magdalenas, so viele wir wollten. Wir wollten nicht viele ;-) Also spanisches Frühstück, mehr kann man bei dem Preis auch nicht erwarten. AbschiedEin herzbewegender Abschied. Die gute Wirtin drückte uns alle an sich und küsste uns zum Abschied auf die Wangen, da waren wir ganz gerührt. Sowas habe ich in 16 Jahren pilgern nicht erlebt. Natürlich hatte ich ihr gesagt, dass Hedwig und ich schon 2003 hier gewesen waren. "Bis in 11 Jahren also wieder" scherzte ich. Ja, Junge, wer weiß? Sie lachte und deutete es richtig als Signal, dass ich gerne wiederkommen würde.
Was man bei der Feve beachten mussInsgesamt sind wir drei Mal mit der Feve gefahren. Es war immer etwas anders: Mal wurde die nächste Station angezeigt, mal nicht. Mal musste man einen Halteknopf betätigen, wenn das Ziel durchgesagt wurde. Am besten immer zusätzlich den Schaffner aufmerksam machen. Da nur wenige Leute im Zug saßen, konnte er auf uns persönlich eingehen. Die Gegend um CadavedoWir fuhren durch Tunnels und über die himmelhohen Betonbrücken, aber um Cadavedo gibt es eine ländliche Hochfläche mit viel Platz für Bauernhöfe, ohne schroffe Berge und Schluchten. Dafür brettern hier auch alte und neue N-632 sowie die Autobahn unter maximalem Flächenverbrauch quer durch die Gegend. Kurz nach 10h00 beginnen wir vor dem Bahnhof Cadavedo unsere heutige Fußetappe. Ich konnte mich an diesen Ort erinnern. Am Ortseingang hatte mich 2003 ein Kläffer angefallen, dann kam ein Supermarkt. Wir mussten diese Hauptstraße erreichen, aber leider hatte ich keine Iberpix-Karte von dieser Gegend, und so führte ich erst falsch nach rechts. Vor dem Bahnhof nach links wäre richtig gewesen und hätte einiges abgekürzt. Man wäre dann etwa an der Pilgerherberge auf die Hauptstraße (alte N-632) gestoßen.
Hinweis auf eine private HerbergeWir liefen weiter, über die Eisenbahnstrecke und dann rechts ab, in eine schöne ländliche Gegend. Unweit von hier vereinigten sich die alte und die neue N-632. Am Weg stand ein Hinweis auf die private Herberge, für die die Frau im Auto einen Tag vorher Reklame gemacht hatte. Aus dem Pilgertelegraf weiß ich, dass die Unterkunft sehr gut sein soll. Ein Gerücht besagt, dass der Besitzer zugleich die Herberge betreut, und dann wird er nicht gerade dafür sorgen, dass diese ein Schmuckstück ist. Klingt glaubwürdig. Erst ländlich, dann FernstraßenEs ging weiter, erst durch Streusiedlungen, dann lange durch ein wunderbares Waldgebiet, wo es 2003 Schwierigkeiten wegen mangelnder Wegweiser gab. Jetzt waren dort deutliche Pfeile auf Holztafeln. Wir kamen auf die N-632. Ich erwartete einen Schwenker nach rechts durch die Ortschaft Quintana, aber den gab's nicht mehr. Vor uns lag jetzt ein Gewirr von Kreuzungen, da sich alte und neue N-632 wieder trennten und noch die Autobahn parallel verläuft. Wir folgten stur der neuen N-632, denn auch das Handbuch ist hier etwas kryptisch. Jedenfalls gingen wir einfach bis zu einem angekündigten Kreisverkehr und dort links durch eine Unterführung. Hinter dieser erinnerte ich mich, dass wir sofort auf eine Piste nach rechts abzubiegen hatten. Diese geht an einigen Häusern vorbei einige hundert Meter nach unten und stößt am Ende auf die alte N-632. Hier heißt es wieder aufpassen. Zum Restaurant und Hostal CaneroEin Pilgerwegzeichen verweist auf eine Treppe, die zu einem Bauernhof steil nach unten führt und offensichtlich eine Linksserpentine der alten N-632 abkürzt. Wer aber Höhenmeter sparen will, läuft nach rechts zur Serpentinenkehre. In dieser zweigt halbrechts eine schmale Straße ab, die schnurgerade zu einer Kirche auf der Höhe wieder ansteigt. (Sonst hätte man von der alten N-632 zu dieser Kirche steil hochsteigen müssen.) An der Kirche muss man sich orientieren, denn die Einmündung des folgenden Wegs (scharf rechts) kann man leicht übersehen. Man läuft danach über einen gerölligen Waldweg steil bergab, um - endlich unten - natürlich wieder auf die alte N-632 zu kommen. Ich munterte meine Pilgerschwestern auf, dass das Mittagessen nicht mehr weit sei, denn jetzt kannte ich alles auswendig: Nach rechts zum Kreisverkehr, wo die alte N-632 endete. Von links unten kam jetzt die N-634 hinzu, der man immerhin bis Baamonde treu bleibt, und führte uns über die Brücke des Flusses Canero durchs Tal dem Restaurant und Hostal Canero entgegen, wo Hedwig und ich auch 2003 zu Mittag gegessen hatten. Damals waren wir aber zu Fuß von San Marina gekommen! Das Hostal nimmt auch gern Pilger auf, man hört nur Gutes.
Eine empfehlenswerte Variante über die Playa de CuevaFrohgelaunt - wir gaben immer, wenn es geschmeckt hatte, jeder 1 € Trinkgeld - liefen wir dann abermals die schönere und leichtere Variante, anstatt mit dem regulären Pilgerweg hier Steilhänge durch Gestrüpp bewältigen zu müssen. Man folgt zunächst noch den Wegweisern des Pilgerwegs, bis dieser etwa 100 m hinter dem Gasthaus nach links im Gebüsch verschwindet. Wir blieben geradeaus, links am Fluss entlang, bis die Playa de Cueva vor uns lag. Links ist die Ortschaft Cueva, nur eine Häusergruppe, aber dazwischen führt der weitere Weg über ein schmales Asphaltsträßchen bergauf zur N-634, die vorher zwei riesige Schleifen gemacht hat. 2003 war ich zu meinem Ärger nicht auf diese Idee gekommen und war von der Bucht zur Gaststätte zurückgelaufen und danach die langen Serpentinen entlang. Nein, das ging dieses Jahr besser.
Der Weg vor LuarcaWir blieben nun stur auf der N-634, wobei man hin und wieder über ein altes Asphaltstück einer ehemaligen Trasse geführt wurde, bis es rechts nach Barcia abging. Wer in der Herberge von Almuña übernachten will, bleibt hier besser auf der Nationalstraße, denn sonst handelt er sich, wie wir 2003, einen satten Umweg ein. Nur wer wie wir Luarca zum Ziel hat, folge zunächst dem ausgeschilderten Pilgerweg über Barcia. Es geht noch einige Kilometer weiter durch vertreute Siedlungen, wobei man vor Barcellina auf einem kurvenreichen Sträßchen ein Bachtal quert. Dann kommt man auf die VA-1 heraus, die geradeaus nach Luarca geht, während wir 2003 entsetzt entdeckt hatten, dass man zur Herberge von Almuña hier scharf links wieder zur N-634 zurück muss. Aber diesmal wollten wir ja in Luarca übernachten. Unterwegs hatten wir eine Reklame für eine neue (wohl private) Herberge dort gesehen, aber ich hatte ja noch die Empfehlung unserer Wirtin aus Santa Marina in der Tasche. - Also geradeaus, bis links die erwartete Abzweigung (Calle La Barreira) in den Ortsteil Vilar kam. Von dort kommt man auf dem kürzesten Weg in die Altstadt von Luarca hinunter, hatte ich mir gemerkt, aber es gab noch eine Schwierigkeit. Wie man nach Luarca hineinkommtHedwig brauchte wieder eine Pause, die wir in einem kleinen Park des Zentrums von Vilar verbrachten. Dann ging es rechts weiter (Camino de la Pateta). Die Straße machte einen Rechtsbogen vor Luarca, keine Zeichen mehr. Dann kam eine Abzweigung nach links, die von der Richtung her stimmte, aber kein Zeichen. (Warum habe ich hier nicht ins Handbuch geschaut? Da steht's richtig drin: links ab) Ich fragte einen Mann: wir sollten nicht abbiegen, sondern der Straße folgen. (Das scheint wirklich neuerdings die Wegeführung zu sein, völlig unverständlich.) Hm. Während Hedwig und Marianne warteten, lief ich ein Stück weiter und sah vor mir schon wieder die VA-1 auftauchen, die wir ja links nach Vilar verlassen hatten. Hinweis: Man kann auch die VA-1 gehen, ohne nach Vilar abzuzweigen. Die VA-1 ist die Straße, die in Luarca in einem großen Bogen um Leuchtturm und Friedhof herum erst dann nach unten in die Stadt geht. Diesen Umweg wollte ich natürlich nicht. Es gibt aber schon vorher, auf der Höhe, wo die Stadt unten vor einem liegt, eine Straße, die auf halber Höhe nach links in Richtung Altstadt zieht (Calle La Carril). Diese könnte man ohne großen Umweg gehen und sich damit den Schwenk durch Vilar ersparen. Wer aber schon in Vilar war wie wir, der war gut beraten, an der genannten Abzweigung nach links zu gehen, was wir denn auch taten, nachdem ich von der Erkundung zurück war. Später geht in einer scharfen Linkskurve rechts ein schmaler Weg ab, der dann zu den von mir gesuchten Treppen führte. Auf diesen Treppen geht es nun steil hinunter zur Altstadt, das ist der kürzeste Weg.
Alte BekannteVor mir waren drei Leute, ein Mann und zwei Frauen, am Schalter und ließen sich ausführlich informieren, wo man am besten essen konnte. Obwohl sie mich bemerkten, hatten sie alle Zeit der Welt und fingen immer wieder von vorn an. Mann, ich brauchte eigentlich nur einen Stadtplan. (Ich hatte einiges an Stadtplänen mitgenommen, aber merkwürdigerweise keinen von Luarca dabei.) Irgendwie kamen mir diese Egozentriker bekannt vor, bis mir einfiel: Das waren doch die aus Avilés, wo die eine Frau ihre Sonnenbrille hatte liegen lassen. Ich wandte mich etwas ab, hatte keine Lust, angesprochen zu werden. Endlich zogen sie nach draußen. Ruckzuck, hatte ich den Stadtplan und hörte erstaunt, dass wir an der Pension vorbeigelaufen waren. Na, machte ja nichts, den Stadtplan brauchte ich sowieso. Draußen erwartete mich gleich zweierlei Ärgernis. Als erstes stieß ich wieder auf die Dreiergruppe, und diesmal wurden sie auf mich aufmerksam und erkannten mich. Ob ich in Avilés ihre Brille gesehen habe, fragte die Frau. Ich nickte. Ob ich sie etwa auch mitgebracht hätte? "Lo siento mucho que no" (Tut mir leid, nein) Ich versuchte, ein schadenfrohes Glitzern in meinen Augen zu verbergen. Da ich also nicht weiter dienlich war, existierte ich ab sofort nicht mehr in ihrer Welt, und sie steckten wieder die Köpfe zusammen, um den Weg zum günstigsten Restaurant zu beraten. Ein "hilfreicher" Spanier oder was?Dann sprach mich ein junger Glatzkopf an, der unsere Pilgerrucksäcke gesehen hatte. Ob wir nicht in die Pilgerherberge kommen wollten, es wären noch einige Plätze im Saal frei. Preis irgendwas um 10 € pro Nase. Vielleicht meinte er es ja gut, aber ich reagiere negativ auf Glatzen. Als ich sagte, dass wir in eine Pension wollten, drang er weiter in mich ein. Bekam der Kerl Prozente, oder warum war er so wild darauf, uns in die Herberge zu lotsen? Ich meinte, wenn die Pension voll wäre, könnten wir ja immer noch ... Nein, gestikulierte er, jeden Moment könnten die letzten Betten weggehen, und wir sollten doch diese Chance nicht verpassen, eine prima Unterkunft zu haben. Ich musste schroff werden, um ihn loszuwerden. Was hatte der für ein Interesse an uns? Wir haben es nicht herausgefunden. Später am Abend hätte man ja noch in die Herberge lugen können, aber irgendwie hatte ich einen Block und wollte den Kerl nicht wiedersehen. Die altmodische Pension La ModernaZurück zur Calle Crucero. Auf mein Schellen öffnet eine sehr alte Frau, schaut misstrauisch. Ich spiele den Strahlemann und grüße von unserer Wirtin aus Santa Marina. Sie lässt uns zögernd ein. Sie hat einige Doppelzimmer im Angebot, alles das Gegenteil von "Moderna", aber sauber und viel Platz. Preis 15 € pro Person, auch für Marianne, trotz Einzelbelegung im Zimmer neben dem von Hedwig und mir. Geht doch! Nachdem klar ist, dass wir keine Orgie vorhaben und auch auch sonst nichts Böses planen, fällt sie trotzdem wieder ins Stottern. Ach so, klar, wir zahlen sofort. Jetzt ist sie wirklich erleichtert. Wir bekommen Stempel und die Zimmerschlüssel. Die Dame gibt uns noch den Tipp mit "elárbol", das ist nett, und danach verschwindet sie in ihrem Privatbereich, um nicht wieder aufzutauchen. Auf dem Flur gibt es eine Toilette mit Waschbecken im Vorraum, außerdem eine Dusche im Raum daneben. Das reicht, zumal außer uns nur der "Italiener" aus Avilés hier zu sein scheint. Wieder kein Andrang! Was ist nur los? Fußballweltmeisterschaft? Schlechtes Wetter? Miese Wirtschaftslage?
17. Juni 2014, Dienstag: Von Luarca nach Navia, 19,8 km (103,3 km)Weitere Planung bis FreitagDie weitere Planung der nächsten Tage war nun soweit gediehen, dass wir morgen von Navia aus wieder zwei Etappen machen würden: die erste mit der Feve nach La Caridad, danach die zweite zu Fuß nach Tapia de Casariego. So konnten wir wieder eine wenig attraktive Herberge (in La Caridad oder in Arboces) überschlagen. Damit würden wir zwei Tage früher in dem Hotel an der Ría de Foz sein, was vielleicht problematisch war. Für den Rest der Tour bis Santiago hätten wir dann mit normalen Etappen genug Zeit und bräuchten nicht noch eine Busetappe einzulegen. Wenn Hedwig denn normale Etappen schaffen würde ... Das war sehr fraglich. Heute stand eine "normale" Etappe von ca. 20 km an, wobei es nur zu Anfang eine heftige Steigung gab. Im weiteren Verlauf wollte ich einen Pass vor Piñera auf der N-634 umgehen, und alle geplanten Umwege vor Navia direkt an der Küste entlang waren gestrichen. So mochte es gehen.
Bis zur N-634Der folgende, gut ausgezeichnete Pilgerweg führt durch eine malerische ländliche Gegend; er ist sogar mit einem Muschelsymbol auf der Iberpix-Karte gekennzeichnet. Am südlichen Ende des Straßendorfes San Martín folgt auf die Hochebene plötzlich ein Bachtal, in das das Sträßchen in Kurven hinunterführt. Etwas weiter liegt links die Ruine eines Klosters. Hier überholte uns eine andere Pilgerin, hochgewachsen, mit dunkler Haut. Aber außer einem "Hola" sagte sie nichts. Hinter der Streusiedlung La Mata erreichten wir die N-634. Hier war ich 2003 der Nationalstraße bis Piñera gefolgt, weil ich Bedenken hatte, durch die vor uns liegenden Berge geleitet zu werden. Das war aber unbegründet, wie ich dank guter Karten inzwischen wusste. Rechts lag der Höhenrücken des Monte Faro. Erst dort geht der Pilgerweg steil hinauf und wieder hinunter, wobei er gut 1 km Strecke abkürzt, da sich die Nationalstraße in einem riesigen Linksbogen um den Berg herumzieht. Inzwischen gibt es die Autobahn, so dass der Pilgerweg sicher etwas anders verlief als 2003. In jedem Fall wollte ich Hedwig aber die Steigung ersparen und lieber der N-634 um den Berg herum folgen. Regulärer Pilgerweg und Abzweig zur N-634Vorher konnte man aber durchaus parallel zur N-634 (rechts) und zur Autobahn (links) durch die Dörfer auf dem regulären Pilgerweg (übrigens sicher auch die ehemalige Fernstraße vor dem Bau der N-634) bis zu dem Höhenzug des Monte Faro laufen. Das waren höchstens 500 m mehr, aber viel angenehmer als die Nationalstraße entlang. Von der Gegend hatte ich mir eine Iberpix-Karte ausgedruckt, so dass ich immer genau wusste, wo wir waren. Denn die kleinen Bauernwege, die der Pilgerweg benutzte, bildeten ein verwirrendes Netz. An jeder Verzweigung musste man höllisch aufpassen, aber irgendwo war auch immer ein Wegezeichen. Ein französisches Paar zog an uns vorbei, die hatten wir auch schon gesehen. In dem kleinen Ort Rellón vor dem Höhenzug des Monte Faro hieß es aufpassen. Hier wollte ich den regulären Pilgerweg wieder rechts zur N-634 verlassen, aber möglichst spät. Nach dem Ortsschild war die erste Abzweigung hinter einer Brücke noch zu früh, die zweite schien richtig. Der Pilgerweg ging geradeaus an einer kleinen Kirche vorbei. Wir machten dort Rast, gingen danach ein Stück zur letzten Abzweigung zurück und dann rechts ab, an der nächsten Verzweigung noch einmal links. Wir passierten ein Hotel, dann kam die N-634.
Weiterer Weg bis NaviaWir ignorierten wie 2003 den ersten Muschelstein nach rechts, liefen statt dessen bis zur Abzweigung nach Villaoril und ab da über La Colorada (hier irreführende Muschel links) nach Navia. Mein grober Stadtplan zeigte, dass wir die Feve-Strecke überqueren würden. So war es auch. Dahinter bat ich Marianne und Hedwig, auf mich zu warten, und ging nach links zum Bahnhof. Es waren etwa 400 m. Hier war sogar ein Schalter geöffnet, aber der Angestellte wollte mir keine Fahrkarten für morgen verkaufen. Dann nicht. Ich merkte mir die Zeit, die ich für den Rückweg brauchte.
Pensión Cantábrico, C/Mariano Luiña, 12, ES-33710 Navia (Asturias), Tel. 615 562 134 pcantabriconavia@hotmail.com www.occidente.com/pensioncantabrico
Hotelreservierung erfolgreich vorgezogenMeine besonders gute Laune rührte daher, dass ich mir ein Herz gefasst hatte, um das Hotel an der Ría von Foz anzurufen und zu fragen, ob wir auch schon am Freitag kommen könnten. Zu meiner Überraschung nahm ein Mann meine Bitte sehr freundlich an und meinte: "Kein Problem!" Damit war mein ganzer Alternativplan gerettet, und wir konnten den nächsten Tagen mit Ruhe entgegensehen. Bis Freitag sollte ja noch gutes Wetter sein. Dass die Zimmerumbestellung zum Wochenende "kein Problem" war, zeigte abermals, dass an der Küste momentan touristisch Flaute war. 18. Juni 2014, Mittwoch: Von Navia nach Tapia de Casariego, 23,6 km, einschl. 2,5 km Umweg; davon 12,0 km mit der Feve (126,9 km)Feve-Fahrt nach La CaridadWir konnten heute lange schlafen, denn der Zug fuhr erst kurz vor 10h00. 9h30 waren wir am Bahnhof, und ich kaufte die Fahrkarten. Wieder 1,60 € pro Person. Mit einer Viertelstunde Verspätung lief der Zug auf dem vorderen Gleis ein. Diesmal gab es an den Türen Knöpfe, mit denen man einen gewünschten Halt signalisieren konnte. Leider wurde die nächste Station nicht dauernd angezeigt, aber ich wusste ja, wie viele Stationen es waren. In La Caridad stiegen wir aus und liefen in Richtung Stadt nach Norden, unter der Umgehungsstraße (neue N-634) her. In der Stadt fand ich den Pilgerweg nicht sofort, auch eine US-amerikanische Pilgerin suchte herum. Schließlich kamen wir zum Rathaus (Plaza de España), und ich entdeckte metallene Muscheln, die (verkehrt herum!) ins das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen waren. Laut Karte mussten wir auf der alten N-634 sein, die die Stadt durchquert, aber man sah keinen Hinweis.
Tipp: Bis Porcia an der Steiküste entlangHier beginnt der Europawanderweg G.R. E-9, der in einem Bogen an der Steilküste entlang nach Westen führt und erst durch die Ría von Porcia wieder zur N-634 geleitet wird. Gegenüber dem regulären Pilgerweg ein Umweg von ca. 2,5 km, die es aber in sich haben.
Möglicher lohnender UmwegZu den Abstechern das Meer entlang, die ich in der Planung erwogen hatte, gehört auch der weitere Verlauf des G.R. E-9 ab Porcia, laut Iberpix-Karte auf weite Strecken direkt am Meer entlang, bis man kurz vor der unten erwähnten Bushaltestelle wieder auf den Pilgerweg stößt, der dann bis Tapia auf dem E-9 verläuft. Leider reichten Zeit und Kräfte dafür nicht, aber an den folgenden Tagen sollten wir noch genug an Nordküste mitbekommen. Zu erwähnen ist noch, dass hier am Meer ehemalige Goldminen liegen, die anscheinend evtl. wiedereröffnet werden sollen. Jedenfalls waren die kleinen Dörfer voll von Plakaten, die gegen die Zerstörung der Landschaft wetterten, obwohl eine verkürzte Botschaft wie Vacas si, oro no (Kühe ja, Gold nein) sicher nicht jeden gleich überzeugen kann. Weiterer Weg nach Tapia de CasariegoAb Porcia läuft man auf schmalen Sträßchen im Prinzip immer geradeaus, lange Zeit parallel zur N-634, durch mehrere kleine Ortschaften. Hier habe ich notiert, dass Hedwig wieder ganz mit den Kräften am Ende war und immer langsamer daherschlurfte. Wir machten dann lieber öfter noch kleine Pausen. Ich befürchtete, dass wir unsere Pilgertour bald abbrechen mussten. Endlich erreichten wir eine Bushaltestelle in San Antonio. Dort geht der Weg weiter nach Nordwesten, während die N-634 nach Südwesten abdreht; sie durchquert Tapia nicht. Erfreulich, dass man direkt auf die Pilgerherberge am Stadtrand zuläuft. Sie liegt direkt an der Steilküste, gerade einige Wäscheleinen haben hinter ihr noch Platz vor dem Abgrund.
19. Juni 2014, Donnerstag: Von Tapia de Casariego nach Ribadeo, 14,6 km einschl. ca. 1 km Umweg (141,5 km)Weg aus der StadtTapia ist eine schöne Stadt, deren Hafen deutlich getrennt vom Mündungsgebiet des Río de Anguileira liegt. Deshalb sind die beiden benachbarten Sandstrände auch sauber. Trotz der betriebsamen Stadt ist die Natur immer gleich nebenan. Der Pilger erlebt es hautnah. Nach dem Morgengebet neben der Herberge durchquerten wir die Innenstadt, am Rathaus vorbei zur Hauptstraße, die am Ría-Ufer nach Süden in Richtung N-634 abdrehte. Dabei kommt man an den Stadtstränden entlang und hat bald zur Rechten den Fluss liegen, der normalerweise nicht mehr als ein Rinnsal ist. Da man schon ahnt, dass man am gegenüberliegenden Hochufer praktisch wieder zurückläuft, ist man in Versuchung, den Weg über dieses Rinnsal abzukürzen, da Treppen durchaus vorhanden sind. Aber man täusche sich nicht! Das Wasser ist breiter, als es von oben aussieht, und die Tiefe kann man nur ahnen. Unten in der Flussschleife liegt eine Sportanlage. Man könnte schon vor dieser direkt auf eine Holzbrücke zulaufen, die über den Fluss führt, um dann einen Weg vom Strand zur Straße hochzusteigen. Auch diese Abkürzung ist nur bei Ebbe zu empfehlen. Unbedingt dem Fernwanderweg folgenAuf der Iberpix-Karte sieht man, wo der Pilgerweg hergeht, aber schon 2003 sind wir dem Tipp des Handbuchs gefolgt, hier weiter den G.R. E-9 zu laufen. Der Pilgerweg führt hinter Tapia zuerst über den Fluss, dann rechts ab und in etwa parallel zur N-634 weiter. Der Wanderweg ist viel schöner, und die jetzige Auflage des Handbuch setzt mit einem weiteren Schlenker auch noch auf den E-9 einen drauf. Denn auch dieser geht nur zum Teil direkt an der Steilküste entlang, und das ist doch der Sinn dieses Umwegs. Doch der Reihe nach. Hinter einigen Häusern, von denen eines ein Schild "Santiago de Compostela 229 km" trug, bogen wir (noch vor der Flussbrücke!) nach rechts zur Sportanlage unten ab, liefen vor dieser her zu der erwähnten Holzbrücke und stiegen zu einer Landstraße hoch, die einen scharfen Linksbogen vor einem neuen Siedlungsgebiet an der Küste beschreibt.
Wieder auf dem G.R. E-9Schließlich erreichten wir das Hochufer an der breiten Playa de Serantes. In einem großen Bogen ging es landeinwärts zu einer kleinen Landstraße. Damit endete der im Handbuch beschriebene Zusatzschlenker, den ich sehr empfehlen kann, denn hier kam der E-9 von links, und man folge ihm nach rechts weiter.
Abstecher zu einem SchwimmvergnügenAn der nächsten T-Kreuzung der Landstraßen kommt auch der reguläre Pilgerweg von links hinzu. Es geht wieder in Richtung Küste, und man gelangt ins Dorf Villamil. Hier stießen wir auf zwei österreichische Pilgerinnen, mit denen wir ein paar Worte wechselten; wir sahen sie aber nicht wieder. Hinter diesem Ort sollte man nicht dem E-9 rechtsab folgen, weil das ein unnützer Schlenker ist, sondern auf der Landstraße bleiben. Dito danach in einer scharfen Rechtskurve, nicht eine verlockende "Abkürzung" geradeaus, sondern der Straße folgend nach Santa Gadea hinein. Im Ort macht die Landstraße einen scharfen Linksknick. Wer Zeit für einen Strandaufenthalt hat, dem empfehle ich, hier einen Abstecher nach rechts zur Playa de Santa Gadea (in meinem Bericht von 2003: Playa de Ribeirin) zu machen. 2003 war Hedwig hier im Meer. Alter Pilgerweg nach SüdenDer E-9 folgt dem Linksknick auf die Kapelle (Ermita) San Lorenzo zu, wo man die Straße nach halbrechts verlässt. (Der Pilgerweg geht anscheinend geradeaus weiter und geht dann nach Süden auf Castropol zu, also gar nicht über die Sundbrücke, sondern eine ganz andere Route: In Vegadeo überquert man die Ría de Eo und dann auf der N-640 den Fluss Eo selbst. Etwas weiter zweigt die LU-132 rechts ab, der man dann schnurstracks nach Westen über Trabada nach Vilanova de Lourenzá folgt. Ich habe einen rudimentären Bericht über diese Variante von Pilgerfreund R.W.)
Erst eine Abkürzung, dann doch noch ein UmwegIch verstehe nicht, warum das Handbuch nicht empfiehlt, hier rechts abzubiegen und dem E-9 weiter die Küste entlang zu folgen. 2003 haben wir das gemacht und besonders am Steilufer der Ría schöne Ausblicke auf den Sund und auf Ribadeo gehabt. Der Umweg soll 3 km betragen, bei dieser Kurzetappe nicht weit. Allerdings waren wir dafür 2003 auch nicht dem kräfte- und zeitraubenden Umweg an der Steilküste entlang gefolgt. Dieses Jahr gab es jedenfalls keine Diskussion, mit Rücksicht auf Hedwig, denn so hatten wir es auch verabredet. Also liefen wir geradeaus den direkten Weg auf die N-634 vor Ribadeo zu. Dabei gab es ein ähnliches Problem wie schon früher am Tag: "1,4 km geradeaus", wie das Handbuch sagt, reicht nicht zur Orientierung. Es sollte dann links ab durch einen Kreisverkehr und unter der Autobahn her gehen. Dummerweise gibt es das zwei Mal hintereinander, und so nahmen wir die erste Gelegenheit wahr, leider zu früh. Erst als wir hinter der Autobahn nicht den angekündigten zweiten Kreisverkehr erreichten, merkten wir den Fehler. Zurück kam nicht in Frage, statt dessen führte ich uns in einem großen Rechtsbogen durch Figueras, bis wir an der Autobahn auf den Fußweg nach links zur Sundbrücke stießen.
Galicien, da sind wir wieder!In Galicien angekommen, dachten wir daran, dass jetzt die Muscheln mit den Strahlen und nicht mehr mit dem Fuß die Richtung anzeigten. Wir konnten die Brücke am Ende problemlos nach unten verlassen, sie auf einer Straße unterqueren und dann (kein Wegezeichen!) nach rechts zum Sundufer laufen. Dort nach links, etwas weiter weg, als ich in Erinnerung hatte, lag die Herberge, die sogar auf der Iberpix-Karte eingezeichnet ist. An ihrer exklusiven Bauart (oben mit Aussichtsplattform zum Sund hin) ist sie leicht zu erkennen.
In der Herberge von RibadeoDie Französin war uns gleich sympathisch. Sie sprach uns unbefangen auf Französisch an: Nein, wir alten Leute könnten doch nicht oben schlafen. - Marianne und ich versicherten, dass uns das nichts ausmachte. Fast nichts, ich probierte den Aufstieg mit einem Stuhl: ging ohne Schwierigkeiten. (Dieser Test hat nicht in jeder Herberge zu einem positiven Ergebnis geführt, da die oberen Betten bzw. die Stühle recht unterschiedlich hoch sein konnten.) Im Nachhinein gratulierten wir uns, dass wir wegen des gesparten Umwegs schon 14h30 in der Herberge waren, denn nach uns lief diese bis 15h30 schon voll. Es kamen auch noch einige alte Leute. Da ging die Französin in die rechte Saalhälfte und schimpfte die jungen Pilger aus, dass sie sich alle untere Betten genommen hätten und die Alten oben schlafen ließen. Die jungen Leute gaben doch glatt nach und bezogen obere Betten. Hätte ich nicht erwartet. Wie 2003 ließen sich im Vorraum Fahrradfahrer nieder. Viele Pilger gehen auch wohl gleich zu der neuen 7,7 km weiter gelegenen Herberge von Vilela weiter, aber Ribadeo und der Sund lohnen einen Aufenthalt.
Feve-Bahnhof, Supermarkt und PilgermenüIch bekam den neusten Stadtplan (der bemerkenswert unpraktisch war). Die Busse fuhren erst ab Juli. Also wieder mit der Feve, und - o weia - der Bahnhof liegt weit im Westen. Ich lief nach Stadtplan dorthin. Wieder gab es im Bahnhof einen Schalter, aber keine Fahrkarten im Vorverkauf. Etwas müde wieder zur Herberge (so wusste ich auch den Weg und die benötigte Zeit.). Insgesamt bin ich so sicher 6 km zusätzlich gelaufen. Zu unserer allgemeinen Freude hatten wir alle drei immer noch keine Blasen oder sonstige Fußprobleme.
Gleichzeitig sich beim Schnüffeln gemerkt:
20. Juni 2014, Freitag: Von Ribadeo nach Anguieira, 20,0 km, davon 8,0 km mit der Feve (161,5 km)Planung für die Etappe bis zur Ría von FozNach unseren Erfahrungen der letzten Tage war mir klar, dass der Weg von Ribadeo bis zur Ría von Foz für uns nicht in einem Tag zu Fuß zu schaffen war. Wenn man einfach auf der Straße die Küste entlangwandern will, ohne sich Zeit zu lassen, die Naturschönheiten zu bewundern, könnte es gehen; man kann sogar an der Herberge beginnen und einfach dem Sund-, später dem Meeresufer folgen. Dabei handelt man sich schwer zu schätzende zusätzliche Kilometer ein: Aus 23 km Luftlinie werden dann durchaus ca. 40 km (Küstenstraße plus Schlenker an der Abbruchkante entlang). Das hätte ich auch in meinen besten Tagen nicht geschafft. - Also wollten wir etwa die Hälfte, nämlich bis zum berühmten "Strand der Kathedralen" (Praia das Catedrais) mit dem Zug fahren, da wie schon geschrieben die Touristenbusse nur ab Juli fahren. Daraus folgte zweierlei: Zum einen konnten wir an diesem Morgen noch die Innenstadt von Ribadeo besichtigen, weil der Zug erst um 11h08 fuhr, zum andern war damit der halbe Tag weg, und selbst für die Hälfte des Weges blieb dann leider relativ wenig Zeit.
Anfahrt über EsteiroRechtzeitig machten wir uns zu dem langen Weg zum Bahnhof auf. Da ich eine Iberpix-Karte der Gegend hatte, wusste ich, dass der günstigste Zielbahnhof Esteiro war. Heute gab es auch Fahrkarten, aber dann wartete alles; der Zug hatte gut 10 Minuten Verspätung. Für einen Ausstiegswunsch diente wieder ein grüner Knopf, dann hielt der Zug mitten in der Pampa. Wir mussten erst einen Halbkreis nach Süden laufen, um eine benachbarte Brücke über die Bahnlinie zu erreichen, aber dann ging es einfach geradeaus auf die Küstenstraße zu, die wir in wenigen Minuten erreichten. Es herrschte einigermaßen Ausflugsbetrieb. Bald kam rechts ein Parkplatz, und von dem aus lief alles zu dem Küstenabschnitt mit den "Kathedralen".
Bar und irreführendes SchildKurz vor dem Ortsrand prasselte der Regen los, dass wir zum ersten Mal froh waren, schwere Regenumhänge dabei zu haben. Bei unseren Trainingsläufen hatten wir das gegenseitige Überziehen schon geübt ;-) Wir flüchteten am Ortsanfang auf die überdachte Terrasse eines geschlossenen Straßencafés. Gegenüber lag die Bar "Moby Dick", die auch Essen anbot. Eine Asiatin kam zu uns herüber und begrüßte uns freundlich. Es war eine Koreanerin, die Ehefrau des Barbesitzers, hier vor Jahren hängengeblieben. Sie war auch schon gepilgert und behauptete, dass es von hier einen Camino del Mar nach Vilanova de Lourenzá gäbe. Auf meinen skeptischen Blick hin gab sie zu, dass er nicht ausgezeichnet sei und die Nationalstraße N-634 entlangführe. Nein, danke! Da an dieser Kreuzung ein Schild "Gardis" war, fragte ich nicht nach einem Supermarkt. Das war ein Fehler. Es stellte sich später heraus, dass es in dem ganzen Ort nirgendwo eine Einkaufsmöglichkeit gab, und zu essen auch nur in zwei Bares, die beide keinen anziehenden Eindruck machten. Und der Supermarkt Gardis lag 3 km weiter im Ortsteil Merille von San Cosme, an der N-634, für Autofahrer ja kein Problem, für Fußgänger undiskutabel.
Überraschend gutes Preis-Leistungs-Verhältnis16h30 fährt ein Auto vor. Der Hotelbesitzer Jesus ist es selbst. Später erfahren wir, dass er eine Bar im 3 km entfernten Merille betreibt und das Hotel aus der Ferne betreut. Ganz persönlich, sein Motto ist: "Mi hotel, su casa" (Mein Hotel, Ihr Zuhause), und so praktiziert er es auch. Wir kommen in den Empfang des Erdgeschosses. Im Gegensatz zu draußen alles neuwertig und gepflegt. Ein kreisrunder Flur, von dem die Zimmer abgehen. Er reißt drei Türen für uns auf, alles Doppelzimmer. Halt, wehre ich ab, mit einer meiner "señoras" bin ich ja verheiratet, da genügen zwei Zimmer. Auch gut, stimmt er fröhlich zu. Pro Nase bezahlen wir 20 €, auch bei Einzelbelegung im Doppelzimmer. (Das ist in Spanien weit verbreitet. In Deutschland gibt es oft nicht einmal einen Preisnachlass für 1 Person.) Und was erhielt man hierfür: Ein großes Zimmer und ein ebenso großes Badezimmer, in dem man hätten fangen spielen können. Aber nicht genug: Frühstück ist ja noch im Preis inbegriffen, und - mi hotel, su casa - ein einfaches Abendessen für Leute, die den guten Jesus ausnutzen, praktisch auch noch: Ein Drittel des Obergeschosses nahm der Aufenthalts- und Essraum ein, mit wohlgefülltem Kühlschrank, Tischen mit abgedeckten Kuchen, Müsli, Marmeladen usw., alle Küchengeräte bis hin zur Kaffeemaschine ebenfalls vorhanden. Auf das alles könne man ungeniert zugreifen, sagte Jesus, morgens brächte er frisches Brot. Ich wurde richtig verlegen; wie wollte der denn noch bei unseren 20 € Gewinn machen? Jedenfalls bezahlten wir erst einmal für die Zimmer und bekamen eine ordnungsgemäße Quittung. Fürs Abendessen hatten wir aber auch noch Vorräte mit, so dass nur der Schlummertrunk ergänzt werden musste, und für den legten wir anderntags diskret einen Schein unter die Zimmerschlüssel in der Empfangsecke. Unterm Dach gab es übrigens noch weitere einfachere Zimmer. Ein im wahrsten Sinne des Wortes merk-würdiges Hotel! Hotel Ría do Masma, Estrada Casiano Moreno, n-o 7, Anguieira, ES-27790 San Cosme de Barreiros (Lugo) Tel. und Fax 982 124 085, Mobil 615 092 115, Netzauftritt des Hotels, infocafebarmoderno.org Ein unerreichbarer SupermarktAm Spätnachmittag machten wir uns noch auf die (vergebliche) Suche nach dem Gardis-Supermarkt, tranken zunächst in der erwähnten Bar (die andere blieb geschlossen) einen Kaffee und liefen dann in die Richtung, die das Gardis-Schild gewiesen hatte. Die ganze Gegend war von mehrstöckigen Gebäuden geprägt, die in Gruppen in die karge Küstengegend gepflanzt worden waren. Vielfach gab es jetzt noch rege Bautätigkeit. Nach 1 km, an einem Wegekreuz, kam von rechts ein Sträßchen hinzu, direkt von unserem Hotel. Wir merkten uns das für morgen früh, denn unsere jetzige Straße war auch die richtige für unseren morgigen Weitermarsch nach Süden. Anguieira ist ein Ortsteil der Streusiedlung San Cosme. Nach weiteren 500 m schlossen wir richtig, dass der Supermarkt wahrscheinlich erst dort lag, und kehrten um. Es blieb der Trost, dass wir eine Routineaufgabe, nämlich den Beginn des Weges am anderen Tag zu erkunden, erfüllt hatten.
21. Juni 2014, Samstag: Von Anguieira nach San Xusto, 15,2 km (176,7 km)Wieder eine PlanänderungHeute galt es! Es ging nun unwiderruflich in die Berge, die Etappen mussten wieder länger werden, und happige Steigungen waren nicht zu vermeiden. Wenn Hedwig, die bislang fast jeden Tag schwächer geworden war, das nicht durchhielt, mussten wir abbrechen. Man kann sich vorstellen, dass mein Morgengebet besonders konzentriert ausfiel. Ich wollte mich aber in alles schicken. Bislang hatte ich immer erfahren, dass eine vordergründige Enttäuschung im Nachhinein doch einigen Sinn bekam, wenn sie sich nicht sogar als glückliche Wende herausstellte. Ich hatte noch eine gute Idee gehabt: Warum sollten wir bis Vilanova de Lourenzá laufen (20,3 km) und morgen nur knapp 9 km haben, wenn sich das besser aufteilen ließ, indem wir schon 5,1 km vor Vilanova in San Xusto blieben? Nun ja, ich hatte diese unwichtige Herberge ganz aus dem Auge verloren, denn wer will schon den halben Tag mitten auf dem Land rumhängen? Wir diesmal, weil wir es unterwegs so langsam angehen lassen wollten, dass wir eben den ganzen Tag bis dahin brauchen würden. Bettenknappheit brauchte man bei den herrschenden Verhältnissen kaum zu fürchten. Wir fassten Mut. Entschlossene VorbereitungenIch nahm wieder beide Schlafsäcke, und Hedwigs Vorräteanteil verteilten Marianne und ich unter uns wie gestern. Das half auch schon was. Zudem kündigte Hedwig an, die Füße besser abrollen zu lassen, so wie sie das in der Gymnastik gelernt hatte. Gottlob waren unsere Füßsohlen ja heil und gesund. (Man erinnere sich: Prinzip der Doppelsocken und außerdem jeden Morgen zuverlässig mit Hirschtalg eingerieben.) Wir begrüßten Jesus, der Brot und Magdalenas brachte und frühstückten sehr gut. Der liebe Gott signalisierte durch Sonnenschein, dass auch er heute mitspielen würde. Jesus verschwand wieder, nachdem er uns eingeschärft hatte, wegen der anderen Gäste, die natürlich noch schliefen, leise die Türen hinter uns zuzuziehen. Wir packten also, deponierten die Zimmerschlüssel samt Auslagenersatz auf dem Pult der Empfangsecke und verließen leise das Hotel. In San Cosme, Ortsteil MerilleMeine Iperpix-Karte reichte aus, um den Weg nach Süden zu finden. Es ging zunächst wie gestern ausgekundschaftet vor dem Hotel parallel zum Sund bis zu dem erwähnten Wegekreuz, dann wieder zwischen mehrstöckigen Häusern hindurch aufs Land, wobei man immer derselben kleinen Landstraße CP-0601 folgte. Nur einmal stockten wir, nach ca. 4 km an einer T-Kreuzung: rechts oder links? Dann sah ich quer vor uns die Eisenbahnlinie, die wir überqueren mussten, und das ging nur, wenn wir hier einen Links-Rechts-Schlenker machten. Das war richtig. 1 km weiter kamen wir in den zentralen Ortsteil Merille von San Cosme und erreichten die Fernstraße N-634. Das Glück war uns heute hold: Jenseits der Straße sah ich Wegweiser, darunter einen nach Insua. Da mussten wir hin. Rechts lag weiter die Straße hoch der Gadis-Supermarkt. Da mussten wir auch hin ;-)
Netzauftritt der Bar "Moderno", Estrada Xeral, n-o 70, Merille, ES-27790 San Cosme de Barreiros (Lugo) Tel. und Fax 982 124 085, Mobil 615 092 115 Schlimmste Steigung bis zur AutobahnAnfangs erschrak ich doch, denn es ging von der N-634 in Merille sofort sehr steil hoch. Man kann zunächst den Schildern zu einem Aussichtspunkt (mirador) folgen, zu dem es erst vor Insua links abgeht. Mehrfach mussten wir verschnaufen, aber Hedwig hielt sich wacker. Die Autobahn stand nicht auf meiner Iberpix-Karte, aber über den weiteren Straßenverlauf gab es keinen Zweifel. Von 50 auf 200 m hoch, aber das steilste Stück hat man mit Erreichen der Autobahn geschafft. Danach steigt die Straße zwar weiterhin stetig, aber langsamer. Hinter einer langgestreckten Linkskurve tauchte links ein hässliches Industrieareal mitten im Wald auf, es musste eine Art Müllkippe sein. Dahinter ging es auch zu dem Aussichtspunkt Pena Bor (334 m) links ab, wir aber blieben auf der CP-0608.
Pilgerweg leicht zu findenFrohgemut und erstaunlich fit erreichten wir die erwartete Kreuzung mit der LU-133 und überquerten den Kreisverkehr, geradeaus ging es jetzt ohne weitere Höhenmeter nach Vilamartín Grande. Ca. 12h30 kommt eine Kreuzung in Sicht. Schilder weisen nach rechts, aber ich muss noch gar nicht entziffern können, dass da "Gondán" draufsteht, denn vor uns wechselt gerade eine kleine Gruppe von Pilgern über die Straße. Gefolgt von einer größeren Gruppe. Sind wir in eine "Welle" geraten?
Überflüssiger Schlenker hinter GondánWeitere Pilger holen uns ein, es ist heute wirklich was los. Viele kommen von der Herberge von Vilela, die es 2003 noch nicht gab und die ich daher nicht kenne. Hinter Gondán gibt es eine unvermutete Abzweigung nach rechts. Später biegt man wieder links ab und muss nach einer langen geraden Gefällstrecke nochmal um einen Bauernhof nach links, um auf eine kleine Landstraße zu stoßen. Ich wettete, dass es dieselbe war, die wir hinter Gondán verlassen hatten. Die Karte gibt mir recht. Besser also den oben erwähnten Abzweig nach rechts ignorieren. (Das Handbuch erwähnt den Schlenker auch nicht.) Es kommen wieder Wolken und bringen Regen mit. Uns kann heute nichts mehr erschüttern. Hedwig läuft wie früher, es ist das reinste Wunder. Wir werden die Etappe heute mühelos schaffen, wir müssen nicht abbrechen!
Keine Betreuung der HerbergeZwei-drei Männer hängen wegen dem Regen drinnen herum und trinken aus Langeweile, sicher Rentner. Sie lachen, als ich um den Schlüssel bitte. Die Herberge sei offen, sagt die Wirtin, die Tür klemme nur. Übernachtungsgebühr? Sollten wir in die Spendenbox tun. - Na, hier schien ja alles Selbstbedienung zu sein. Draußen steht ein nagelneuer Bau mit Restaurant-Reklameschild. Irgendwas mit "Gourmet". Abendessen? Die Wirtin windet sich. Eigentlich nicht, aber vielleicht doch, wir sollten mal sehen. Merkwürdig! Eine Bruchbude wie in alten ZeitenWir reißen die Tür der Herberge auf und inspizieren die Zimmer. Junge, wie in alten Pilgerzeiten, als die Herbergen fast alle nicht betreut wurden: Alles ist dreckig, kaputt oder beides. Eine Steckdose war herausgerissen, ist wieder hereingedrückt und mit einer Slipeinlage überklebt. Aber am Ende staunen wir doch: das warme Wasser funktioniert! (Das gab's früher nicht ;-) Wenn man so eine alte Herberge erlebt, merkt man, dass man inzwischen an ein höheres Niveau gewöhnt ist. Wir konnten aber auch zurückschalten. Die Herberge hatte auch Vorteile, z.B. 4 Zimmer, 3 davon mit 4 Stockbetten (also 2 unten, 2 oben) und 1 Zimmer sogar mit nur 1 Stockbett (2 Personen). Also hatten wir unser Zimmer für uns, das 2-Bett-Zimmer nahm ein baskisches älteres Paar, das gleich die Toilettenpapierrolle "sicherstellte". Auch das kenne ich von früher. Sonst zogen noch einige Pilger vorbei, aber niemand blieb mehr. Eine augenscheinliche FehlinvestitionAbends zur Bar. Außer der alten Wirtin gibt es eine junge, die ziemlich verhärmt aussieht. Sie hat wohl das Kommando über das Essen, denn erst stellt die alte Wirtin uns Tellergerichte in Aussicht, nach etwas Zanken im Hintergrund muss sie das zurücknehmen. Es gibt nur Bocadillos oder Ensalada mixta. Wir nehmen alle drei den Salat, der sehr ordentlich ist. Da es auch zu trinken gibt, leiden wir keine Not und feiern die Leistung von Hedwig heute. Warum wird das "Gourmet-Restaurant" nicht geöffnet? Ein Blick auf den rauschenden Regen draußen: tote Hose im Tourismus, und dieses winzige Kaff hat absolut gar nichts zu bieten. Wie soll sich da die teure Investition bezahlt machen? (Ich würde wenigstens Mittagsmenüs für vorbeiziehende Pilger anbieten.) Haarsträubende "Übersetzungen"Deutschland spielt gegen Ghana. Auch tote Hose. Zur Halbzeit bei 0:0 trollen wir uns lieber in die Federn. Nachts stören einige Mücken. - Nachzutragen ist noch: In dieser wie auch in anderen Herbergen kleben vielsprachige Hinweistexte an der Wand. Neben der spanischen Originalversion ist die englische Übersetzung noch verständlich, aber die übrigen (Deutsch, Französisch, ...) sind offensichtlich mit einem Internet-Übersetzungsprogramm erstellt und nicht überarbeitet worden. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll: Aus "albergues y refugios" ist im Deutschen "Schutz und Schutz" geworden. Dabei wimmelt es in Spanien von Deutschmuttersprachlern, etwa unter den Pilgern, die gern bereit wären, solche Texte kostenlos zu übersetzen. Manchmal regen mich die Schlampigkeit und Wurschtigkeit der ansonsten ja netten Spanier (siehe Jesus!) auf. 22. Juni 2014, Sonntag: Von San Xusto nach Mondoñedo, 13,9 km (190,6 km)
Spektakuläre KornspeicherUnweit der Herberge geht es ganz steil hoch. Danach kommen Waldwege bis Arroxo. Ich erinnerte mich, 2003 ja noch keinen Führer gehabt zu haben, nur eine Skizze, die vor aggressiven Hunden in diesem Ort warnte. 2014 kein Hundeschwanz zu sehen. Nun die Landstraße (alte N-634) entlang, bis zu einer Häusergruppe (A Voltiña) im Tal, wo wir vor einer Kirche links auf Bänken Pause machten. Das lief heute wie geschmiert. In der nächsten Kurve ging es schon wieder ins Grüne, und im Prinzip bleibt man oberhalb der N-634/634a. An San Pedro konnte ich mich erinnern, weil wir 2003 dort an einem Brunnen mit Steinbänken Rast gemacht hatten. Dann kamen die zum großen Teil verfallenen Örtchen O Reguengo und San Paio, die man gesehen haben muss. Besonders die Kornspeicher (horreios), die kreuz und quer über den Weg gebaut sind und sicher bald wegen Einsturzgefahr abgerissen werden müssen. Hinter O Reguengo glaubt man schon, die N-634 zu erreichen, aber dann geht es plötzlich wieder einen Waldweg links ab, um San Paio nicht auszulassen. Von dort führt der Weg aber endgültig auf die N-634a (= alte N-634), bis Mondoñedo zu. Der Weg nach Mondoñedo hineinDen kurzen Rechtsschlenker durch den Vorort San Lázaro kann man sich ersparen und auf der Fernstraße bleiben, bis man in einem Kreisverkehr links abbiegt. Hier sahen wir ein junges Pilgerpaar, das etwas unschlüssig der Fernstraße folgte. Auf der linken Seite liegt ein großes Sportgelände, an dem man rechts vorbeiläuft. Achtung: Danach splittet sich die Straße auf: die Hauptrichtung macht einen Linksbogen, während der Pilger den rechten Abzweig praktisch geradeaus in die Stadt hochgeht. Man ist jetzt schon zwischen den Häusern der Innenstadt, folgt einer Rechtskurve und kommt danach am Hauptplatz mit der Kathedrale raus. Geradeaus gehen und am Ende des Platzes rechts hoch in die Rúa de Progreso. Links kommt dann das Touristenbüro, in dem ich mir einen Stadtplan besorgte. Weiter die "Progreso" hoch, dann liegt rechts der Rathausplatz. Das Rathaus liegt rechts an seinem Ende, und dort ist auch die Polizei, bei der man sich anmelden muss. Wie man die Herberge findet12h45 waren wir schon dort und wurden von der Polizei sehr freundlich empfangen. Schlüssel zur Herberge gegen Quittung. Ich wusste nur nicht, ob jeder Pilger einen Schlüssel bekam und ob man die Herberge tagsüber abschließen musste. Zur Herberge: Zurück über den Rathausplatz, die "Progreso" links liegen lassen, geradeaus in die "Lance Santar", dann rechts in die "Pacheco", (Keine Gewähr für die Schreibweise der Namen) die an einem Frauenkloster vorbei in einer Rechtskurve in die "Leiras Pulpeiro" übergeht. Links liegt dann ein kleiner Platz. Man geht ihn hoch und weiter rechts an einer Kirche vorbei. Dann liegt die gut renovierte Pilgerherberge, die man von unten nicht sehen kann, am Ende des Kirchplatzes. (2003 waren wir noch in einem Bauernhaus außerhalb des Stadtzentrums untergekommen.)
Gemischte PilgergesellschaftWir waren die ersten Eingetroffenen. Als nächstes kam eine spanische Familie (Frau, Tochter, Mann), die in den 2. Stock zogen. Um 14 Uhr erschien ein arrogantes Paar von Sonntagspilgern, schnauzte mich wegen Informationen an, verzog sich dann aber auch nach oben. Es kamen noch einige weitere Pilger, ein deutsch-französisches Paar von Vilela und eine junge Engländerin, die sich um die 6 € Übernachtungsgebühr herumdrückte. Sie ging nämlich nicht zur Polizei (deshalb meine Zweifel, ob die Herberge nicht abgeschlossen werden musste), wo man gegen 6 € auch die Einmalüberzüge für Matratze und Kopfkissen bekam. Eigentlich sollte mir das auch egal sein, ich wollte hier nicht den Preußen spielen. Aufgedrängte GastfreundschaftSpäter kam noch eine nervige Besucherin, ca. 40 Jahre, die 3 km entfernt wohnte und dort den Aussteiger machte. Sie war offensichtlich caminosüchtig, war selbst wohl mehrmals gepilgert und hatte dann einen verfallen Bauernhof in dem herrlichen Tal hinter Mondoñedo (siehe unsere morgige Etappe) gekauft und hergerichtet. Jetzt war sie einsam und lud alle Pilger gegen Spende zu sich ein. Mir gefällt sowas nicht. Man ist dann Gast, muss sich einordnen und weiß am Ende nicht, welche Spende angebracht ist. Ich ging ihr lieber aus dem Weg. Es gefällt uns alles immer besserWir verbrachten nach den üblichen Ritualen noch einen geruhsamen Restsonntag in der schönen Stadt und waren rundum zufrieden. Auch vor der hammerharten Steigung morgen hatten wir keine Angst mehr, und ich war glücklich, dass wir zum einen die neue Herberge kennenlernten und zum anderen die landschaftlich tolle Strecke morgen nicht überschlagen mussten. An der Kathedrale stand angeschlagen, dass abends eine Messe in der Santiagokirche sei, die wir natürlich nicht verpasst haben. Ich hatte für so vieles zu danken. Auf dem Weg zurück zur Herberge gab's ein paar Tropfen Regen. - Nachts war es angenehm frisch, aber nicht zu kalt. Wir schliefen alle sehr gut. 23. Juni 2014, Montag: Von Mondoñedo nach Gontán, 16,5 km (207,1 km)Neuer Weg aus Mondoñedo herausUm 8h00 wollte die Polizei den Schlüssel wiederhaben, 7h56 standen die Deutschen vor der Tür. Wieder war der Diensthabende äußerst freundlich. Morgenandacht an der Kathedrale. Dann ging es zu dem Aufstieg, wo es 2003 Verwirrung gegeben hatte. Hm, ich fand die Stelle gar nicht wieder. Wir folgten einem Sträßchen zwischen Häusern hinaus, hier irgendwo links war es gewesen. Dann, schon im Grünen, eine Spitzkehre steil nach links oben bis zu einer Rechtskurve mit einigen Gebäuden. Hier, meinte ich, mussten wir 2003 herausgekommen sein. Die Karte bringt im Nachhinein auch keine letzte Klarheit, aber es muss 2003 einen abkürzenden steileren Fußsteig bis zu diesen Häusern gegeben haben. Was soll's? Das Wetter war wieder ideal: Bedeckt mit etwas Sonne zwischendurch, frischer Wind, kein Regen. Auf halber Höhe durch ein unberührtes TalNun kam der lange Weg durch das schöne Tal. Rechts oben lag unsichtbar immer die N-634 und noch weiter links, ebenso unsichtbar, die neue Autobahn. Dieses Tal hatte man verschont. Die Iberpix-Karte versagt merkwürdigerweise hier völlig, denn sie zeigt dieses über fast 10 km sich auf halber Höhe herumschlängelnde Sträßchen nicht an. Zwischendurch gibt es auch schon die eine oder andere Steigung, wenn ein Bachtal gekreuzt wird, aber insgesamt steckten wir das alle mühelos weg.
Orientierung nach dem AufstiegWir hatten uns psychisch darauf eingestellt, dass es nun heftig und lange nach oben gehen würde, und so war es denn auch (laut Karte von ca. 400 m auf 531 m). Da wir öfter verschnauften, wurden wir hier von sieben Pilgern überholt, die wohl schon von Vilanova kommen mussten, denn wir kannten niemanden. Spanier, Franzosen, Italiener, sogar Dänen, aber keine Deutschen. In früheren Jahren hätte mich jetzt die Panik ergriffen, und ich wäre davongestürmt, um noch ein Bett zu bekommen, aber jetzt blieb ich gelassen bei meinen Pilgerschwestern. Oben auf der Höhe (es war nicht die Alto de Xesta an der N-634) war alles anders, als ich es in Erinnerung hatte. Die Kapelle (wohl San Martiño de Galgao) sahen wir hinter großen Straßenbrücken hervorlugen, die hier die N-634 mit der neuen Autobahn verbanden, und der Pilgerweg machte laut provisorisch angebrachten Tafeln einen Zickzack-Schwenk durch die Landschaft, dass ich völlig die Orientierung verlor. Das lag daran, dass wir nicht an der N-634 herausgekommen waren, die erst einmal durch diesen Schwenk erreicht werden musste. Hinter der Ortschaft Xesta blieb man lange rechts von der N-634. Erst kurz vor Gontán lässt der Weg die Fernstraße links liegen, und man kommt von Norden nach Gontán rein, trifft im Ort auf eine Landstraße und ist kurz darauf an der Pilgerherberge angekommen, die am Dorfplatz rechter Hand liegt. Links liegen zwei Bares. Schon 13h30 trafen wir ein.
Kein echtes Pilgerleben ohne andere MitpilgerIm Gegensatz zu unserer Tour an der Küste entlang begann hier das echte Pilgerleben, d.h. wir bekamen nun auch Kontakt zu anderen Pilgern, mit denen wir parallel liefen. Denn bei den nächsten Etappen gab es praktisch keine Übernachtungsalternativen. Wir mussten nicht mehr fürchten, mit dem Bus fahren zu müssen, denn Hedwig hatte auch diesen Tag wieder gut weggesteckt. Irgendwie hatte sie Reserven mobilisiert, so dass sie wieder fast so gut lief wie früher. Jetzt begann wirklich ein sorgenfreies Pilgerleben, wie wir uns das gewünscht hatten. Insgesamt waren wir in Gontán etwa 15, darunter eine Gruppe von drei alten Französinnen, zwei junge Spanierinnen, die spanische Familie (siehe die Abbildung), ein dickerer junger Spanier aus Valladolid, dem sich zwei US-Amerikaner (Vater und Sohn) angeschlossen hatten. Das dänische Paar (der Mann sprach fließend Deutsch), das wir unterwegs in den nächsten Tagen mehrfach trafen, übernachtete nicht in Herbergen. Einkaufen und EssenIch ging zum Schnüffeln bis Abadín (steiler Aufstieg), denn erst dort gab es Läden, deren Öffnungszeiten ich mir merkte. Zu essen gab es in der nächsten Bar "A Feira" unweit der Herberge, wo sich die meisten Mitpilger am Nachmittag in die Sonne setzten. Einkaufen in Abadín ab 16h30. Hier hatte die Bar Niza zwar ein Menu del día, aber auch nur bis 16 Uhr, wie in Ribadeo. Abendessen für 9 € in der Bar "A Feira": Kartoffelsuppe mit Fleisch, Merluza. Prima. Der Wirt brachte erst eine englischsprachige Karte, dann, als ich sagte, wir seien keine Engländer, eine deutsche. Wir brauchten gar keine, denn was nützt einem eine völlig ungenaue Übersetzung der verschiedenen galicischen Gerichte (immer nur "Fleisch mit Soße"), deren Namen eben unübersetzbar sind. Wenn ich Zorza haben will, muss ich auch Zorza bestellen, und das konnte ich auch von der spanischen Tafel, auf der die Gerichte aufgelistet waren, ablesen. - Abends regnete es wieder. 24. Juni 2014, Dienstag: Von Gontán nach Vilalba, 19,4 km (226,5 km)Relativ reizlose EtappenDie nächsten beiden Etappen sind im Vergleich mit denen davor und dahinter relativ reizlos, weil sich der Pilgerweg nicht nur wie schon vor Jahren um die N-634 schlängelt, sondern nun auch noch um die neue Autobahn A-8. Mit Recht hatte ich geplant, diese Strecken vielleicht mit dem Bus zu überbrücken, wenn die Zeit knapp wurde. Aber durch unsere Bahnfahrten an der Küste war das nicht mehr nötig, und Hedwig lief diese "normal" langen Etappen zu unserer Freude ohne Probleme, nur mit zeitweiligen Rückenschmerzen. Irrtum im HandbuchWie üblich brachen wir nach einem guten Frühstück (fast als Letzte, nur noch ein Fahrradfahrer da) gegen 8 Uhr auf, Morgenandacht an der nahen Kirche. Laut Handbuch kommt nach 2 km der Fluss Arnelo, aber das stimmt nicht. Auf der Iberpix-Karte steht "Rego de Abadín" (in Wikiloc "Anllo"), eine unauffällige Holzbrücke führt hinüber. 8h51 machte Hedwig dort ein Foto. Erst einige Kilometer weiter, nachdem wir bereits die Autobahn überquert hatten, kommt der Rio Arnela. Etwas später unterquert man die Autobahn wieder und erreicht Castromaior. An die Brücke kann ich mich nicht erinnern.
Nicht zu früh links abbiegenHinter Goiriz blieb man einige hundert Meter auf der Fernstraße und lief nicht mehr rechts über die Wiesen, wo Hedwig 2003 so übel gestürzt war. Die restlichen lumpigen 3,2 km heute waren ein Klacks. Man muss etwas aufpassen, denn die Beschreibung im Handbuch, wo man nach links abbiegen soll, ist nicht ganz klar, weil schon vorher eine ähnliche Kreuzung kommt. Aber die Wegekennzeichnungen sind eindeutig. Am Ende läuft man ein Stück alte Nationalstraße auf Vilalba zu.
Menüsuche in VilalbaDie Herberge gab es schon 2003, aber sie ist prima in Schuss, alle Einrichtungen (sogar eine große Unterstellmöglichkeit für Fahrräder) sauber und funktionierend. Hier hatten wir uns ganz schnell erholt. Bald ging es ab in die Stadt. Einige Pilger saßen in dem benachbarten Restaurant, aber das Handbuch gibt den Preis für ein Menü mit 11 € an. Dann sind es inzwischen sicher 12 €, unakzeptabel. Im Stadtzentrum waren sicher einige Bares. - Ja, von wegen! Wir fanden nur Cafés, und das eigentliche Zentrum war erstaunlich klein. Jedenfalls warfen wir einen Blick auf den Festungsturm, der zum Parador daneben gehört. In der Stadt liefen auch die Dänen und die Französinnen herum, suchten wohl Privatquartiere. Vilalba ist anscheinend im Niedergang. Hier treffen einige Straßen zusammen, aber jetzt gehen N-634 und Autobahn weiträumig an der Stadt vorbei, die nicht mehr von dem hier Halt machenden Fernverkehr profitieren kann. Das war wohl auch die Erklärung für unsere vergebliche Suche. Hier wie in Baamonde sahen wir Plakate, die gegen eine Verlegung des Pilgerwegs protestierten. Da möchte man ja mal Einzelheiten wissen. Die werden ja wohl nicht die Route über Miraz abklemmen, das wäre eine Schande! Etwas beleidigt wegen unserer vergeblichen Suche wollten wir uns schon wieder auf den Rückweg machen (und dabei beim Gadis am Ortseingang einkaufen), als wir gegen 16h30 in einer Seitenstraße doch noch auf ein kleines Restaurant stießen, in dem wenigstens Tellergerichte angeboten wurden. Wir waren die einzigen Gäste im Speisesaal und wurden sehr zuvorkommend bedient. Ganz billig war es auch nicht, aber die Auswahl war gut und das Essen sehr lecker. Einzelheiten habe ich mir nicht notiert, aber wir waren zufrieden. Auf dem Rückweg konnten wir bei Gadis einkaufen. Abendliche PilgeratmosphäreAbends saßen wir in der Küche und genossen Obst und Getränke. Es herrschte fröhliches Treiben, denn die anderen, von denen wir viele von Gontán kannten, bereiteten gemeinsam etwas zu, das wie amerikanischer Burger auf Papierservietten aussah. Dabei war auch ein österreichisches Ehepaar, das von Graz aus den ganzen Weg gelaufen war. Der junge Spanier aus Valladolid lief inzwischen mit den beiden Texanern (Vater und Sohn) zusammen und brachte sein rudimentäres Englisch an. Jedenfalls alles nette Leute, die auch uns langsam als dazugehörig mitrechneten. - Nachts hatte ich zum ersten (und einzigen) Mal leichte Wadenkrämpfe. Ich nahm dann am Morgen eine Magnesiumtablette mehr. Ansonsten wieder eine ruhige Nacht, in der wir alle auf unteren Betten schlafen konnten. 25. Juni 2014, Mittwoch: Von Vilalba nach Baamonde, 22,0 km (248,5 km)Weg aus Vilalba herausEs frühstücken heute auch andere Pilger in aller Ruhe. Baamonde ist für die meisten wohl das nächste Ziel, nur Langläufer gehen noch bis Miraz. Morgenandacht in der Herberge. An dem großen Kreisverkehr verzichteten wir auf den großzügigen Fußgängerüberweg rechts, sondern gingen einfach links am Straßenrand in Richtung Innenstadt. Der Verkehr hielt sich sehr in Grenzen, keine Gefahr. In der Innenstadt beschreibt das Handbuch einen kleinen Rechtsschlenker um den Festungsturm herum. Wir gingen aber einfach geradeaus weiter und ließen den Turm rechts liegen. Die Straße bog kurz darauf nach rechts und traf auf die im Handbuch beschriebene Route. (Völlig falsch liegt hier Wikiloc, das einen riesigen Bogen nach Nordwesten und dann nach Süden als den Verlauf des Pilgerwegs anzeigt.) Hinter Häusern ist man schon im Grünen und kommt als nächstes zu einem Fluss, an dem man schöne Parkwege angelegt hat. Hier liegt auch eine alte Mühle. Ich erinnerte mich, wo es weiterging: Nicht am Fluss entlang, sondern jenseits der Brücke geradeaus hoch, das Wegezeichen sieht man nicht sofort. Einzige Steigung des TagesSpäter unter der Autobahn durch. Hinter einer mittelalterlichen Brücke stößt man auf eine Zeile verlassener Häuser, die malerisch überwachsen sind. Nun folgt die einzige Steigung des Tages zwischen Bauernhäusern hindurch, dann über die Autobahn hinweg zum Dorf Alba (10h30), wo ein ähnlicher Friedhof wie in Goiriz ist. Weiterer, wenig ansprechender Weg zwischen Autobahn M8 (rechts) und N-634 (links), bis man wieder auf die Nationalstraße kommt (11,9 km, etwa Hälfte der Etappe). Der Pilgerweg macht noch einen kleinen Linksschlenker, aber man sah schon an der Abzweigung, dass er 300 m weiter an der N-634 wieder herauskam. Da das Handbuch von schlammigen Wegen spricht, verzichteten wird und kamen ungefähr gleichzeitig mit dem dänischen Ehepaar an einer Bar an, wo viele unserer Mitpilger saßen und uns mit Willkommengeschrei begrüßten. Denn es war jetzt offensichtlich, dass wir dieselben Etappen liefen wie sie, und zwar zu Fuß, ohne Buseinsatz. FlusslandschaftDa wir genügend Vorräte mit uns hatten, setzten wir uns abseits der Bar auf einige Baumstämme und machten Mittag. Gegenüber der Bar lag ein "Klub" aus früherer Fernstraßenherrlichkeit. Es gab einiges an Witzen, die "señoritas" nach dem Weg zu fragen und dergleichen. Tatsächlich ging der Pilgerweg gegenüber der Bar rechts ab von der N-634 weiter, bald wieder unter der Autobahn hindurch. Es folgte eine Flusslandschaft, in der wir zwei Mal einen Storch sahen, und einmal glaubte ich sogar, einen Pirol zu hören. Erneut gab es eine mittelalterliche Flussbrücke mit historischem Pflaster davor. Später unterquert (das Handbuch schreibt falsch "überquert") man erneut die Autobahn, kreuzt die N-634 und bleibt jetzt links von ihr. Sehr lange geht es durch Streusiedlungen, die schon an Vorstädte erinnern, aber Baamonde ist noch weit. Man hätte den Pilgerweg so weiterführen können, aber dann wäre man etwas zu weit nach Osten geraten. Deshalb wird man doch wieder nach Westen über die N-634 hinweg und unter der Autobahn her geführt. Die N-634 wechselt ebenso auf die andere Seite der Autobahn, und deshalb stößt man als nächstes wieder auf sie, bleibt nun aber auf ihr.
Einkaufen und essen in BaamondeSpäter kam noch eine ältere Refugiohelferin (sicher nicht "Conchi"), die mir sagte, wo man einkaufen konnte (um die Kreuzungsecke links lag ein Supermarkt Onda). Menü im Restaurant Galicia für 10 €, aber draußen kein Hinweis.
Merkwürdiger ZufallMein Esperanto-Hemd erregte wieder Aufsehen, denn uns gegenüber im Schlafsaal traf Alex aus Leipzig ein, der sich seit Tagen Gedanken machte, wie man wohl Esperanto lernen könne. Und nun saß ihm auf einmal in der Herberge ein Fachmann gegenüber. Auch die beiden Texaner und ihr spanischer Mitpilger wurden aufmerksam. Authentische PilgeratmosphäreAbends im Speisesaal hatten mehrere Tische Essen übrig behalten und verteilten es an neu Hinzugekommene, vorbildliches Pilgerverhalten. Diese Herberge blieb uns in sehr angenehmer Erinnerung. Die alten Französinnen notierten sich die Busabfahrtzeiten, weil sie wohl die lange Etappe nach Sobrado fürchteten. Auch ich schrieb mir für alle Fälle eine Taxitelefonnummer auf. 26. Juni 2014, Donnerstag: Von Baamonde nach Miraz, 15,1 km (263,6 km)
Privates Refugio ohne ZukunftDer Hinweis auf ein privates Refugio in Eirexe lockte uns nicht. Mir ist nicht klar, wer dort übernachten soll. Baamonde ist aus mehreren Gründen kaum verzichtbar, und hier, nach knapp 6 km, werden höchstens Langläufer von Vilalba unterkommen wollen. - Nach ca. 8 km kamen wir durch das Örtchen Raposeira. Das erkannte ich wieder, weil Hedwig und ich dort 2003 in einem Festpavillon auf der Gemeindewiese Mittag gemacht hatten. Wir waren damals wegen meiner Darmgrippe später dran als heute. Wieder ging es durch eine schöne Waldlandschaft.
Lebensmittelladen in LagüaWenig weiter kamen wir in einem Naturschutzgebiet an den Rastplatz vor Seixón, der 2003 völlig verwahrlost war. Hier strahlte alles in neuem Glanz, und so machten wir Mittag. Hinter Seixón in Lagüa (Laguna) kam eine mir wohlbekannte Abzweigung nach links: Auf der Ecke liegt der einzige Lebensmittelladen weit und breit. Die Tür war verschlossen, und laut Öffnungszeiten waren wir etwas zu spät, aber auf unsere Stimmen hin schloss der Besitzer auf. Wir versorgten uns mit Vorräten, insbesondere einer Empanada als Abendessen, denn wir wussten nur, dass es in Miraz keine Einkaufsmöglichkeit gibt.
Strenge Sitten, viel PlatzEndlich fuhren die Refugiobetreuer vor. Wir stellten uns in der Reihenfolge des Eintreffens auf, die spanische Familie war immer als erstes morgens weg und abends am Ziel. Die drei "englischen" Betreuer waren in Wirklichkeit ein Schotte, ein Australier und eine Irin; ehemalige Pilger, schon recht betagt, keiner konnte Spanisch. Die Irin war ganz klar Lehrerin oder sowas gewesen, denn wir mussten die umständliche Anmeldeprozedur samt Vorführungen und Belehrungen ergeben über uns ergehen lassen, aber so schlimm wie Conchi 2003 in Baamonde war sie nicht. 8 € inklusive Zwangsfrühstück. Wir konnten wieder eine Ecke für uns in dem einzigen Schlafsaal belegen, was wollten wir mehr? Wir waren insgesamt: 2 Österreicher, 2 Italiener, 3 Spanier (alle uns schon bekannt), 1 junges englisches Pärchen, 1 Franzose und 1 Chinesin. Also mit uns zusammen 14 Leute bei 26 Betten, kein Problem. (Zum ersten Mal sah ich dieses Jahr Chinesen auf dem Pilgerweg. Koreaner und Japaner gab es ja schon länger.) Seit drei Monaten unterwegsAbends saßen wir auf der Terrasse zum Garten. Ich fragte die Österreicherin, was sie denn empfände, so kurz vor Santiago, nachdem sie seit drei Monaten (von Graz aus) unterwegs war? Nun, sie sagte ganz ehrlich, dass sie das Pilgern langsam leid sei. Konnte ich gut verstehen. irgendwann möchte man doch wieder die vertraute Umgebung zu Hause genießen. Ansonsten war sie wie ich auch schon auf allen bekannten Strecken unterwegs gewesen.
27. Juni 2014, Freitag: Von Miraz nach Sobrado dos Monxes, 25,7 km (289,3 km)
Jetzt geht's endlich über die HöhenSchließlich kamen wir bei dem 1-Haus-Dorf A Braña heraus (579 m). Heute ging es durchaus auch mal wieder einiges hinunter, meist, um ein Bachtal zu queren, das muss man schlucken. Eine schmale Landstraße nahm uns auf, schnurgerade nach Süden, bis sie in die LU-2102 einmündete, die von schräg rechts von der Serra da Cova da Serpe (Bergkette der Schlangenhöhle?, sehr fantasievoll) kam. Ich hatte bislang immer gedacht, dass man diese Bergkette durch den Pass nach Sobrado überwinden müsse, aber das häusliche Kartenstudium zeigt etwas anderes: In Wirklichkeit überwindet man diesen Höhenzug schon viel früher.
In der Bar von Doña CeliaDoña Celia, die hier für die Pilger noch Kaffee von Hand aufgießt, ist inzwischen hoch in die 70, erzählt sie, als ich erwähne, dass Hedwig und ich schon vor 11 Jahren ihre Gastfreundschaft genossen haben. Inzwischen ist die Bar etwas heruntergekommen, mit viel Schimmel in den Ecken. In dem aggressiven, feuchten Klima müsste man dauernd die Wände trocknen, neu verputzen und streichen. Dazu hat sie sicher kein Geld. Der Hund draußen sei harmlos, versichert sie natürlich, ihrer ist es ja nicht. Ich weiß nicht so recht, draußen lauert er auf uns, aber wir sind ja zu dritt und mit Stöcken gut ausgerüstet. Ein letzter Schlenker vor dem PassDie beiden Pilgeranlaufstellen in Roxica und Marcela liegen ideal, um sich auf dieser Etappe vor und nach Steigungen mit Kohlenhydraten zu versorgen. Bald machten wir einen Ausfall nach draußen, der Hund wich, wollte noch einmal hinter uns her, besann sich dann aber. Jetzt geht es steil ca. 70 m in ein Bachtal hinunter. Hinter der Brücke, in einer Linkskurve, zweigt der Pilgerweg auf eine Piste nach rechts ab. (Die im Handbuch genannte Bushaltestelle konnte ich nicht entdecken.) Man ist jetzt schon kurz vor der Passstraße, kann hier aber noch einen abkürzenden Schlenker nach rechts machen, um etwas später auf sie zu stoßen. Dösende HundemeuteDie Karte verzeichnet eine Häusergruppe Corteporcos (Schweinehof). Der Ort machte lange in Pilgerberichten Furore, denn hier lauerte eine Hundemeute, die gern einzelne Pilger umstellte und verbellte, bis sie von den Bauersleuten "erlöst" wurden. Auch uns war es 2003 so gegangen. Nun, dieselben Hunde konnten es in diesem Jahr kaum sein. Ob wir nun Glück hatten oder ob die Meute inzwischen friedlich geworden war oder einfach nur Siesta hielt, jedenfalls konnten wir diesmal ohne Belästigung passieren: es lag zwar mehr als ein halbes Dutzend Hunde auf und neben der Straße, aber alles döste nur vor sich hin. Kurz darauf ging es im Linksbogen in einen schönen Hohlweg, dann den klaren Zeichen folgend nach oben und im spitzen Winkel auf die Passstraße LU-934 (690 m), die von Friol kommt. Über den PassHier hatte man links der Straße eine "Pilgerautobahn" angelegt, einen breiten Seitenstreifen. Es ging noch ca. 1 km geradeaus, bevor der eigentliche Pass kam (ca. 710 m). Links musste der Pilgerweg von Friol (Querspange vom Camino Primitivo) einmünden, aber nichts und niemand zu sehen. Es könnte sein, dass er neuerdings durch einen Zaun versperrt ist. Man kann ja auch vorher einen Linksschwenk auf Mesón zu machen. 2009 habe ich diesen ausprobiert, evtl. ist diese Variante jetzt vorgeschrieben. Eine letzte SteigungAm eigentlichen Pass hörte die Pilgerautobahn urplötzlich auf, wohl, weil man aus dem Verwaltungsbezirk Lugo in den von A Coruña überwechselt; die LU-934 wird zur AC-934. Man hat jetzt immer noch ca. 10 km vor sich, und die ziehen sich hin. Als nächstes senkt sich die Straße auf das Tal des Flüsschens Mandeo zu, um nach der Brücke dann recht steil anzuziehen. Hier machten sich Ermüdungserscheinungen bemerkbar, wir hatten ja auch gar nicht richtig zu Mittag gegessen. Andererseits war Zeit genug, denn ins Kloster wird man ja ohnehin nicht vor 16h30 eingelassen. Also machten wir in einer überdachten Bushaltestelle vor Méson ausgiebige Mittagspause aus unseren Vorräten, bevor wir mit frischen Kräften weiterzogen.
Ein "aufsässiger" PilgerDer Rest war Routine. An dem schönen (gestauten) Natursee entlang und endlich halblinks von der Straße abbiegend zum Kloster (ca. 500 m hoch gelegen). Dort trafen wir gegen 16h40 ein, konnten also direkt zur Anmeldung. Ich war 2003 (Küstenweg), 2006 (Camino Primitivo) und 2009 (dito) hiergewesen. 2003 war die Unterkunft noch hinnehmbar, 2006 nicht mehr (wir wichen in ein Privatquartier aus), 2009 etwas besser. Jedenfalls sagte ich den beiden Patres am Empfang, dass ich erst einmal die Betten sehen möchte. Der eine echauffierte sich fürchterlich darüber; dabei mache ich das bei Herbergen im Zweifelsfall und bei Privatquartieren immer genauso. Ich deutete an, dass ich nicht das erste Mal hier sei und der Schlafsaal früher horrible gewesen sei. Das stopfte dem Meckerer den Mund, und er führte mich in den Innenhof. Unterkunft im Kloster jetzt tadellosTatsächlich hat sich die Unterkunft in Sobrado dos Monxes völlig zum Besseren geändert. Der alte Schlafsaal dient nur noch als Aufenthaltsraum. Den Kreuzgang weiter hoch liegen mehrere neu eingerichtete Schlafsäle mit je 13 Betten (davon 6 Doppelstock). Für uns wurde ein neuer Raum aufgeschlossen, so dass wir 3 Betten am Fenster beziehen konnten, zwei untere und das Einzelbett. Noch etwas weiter völlig renovierte Waschräume und Toiletten, die früher nur aus Trümmer, Unrat und Schimmel bestanden. Also ging ich zum Empfang zurück, wo Hedwig und Marianne gewartet hatten, und erklärte, alles prima, wir Alten bräuchten eben untere Betten. - Das sei doch selbstverständlich, lenkte man jetzt ein. Natürlich habe man nichts anderes für uns geplant. Naja. 6 € kostet die Übernachtung, auf Wunsch plus 1 € für Einmalüberzüge, ich zahlte sofort dafür nach, das war in Ordnung. So richteten wir uns zufrieden ein. In den vorderen Schlafräumen waren schon unsere Freunde untergekommen, auch Luis und seine Amerikaner. Die Mönche packten immer eine Gruppe in ein eigenes Zimmer, das war nett; denn anderswo wurde erst ein weiteres Zimmer aufgeschlossen, wenn das aktuelle vollgestopft war, um Putzkosten zu sparen. Weniger schön war, dass bis zum Abend auch noch viele Fahrradfahrer auf die Schlafsäle verteilt wurden. Zu uns kamen allein vier. Da wäre es besser gewesen, die Pilger und die Radfahrer zu trennen, wegen der bekannt verschiedenen Tagesabläufe. Ich sprach aber einfach die Radfahrer an und sagte, ich würde ca. 6h30 am Morgen das Licht anmachen, sie hatten nichts dagegen. Einkaufen, Vesper und FeierIn Sobrado gibt es auch neuerdings eine private Pilgerunterkunft. Ob diese aber mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis des Klosters und überhaupt mit dessen Atmosphäre mithalten kann, ist ungewiss. Wir gingen einkaufen. Der nächste Supermarkt hatte bis 21 Uhr geöffnet. Wir besuchten auch die Vesper, es waren noch knapp ein Dutzend Mönche, die meisten alt bis uralt, da. Danach stand das Abendessen an. Menüs bekommt man neuerdings einfach in der Bar Lobeiro neben dem Kloster, 9 € ok. Es war rappelvoll mit Pilgern; ja, so könnte es überall sein, auch in Vilalba und Baamonde, wo man sich nicht anstrengt. Luis und unsere beiden Freunde aus den USA waren auch da und wollten mehr über Esperanto wissen. Alex aus Leipzig hatte ihnen davon vorgeschwärmt. Im Laufe des Abends fing es an, übel zu regnen. Sobrado ist einfach ein Regenloch, weil es am Rand der höheren Berge liegt. Ansonsten ruhige und kalte Nacht wie in Miraz, keine Probleme mit den Radfahrern. Jedenfalls hatten wir glücklich gefeiert, dass wir diese längste Etappe wie nichts weggesteckt hatten. Das reinste Wunder, dass Hedwig jetzt wieder lief wie früher. Dass wir jetzt alle 2 Stunden eine Pause brauchten, lag eben daran, dass wir inzwischen älter geworden waren. Das galt auch für mich. 28. Juni 2014, Samstag: Von Sobrado dos Monxes nach Arzúa, 22,3 km (311,6 km)
Ein Weg wie durchs BachbettWir stapften also durch das Wasserr überfluteter Wege los, binnen Minuten waren meine Füße nass. Damit hatte ich aber gerechnet, das war absolut nicht neu. Wir liefen zunächst die Landstraße AC-934 weiter und überschlugen den Rechtsschwenk hinter dem Sobrado. Dann kommt eine Rechtskurve, in der der Pilgerweg die Straße verlässt und geradeaus weiterführt. 2009 hatte ich das ausprobiert, und es war im Vergleich zur Landstraße sogar eine Abkürzung, sicher ein ganz alter Weg, bevor es die AC-934 gab. Durch zwei kleine Ortschaften (A Pontepedra und Vilarchao) ging es im Zickzack um Pfützen herum. Da kam uns eine asiatische Pilgerin entgegen, die wir im Kloster gesehen hatte; sie gab offenbar auf. Warum, merkten wir bald: Hinter den genannten Siedlungen ging es in steilen Hohlwegen nach oben. Wegen des strömenden Regens kam uns hier das Wasser in tiefen ausgewaschenen Rinnen, die wir immer wieder überqueren mussten, entgegengeschossen. Es war, als kletterten wir in einem Bachbett bergauf. Gottlob stürzte keiner von uns. Empfehlung für den Weg bis CorredoirasEndlich trafen wir an ein paar Häusern vorbei wieder auf die AC-934. Man muss sich gleich nach 100 m wieder entscheiden, ob man den Pilgerweg parallel rechts läuft oder nicht. Man kann ruhig dem Pilgerweg folgen, wie ich das 2009 auch getan hatte, aber bei diesem Regenwetter war mein Bedarf an bachbettartigen Wegen gedeckt, und wir blieben auf der Landstraße. Gut 1 km vor Corredoiras kommt auch der Pilgerweg dazu, er macht ca. 300 m Umweg. Bar in CorredoirasWie in früheren Jahren trafen sich in der Bar an der Kreuzung von Corredoiras sämtliche Pilger wieder. Immerhin hat man hier schon 8 km hinter sich und darf zur Belohnung einen Kaffee trinken. Für uns war die Etappe in diesem Jahr eine der längsten, aber nach unseren gestrigen Erfahrungen hatten wir keine Bange davor. Niemand von uns hatte Blasen. Nur mein rechter Fuß tat nachts beim Aufstehen vorne weh, und im Spann war er unter der Sohle etwas geschwollen. Der Schmerz war aber auszuhalten und trat nur sporadisch auf. Anzumerken ist noch, dass die Bar gute Toiletten hat. Wegeverlauf durch BoimortoMit der spanischen Familie, mit den Italienern, mit Luis und den US-Amerikanern, brachen wir im Konvoi auf und liefen unter Scherzen und Plaudern nach Boimorto. Luis und seine Freunde bettelten einer Frau Blumen ab, streuten die Blütenblätter aber später auf den Weg. Ich weiß nicht genau, was der Schabernack sollte. Jedenfalls waren alle guter Dinge, und auch der heftige Regen war einem feinen Nieseln gewichen. Schon früher hatte ich mit Sobrado auch das schlechte Wetter hinter mir gelassen. In Boimorto blieben die Italiener zurück, weil die Frau einen Ohrring verloren hatte. Wir waren die ersten, die am Ende von Boimorto rechts abbogen (in Richtung der Abkürzung nach Santa Irene, die ich 2009 gelaufen war, CP-0603), aber nach wenigen Metern schon wieder links (CP-0602), sagte jedenfalls das Handbuch. Hier war kein Wegezeichen zu sehen.
Pause in SendelleMeine Pilgerschwestern und ich machten noch eine etwas längere Pause an der Kirche und bedienten uns aus unseren Vorräten, was man in einer Bar ja nicht machen kann. Es erschienen noch einige weitere Pilger, die wir nicht kannten. Es war ja Samstag, Wochenendpilgerzeit. Um Betten in Arzúa machte ich mir aber keine Kopfschmerzen. Es gibt genug Privatquartiere, wenn die Herbergen nicht ausreichen. Empfehlung zur Route vor ArzúaAuf dem weiteren Weg waren wir allein und stießen kurz vor Arzúa wieder auf die AC-234 (die ab Corredoiras die AC-934 abgelöst hatte). Der Pilgerweg ging gleich gegenüber weiter. Ich kannte diese Abzweigung. 2003 hatte mir ein Pilger erzählt, man solle die Finger davon lassen, man käme auf den Weg von Ribadiso heraus. Inzwischen hat mein Kartenstudium das als Missverständnis aufgeklärt. Tatsächlich stößt man nach einiger Zeit auf eine Häusergruppe namens Ribadiso, es ist aber nicht das Ribadiso des Camino Francés vor Arzúa. Insgesamt macht der Pilgerweg keinen Umweg und ist landschaftlich sicher angenehmer als die AC-234. Aber man handelt sich einige Höhenmeter mehr ein, da es zunächst etwas bergab und am Ende steil nach Arzúa hinaufgeht, sogar 20 m höher als die Hauptstraße, zu der man also wieder hinunter muss. Wem diese geringe Höhendifferenz (ca. 30 m mehr) nichts ausmacht, sollte dem Pilgerweg folgen. Achtung: In Arzúa stur geradeaus bleiben (an den Sportstätten rechts vorbei), dann kommt man an der Verzweigung an der Hauptstraße in Arzúa heraus, wo der Pilgerweg halblinks von der Hauptstraße abzweigt und nach 150 m zur öffentlichen Herberge führt. Genau so liefen wir auch. Wir landen durch Zufall in der HerbergeUm Marianne die Herberge zu zeigen, gingen wir erst einmal dorthin, und ich prophezeite ihr, dass wir dort Getümmel antreffen würden. Hm, an der Herberge alles ruhig, wir lugten zum Eingang hinein. Da saß eine Hospitalera (es war eine andere als die früherer Jahre) und sagte: "Wie viele seid ihr? Drei? Ich habe nebenan noch vier Betten." Das gab's doch gar nicht! Nach 15 Uhr, und in der Hauptherberge von Arzúa waren noch freie Betten? 2009 hatten hier um 12h30 über 50 Leute vor der Tür gesessen.
Essen, Messe, einkaufenEssen am Nachmittag: Tellergerichte an der Bar am Kirchplatz, routiniert servieren sie den ganzen Tag über, Preis-Leistungs-Verhältnis in Ordnung. 20 Uhr Vorabendmesse in der Kirche. Danach (!) einkaufen an der Hauptstraße, denn anderntags war ja Sonntag. Mein rechter Fuß schmerzte schlimm. Ich behandelte ihn mit Voltaren, das half. Ich versuchte dann noch, in Pedrouzo ein Privatquartier anzurufen und zu reservieren. Endlich nahm jemand ab, erzählte aber etwas davon, dass dies nicht der richtige Apparat sei. Was daran falsch war, verstand ich nicht und legte auf. Später riefen sie zurück, aber ich nahm gar nicht mehr ab. 29. Juni 2014, Sonntag: Von Arzúa nach Pedrouzo, 19,5 km (331,1 km)
Unterkunft und Essen in PedrouzoDie gelangweilte Herbergsmutter hatte nichts dagegen, dass ich mir zunächst die Betten anschaute. Alles war gegenüber früheren Jahren renoviert worden. Mehrere Schlafsäle mit 8-Betten-Nischen (4 Doppelstock). Ich suchte 2 Doppelstock für uns am Fenster aus, ging zurück zur Anmeldung, und wir trugen uns ein. Nr. 24-26, wie gesagt, nicht zu fassen! Nach der üblichen Routine bummelten wir über die Hauptstraße hin und zurück. Menüs waren teuer geworden, an Wein gab es nur 1 Glas dazu. In einer Cafeteria, die gleichzeitig eine Bäckerei war, gab es auch am Sonntag Brot zu kaufen. Menü für 9 € (jederzeit servierbar) in einer Cafeteria der Kette Che, da gab's noch 1 Flasche Wein dazu. Ich habe fast immer Merluza oder Fischsuppe bestellt. Hoffentlich habe ich auch wirklich Merluza und keinen asiatischen Ersatzfisch (Pengasius oder Schlimmeres) bekommen. Wen die Götter vernichten wollen, dem erfüllen sie all seine WünscheDiesen Tag war ich fast gelangweilt den Pilgerweg gelaufen, diese Etappe das achte Mal. Der liebe Gott sah meine "Not" und dachte wohl: "Der Langeweile kann abgeholfen werden." Nachts um 3 Uhr war es dann soweit. 30. Juni 2014, Montag: Von Pedrouzo nach Santiago de Compostela, 21,2 km mit Taxi bzw. Krankenwagen (352,3 km)Mit Blaulicht nach SantiagoNachts um 3 Uhr wurde ich von Brustschmerzen geweckt. Sowas habe ich öfter, aber diesmal war es etwas anders. Ich ging zum Wassertrinken in den Waschraum, der Druck auf der Brust ließ nicht nach. Ich weckte Hedwig. Ein weiterer Pilger fand uns im Waschraum und alarmierte weitere. Man stand um mich herum. Ein Chinese maß meinen Puls, der war in Ordnung. Man beschloss, den Krankenwagen zu bestellen. Ich Idiot wehrte mich nicht, hatte irgendwie einen Block und ließ mich von der Sorge der anderen anstecken. Immerhin dauerte der Druck schon eine Stunde, was unüblich war. Kurz und gut, ehe ich mich es versah, legte ich mit Blaulicht die letzte Etappe zurück. Das war doch mal was Neues! Verdacht auf Herzinfarkt, aber die Symptome stimmten doch gar nicht alle. Kein Ausstrahlschmerz in den linken Arm, keine Todesfurcht, haha, die Ärzte lachten, als ich das auf Brockenspanisch stammelte. - Ich hatte darauf bestanden, dass Hedwig mich nicht begleitete, sondern bei Marianne zurückblieb, weil die sich doch gar nicht auskannte. Später erzählten sie mir, dass sie sich ein Taxi genommen hatten, obwohl ich gesagt hatte: "Ihr kommt einfach morgen zu Fuß wie vorgesehen." Klinikknast: bei Wasser und Brot, ja denkste!Inzwischen wurde ich in der Klinik perfekt organisiert malträtiert, durfte mich sechs Stunden nicht bewegen, bekam kein Wasser. Ich protestierte in drei Sprachen. Der Pfleger meinte gemütlich "Kein Wasser. Vielleicht hier schneiden ..." und fuhr mit dem Finger über meine Rippen. Ausgerechnet kein Wasser, wo meine Schmerzen letzten Endes auf Wassermangel zurückzuführen waren! Ich überlegte, wie ich notfalls mit Gewalt im Klinikhemd aus diesem Bau entkommen könnte. Um 6 Uhr waren meine Blutwerte alle in Ordnung, um 12 Uhr wurde nochmal gestochen, und man versprach mir das Ergebnis um 13 Uhr. Hedwig erschien plötzlich, überzeugte sich davon, dass es mir gut ging, und fuhr auf meine dringende Bitte zu unserer Stammbar "La Campana" zurück. Inzwischen hatte ich in sechs Meter Entfernung auf dem Gang (ich lag in einer offenen Ambulanz) eine Toilettentür entdeckt und plante einen Ausfall. Der Pfleger merkte das und ließ mich auf einmal gehen. Um 13 Uhr (ich sage ja, sie waren perfekt organisiert) kamen die Ergebnisse, alles bestens, Herzinfarkt ausgeschlossen. Der Oberarzt ließ mich alles nochmal auf Englisch erklären und übersetzte für den Abteilungschef. Im Gegensatz zu den Untersuchungsärzten glaubten sie meiner Erklärung und lauschten interessiert. (Die Schmerzen kommen von zu viel Magensäure, die - besonders im Liegen - die Speiseröhre angreift: "Reflux". Daher die Schmerzen. Einfach langsam Wasser trinken und sitzen oder rumlaufen.) Dann erklärten sie mich für gesund. Keine sofortige Bezahlung bei VersicherungsnachweisIch fragte, ob ich in der Verwaltung für meinen Aufenthalt zu zahlen hätte. Nein, nach Abmachung zwischen Spanien und Deutschland müssen Pilger (evtl. Touristen allgemein) nichts am Ort bezahlen, nur ihre Versicherungsangaben zurücklassen. Ich habe eine ADAC-Auslandskrankenversicherung, das ging in Ordnung. (Zu Hause gab es etwas Schreiberei, aber dann wurde die Rechnung aus Santiago vom ADAC bezahlt.) Also auf dem Caminho Português reinKaum waren die Ärzte weg, zog ich mich blitzschnell an, warf den Rucksack auf den Rücken und suchte den Ausgang in Freie. Draußen überquerte ich einen Parkplatz, erreichte eine Straße - und kannte sie: Hier waren wir letztes Jahr auf dem portugiesischen Weg in die Stadt gelaufen. Schlappe 3 km bis zur Kathedrale. Gegen 15 Uhr kam ich in der Bar "La Campana" zur Tür herein und konnte Doña Josefina in die Arme schließen. Minuten später waren auch Hedwig und Marianne da. Puh, ich empfand eine Mischung von Erleichterung und Verlegenheit. Ich hätte mich von den anderen Pilgern nicht verrückt machen sollen und äh, ja, lieber Gott, das war eine lehrreiche Abwechslung zu der bisherigen Routine, in Santiago einzutreffen. Die 7 Stunden im Klinikknast, sogar ohne Wasser und Brot, waren wohl Buße genug. Aber, wie der Mensch so ist, kaum hat man's überstanden, ist es vergessen. 1. Juli 2014, Dienstag: Aufenthalt in SantiagoHinweis: Die Tipps für Santiago von 2013 gelten unverändert. Das Wetter war so schlecht, dass der geplante Ausflug nach Finisterre ins Wasser fiel. Wir gingen in die Pilgermesse, abends war deutsche Führung um die Kathedrale. Besuch des Pilgermuseums. In der Rúa San Pedro war von der Betreuungsstelle für niederländische Pilger nur noch ein Schild geblieben, sonst alles ausgeräumt. In der Casa Manolo alles unverändert. Jede Menge Pilger wiedergetroffen. 2. Juli 2014, Mittwoch: Aufenthalt in SantiagoMorgens deutsche Pilgermesse in einer Seitenkapelle der Kathedrale. Sehr bewegend. Ich durfte den Ministranten spielen. Buchen unserer Plätze im Flugzeug mit Hilfe einer jungen Dame im Internetcafé, weil ich mich zu blöd anstellte. Mittag im Tarará, unverändert gut, nur machte der Wirt einen bekümmerten Eindruck. Abends zu unserer Freude die Studentenkapelle "La Tuna", weil es mal nicht regnete. 3. Juli 2014, Donnerstag: Rückflug nach DüsseldorfDer Rückflug verlief reibungslos. Auch die 5 Stunden Aufenthalt im Flughafen von Madrid gingen vorbei. Start in Madrid im Hagelsturm (in Barcelona mussten die Startbahnen mit dem Schneeschieber geräumt werden, lasen wir später in der Zeitung). Aber es ging alles gut. "Ich will nach Santiago ..."
Letzte Änderungen: 12.05.2019 |