Autor: Rudolf
Fischer
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Aber am Pavillon hing eine Karte aus, in der der Pilgerweg eingezeichnet war. Ich hatte eine Michelin-Karte (441, 1:400.000) sowie ein Messtischblatt (Oviedo 7-2, 1:100.000) von R.W.. Meine Vermutung bestätigte sich: Der Pilgerweg folgt i.W. der kleinen Straße, die südlich von Villaviciosa von der Richtung Valdediós (AS-113) nach Westen abzweigte (erst VV-10, dann VV-9, ab Peón AS-331); nur zwei große Serpentinen kürzt er ab. Sehr gut. Als Dörfer waren angegeben: Amadi, La Parra, La Casquita, Grases, Niévares, Peón. - Nun war das nicht unbedingt sehr hilfreich. Zum einen haben die Dörfer meist keine Ortsschilder (deshalb muss man oft einfach Einwohner fragen, wo man ist), zum andern kamen die Namen des alten Messtischblattes auf der neuen Michelin-Karte fast alle nicht vor. Das war nicht nur eine Frage des Maßstabes, sondern wohl eher der Historie. Irgendwann hatte eine Gemeindereform einfach eine andere Gruppe von Bauernhäusern zum "Ortskern" der Streusiedlung bestimmt. Im Grenzfall bestand der "Ort" aus einem einzigen Hof. Zur weiteren Verwirrung trug oft bei, dass auf der Karte der Name einer Samtgemeinde angegeben war, die es physisch nirgends gab, da auf den Ortsschildern, so denn vorhanden, nur der Name der Ortsteile stand ... Na, mit diesen Schwierigkeiten muss man sich in Asturien und Galicien eben herumplagen. (Rozadas und Peón stehen auf der Michelin-Karte).
8h42 (0 min) ging's los. Der N-632 nicht um die nahe Rechtskurve folgen, sondern geradeaus (Calle Valle Ballina y Foez) in die Altstadt, dann rechts parallel zur N-632 durch die Calle Sol. Hinter der Kirche links in die Calle Cabamilles in Richtung Oviedo bis zur nächsten Kreuzung. Dort rechts in die Calle Pedro Pidal Arroyo. Diese Landstraße AS-113 könnte man eigentlich bis zur endgültigen Abzweigung nach rechts in die VV-10 (Wegweiser: Rozadas), die wesentlich später kommt, laufen. Aber der Pilgerweg macht bis dahin einen hübschen Linksschwenk an der Kirche von Amandi vorbei.
Deshalb verlässt man die Straße vor der Brücke mit dem Schild Ría de Villaviciosa links, indem man einige Stufen hinuntergeht, die zu einem Privatgelände mit Hochhäusern zu führen scheinen. Zwischen den Häusern und dem Fluss geht aber offiziell der Paseo de la Alameda vorbei, dem man bis zu einem Park am Fluss folgt. Erstaunt sah ich hier eine Muschel. (2001 dachte ich, dass sich Michael Kasper diesen Umweg ausgedacht hatte.) Auch gelb-weiße Wanderwegmarkierungen weisen geradeaus. Am Ende erreicht man eine Straße, geht etwas rechts weiter, bis die gelb-weißen Wanderzeichen und ein gelber Pfeil eine Betonpiste links hinaufzeigen. Nach 250 m biegt man rechts zur Kirche San Juan ab. (9h22, 0.40) (Auf dem Messtischblatt war wohl die Kirche eingezeichnet, aber nicht der zugehörige Ort Amandi.) Die Kirche war geschlossen.
Es geht rechts hinunter bis zur Straße, dort links (leider ohne Seitenstreifen), bis Wegezeichen einen halbrechts abbiegen lassen, dann geradeaus bis zu einer Kapelle. Dort muss man nach rechts weiter. Michael Kasper warnt vor irreführenden Pfeilen, die geradeaus zeigen. Sie führen nach Covadonga und kommen einem noch oft an diesem Tage entgegen. Leider sind sie auch gelb. Also nicht beirren lassen!
Nun folgt eine alte schöne Brücke über den Río Valdediós, und dann stößt man etwas später wieder auf die AS-113. Diese geht man ein Stück links, bis man die schon erwähnte Abzweigung nach rechts in die VV-10 erreicht (Wegweiser: Rozadas). Etwa 1 km geht es das Sträßchen entlang bis zu den Ortsschildern von Grases und La Casquita. Hier kommt die Verzweigung der Pilgerwege. (9h56, 1.14) Eine Muschel weist nach links, die andere nach rechts. Wer wie wir in Richtung Gijón weitergehen will, bleibt einfach auf der Straße; in Richtung Oviedo zweigt man links ab. Bis hier waren wir schon 2001 gekommen und nach Oviedo weitergegangen.
In diesem Jahr folgten wir also der Straße weiter geradeaus.
Es geht immer geradeaus einen schönen Fahrweg in halber Höhe das Tal entlang, in dem weiter unten Bauernhöfe liegen. Am Weg selbst gelegentlich ein Gebäude. Einmal ein Muschelstein an einem Pfosten. Bei einem Rechtsabzweig gibt es eine Unsicherheit, aber geradeaus ist richtig: 20 m weiter steht ein Haus mit einem Muschelstein. Endlich läuft der Weg direkt auf einen großen Bauernhof zu; man selbst folgt einem Muschelstein in eine Rechtsabzweigung; 50 m weiter halblinks. Der Fahrweg folgt nun einem Bach mit milchigem Wasser, der links von ihm daherrauscht. Der Feldweg wächst langsam zu, lässt den Bach links liegen und geht in einem Rechtsbogen in ein Eukalyptuswäldchen. Rechts liegt eine merkwürdige turmförmige Ruine. Dann kommt eine Verzweigung. Es geht nach rechts (Muschelstein), schon nach 30 m nochmal nach rechts (Muschelstein). (10h40, 1.58)
50 m weiter verließen wir den Wald und standen vor dem Zaun einer riesigen Baustelle. Man kann sich unsere Verblüffung vorstellen. Natürlich kein Zeichen weit und breit. Die Arbeiter, die wir ca. 150 m links sahen, hatten wir schon zwei Abzweigungen vorher sprechen und rumoren hören. Ich dachte, da seien Bauern auf einem Feld. - Rechts ging es den Zaun hinab in eine Senke hinunter, das war wenig vielversprechend. Also nach links, bis zu den Arbeitern hin am Zaun entlanggestolpert. - Die Arbeiter nahmen von uns keine Notiz. Wir sahen links einen Weg einmünden, den wir auch hätten herauskommen können. Mit demselben Ergebnis natürlich. Aber hier war wenigstens der Zaun unterbrochen.
"Der Camino ist wohl futsch!" sprach ich einen älteren Mann an. "Nein," sagte der auf einmal ganz zugänglich, "geht die Baustelle nach rechts und dahinten im Linksbogen über die Brücke. Dann findet ihr ihn schon wieder." - Ohne ihn wäre ich eher nach links weitergelaufen. - Die Baustelle gehörte zu einem Autobahndreieck der Richtungen Villaviciosa - Gijón und Villaviciosa - Oviedo. Wir folgten also der noch nicht geschotterten Straße nach rechts. Sie stieg an und führte im Linksbogen über die genannte Brücke. Ringsum weiteres Baugelände, etwas weiter schon die nächste Brücke. Wir blieben auf unserer Fahrspur, die zu unserem Leidwesen weiter einen riesigen Linksbogen machte, so dass wir bald parallel zur ursprünglichen Richtung auf der anderen Seite der im Bau befindlichen Autobahn zurückliefen. Der Bauzaun ließ uns nicht ausbrechen. Aber ich bildete mir ein, jenseits des Zaunes, etwa 100 m weg, eine Kreuzung zu sehen, an der ein Muschelstein stand. Also brav gelaufen, bis der Zaun zu Ende war, und dann rechts herum spitzwinklig wieder zurück auf die gesichtete Landstraßenkreuzung zu. (Ein großer Hund versuchte, sich von seinen Besitzern loszureißen und uns anzugreifen. Aber sie hielten ihn erfolgreich fest.)
Wer beschreibt unsere Freude, als wir die Kreuzung erreichen. Von rechts kommt die VV-10, die wir verlassen hatten. Links liegt ein Ort, wohl Rozadas. Geradeaus geht die VV-9 nach Peón und El Pedroso, und tatsächlich weist ein Muschelstein diesen Weg. (Die VV-9 schwingt in einer riesigen Serpentine fast bis El Pedroso, das schon an der N-632 liegt; dort waren wir mit dem Bus durchgekommen. Dann geht die VV-9 fast spitzwinklig zurück, um die Höhe zu gewinnen. Das alles kürzt der Pilgerweg ab, dafür geht es steil hoch.)
Man geht nun auf der Straße nach links weiter (Muschelstein), bis man eine scharfe Rechtskurve erreicht. Dort machten wir (12h46, 4.04) Mittagspause auf einigen Felsbrocken. Ein frischer Wind pfiff über diese (höchste) Höhe und kühlte uns ab. 13h06 gingen wir weiter.
Nun folgt man der Straße bergab, bis man links das Tal einsehen kann. Baulärm links: Dort entsteht ein Tunnel für die Autobahn nach Gijón. Eine Baustraße führt spitzwinklig links ins Tal, alles staubverkrustet. Oh, ein Muschelstein links? Müssen wir etwa die Baustraße entlang? Das ist unmöglich. - Nein, zum Glück zweigt ein Hohlweg, der steil nach unten führt, ebenfalls spitzwinklig links ab, aber rechts neben der Baustraße. Entkommen!
(13h55, 4.53) Die Sonne kommt raus, es wird heiß. Wir gehen immer noch das Tal hinunter. Auf einmal sehen wir hinter uns Rucksackgestalten. Es sind zwei junge Pilger: Nere (w) sowie David aus der Gegend von Bilbao. (David ist Italiener, wie wir später erfahren.) Der Pilgerweg kommt von links wieder dazu, die anderen haben auch keine Abzweigung gesehen. Gemeinsam erreichen wir eine versetzte Landstraßenkreuzung: zuerst kommt die VV-7 als Querverbindung von der N-632 von rechts, etwas weiter die AS-331 von links aus Richtung Oviedo. Sie "übernimmt" sozusagen unsere VV-9 und führt geradeaus nach Gijón.
(14h20, 5.18) Wir kehren in der Bar Casa Pepito ein, (Menü 5,40 EUR im Angebot) trinken aber nur etwas. 14h50 geht's weiter. Die nächste Streusiedlung ist Peón. Vor einer Fabrik eine Wasserstelle. 200 m weiter halbrechts, dann im Zickzack das Tal hoch, den Muscheln und Pfeilen folgen. (So kürzt man die zweite auf der Karte gesehene Serpentine ab.) An den letzten Häusern endet das Asphaltsträßchen. Geradeaus einen Fahrweg hoch, der wird zum Fußpfad, im Wald später zum (trockenen) Bachbett. Es geht sehr steil hoch.
(15h21, 5.49) Asphaltstraße erreicht, links weiter hoch. Hier treffen wir wieder auf Nere und David, die am Straßenrand Pause machen. Wir sehen sie heute nicht wieder. -
(16h01, 6.29) Dem Camin del Charcu, einer Piste, folgen, an Häusern vorbei bis zu einer Asphaltstraße. Einen Fußpfad geradeaus. (16h10, 6.38) Nach 200 m wird eine Piste erreicht, rechts geht es abwärts, etwa 1 km. Noch einmal etwas Natur. Die Piste wird immer breiter. Links taucht ein Campingplatz auf. Sein Eingang liegt schon an der N-632.
(16h30, 6.58) Gegenüber diesem Eingang die N-632 überqueren und ein Asphaltsträßchen entlang, links große Parks. Auf einem Kinderspielplatz rechts noch einmal eine kurze Pause. 16h45 weiter. An der nächsten Kreuzung geradeaus (keine Zeichen), etwa 500 m der Straße in gleicher Höhe folgen bis zu einer Linkskurve (links an Hausmauer Muschelstein). (16h54, 7.15)
Es folgt nun ein sehr ermüdendes Stück durch die Vorstädte von Gijón. Die Beschreibung ist schwierig. Die folgenden Hinweise sollen nur zur Kontrolle sein (für die Richtigkeit bürge ich nicht). Die Auszeichnung ist fast durchweg gut. - Der Linkskurve folgen und ca. 600 m der Straße nach; sie schlängelt sich an Häusern vorbei (rechts eines mit Wappen, Schwert und Muscheln). An der nächsten Kreuzung links (Schilder nach Somió und Fuente El Guegu). (17h01, 7.22) Links dem Straßenverlauf folgen bis zu einem Abzweig rechts (Schilder Cimadevilla, Cimavilla, usw.) = Ortsteil Cabueñes. (17h07, 7.28) Caleya Conde. Nach 300 m links verblichener blauer Pfeil am Baum, 10 m weiter Muschelstein. Nach 100 m: links (Pfeil), Kreuzung, links halten (Kneipe). (17h13, 7.34) Camin de la Fronteira.
(17h22, 7.43) Nach etwa 500 m Ende der Straße, dort nach rechts (Muschelstein, Pfeil). Nach 50 m Bar La Fontaine. 100 m weiter die nächste Bar. Kreuzung (keine Zeichen). Links Kirche, kleiner Park mit Bushaltestelle. Hier ist eine Übersichtskarte, aus der man sieht, wie weit man noch vom Zentrum entfernt ist. Sehr weit! - Man geht rechts an Park und Bushaltestelle vorbei 150 m geradeaus; an nächster Verzweigung halbrechts. (Links liegt ein riesiger Gebäudekomplex, die Universität?) Camino de las Azaleas (Hunde hinter Mauer). Nach 100 m rechts Camino de las Claveles. Links kommt dann ein Altersheim. Rechts die Bar El Limonar.
(17h50, 8.11) An Y-Kreuzung halblinks, 100 m an der nächsten rechts (links liegt ein Restaurant).
Gäste und Wirt des Restaurants (Tische und Stühle auf der Straße) sehen uns laufen und stecken die Köpfe zusammen. Wir erreichen nach 100 m die Plaza de Villamanín, mit Kreisverkehr und einem Rastplatz als Insel in der Mitte. Hier hören die Pilgerwegzeichen unvermittelt auf!
(18h43, 8.39) kommen wir an einen großen Kreisverkehr, hinter dem ein Fluss, teils mit kanalartigen Zweigen, verläuft. Es ist der Rand der Innenstadt, aber noch nicht der Altstadt. Wenigstens weiß ich seit der Straße "Prof. Pérez Pimentel", wo wir auf dem Stadtplan sind, und kann uns so direkt und sicher die Boulevards entlang zur Altstadt führen. Ein langer, schweißtreibender und ermüdender Weg. (19h30, 9.26) erreichen wir unsere Pension. Wir sind ziemlich fertig.
Später gehen wir noch auf einen Schlummertrunk in eine Eckkneipe an der unweit gelegenen Plaza del Instituto. Aufmerksame Bedienung, gutes Bier zum fairen Preis. Ich brüte wieder über dem Stadtplan, winke der Bedienung, die gerade nicht so viel zu tun hat. "Wo geht hier der Pilgerweg nach Santiago de Compostela durch die Stadt?" Sie weiß es nicht, aber an der Theke unter den Stammgästen sitzt ein "Spezialist", der schon einmal auf dem Camino Francés unterwegs war. Mit überlegenem Gesicht kommt sie zurück und händigt mir den Stadtplan wieder aus: "Den Camino de Santiago gibt's hier nicht." Ich platze fast vor Lachen heraus, gebe ihr dann meinen Pilgerausweis, auf dem auch die Nordwege deutlich eingezeichnet sind; ein Ast geht unübersehbar über Gijón. Wie ich schon einmal sagte, "hilfreiche" Spanier haben es nicht gern, wenn sie bei einer falschen Auskunft erwischt werden. Sie geht etwas beleidigt mit dem Ausweis zu dem "Spezialisten" und hält ihm das Ding unter die Nase. Er muss passen. Na, wenigstens kann sie jetzt auf ihn verweisen. Wenn selbst ein "Spezialist" es nicht weiß, kann sie es schon gar nicht wissen... O Gijón, du kümmerst dich wirklich einen Dreck um den Pilgerweg.
Offiziell, so hieß es im Informationskiosk, geht der Pilgerweg am Stadtstrand entlang und dann am Hafen. Nein, leider keine Auszeichnung. Auch keine Idee, wo es denn wohl am anderen Ende der Stadt weitergeht. Nur allgemein: "An der Küste die Hafenstädte hoch"; das war jedenfalls falsch, wie ich von R.W. wusste. Nach seinem Bericht ging es später nicht direkt am Hafenrand weiter, und man muss rechtzeitig nach Westen abbiegen. Das sollten wir morgen schon finden!
Etwas weiter schwingt sich von der Straße ein Viadukt hoch, da quer voraus ein Höhenzug liegt. R.W. ist dem Viadukt gefolgt. Wir bleiben vorsichtshalber unten und laufen auf das Dorf Veriña, das rechts liegt, zu. Müssen wir nach rechts durchs Dorf? Oder geradeaus durch den engen Tunnel? Wir sehen keine Zeichen, laufen auf Verdacht längs unter dem Viadukt her und lassen das Dorf rechts liegen. Als wir uns unter dem Viadukt dem "Tunnel" nähern, stellt sich dieser nur als Bahnunterführung heraus. Und 100 m vor ihm sehen wir auf der linken Straßenseite einen gelben Pfeil nach links in ein kleines, bisher verborgenes Sträßchen weisen. Außerdem weiß-rote Wanderzeichen.
Freudig überqueren wir die Straße und biegen dort nach links ab, entkommen so dem Industriegebiet und der Fernstraße. Schilder Poago-Montiana, dann Poago-Zarvacina. Es geht hoch und in einem Rechtsbogen über eine Brücke (unten verläuft die Eisenbahn) durch den kleinen Ort, in Serpentinen immer höher.
Wir liefen in praller Sonne die steile Asphaltstraße weiter hoch. Rechts ein Haus mit Pilgermuschel und schönen Verzierungen darum. (12h36, 3.19) Rast auf der Höhe am Wald neben einem Muschelstein. Ein frischer Wind sorgt für baldige Erholung. 12h50 geradeaus weiter auf einer Piste, die sich bald schon wieder etwas senkt. Angenehm zu laufen. (13h26, 3.55) An einer T-Kreuzung links ab (Pfeil), Wegweiser: "Dolmen San Pablo".
(50 m weiter links nochmal ein Wegweiser zum Dolmen, leider ohne Entfernungsangabe. Wir gingen probeweise ca. 300 m in die Richtung, gaben dann aber auf und liefen zur Abzweigung zurück. Dort in der ursprünglichen Richtung geradeaus weiter.)
Man erreicht einen Pferdehof rechts. Dort konnte ich meine Pfefferspritze einweihen. Ein Kläffer sauste durch das Tor auf uns zu und hörte auch nicht auf seine Besitzerin, die ihn zurückrief. Kaum war er in Reichweite, bekam er eine Ladung ab, ziemlich gut getroffen. Er blaffte noch einmal verblüfft auf, zog sich dann aber hastig zurück. - Ich war nicht so ganz zufrieden, hatte erwartet, dass er sich jaulend überschlagen würde. Naja, die Spritze wirkte ja auch so, und ich will ja den Hunden nichts wirklich Übles.
Es geht lange weiter geradeaus auf der Höhe durch schöne Natur. Wegen der vielen Bäume hat man leider selten eine schöne Aussicht. - Schließlich kommt eine Gärtnerei. Tobende Hunde, aber angebunden. Dann geht der Wanderweg nach links, der Pilgerweg rechts weiter eine Asphaltstraße entlang. (13h41, 4.10) Nach 100 m scharf links ab und steil nach unten, rutschig. Es geht ins Tal hinunter, das R.W. gemütlich entlanggegangen ist. In der Nähe einiger Bauernhöfe verzweigt sich der Weg dreifach, die mittlere Alternative ist die richtige. (14h10, 4.39) Man kommt zu einem Dörfchen hinunter, überquert eine Landstraße und erreicht die Kirche Santa Eulalia.
(15.54, 5.53) Rechts an der Straße eine Bar. Ortsteil Tamoa, wie der Wirt auf meine Frage sagt. Wir trinken genüsslich Kaltes. Der Wirt plaudert etwas mit uns. Die Ruhe tut gut. Hätten wir gewusst, dass nun der mieseste Teil unserer diesjährigen Pilgertour folgte, wären wir nicht so gelassen gewesen.
Na gut, also bis zum Kreisverkehr. Die Pfeile weisen nach links, 40 m über ein Stück alte Straße, Leitplanke überklettern, laut Pfeil nach links, nach 20 m Straße überqueren und laut Muschelstein rechts hoch: Fußpfad an Häusern vorbei, Asphaltsstraße, dann scharf links auf einer Brücke über die Autobahn. (Das war wohl der schwierige Abschnitt, den uns das Mädchen erläutern wollte. Na, ging doch.)
Meine Frau weist auf den großen Hügel vor uns. Da müssen wir doch nicht drüber, oder? Ich wiegele ab, es geht sicher parallel zur Autobahn entlang. Warum müssen wir diese eigentlich überqueren? Die Schnellstraße führt schnurgerade nach Avilés! Ja, "warum" fragen die Pilger oft. - Vor einigen Häusern geht es rechts in einen Waldweg, sieht doch bestens aus. Hinter einem Linksbogen, nur 50 m weiter, ist abrupt erstmal Schluss: Rechts geht's auf eine Wiese, halbrechts in einen halb zugewachsenen, matschigen Hohlweg (o nein), geradeaus ganz steil den großen Hügel hoch. Keinerlei Zeichen, nichts. - Wir schwärmen aus. Meine Frau stapft tapfer den steilen Weg hoch. Ich erkunde die Wiese, was den Fußspuren nach schon viele gemacht haben, komme unverrichteter Dinge zurück. Der Hohlweg ist ebenfalls so gut wie unpassierbar. Also auf Verdacht den Hügel hoch, obwohl meine Frau, die inzwischen zurückgekommen ist, auf den nächsten 300 m ebenfalls kein Zeichen gesehen hat. Das kostet Kraft und Nerven!
(16.52, 6.25) Tatsächlich: oben auf der Höhe wieder ein Pfeil. Geradeaus, rechts (Pfeile auf dem Boden), bergab, rechts, lassen wir uns wieder zur Autobahn führen. Ein gerölliger, tückischer Abwärtsweg. Urplötzlich rutschen mir beide Füße weg, und ich schlage schwer auf. Meine Frau läuft erschrocken auf mich zu. Ich habe mir aber nichts getan, bin nur etwas geschockt, dass ich überhaupt nicht mehr reagieren konnte. Ganz vorsichtig weiter nach unten. - Die Autobahn dröhnt und dröhnt, und wir müssen viele Kilometer direkt neben ihr entlang. Der Lärm ist schlimm, beeinträchtigt mich sehr. Wir laufen in eine Baustelle; vor uns einfach eine tiefe Grube, die den Weg zerschneidet. Über Stock und Stein müssen wir sie in einem Linksbogen umgehen. Einer Brücke über die Autobahn folgen wir nicht. Jenseits liegt ein Industriegebiet, das auch nicht verlockend aussieht. Tatsächlich ist diese ganze Seite von Avilés mit Industrie vollgestopft, und wohl deshalb haben die Planer keine bessere Route für den Pilgerweg gefunden. (17.28, 7.01) 8 Minuten Pause, ich bin ziemlich erschöpft. Gut, dass wir zu essen und zu trinken dabei haben, Früchte und Wasser.
Etwas später erreichen wir die Vorstadt Trasona. Die Straße macht einen großen Bogen, dann geht es durch eine Unterführung, hinter ihr rechts bis zu einem Kreisverkehr. (17h46, 7.11) Am Kreisverkehr links, an einem Parkplatz vorbei, am Ende nach rechts versetzt ein Sträßchen runter in ursprünglicher Richtung. Zwei mittelgroße Hunde folgen uns, sind aber nur neugierig. In einer Linkskurve gehen wir geradeaus ab, quetschen uns zwischen Friedhof und Autobahn durch. Dann geht es lange Zeit parallel zur Autobahn immer geradeaus auf Asphaltsträßchen weiter. (18h17, 7.42) Es geht über einen Hügel. (18h34, 7.59) Wir haben die Bebauungsgrenze von Avilés erreicht. Aber wie in Gijón: Bis zum Ziel ist es noch weit. Jetzt geht es im Zickzack den Pfeilen und Muscheln nach, kaum zu dokumentieren. Man bleibt aber immer in der Nähe der Autobahn, die hier zur Schnellstraße wird. Ich wusste, dass wir ganz im Süden waren. Wann ging es denn endlich nach Norden? Nun, die breite Ría von Avilés erzwingt diesen Bogen durch den Süden. Aber die Zeit verrann, und unsere Kräfte schwanden auch. Die Ohren halb taub von dem Dauerlärm.
Weitere Wegbeschreibung: Vom Kreisverkehr kleinen Weg geradeaus, dann links in die Calle Río Agreira, rechts in die Calle Río Cares, links, dann rechts in einen Park. Hier kurze Pause. Wasser, aber sehr gechlort. Ein paar Jungen fragen uns, ob wir Pilger sind. (19h00, 8.15) weiter, ich habe die Schnauze ziemlich voll. Durch den Park, rechts bis zur Schnellstraße (die die Verlängerung der Autobahn bildet), links, dann auf einer Brücke hinüber (endlich nach Norden!). Kurz hinter der Brücke wieder ein Pfeil nach links. Ich vermute verärgert, dass der Pilgerweg wieder einen unnötigen Extraschwenk macht. Ich will weiter geradeaus nach Norden. Ich frage zwei Männer nach der Pilgerherberge. Noch weit weg, da hinten links zur Hauptstraße und dann rechts, verstehe ich. Also bis ans Ende der Straße, dann kurz links. Hier geht eine Brücke über die Eisenbahn - und zu ihr führt von der anderen Seite (uns entgegenkommend) ein gelber Pfeil! Wir hätten also genausogut doch den Pfeilen folgen können, denn über diese Brücke muss man auf jeden Fall.
(19h17, 8.32) Es geht über die Brücke ins Tal hinunter auf die querende Hauptstraße zu, die nach Norden ins Stadtzentrum führt. Also auf ihr nach rechts weiter, aber schon nach 100 m zweigt halbrechts eine Straße ab, die einen Bogen der Fernstraße abkürzt und nach einigen 100 m wieder auf diese zurückführt. Wir laufen ergeben weiter. Mir spukt im Kopf herum: Es gibt zwei Herbergen. Bei einer musste Pilgerfreund R.W. stundenlang warten, bis jemand mit dem Schlüssel kam. Ich habe zwei Adressen, aber jetzt wird die nächste Herberge, die wir finden, angesteuert, mir ist schon alles egal. (Man muss berücksichtigen, dass dieses unsere zweite Etappe war, und das nach einer recht langen ersten; ich war einfach noch nicht "eingelaufen".) Rechts in einem Laden Wasser gekauft, was als Dringendstes fehlt. Immer geradeaus, bis wir einen breiten Boulevardring erreichen, der anzeigt, dass hier die Altstadt beginnt. Gottseilob! Jetzt muss die Suche nach der nächsten Herberge folgen, denn das Oficina de Turismo hat garantiert schon geschlossen, ein Gedanke, der mich seit Stunden plagt. Einen Stadtplan habe ich auch nicht.
Jenseits des großen Ringes schauen wir uns suchend nach Muscheln um, vielleicht führen die ja zur Herberge. Schon sprechen uns hilfsbereite Leute an. "Wollt ihr zur Herberge?" (Ja, egal, zu welcher der beiden.) "Na, die ist doch da vorn!"
Gern zahlen wir den Übernachtungspreis von 3 EUR pro Kopf. Das ist völlig in Ordnung. Dafür ist die Herberge sauber und ordentlich. Die Hospitalera gibt uns einen Stadtplan von Avilés; ferner den Tipp, dass wir die weite Etappe zwischen Soto de Luiña und Almuña durch eine Übernachtung in der Bar Gayo in Santa Marina, etwa auf halbem Weg, also sehr günstig gelegen, überbrücken können. Wir erhalten sogar einen Prospekt. Die Besitzer seien pilgerfreundlich, sagt die Hospitalera weiter, es gäbe sogar für Vollpension einen unglaublich niedrigen Pilgersonderpreis. Eine der Helferinnen, wohl ihre Tochter, mischt sich ein. Nein, zu essen gäbe es da nichts, weil ... (ich verstehe die Erläuterung nicht). Die Hospitalera ist etwas verwirrt. Na, ich notiere mir im Geiste: Also, besser Lebensmittel mitbringen. Das stellte sich als goldrichtig heraus, aber ansonsten war der Tipp wirklich sehr hilfreich.
Die Hospitalera wird später von anderen Pilgern als "Drachen" bezeichnet; zu uns war sie freundlich und sehr hilfsbereit, diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Sie gibt uns nach anfänglichem Zögern sogar einen Schlüssel zum Hoftor, den wir beim Abrücken am nächsten Morgen hinterlegen sollen. Kein Problem. Wir wollen nämlich noch in die Stadt, einkaufen (für den Proviant am andern Tag) und zu Abend essen. Nach dem Duschen wird die Zeit sehr knapp. Wir rennen zur Hauptstraße zurück, auf der 21h00 die Geschäfte schließen. Sonst haben wir morgen nichts für unterwegs. Es klappt soeben noch. Die Geschäfte lassen oft auch noch direkt vor Geschäftsschluss ein, ohne dass man böse angeschaut wird wie in Deutschland.
Es ist schon dunkel, als wir durch die Altstadt schlendern. Ich bin immer noch erschöpft, während meine Frau sich wie üblich nach einer Pause schon völlig wieder erholt hat und am liebsten die ganze Stadt durchstreifen möchte. - Nun, wir kehren am Rathausplatz wieder um. Eines habe ich noch vor: Bei der Bar Gayo anzurufen und für Freitag auf Samstag ein Quartier zu reservieren. Auf Spanisch telefonieren! Immer noch ein Albtraum für mich, aber es muss sein. Also die Nummer von dem Prospekt gewählt, eine Frau meldet sich. Ich sage mein Sprüchlein. Bitte jetzt keine Rückfragen oder Probleme! - Leider doch, sie macht irgendwelche unverständlichen Einwände. "Completo?" Nein, aber ... Ich habe einen Sprachblock, sie ruft immer nur "diga me" (Sagen Sie's doch), ja, was denn? Ich wiederhole stur, dass wir deutsche Pilger sind und ein Doppelzimmer von Freitag auf Samstag reservieren wollen. Wo wir denn jetzt seien? (Himmel, was tut das zur Sache?) "In Avilés!" - "In Avilés?" Sie findet das aus einem mir unersichtlichen Grund merkwürdig oder bedenklich, wie ich am Tonfall höre. Mir reißt der Geduldsfaden: "Vale, o no?" Da sagt sie endlich dreimal "vale" (ok) und hängt auf. Ich bin schweißüberströmt. Aber es müsste eigentlich geklappt haben, oder? Ich bin mir erst nicht sicher. - Wir kehren noch in der Calle Ribero in einer Bar ein, wo man mit einem Standardmenü lockt (Teller mit Salat, Pommes und "pollo"). Servieren sie tatsächlich noch nach 22 Uhr? - Doch, es essen dort auch noch einige andere, und so bekommen wir noch alles, was das Herz begehrt, einschließlich des Schlummertrunks. Als wir in die Herberge zurückkehren, brauchen wir unseren Schlüssel, denn die Hospitalera und die Helfer haben selbstverständlich längst Feierabend. Es ist auch niemand mehr eingetroffen.
(10h24, 0.15) ging es also weiter: Marcos del Torniello, links ab in die Av. del Alemania (oh, erfreut!) und diese immer entlang, dabei hochsteigend, bis es an einer Y-Verzweigung halblinks in die Carcedo geht. Immer noch durchgehende Bebauung, aber kurz darauf bleibt diese zurück, als die Carcedo in die Landstraße nach Coto übergeht.
Ein "hilfreicher" Spanier in Aktion | Hinter dem Ort geht es eine Steigung hoch, und auf einmal steht man rechts von der Straße an einer Abbruchkante und schaut auf den Badeort Salinas runter. (11h20, 1.11) Ein hilfreicher Spanier spricht uns an und weist nach links, die Straße entlang. Dort käme man direkt nach San Martín de Laspra, das wir laut meiner Übersicht (s.u.) durchqueren müssen. Ich erklärte ihm, dass ich den Pilgerweg dokumentieren wolle und deshalb stur den Pfeilen folgte, wohin auch immer. (Na, diese Haltung wurde noch am gleichen Tag stark erschüttert.) Er zuckte mit den Schultern. Bald wussten wir, warum. |
Ein steiles Sträßchen rechts hoch. Nach 200 m Ortsschild San Martín de Laspra. 50 m weiter halblinks abbiegend eine steile Betonpiste hoch. Hunde blaffen hinter Zäunen und Mauern. Dann erreicht man die Hauptstraße durch den Ort. Man folgt ihr nach links hoch. Sie macht dann einen Rechtsbogen. Am Weg eine Bar: wohl endgültig geschlossen. (Diese Etappe hat u.a. den Nachteil, dass man nirgendwo einkaufen kann.) Einige Häuser weiter kommen Leute aus einem Laden. Als ich einschwenke, wird der Laden hastig von außen geschlossen. Ich gehe auf die Besitzer zu und frage, ob wir nicht doch noch wenigstens Wasser bekommen können. Schroff: "Hier ist kein Laden. Das ist ein Privathaus." - Aha, Abwehrlüge, der Verkauf ist illegal. Ich habe ganz deutlich gut gefüllte Regale gesehen ... 12h44 (2.25) endet die Dorfstraße auf der Höhe an einer T-Kreuzung. Keine Zeichen! Es geht links weiter. Abwärts zu einem Friedhof, rechts liegt eine Kirche, die meine Frau unbedingt inspizieren muss. Links am Friedhof vorbei hinunter, nächste Straße rechts. Vor einem taucht im Tal ein größerer Ort auf, es ist wohl Piedras Blancas. (12h48, 2.29) Ortsschild El Pontón. Die Straße hinunter. Unten kurz nach rechts, um eine größere zu erreichen. Auf dieser links und (12h58, 2.39) eine Vorfahrtstraße überqueren. (Hier ginge es nach links nach Piedras Blancas, und hier käme man wohl auch aus der Stadt heraus, um auf dem Pilgerweg weiterzugehen. Ca. 100 m in Richtung Stadt links ein Gebäude, das eine Bar sein könnte, aber ich habe weder Zeit noch Lust, diesen Abstecher zu machen.)
Also die Straße überqueren und dann lange an einer großen Mauer entlang, die zu einem Gutshof gehört, den man bald oben rechts liegen sieht. Man hält dann rechts auf eine Anhöhe zu.
Ein Ehepaar spricht uns an. Er ist Deutscher, in Spanien verheiratet. Sie fragen wie üblich nach dem Pilgerleben. Ich bringe vergeblich die Sprache darauf, dass wir heute nicht wissen, wo wir unterkommen sollen. Wäre gern einer Einladung gefolgt.
(13h16, 2.57) Calle Juan sin tierra. Natürlich klettert der Pilgerweg die schon gesichtete Anhöhe wieder steil hoch, aber es weht ein frischer Wind. Auf halber Höhe geht mir trotzdem die Puste aus, und wir rasten von 13h37 bis 14h12 (3.18) vor einem Schatten spendenden Busch. Unten im Tal liegt wieder ein größerer Ort, aber keine Ahnung, welcher das ist. Oben auf der Höhe erreichen wir den Stadtteil (Barrio) La Cruz. Es geht versetzt (rechts - links) zwischen Häusern auf der Höhe weiter. (14h21, 3.27) Die Piste ist gut zu laufen. Eine junge Frau wartet am Wegesrand und grüßt freundlich, sieht aus wie eine Zigeunerin. -
Aufpassen: In Konkurrenz mit dem Pilgerweg läuft hier ein Wanderweg, der mit roten Pfeilen markiert ist. Unbedingt diese Pfeile ignorieren! An einer folgen Y-Kreuzung zeigt ein roter Pfeil nach rechts, ein Muschelstein aber nach links: also links weiter. Es geht etwas hinunter, dann wieder aufwärts. Man hält sich rechts (unten wird eine größere Straße sichtbar). (15h02, 4.08) Rechts (aber so gut wie nicht sichtbar, nur einige Baken) liegt der Flughafen "Asturias" von Oviedo/Avilés. Seit geraumer Zeit hören wir Flugzeuge, zuweilen sehen wir auch eins.
Achtung: Jetzt folgt eine Dreifachverzweigung. Links geht das Sträßchen weiter, rechts weist ein roter Pfeil hinunter. Der Muschelstein ist unklar gesetzt. Richtig ist, geradeaus einem Geröllweg durch einen Eukalyptuswald abwärts zu folgen. Es geht lange bergab. An einer Y-Kreuzung (15h22, 4.28) den Pfeilen nach halbrechts folgen.
Im Tal angelangt sieht man ein Dorf vor sich.
Ist dies Santiago del Monte, zu dem man laut Übersicht nach 12 km kommt?
Wir haben immerhin 4 1/2 Stunden schon hinter uns. - Nein, es ist erst
Ventaniella. Ein kleines Bauerndorf. Am blauen Hórreo rechts.
Wasserstelle. 20 m rechts eine Kapelle: Capilla de los Remedios. Sie
ist geöffnet, weil bald eine Messe ist. Messgewänder, Kelch, alles schon da,
völlig unbeaufsichtigt.
(Bemerkung von 2013: Ventaniella muss aber doch ein erster Ortsteil der Streusiedlung Santiago del Monte sein.) |
Kapelle am Weg |
Vor der Treppe zur Straße | Zwischen Villen folgt man an einem Weg, der halb aus Beton ist, halb ein Grasweg. Nach 50 m geht's eine Treppe runter zu einer Vorfahrtstraße (ein anderer Ast der N 643, der zum Flughafen führt). (15h38, 4.44) Die mehr oder minder dichte Bebauung muss Santiago del Monte sein, obwohl wir keinen Ortskern ausmachen können und kein Schild sehen. Nicht zu fassen, wie lange wir für angeblich 12 km gebraucht haben. Aber jetzt kommt der nächste Schock: Gegenüber zeigt ein Muschelstein, dass es jenseits der Straße wieder steil hoch geht; ein provisorisches Zusatzschild sagt "Umleitung über La Arena". Eine Umleitung: genau das, was wir heute gebrauchen können! Ich fange an zu zweifeln, dass wir unser Ziel Muros heute noch erreichen. |
Zum Glück (und das haben wir heute auch mal) erweist sich diese Fehldeutung am Ende als gar nicht schlimm. - Wir gehen also fälschlicherweise nicht rechts auf der Straße weiter, sondern folgen dem Muschelstein nach oben. Vor einem Haus steht ein Mann, der uns signalisiert, dass irgendwas problematisch ist. Wir verstehen ihn aber nicht und laufen weiter. Wir erreichen in einem Rechtsbogen oben auf der Höhe einen Bauernhof, hinter dem der Pilgerweg bislang links abbog (Muschelstein). Hier aber hängt ein umissverständliches Schild: "Durchgang verboten", und das ist diesmal leider nicht zu ignorieren, denn dahinter türmt sich die Baustelle der Autobahn. Wir sitzen fest.
Frustriert setzen wir uns auf einen Stein. Wie soll es weitergehen? (Wir haben immer noch nicht kapiert, dass die Umleitung unten über die Straße führt.) Jetzt winkt uns das Glück. Zwei Männer fahren in einem Auto vor. Der eine, wohl ein Makler, zeigt dem anderen den Bauernhof. Der Mann scheint sich auszukennen. Ich spreche ihn wegen dem Pilgerweg an. Ausnahmsweise mal jemand sehr Kompetentes: Er zeigt mir von der Höhe die Straße, von der wir hochgekommen sind, sowie eine Abzweigung von ihr nach links in der Ferne. Das sei die Straße nach La Arena, und die sollte man gehen. Wir könnten aber einfach weiter hier geradeausgehen, dann würden wir sie auf kürzestem Wege erreichen. Mann! Ich bedanke mich herzlich, habe die Orientierung wieder.
Wir folgen der Piste, die bald zu einem Grasweg wird. Voraus Geräusche schwerer Lastwagen. Noch einmal mache ich ein bedenkliches Gesicht, als wir einen geschlossenen Schlagbaum überwinden müssen. Kann das richtig sein? Oder laufen wir wieder nur in die unpassierbare Autobahnbaustelle?
Als die Sandberge der Baustelle vor uns in Sicht kommen, erscheint aber auch die gesuchte Landstraße, die quer vor der Baustelle herführt. Sie ist so breit, dass sie sicher nicht zerschnitten als Sackgasse endet. Gottseilob! Also, Volldampf voraus, links auf ihr entlang in Richtung La Arena! - Etwas weiter ist eine riesige Brücke im Bau. Bauarbeiter winken uns anzuhalten, weil Bagger queren. Aber die Straße führt wirklich immer weiter. Wir sind sehr erleichtert.
Etwas später (16h25, 5.31) weist ein gelber Pfeil nach rechts ab. Den ignorieren wir, bleiben lieber auf der Landstraße. 300 m weiter zeigt aber ein großes, schon zerfleddertes Schild nach links auf einen Sandweg. Das ist die richtige Richtung nach meinem Gefühl. Sollen wir es wagen? Oder der Straße nach La Arena folgen? Wir wagen es abzubiegen, und das war sehr richtig. Die Route führt nun im Zickzack über eine eukalyptuswaldbestandene Höhe. Die Zeichen führen aber zuverlässig. Einmal nähert man sich bedenklich links der Autobahnbaustelle, aber es geht daran vorbei, ohne dass der Weg abbricht. Auf einer großen, etwas matschigen Waldwegkreuzung machen wir ab 16h50 Pause. | Hier geht's nach links |
Die Dame fragt, ob wir Wasser möchten. Ich nicke. Vielleicht gibt's ja sogar ein Quartier, habe ich im Hinterkopf. Sie führt uns in den Hof. Neben einer Mauer, die einen herrlichen Ausblick über die Ría bietet, sitzt noch eine weitere ältere Dame. Wir bekommen Wasser, meine Frau darf sich setzen. Ein Angestellter und seine Frau nähern sich neugierig und hören zu, was wir sagen. Die Damen lauschen interessiert einer Einfachversion unserer Abenteuer. Wo wir heute übernachten? Tja, das wissen wir noch nicht ... Die bedeutungsvolle Pause hat leider nicht die gewünschte Wirkung. Ich merke einer der beiden Damen an, dass sie eine Einladung auf der Zunge hat, aber die andere scheint die Besitzerin zu sein. -
18h04 laufen wir weiter. Der Weg ist schön, dicht an der Ría auf die große Brücke zu, durch Soto de Castillo mit einer alten Burgruine. Am Ortsausgang scheuchen drei alte Leute die Hunde weg. Wir bekommen gute Wünsche mit auf den Weg, und dann sagt eine der beiden Frauen noch: "Betet für uns." - Ein Pilgerauftrag! Ich verspreche es und habe es auch gehalten. So als Pilger erkannt, anerkannt und mit einem Auftrag geehrt, laufen wir frohgemut weiter in Richtung der großen Brücke, die über die Ría führt.
So laufen wir nach spitzwinklig Muros gleich eine andere Landstraße zurück. (Die beiden Straßen haben keine Querverbindung, da sie auf ganz verschiedenen Höhen verlaufen.) Ein Auto kommt uns schlingernd und mit kreischenden Reifen entgegen. Wir gehen in Deckung. Am Steuer eine Frau. Eine Viertelstunde später kommt sie ebenso zurück, scheint den Wagen zu testen, sieht aber darauf, uns nicht zu gefährden. - Insgesamt haben wir so einen Umweg von ca. 5 km gemacht (und einen großen Teil der Ría von beiden Seiten gesehen). -
Ich ruhe mich aus, während sie einkauft, darunter eine Literflasche San Miguel, denn es sieht so aus, als würden wir heute Abend den Schlummertrunk im Freien einnehmen. Danach die Straße zum Ortskern hoch (bald kommt der Pilgerweg von rechts dazu). Insgesamt haben wir (den Umweg und wie üblich die Pausen nicht gerechnet) ca. 7 3/4 Stunden reine Wanderzeit gebraucht. - Wir halten eifrig nach Hinweisen auf Unterkünfte Ausschau, aber nirgendwo ein blaues H- oder P-Schild. Auf dem zentralen Platz an der Kirche sitzen viele Touristen und Einheimische im Freien und genießen den lauen Sommerabend. Wenigstens ist das Wetter einwandfrei. Um die Ecke ist noch ein Platz mit Bänken, und dort lassen wir uns nieder. - Meine Frau schickt mich noch einmal in die nahe Bäckerei, um nach Informationen zu Quartieren zu fragen. Das Mädchen, das bedient, nickt eifrig und schickt mich die Straße zurück. Sei ganz einfach zu finden, da, wo wir hergekommen seien. - Ich suche vergeblich auf der Straße, die zum zentralen Dorfplatz hochführt, und vorsichtshalber auch noch in den Nebengassen. Auf einmal stehe ich vor einem Maklerbüro, das ich schon zweimal passiert habe. Ja, da gibt's "apartamentos", aber zu kaufen oder langfristig zu mieten, aber keine "habitaciones", nach denen ich das Mädchen gefragt habe. Offensichtlich meint sie dieses Büro. Kennt sie den Unterschied nicht, oder hat sie mich foppen wollen? Ich komme zu dem Schluss, dass sie wohl etwas einfältig sein muss. - Also, außer Spesen (Rumgestiefel) nichts gewesen!
Gegen 23h00 gehen wir zu dem erwähnten Park. Er ist von Straßen eingerahmt, die gut beleuchtet sind, warmes gelbes Licht, das ein Sicherheitsgefühl vermittelt. Aber o je: Als meine Frau dort war, fand sie den Park menschenleer; jetzt ist ein großer Trupp Jugendlicher dort. Das kann ja eine kurze Nacht werden! Wir lassen uns auf einer Bank nieder und essen zu Abend. Die Jugendlichen schauen rüber; ein gegenseitiges Lächeln, da droht wohl keine Gefahr. Es sind sowieso fast nur etwa 16jährige Mädchen, nur 2-3 Jungen dabei. (Im linken Park scheinen die Jungen zu sein. Dort geht es lauter zu. Ab und zu kommt oder geht jemand mit einer "Zwiebacksäge" - diese wahnsinnig lauten Roller - aber niemand behelligt uns.)
Auf einmal fährt ein junger Mann, etwa Anfang 30, im Trainingsanzug, auf einem Tretroller vor. Es muss der Dorfdepp sein. Die Jugendlichen begrüßen ihn erwartungsvoll. Er stellt sich in Rednerpose, schaut streng um sich und beginnt einen Vortrag über Vor- und Nachteile diverser Autotypen, jedenfalls soweit ich es verstehe. Alles kichert, wir lachen. Er schaut verweisend zu uns herüber. Dann wechselt er auf das Thema "Sexualleben der Politiker". Die Heiterkeit nimmt zu. Ich nuckele an meiner Flasche San Miguel und komme immer mehr in Stimmung. - Die Mädchen bitten den Redner, Proben seiner Imitationskunst von modernen Popgruppen zu präsentieren. Geschmeichelt ist er einverstanden. Nun beginnt er, in allen Tonlagen zu singen, zu kreischen und zu brummen, dass alle Zuhörer, einschließlich meine Frau und ich, sich vor Lachen auf die Schenkel schlagen. Einer der Jungen, ich nannte ihn bei mir den "Eintänzer", nutzt die Chance, sich zu produzieren, stellt sich neben den Vortragskünstler und legt eine bühnenreife Schau an Pantomimen hin: Schlagzeuger, Gitarrist, er hat alles drauf. Die Mädchen jubeln und klatschen, wir auch. Meine Frau und ich schauen uns an: Nachts in Spanien im Park, nicht zu fassen, was einem da geboten wird! - Als der Dorfdepp heiser wird, hält er ein, nimmt noch einmal Beifall entgegen, und nach einem majestätischen Blick in die Runde und zu uns rüber, steigt er auf seinen Tretroller und fährt würdevoll davon. Kurz darauf trollen sich auch die Jugendlichen.
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Ca. 1h00. Wir rollen die Isomatten an einer fast dunklen Stelle aus. Schlafsack als Unterlage drauf. Ansonsten legen wir uns in voller Montur, sogar mit den Regenumhängen als Kälteschutz hin. Es geht leidlich. Ein Parkboden ist härter als eine Wiese, aber viel weicher als Beton oder Fliesen. Leider krabbeln mir nach einiger Zeit Ameisen o.ä. unter die Wäsche. Ich versuche, sie zu erdrücken, ohne dass sie mich beißen. Ein paar Stunden in unruhigem Schlummer. Gefährlich scheint es im Park nicht zu sein. Jenseits der Straßen sind Häuser, und notfalls könnten wir die ganze Gegend zusammenbrüllen. Nur selten fährt ein Auto vorbei. - Gegen Morgen wird es wie erwartet feucht. Tau kondensiert auf den Blättern und tropft auf uns herab. Wir ziehen in den Vorraum der Kapelle um. Dort ist erstaunlich viel Platz, aber harter Steinboden. |
6h12 stehen wir auf. Waschen und Kaffee ist nicht. Wir sind natürlich müde, aber nicht kaputt. Heute wollen wir bis hinter Cudillero nicht dem Pilgerweg folgen (der wahrscheinlich am Park entlang geradeausführt), sondern zunächst einen Abstecher zum Strand von Muros zu machen, der sich laut R.W. empfiehlt. Die Straße dorthin führt rechtwinklig von der Hauptrichtung rechts ab, genau an unserem Park. 6h37 (0.00) ziehen wir los. Wir verlassen die bequeme, abwärts führende Asphaltstraße nicht. 7h03 (0.26) erreichen wir das Meer. Rechts liegt eine kleine Bucht, tief eingeschnitten zwischen Felsen, eine Treppe führt hinab. Links ein Parkplatz und ein großes Toilettengebäude, voraus die sehr große Hauptbucht mit Sandstrand und Bar. Aber wo ist das Hotel, das mir die Frau empfohlen hat? Gut, dass wir uns nicht darauf verlassen haben!
Zwei Autos fahren vor. Ein Mann inspiziert das Toilettengebäude. Dann folgt er den anderen zum Strand: Teersammler! Der ganze Strand muss von Teer gesäubert werden, bevor die Touristen eintreffen. In der rechten Bucht unten zeigen die Felsen deutlich, dass sie teerbedeckt gewesen sind. Eine Tragödie! - Als Pilger freuen wir uns über die Toiletten. Sogar Wasserhähne (aber kaum zum Trinken). Wir frühstücken und schauen uns in Ruhe die schöne Landschaft an. An Baden ist natürlich nicht zu denken, es ist noch viel zu kalt. - Dieser nicht sehr weite Umweg ist jedenfalls lohnend.
(9h29, 1.20) Es geht rechts ab (kein Zeichen), denn ein Schild sagt "Cudillero 1,5 km". Nach 500 m folgt rechts ein Schloss mit dazugehörigem Park, dann links eine Kirche und eine geschlossene Bar. 150 m danach ein Zeichen, das halblinks ab auf einen Weg hinter Häusern und Gärten entlang verweist. Ich denke, das ist eine schöne Parallelverbindung nach Cudillero, aber das ist ein Irrtum.
Weiter. Die enge, viel befahrene Straße (es ist die Hauptrichtung nach Luarca) mündet in eine, die von rechts kommt. Hier wären wir von El Pito heruntergekommen. Wir merken uns wieder diese Abzweigung für den Rückweg. - Also links weiter zum Hafen. Die Straße führt steil hinunter, wird immer enger - und nimmt kein Ende. Hinter jeder Kurve erwarten wir das Meer, aber sehen nur - Autos ausweichend - die nächste Biegung. Bürgersteige gibt es nur abschnittsweise und dann sind sie sehr schmal. Mit unseren sperrigen Rucksäcken fühlen wir uns nicht sehr wohl, aber Umkehren kommt nicht in Frage. Wir merken uns links ein Polizei- und Verwaltungsgebäude. Dort wollen wir auf dem Rückweg nach einem Stempel fragen, denn von Muros haben wir ja nichts.
Endlich kommen wir auf den Hafenplatz. Über uns liegen nun die Häuser, wie von R.W.
beschrieben, in einem steilen Halbkreis, mit bunten Fassaden, ein sagenhafter Anblick.
Ein braun gebrannter Mann in kurzen Hosen spricht uns an. Es ist Luigi aus Italien,
Veteran des Camino, in Begleitung eines jungen Burschen. Luigi muss pausieren, hat
ein Knie verbunden, freut sich sehr, "echte Pilger" zu treffen.
Wir quetschen uns durch die Touristenmassen und bummeln durch den Hafen. Im Tourismusbüro fragt man nett nach unserem Begehr. Aber vernünftige Karten der Umgebung gibt es nicht. Noch eine kurze Pause, dann geht es 11h44 (2.39) zurück. Wir stoßen wieder auf Luigi, der gerade in eine Bar will. Sein Begleiter sitzt schon drin. Ein paar Worte, dann ziehen wir weiter. Wir werden ihn nicht wiedersehen. Doch, aber erst 6 Jahre später: im Juni 2009 schlief er neben mir in der Herberge von Oviedo. Ich erinnerte mich erst im Nachhinein, ihn schon mal getroffen zu haben. |
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Am Ende der o.e. Piste schauten wir umher, wo es weiterging. (Hier zeigt angeblich auch ein gelber Pfeil nach links, mit weiteren Zeichen in der Folge, wobei man aber zum Schluss nur auf dem Gipfel des benachbarten Berges landet und wieder zurück muss. So erzählte Rainer später, der hier Stunden verloren hat.) Richtig ist: Rechts eine Unterführung (Eisenbahn?) - und ein Muschelzeichen, also dort durch. Dahinter die alte N-632, die überquert wird.
Schild vom Heiligen Jahr 1993 vor dem Hotel La Mariño | Jenseits der Straße liegt das Hotel La Mariño mit einem großen Schild zum Pilgerweg (wohl aus dem Heiligen Jahr 1993). Ein Muschelstein zeigt zum Eingang des Hotels nach rechts runter. Vor einem liegt ein großes Flusstal, rechts hinten die Bucht Concha de Artedo, links oben die schwindelerregend hohe Talbrücke der neuen N-632. Ich ahnte, was kommen würde: Erst ins Tal hinunter und jenseits wieder hoch, und beides sehr steil. Das war richtig. |
14h07 (4.38) Unten im Tal über eine Brücke und dann links steil hoch auf das Ende der riesigen Talbrücke zu. Ein paar Bauernhöfe: Lamuña sagt meine Skizze, aber keine Gewähr. 14h27 (4.58) unterhalb der Brücke eine kleine Asphaltstraße zwischen den Bauernhöfen erreicht. Schon nach 30 m rechts wieder links steil in den Wald hoch. | Aus dem Tal wieder hoch in Richtung Schnellstraßenbrücke |
Überquerung der N-632 | Fußpfad parallel zur N-632, dann steht da nur lakonisch auf die Leitplanke gepinselt: Augen auf beim Überqueren! - 14h51 (5.22) quetschen wir uns unter Leitplanke hindurch (für uns zu hoch, um darüber hinwegzusteigen) und warten eine Lücke im Verkehr ab, die Autos fahren hier alle sehr schnell. Gegenüber sieht man schon einen Muschelstein, wo es weitergeht. |
(15h44, 6.15) Links taucht im Tal eine Ortschaft mit Kirche auf, na also! Aber der Weg schwenkt nicht ein. Das gibt's doch gar nicht! Die Ortschaft bleibt zurück, es war immer noch nicht Soto. Weitere Häuser werden sichtbar. Auf einmal doch ein Abzweig halblinks (gelber Pfeil am Baum, ein weiterer kleiner und ein Muschelstein). Nach 200 m erreicht man die Straße im Tal, geht durch einen kleinen Vorort und ist nach 400 m am Anfang von Soto de Luiña.
Die Herberge ist im rechten Teil des Rathausgebäudes, bei unserer Ankunft geschlossen. Draußen Tische und Bänke. Meine Frau bleibt wie üblich beim Gepäck, und ich mache mich auf die Suche nach dem Schlüssel. Von der Schule aus gesehen liegt gegenüber der erwähnte rote Wohnblock, rechts davon erreicht man die Hauptstraße, und gegenüber liegt ein Hotel-Restaurant, in dem R.W. gegessen hat. An der Theke frage ich nach dem Schlüssel der Herberge. Sie suchen etwas herum, dann: Ist in der Bar Ecu. Wir sollen ihn dort holen und morgen früh ab 8 Uhr hier im Hotel abliefern, ab 9 Uhr, wenn die Bar geöffnet hat, direkt dort. Na schön. Also die Hauptstraße zurück, an dem roten Wohnblock, dem Supermarkt und der Kirche vorbei zu der Bar Ecu, die ich ja schon gesehen habe. An der Theke bedient ein gelangweilt aussehendes Mädchen. Nach ein paar Minuten bin ich dran. Ich sage, dass ich den Schlüssel zur Herberge möchte. Sie zuckt nicht mit der Wimper, holt ein Anmeldebuch hervor, in das ich mich eintrage, drückt einen Stempel in unsere Credenciales (die ich natürlich immer dabei habe, und zwar beide) und rückt den Schlüssel raus. Alles nicht sehr freundlich, sondern routiniert, ohne Interesse. Na, spielt ja keine Rolle. Die Unterkunft in der Herberge ist übrigens kostenlos. |
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Die Herberge hat einen großen Schlafsaal (ca. 20 Betten) und ist allgemein in gutem Zustand, allerdings bei unserer Ankunft sehr staubig. Außerdem haben unsere Vorgänger jede Menge Tüten Abfall hinterlassen. In der Nähe des roten Wohnblocks stehen Container. Die Abfalltüten dort hinzubringen, ist ein Klacks. Beschämend, dass Pilger sich davor drücken. Also putzen und duschen. Meine Frau hängt Wäsche auf, die im frischen Wind flattert und gut trocknet.
19h50 kommen David, den wir vor Gijón getroffen haben, und ein weiterer Pilger an. Letzterer hat den ganzen Weg von Avilés hierher gemacht und stöhnt über seine kaputten Füße. - Einkaufen im Supermarkt an der Straße. - Später kommt noch ein Pilger, ein Engländer, der in Madrid wohnt und Englischunterricht gibt. - Wir wollen zum Abendessen, aber das Hotel hat auf einmal geschlossen. Deshalb suchen wir die Hauptstraße ab und landen, fast am Ortseingang, im Casa de Comidas, wie schon erwähnt. Das Essen ist nicht billig, kein Menü. Ich nehme ein Tellergericht: Pommes, Spiegelei und Paprikawurst. Letztere schmeckt mir nicht besonders. - Zurück zur Herberge. Dort trifft gegen 23h00 noch ein ganzer Trupp Radfahrer ein. Naja, Platz ist ja genug, und sie machen auch nicht zu viel Krach, so dass wir zur rechten Zeit ans Schlafen kommen.
Abkürzung einer Serpentine | 8h15 (0.00) Aufbruch. Es geht die Hauptstraße ab dem Hotel-Restaurant weiter entlang auf Höhen zu, die Soto de Luiña von drei Seiten umgeben. In einer Linkskurve zweigt der Pilgerweg dann halbrechts steil hoch ab, zunächst ein Fußpfad, halb zugewachsen, dann eine Fahrspur. Die Straße macht derweil eine große Serpentine, und kurz bevor man sie wieder erreicht, geht es etwas links, nach 20 m rechts durch sumpfiges Gelände und dann 100 m weiter bis zur Böschung. Wer sich diesen Weg ersparen will, muss also auf der Straße bleiben und der Serpentine folgen. Rechts geht es dann zu einer Kreuzung. Dort links. Es folgt ein Hotel. |
(8h44, 0.29) Dann überraschenderweise eine Pilgerwegverzweigung: eine Muschel zeigt nach links ("Camino"), eine zweite geradeaus ("Ballotas"). (Der Ort heißt bei Google Maps "Ballota". Warum auf dem Stein "Ballotas" steht? Könnte eine regionale Namensform sein.) - Meine Skizze, die ich von R.W. bekommen hatte, verzeichnet für den Abzweig nach Südwesten: "Nach Palancas". Keine Ahnung, wo das liegt, und auf der Skizze endet dieser Ast auch als tot. Die Hauptrichtung geht laut Skizze mehr oder weniger die alte N-632 entlang. Dort liegt auch Ballota. Ich habe also keinerlei Bedenken, hier geradeaus zu gehen. | Muscheln zeigen die Verzweigung des Pilgerweges an. |
Also weiter geradeaus. Ca. 400 m später durch eine Unterführung unter der N-632 her, nicht geradeaus auf ein Fabrikgelände. Jetzt bleibt man mehrere Kilometer auf der alten N-632, passiert Albuerne und (9h42, 1.27) Novellana. Die Skizze gab ausnahmsweise mal zu viele Kilometer an, nämlich 11 km, während es bis Novellana nur 7 km sind. (Das sieht man an der Wanderzeit sehr deutlich.) Rechts eine geschlossene Bar. (Ich missverstehe den Anschlag auf der Tür, dass man hier nicht um Wasser bitten dürfe, aber es ist nur eine Warnung vor Wasserverschwendung, wie mein Wörterbuch enträtselt.) Wir pausieren kurz auf einer Bank und legen unsere feuchten Handtücher zum Trocknen aus, denn die Sonne scheint schon warm. Etwas weiter die Bar Casa El Roxu, gegenüber ein Kramladen. An der Kirche spricht uns ein Mann an. Er ist US-Amerikaner, und sein Sohn (etwa 10 Jahre), der dabei steht, möchte so gern selbst einmal Pilger sein.
Hier nicht dem gelben Pfeil folgen |
Die erste große "Abkürzung"Am Dorfende von Novellana zeigt meine Skizze, dass der Pilgerweg hier eine große Schleife der alten N-632 abkürzt. Tatsächlich geht es in einer Linkskurve geradeaus hinunter ab. Vor einem liegt ein Bachtal, wegen dem die Straße so ausschwingt. Gegenüber ist das nächste Dorf Castañeras schon auf der Höhe zu sehen. Das gilt es zu erreichen. Wir verabreden, uns zu trennen. Meine Frau geht die Straße entlang, ich will die Abkürzung gehen. (Eine blöde Idee, man soll sich nie trennen.) |
Einige 100 m weiter liegt Castañeras. Am Ortsende die zweite Abkürzung. Ein Schild zeigt rechts zur Playa de Silencio, die ersten Badegäste biegen mit ihrem Auto schon auf den Weg ein. Es scheint mich doch etwas zu wurmen, dass ich vorher so leicht aufgegeben habe. 11h00 (2.45) "Komm, hier versuchen wir es mal!" sage ich zu meiner Frau, denn auch der Pilgerweg biegt in Richtung Playa ab. 300 m weiter hat man von oben einen ersten schönen Blick auf die wild zerklüftete Steilküste. Gleichzeitig zweigt der Pilgerweg als Fußpfad links nach unten ab. Eine schöne braune Ziege grast 100 m weiter auf dem Weg und will sich vor Angst schier erdrosseln, als wir uns nähern. Wir reden ihr gut zu und kommen vorbei, ohne dass sie Harakiri macht. Es geht steil hinunter, der Weg wird immer schmaler, feuchter und schwieriger. Wieder müssen Dornengewächse (Brombeeren und Stechginster) weggehauen werden. Ich habe keine Lust zurückzugehen, kämpfe mich vorwärts. Das hier ist wieder das Letzte, unzumutbar! Endlich gelangen wir auf dem Grund des Einschnitts an den erwarteten Bach. Eine Holzbrücke geht hinüber, ist aber nur noch Ruine. Die Deckbohlen sind weggefault, 10 Zentimeter lange rostige Nägel ragen aus den Balken. Meine Frau streikt. Dort auszurutschen und in die Nägel zu fallen! Recht hat sie. Zum Glück ist wenige Meter weiter links eine Stelle, wo wir den Bach mühelos überschreiten können. Auf der anderen Seite geht es wieder einen nahezu zugewachsenen Pfad weiter. Dann endlich ein Fahrweg und rechts durch den Eukalyptuswald hoch. 11h55 (3.40) Endlich sind wir oben. Wir haben ganze 55 min für etwas mehr als 1 km gebraucht. Dabei zittern mir vor Anstrengung alle Knochen. Nie wieder so eine Abkürzung, schwöre ich. Die Asturier mit ihren Pilgerwegen können mich mal ... Ab jetzt wird der Landstraße gefolgt, ich bin doch nicht blöd.
Der Pilgerweg kommt kurz vor einer Bar wieder auf die Hauptstraße. Wir lassen die Bar rechts liegen und gehen 100 m weiter links zur Pension Prada. Auf unser Schellen macht eine Frau auf, schickt uns aber gleich zurück zu der Bar. Die Bar Gayo und die Pension Prada haben dieselbe Besitzerin. In der Pension kommen die betuchteren Touristen unter, die Bar selbst hat auch noch einige Einfachzimmer, wie wir bald erfuhren. - Also in die Bar. Ein Mädchen holt auf unsere Frage nach einem Doppelzimmer die Wirtin. Diese mustert uns freundlich und fragt, ob wir die deutschen Pilger sind, die angerufen haben. Ja doch, strahle ich. Alles klar, dann gibt's ein Zimmer. 12h08. Hurra, Unterkunft! |
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Die Sonne schien immer noch, und so fragten wir den Mann hinter der Theke nach dem Weg zum Strand. Nun, außer unbestimmtem Händewedeln erreichte ich nichts. Der Wirt schien mir auch irgendwie sprachbehindert zu sein. Wir gingen auf gut Glück direkt hinter dem Haus zu einigen Bauernhöfen, mussten später aber an der Steilküste umkehren. Von dort hatten wir aber den richtigen Weg gesehen. Etwas die Straße zurück, da wo der Pilgerweg herauskam, rein und zu dem blauen Haus. An diesem ging es links vorbei durch die Felder. Nach gut 1 km kommt man an den Rand der Steilküste, passiert etwas Gebüsch und erreicht den Anfang einer Treppe, die - im Zuge einer touristischen Aufwertung der Küste errichtet - mit 225 Stufen (ja, ich habe sie gezählt) nach unten führt. Der Strand ist sehr felsig, mit Steinen und Kies, aber sehr malerisch. Man konnte zwischen ausgehöhlten Felsen hindurch noch eine Nachbarbucht erreichen, die auch einen schönen Sandstrand hatte. Noch etwas weiter lag die oft abgebildete Playa de Silencio, die wir schon von oben gesehen hatten. |
Als wir in der Bar auf unserem Zimmer zurück waren, bewölkte es sich, und bald prasselte ein Wolkenbruch hernieder. Um so mehr genossen wir unser Quartier. In so einem Wetter möchte ich nicht im Park schlafen. - Am Abend aßen wir von unseren Vorräten auf dem Zimmer. Den Schlummertrunk gab's unten. Ich sagte der Wirtin, dass wir schon das Zimmer bezahlen möchten. "15 Euro," sagte sie da, "Pilgersonderpreis." - Ich war ganz baff und bedankte mich sehr.
(9h36, 1.36) Tablizo (die Ortschaft hinter der Kapelle) (10h00, 2.00) Nächstes Dorf Ribon, steht weder auf meiner Skizze noch auf meiner Karte. 30 m vor Kilometerstein 153 senkt sich der Pilgerweg rechts nach unten, einen passablen Waldweg hinab. Aber wir wissen, dass der sehr bald in nassem Gebüsch enden kann und ignorieren diese wie auch weitere Abzweigungen auf dieser Strecke. (10h45, 2.45) Ortseingangsschild Cadavedo. Es geht eine Serpentine hoch ins Dorf. Der Pilgerweg muss mehr zum Meer hin verlaufen, denn hier hat man die Enge zwischen Bergen und Meer hinter sich. Die Karte verzeichnet schöne Strände. Vielleicht gibt es ja schon hier einen ausgeschilderten Wanderweg am Meer entlang, wie wir das später antreffen werden. Dann könnte das eine Alternative sein. So sind wir ganz froh, durch diese etwas größere Ortschaft zu gehen, denn sie hat einen Supermarkt, an dem wir auf dem Pilgerweg nicht vorbeigekommen wären.
Doch zuvor (10h50) greift uns bei den ersten Häusern von rechts ein Kläffer quer über die Straße an. Eine Frau schaut von einem Grundstück links zu, was wir machen. Ich bringe ruhig die Pfefferspritze in Anschlag und verpasse dem Biest aus 5 m Entfernung einen Volltreffer ins Gesicht. Der Hund prallt zurück, schüttelt den Kopf, läuft zu seinem Haus und versucht, das Zeug im Gras abzuwischen. Er taumelt etwas. Die Frau von gegenüber grinst schadenfroh.
Etwas weiter geht es rechts in eine Straße rein, an der nach 30 m ein Supermarkt liegt. Nicht schwer zu finden, denn überall laufen Leute mit Einkaufstaschen rum. Wir kaufen ausführlich ein, denn in der nächsten Herberge gibt es nichts. Ein Stromer mit drei Hunden und einer Katze mustert uns neugierig. Er bettelt uns aber nicht an. Wir machen Pause auf einer Bank an der Straße, unter einem Baum, denn es regnet etwas.
(11h46, 2.55) weiter durch den Ort. Straßenabzweigung nach Luarca links ignorieren, geradeaus weiter. Rechts folgt eine Bar, links liegt eine ALSA-Haltestelle. (Wir nennen die Busse nach ihrer Farbe immer die "blaue Versuchung".) Man erreicht Villademoros. Hier führt die Straße urplötzlich auf die neue N-632. Rechts liegt ein Kirchlein. Wir "flüchten" von der Schnellstraße dorthin und - oha - finden einen gelben Pfeil. Also nach links, parallel zur Straße, zwischen einigen Bauernhäusern hindurch. (12h15, 3.24) kommen wir zu einem Restaurant "Cas Daniel". Hier könnte man zu Mittag essen. Ein Muschelstein weist geradeaus eine Piste hinunter. Es geht zunächst immer geradeaus, Bauernwege entlang. Einmal schleicht sich doch glatt ein mittelgroßer Hund von hinten an, ich erschrecke furchtbar, als er direkt hinter mir losbellt. (12h46, 3.55) Die Richtung "geradeaus" wird zum Wiesenweg. An einer Rechtsabzweigung kein Zeichen. Es geht geradeaus, wie kurz darauf ein gelber Pfeil auf einem Stein zeigt. 30 m weiter Linksabzweigung, wieder kein Zeichen. Wenn sich ein Weg so teilt, dass beide Fortsetzungen gleich breit und begangen/befahren scheinen, hat man das Problem, dass man die "Hauptrichtung" nicht erkennen kann. Hier geht es geradeaus, wie wir nach einigem Rumlaufen und Suchen feststellen. Etwas abwärts, ab hier der Hauptwegespur nach. Vor sich hört man die Schnellstraße.
(13h07, 4.17) Der Weg ist patschig und sehr feucht. Wir kommen an Häusern neben der Schnellstraße (die links liegt) heraus. Ortschaft Quervas Hinter der Leitplanke ein Stück rechts die Schnellstraße entlang, dann rechts in den Ort abbiegen. Pfeile führen einen zunächst sicher, erst geradeaus, dann eher links, sich wieder der Schnellstraße nähernd. Telefonzelle. (13h25, 4.35) Am Dorfrand neben einem Speicher fehlt ein Zeichen. Richtig ist, links weiterzugehen. Auf die Schnellstraße zu. An einer T-Kreuzung geht's rechts weiter. Von links kommt die Abfahrt Canero von der N-632. Das Ankündigungsschild haben wir schon vor der Ortschaft auf der Schnellstraße gesehen. (13h31, 4.41) Man unterquert nun nach links die Schnellstraße. 20m hinter der Einmündung der Abfahrt rechts ab. 200 m weiter, am Stromhäuschen, hinter dem ersten Haus schräg links in Richtung einer Kirche im Tal. (13h40, 4.50) Alte N-632 erreicht. Hier ist der Pilgerweg ziemlich skurril ausgezeichnet. Zunächst an einem uralten Baum die Böschung nach links hinunter, dann noch steiler zu einem Bauernhaus hinab. Dort toben Hunde. Dann wieder steil zur alten N-632 hoch. Da kann man besser auf ihr bleiben und oberhalb des Bauernhofes durch die Linksserpentine gehen. Nach 100 m rechts zur Kirche hoch. Oben muss man sich etwas orientieren, um die Fortsetzung zu finden. Es geht nicht den breiten Betonweg entlang, sondern einen sehr schönen Hohlweg, später Waldweg hinunter. (13h52, 5.02) Der Weg ist zum Schluss etwas zugewachsen. Er kürzt eine große Rechtsserpentine der alten N-632 ab, auf die wir um 14h04 (5.14) wieder stoßen. Rechts auf ihr entlang bis zum Kreisverkehr. Streusiedlung Canero. Links liegt eine Bar, aber dort läuft ein riesiger Hund rum. Die Pfeile wollen einen wieder über Leitplanken klettern lassen. Wir verzichten darauf, weil wir jenseits des Kreisverkehrs (etwas links) eine Brücke sehen, und da geht's bestimmt rüber. Stimmt. 500 m laufen wir nun die alte N-632 bei sehr mäßigem Verkehr weiter, parallel zum Fluss rechts, auf das Hostal Canero zu. Hier hat R.W. übernachtet und war des Lobes voll.
(14h25, 5.35) Es ist Mittagessenszeit, und das einsam liegende Hostal ist rappelvoll mit Ausflüglern. Wir setzen unser Gepäck im Gastraum ab und gehen gleich in den Speisesaal. Korrekt gekleidete Touristen mustern uns abschätzend. Gut, dass hier auch Kinder sind, da geht's nicht ganz so vornehm zu. Wir nehmen uns einen kleinen Tisch, die Bedienung nickt uns zu. Es gibt rasch und routiniert ein sehr gutes Menü zu 9 EUR. Mir schmeckt es herrlich. (Rainer berichtet später, hier herablassend behandelt worden zu sein. Das können wir nicht bestätigen.) Nach dem Essen lassen wir unser Gepäck im Gastraum (man erlaubt es freundlich) und erkunden die Umgebung. Rechts am Hostal vorbei geht es zur Flussmündung ins Meer, ein wunderschöner Platz. Es sind allerdings ca. 15 Minuten zu gehen. Wir merken uns, dass 200 m hinter dem Hostal ein Muschelstein links ins Gebüsch weist. Es sind viele Ausflügler am Strand (der überwiegend aus Kieseln besteht), aber zum Baden ist es zu kalt. Hinter uns die gewaltige Talbrücke der neuen N-632. Ausgeruht gehen wir zurück. (Die alte N-632 vereint sich übrigens in Canero an dem erwähnten Kreisverkehr mit der von Süden kommenden N-634 - die uns 2001 lange begleitet hat - und übernimmt deren Nummerierung. Ich rede deshalb im Folgenden von der "alten N-634", die also einfach die Fortsetzung der alten N-632 ist und hinter Almuña auf Luarca abdreht und dort endet.)
16h21 Abmarsch, rechts am Hostal vorbei, dem Muschelstein danach links auf einen Wiesenweg folgend. Wenig später wächst der Weg zu. Ja, spinnen die denn, die Asturier? Ringsum steile Anhöhen, die alte N-634 nimmt sie in einer langen Rechtsserpentine. Da kann man doch nicht hoch! Wir kehren um.
Achtung: Hinter dem Hostal Canero gibt's Probleme. Nicht dem ausgewiesenen Pilgerweg rechts am Hostal vorbei und dann nach links folgen! Entweder: Auf der alten N-634 bleiben, oder (das empfehle ich) doch rechts am Hostal vorbei, aber bis zur Flusseinmündung. Dort kann man herrlich Pause machen und vielleicht sogar baden. Anschließend nicht zum Hostal zurück, sondern - vom Meer aus gesehen: rechts, vom Hostal aus gesehen: links - zwischen den Häusern die kleine Asphaltstraße zur alten N-634 hoch, wo auch alle Ausflügler mit ihren Autos herunterkommen. So hat man die schönste und kürzeste Strecke. | Bucht hinter Canero |
(16h56, 6.03) Die Straße geht in eine Linksserpentine und kreuzt unter der neuen N-634 her. Rechts liegt jetzt unten die Bucht mit der kleinen Ortschaft. Die Straße steigt langsam weiter. Links arbeitet ein Bauer auf einem Feld und ruft uns an. "Schlecht, die Straße laufen, was?" Wir nicken. "... dem Präsidenten schreiben, dass die Pilgerwege gesäubert werden" ruft der Bauer erregt weiter, "es ist ein Skandal!" Wer da schreiben soll, verstehe ich zwar nicht, wir stimmen aber lauthals zu. Hier solidarisiert sich jemand mit den armen Pilgern, die so übel über Stock und Stein geschickt werden. Er fragt dann noch, ob wir Engländer seien. Nein, Deutsche. Da ruft er: "Die Deutschen sind die größte Macht in Europa." - Naja, die neuen Autobahnen haben die Spanier wohl beeindruckt. Ich will jedenfalls nicht die größte Macht sein. "Nein, wir sind alle Europäer!" rufe ich zurück.
(17h06, 6.13) Ortseingang Caroyas. Hier kommt die kleine Asphaltstraße, die ich als Weg empfehle, von der Bucht hoch. Rechts eine Bar. Weiter die alte N-634 entlang. (17h30, 6.35) Kurz hinter Kilometerstein 499 kommt der Pilgerweg in einer S-Kurve links raus. Wir folgen ihm rechts ab und laufen über ein Stück überwachsene alte Fahrbahn. (Das unterstützt meine Theorie, dass diese Serpentinenstraße mal ganz erneuert wurde.) 5 Minuten später ist man wieder auf der Landstraße. 200 m weiter ähnlich ein paralleles Stück. Hier haben die lieben Spanier Berge von Sperrmüll "entsorgt". Die ersten Häuser von Barcia kommen in Sicht. Der Pilgerweg zweigt rechts von der Straße ab. Irgendwo vor uns müssen Luarca und Almuña, unser heutiges Ziel, liegen. Leider endet genau hier meine Karte 1:100.000, und auch aus dem Bericht von R.W. kann ich nichts über die Lage der Herberge erfahren, da er dort nicht übernachtet hat. Sehr schade für uns, denn wir wären dann nicht so arglos abgebogen!
(18h51, 7.46) Nahe dem ALSA-Busdepot (das ich oben bei den Alternativen erwähnt habe) erreichen wir endlich wieder die alte N-634. Zu allem Überfluss: Keinerlei Hinweis auf die Herberge. Wir laufen auf Verdacht nach rechts. (War richtig.) Ortsschild Almuña. Links liegt eine auffällige Villa mit Palmen und hohen Gittern. Ich frage den Gärtner, ob wir auf dem richtigen Weg zur Herberge sind. Ja, geradeaus und dann links. Nach 250 m auf der viel befahrenen Straße links eine Abzweigung: AS 220, 17 km nach Meras, 22 km nach Parades. Auf der Ecke eine Bar. Und ein Schild "Refugio 400 m". Also links ab, 500 m weiter auf einer Brücke über die neue N-634 (die sich irgendwo hinter dem Ort mit der alten vereint), an der einen oder anderen Gabelung halblinks halten. Ein kleiner Junge zeigt auf mich und sagt seiner Mutter: "Guck mal, der hat ein ... am Mund." Leider habe ich das entscheidende Wort nicht verstanden. Seine Mutter lacht und sagt: "Nein, das ist doch ein Bart."
Einheimische weisen uns an den Gabelungen gleich richtig weiter. Die Herberge ist ein auffälliges blaues Haus, schon in Reichweite der Berge. Wer es weiß, sieht sie früh von Ferne, aber das nutzt nichts, da sie beim Näherkommen aus dem Blickfeld verschwindet. Hinter der Brücke sehen wir sie endlich. Auch, dass schon Leute warten. Gut, dann gibt's kein Problem, den Schlüssel zu besorgen. 19h22 (8h17) sind wir endlich da. | Das Refugio von Almuña |
David begrüßt uns; er macht den Ersatzherbergsvater. Er ist etwas beklommen: "Alles voll, Leute!" Wie bitte? Gut, die Herberge hat nur 16 Plätze, aber wir haben den lieben langen Tag niemanden gesehen. Wo sollen die auf einmal alle herkommen? Ich sage das auch zweimal laut. Da ist er noch mehr betreten. (Er selbst, so erfahren wir später, ist nämlich schon den zweiten Tag hier und hat seiner italienischen Freundin, die noch später eintrifft, ein Bett reserviert. Gleich zwei Verstöße gegen die Regeln.) Naja, später gäbe es Matratzen. - Dann ist es ja gut, winke ich ab. Matratzen reichen vollkommen, und ein wenig Platz. Innen ist geradeaus ein großer offener Raum, wo zwei Bettgestelle und ein Haufen Decken gestapelt sind. Ich kümmere mich gar nicht um die anderen Pilger und Zimmer, will erstmal unser "Reich" in einer Nische durch zwei Stühle abtrennen. Jetzt brauchte ich die Matratzen. Meine Frau ist verschwunden. Sie schwatzt in einem der Schlafzimmer mit Annette und Ute. Endlich wieder Deutsche, da hat sie einiges an Kommunikation nachzuholen.
Drei weitere Pilger, Italiener, treffen ein. Jetzt ist meine Nische in Gefahr. Wo bleiben die versprochenen Matratzen? Ich sehe den Italienern an, dass sie der Ansicht sind, meine Frau und ich (weitaus die Ältesten) könnten doch nicht auf den Fußboden. Man tuschelt. Ich will ja gar keine Privilegien, ich will die Matratzen. Die anderen deuten meine wachsende Nervosität falsch, denken, ich sei unzufrieden, weil wir keine Betten haben. Unter den Spaniern ist ein junges Paar, Javier und Reyes, die wir am nächsten Tag wiedersahen. Die übrigen liefen wohl schneller oder waren nur "Wochenendpilger".
Da trifft Ihro Souveränität, der Hospitalero, ein. Etwas dick, selbstbewusst, jovial. Seine Gelassenheit erhält einen Sprung, als er an die 25 Leute herumwuseln sieht. Und genau in diesem heiklen Moment frage ich ihn nach den Matratzen. "Matratzen?" schnappt er, "Es gibt keine Matratzen!" - David im Hintergrund staunt offensichtlich, ist verwirrt. Da ist etwas oberfaul, das rieche ich sofort. "Nehmt euch die Decken" - an die Italiener gerichtet. Dann bleibt sein Blick auf uns Alten hängen. Er hat ein Problem. Wir sollen alle unsere Ausweise vorzeigen. Er trägt uns in das Pilgerbuch ein. (Jetzt weiß ich auch, warum David von Selbstbedienung abriet, obwohl der Stempel daneben lag.) Fragt nach dem Woher und Wohin und auch nach dem Wie. Aha, zwei junge Radfahrerinnen aus Oviedo, die heute von Avilés gekommen sind. "Fußgänger haben Vorrecht" sagt der Hospitalero wichtig. Die beiden hatten ein Zweibettzimmer. Jetzt müssen sie die Betten an uns abtreten und selber auf den Fußboden. Wenigstens für die eine gibt es von irgendwoher doch noch eine Matratze. Klar, dass die Mädchen uns nicht gerade freudestrahlend in ihr Zimmer aufnehmen; die eine sprach kein Wort mehr. (Nachts kam noch mein Schnarchen dazu!) Die Italiener richten sich mit Decken auf den erwähnten Bettgestellen in dem offenen Raum ein. Der Herbergsvater teilt jetzt Wasser aus und fragt alle, ob sie zufrieden sind. Alle sind vorsichtshalber zufrieden ;-) Aber geduscht werden darf nur im Ausnahmefall, da nur ein einziges Bad für alle vorhanden ist (also 1 Raum mit Dusche, Klo und Waschbecken). Auch kann man keine Wäsche waschen. Ansonsten ist die Herberge gut in Schuss. Der Hospitalero, der in der Nähe wohnt, schart uns alle auf der Veranda vor dem Haus um sich und hält Reden. Dass er alles ehrenamtlich mache und im Verband der Hospitaleros sei und viel Arbeit habe ... Wir klappern pflichtschuldigst bewundernd mit den Augendeckeln, wobei ich vor Hunger doch schon mal mein Abendessen rauskrame. Wieder bekomme ich gleich Wasser dazu. Er hat einfach ein schlechtes Gewissen, warum nur?
Das klärt sich später nach und nach auf. Er hat nämlich offensichtlich einer ganzen Gruppe von Leuten, die in der Nähe an einem Familienfest teilnehmen, zugesagt, in der Herberge auf Matratzen (aha, nicht wahr?) unterzukommen. Platz ist noch in einem großen Raum links, auf dessen Tür "privat" steht. Abends kommen diese Gäste, die in einer Pilgerherberge gar nicht aufgenommen werden dürften, mit Autos vorgefahren und verschwinden hinter der Privattür, nicht, ohne dass ich einen Blick hineingeworfen und die angeblich nicht existierenden Matratzen entdeckt hätte. So sieht's aus!
Nun konnte sich ja nach diesen Bemühungen des Hospitaleros wirklich keiner mehr beklagen, auch wenn das einzige Bad jetzt für ca. 35 Leute reichen musste. Er erzählte weiter und lieferte jede Menge Informationen, gewünschte und nicht gewünschte. So solle man um Gottes Willen nicht von der N-634 abweichen, um Piñera zu erreichen. Das ginge so durch die Wildnis, dass er selbst sich dort schon "sechzig Mal" verlaufen habe... Noch wichtiger: Man solle unbedingt über Ribadeo gehen, also nicht vorher nach Süden abzweigen, denn die Herbergen von Tol und Santiago de Abres seien geschlossen. - Nun, R.W. war in Santiago de Abres schon abgewiesen worden, weil - was für ein Skandal - der Wirt, der den Schlüssel hatte, aus regionalpolitischen Gründen "streikte". Tol hatte den Nachteil, dass der Schlüssel nur in Castropol (5 km dahinter) zu haben war. Diese ganzen Schwierigkeiten hatten jetzt wohl zur Schließung geführt. Damit meldet sich Asturien immer mehr vom Pilgerweg ab, denn auch das bislang östlichste Refugio in Asturien, Piñeres, ist schon seit Dezember 2001 endgültig zu (siehe unseren Bericht von 2001).
Um einen Schlummertrunk einzunehmen, gingen meine Frau und ich mit Ute und Annette zu der Bar an der alten N-634, obwohl es hieß, dort sei man abweisend Pilgern gegenüber. Nun, der Speisesaal war rappelvoll mit Einheimischen, eine Empfehlung. Wir tranken aber nur vorne im Gastraum etwas, ohne unfreundlich behandelt zu werden, und gingen schnell wieder zurück, denn der Hospitalero hatte einen strengen Zapfenstreich angekündigt. Tatsächlich kontrollierte er noch, ob alle in den Betten (und "zufrieden") waren und machte selbst das Licht aus.
Frühstück im Refugio von Almuña | 8h08 (0.00) ziehen wir los. Mangels Stadtplan und besseren Wissens stur die Strecke zurück, die wir schon kennen. Wir wollen auf jeden Fall Luarca sehen, das sehr schön sein soll. Wahrscheinlich kann man auch auf der alten N-634 weitergehen und am Ende irgendwo rechts nach Luarca, aber im Nachhinein war es doch gut, dass wir den Pilgerweg von Osten her nahmen, denn so kam man in Luarca an der wohl schönsten Stelle heraus. Doch der Reihe nach: |
An einem Schild "Hütten" (jawohl, auf Deutsch!) geht es links ab, aber man läuft die Straße nur ein Stück parallel und erreicht sie bald wieder, immer noch in El Villar. (8h47, 0.39) Vor uns laufen Annette und Ute, aber die holen wir nicht ein. 100 m weiter rechts liegt eine Albergue, evtl. die erwähnte. Dann gelangen wir an einen Aussichtspunkt oberhalb der Stadt und bleiben staunend und bewundernd stehen. | Stadt und Hafen von Luarca |
Wir gehen zunächst, oben bleibend, nach rechts bis zu einer Kirche und einem sehr malerischen Friedhof, dahinter liegt die Landspitze mit dem Leuchtturm. Unterhalb des Friedhofs runter in die Stadt. Alles ist noch halb verschlafen. Um so schöner. Das Wetter ist sonnig und schön. Wir klappern die Innenstadt ab, trinken Kaffee in einer Bar. Im Zentrum, links von der Calle de la Iglesia, ein kleiner Park mit Bänken und Brunnen. Jenseits des Flusses die Plaza de Alonso X, wo wir uns umschauen. Zum Oficina de Turismo (Öffnungszeiten: mo-fr 11-14, 16-20, sa/so 11-14, 17-20) müssen wir über die Brücke in die Altstadt zurück und halbrechts wieder hoch, in Richtung des östlichen Hochufers, wo wir hergekommen sind. Erst denken wir, das Touristenbüro sei ein Haus rechts, aber es liegt links, etwas abseits der Straße. Außerdem ist es noch geschlossen.
Festumzug in Luarca. | 11h30 Messe in der Pfarrkirche Santa Eulalia. Danach noch einmal zur Plaza de Alonso X. Hier haben wir Glück, dass wir einen Folkloreumzug erleben. Wegen dem Fest sind viele Leute unterwegs. Als Untiere (Dämonen?) verkleidete kleine Jungen scheuchen Mädchen mit harmlosen Peitschen und symbolischen Schlägen. |
(12.31, 0.53) Wir überqueren also den Fluss und laufen geradeaus weiter. Erst sehen wir noch eine Muschel. Wir müssen in die Calle de la Peña, sehen aber kein Zeichen, das dorthin verweist.
Die "Felsenstraße" heißt wohl so, weil sie in Serpentinen zum jenseitigen Hochufer, auf dem eine malerische Kapelle liegt, hochführt. Nach ca. 200 m führt rechts eine Treppe hoch, die eine Rechtserpentine der Straße abkürzt. Oben - immer noch zwischen Häusern - stoßen wir auf ein Schild "A la Ermita". Dort sollte man unbedingt den Abstecher rechts zur Kapelle machen. Ich bleibe vor ihr auf der Bank sitzen und schaue abermals bewundernd auf die Stadt herab, meine Frau geht ein Stück weiter, um einen noch besseren Blick für ein Foto zu haben. Also ab 12h49 Foto- bzw. Schreibpause (ich mache Notizen). |
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(13h50, 1.57) Irgendwo, wahrscheinlich gleich nach Erreichen der N-634, müsste der Pilgerweg links abzweigen, aber wir haben es nicht gesehen. Nach der vollen Herberge in Almuña sitzt uns auch wieder etwas das Gespenst "completo" im Nacken. Eigentlich unnötig, denn die meisten werden von Almuña aus weiter als bis Piñera gehen, und Langläufer, die Almuña überschlagen, gibt es aus Entfernungsgründen wohl nicht.
Wir laufen im Pilgereilschritt die Straße entlang und kommen so sehr schnell vorwärts. Die erste Ortschaft heißt Santiago. Links steigt die Landschaft an, und es liegt eine Kette von Häusern in halber Höhe. Dort müsste/könnte der Pilgerweg entlangführen (stimmt!). Alles bewegt sich auf einen größeren Höhenzug zu, der quer vor uns aufragt, mit drei Antennen besetzt. Die nächste Ortschaft Otur zieht sich sehr lange hin. (14h40, 2.47) Ortsendeschild. Irgendwo ein Pfeil nach links. Wir ignorieren ihn, denn wir sind kurz vor dem Höhenzug, und man kann ahnen, dass der Pilgerweg den überquert. Das wird auch die Gegend sein, wo sich der Hospitalero schon "sechzig Mal" verlaufen hat. 14h45 Mittagspause. Die N-634 ist hier einfach durch den Höhenzug gesägt worden. Die alte Kurve, die weiter ausholte, liegt als toter Arm da. Der Fleck Erde dazwischen mit steilen Abhängen bietet für uns einen willkommenen Lärmschutz. Ein Sträßchen führt in Richtung Meer, einige Autos mit Wasserhungrigen fahren langsam an uns vorbei. Ein Hündchen kommt vom nahe gelegenen Haus, schnüffelt aber nur.
(15h17, 2.52) weiter. Wir überqueren einen Fluss. Der Pilgerweg scheint hier herauszukommen. (Später erzählen uns andere Pilger, die dem Weg über den Höhenzug gefolgt sind: Es sei das Letzte gewesen. Die ursprüngliche Flussüberquerung war eine Ruine, unpassierbar. Also musste man sich am Fluss entlang zur N-634 durchschlagen. Genauso hatte ich mir das gedacht.) (15h51, 3.26) Ortsschild Villapedre. Etwas weiter Bar El Pinar mit Zimmern. (16h08, 3.44) Bar Villapedre mit Menüs (ein Caminoschild im Fenster und Muschelstein in der Mauer). Kurz danach Ortsende. (16h14, 3.50) Wir ignorieren eine Pilgerwegabzweigung nach rechts. Restaurant El Crucero, Menü und Speisekarte. Kurz vor Piñera kommt der Pilgerweg von rechts wieder auf die Straße. (16h26, 4.02) Ortsschild Piñera. Wo der Pilgerweg ist, fragt meine Frau einige Leute. Alles zeigt Riesenbögen nach links und rechts. Nein, das war die falsche Frage. Ich frage noch einmal, diesmal nach der Herberge. Ach so, ein Stück die Straße weiter hinauf, dann links. - Der Pilgerweg geht irgendwie noch im Zickzack durchs Dorf, dessen Kern mit Kirche links oberhalb der Straße liegt. Annette und Ute haben jedenfalls oben an der Kirche gelbe Pfeile gesehen.
(16h38, 4.14) Links liegt das Café Miramar, in dem es den Schlüssel gibt. Wir überqueren die Straße. Da kommt ein Pilger aus dem Haus, winkt uns zu und begrüßt uns wie alte Kameraden. Es ist Javier, den wir in Almuña kennen gelernt haben. Jedenfalls alles klar mit der Herberge, etwas weiter und massig Platz. (16h43, 4.19) treffen wir ein. Es ist eine alte Schule, wie so oft. An der Front steht noch schön "Jungen" und "Mädchen", damit klar ist, welche Seite des Gebäudes von wem besucht werden darf. Die Tür ist geschlossen. Wir kennen die Sitte der Spanier, dass man immer durch die Hintertür geht. Also rechts um das Haus herum. Hinten stehen Tische und Bänke. Ein großer Schlafsaal mit Vorraum. Alles sauber und ordentlich. Auch das Licht funktioniert (Als R.W. hier war, war es defekt). Das ist das Gute, wenn eine benachbarte Bar nach dem Rechten schaut (und dabei auch an den Pilgern ihren Verdienst hat). Ute und Annette kommen hinzu, Javier und Reyes sind da, das sind schon alle. Insgesamt viel Platz. Wir erledigen die üblichen Pilgeraufgaben (Duschen, Wäsche waschen, usw.) und können uns schön ausruhen. Aber einen großen Nachteil hat die Herberge:
Refugio von Piñera | Das Refugio von Piñera ist nichts für Nervenschwache. Es liegt direkt an der N-634, und der Lärm ist gewaltig. Auch nachts wurde es nur vorübergehend, etwa zwischen 2 und 5 Uhr, etwas leiser. |
Abends geht's zur Bar, um etwas zu essen. R.W. hatte die Küche gelobt. Man begrüßt uns freudig, und wir lassen ordentlich auftischen. Natürlich gibt's keine Karte, sondern man fragt, was sie heute anbieten können, und wählt aus. Mit kräftig Rotwein dazu. Später kommen Javier und Reyes und gesellen sich zu uns vier Deutschen. Beide sind auch nicht mehr so jung, wie ich auf den ersten Blick dachte, 32 und 34 Jahre alt. Ein schöner Abend. Am Ende auch noch niedrige Preise. Also, nach Piñera braucht man keine großen Vorräte mitnehmen. |
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Über Nacht lege ich meine Matratze in den Vorraum, damit die anderen wenigstens ein bisschen vor meinem Schnarchen geschützt sind. Kaum liege ich so gegen 22h00 auf der Matratze, wummert eine Faust an die geschlossene Vordertür. Ich hole Javier aus dem Bett, denn jemand ruft auf Spanisch. Von innen lässt sich die Tür öffnen. Draußen steht ein etwas merkwürdiger junger Mann (aber sind wir Pilger nicht alle merkwürdig?). Javier legt ihm auf, sich den Stempel in der Bar zu holen. Macht er glatt, schon 15 Minuten später ist er wieder da. Auffällig: Er schleppt außer einem Fotoapparat noch ein ganzes Stativ mit sich herum. Deshalb nennen wir ihn nur den Fotopilger. (Später werden wir seinen Namen erfahren und noch gute Freunde werden.)
Die Pläne des Fotopilgers kannten wir nicht. Er saß morgens auf dem Bett, starrte vor sich hin und ignorierte sogar meinen Gruß. Er machte schon einen sehr seltsamen Eindruck. Die anderen zogen in die Bar zum Frühstücken und brachten daher auch den Schlüssel weg.
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8h43 (0.00) zogen wir nach gemütlichem Frühstück und Abschied von den anderen los. Schon nach 200 m weist ein Muschelstein nach rechts ins Gebüsch. Der Weg ist völlig zugewachsen, meine Frau fotografiert es. Also auf der Straße weiter nach (8h53, 0.10) Villaoril. Im Ort (9h00, 0,17) geht es eine Asphaltstraße rechts ab (gelber Pfeil). Nach 150 m links, Schild "Navia 4" (km). 9h04 (0.21) Vorfahrtstraße NV-3 erreicht. Dort nach links (Muschelstein). 9h16 (0.33) Muschelstein und Schild "2 Navia". (9h26, 0.43) Ortseingang von La Colorada, links Cafeteria. (9h32, 0.49) Bar Lakaña rechts. Es geht weiter geradeaus. Dann Bebauungsgrenze von Navia. Capilla de San Roque, ab 9h00 geöffnet. Es ist 9h48 (1.05), aber die Kapelle ist geschlossen. In großem Rechtsbogen in die Stadt. Calle Campoamor, Bar, Läden. |
Javier und Reyes steuern einen Park geradeaus an, wo sie rasten wollen. Sie winken uns, aber wir müssen zuerst einkaufen. Nach etwas Fragen gehen wir in Richtung Hafen. Dort ist ein kleiner Platz mit Bänken und Bäumen. (10h25, 1.42) Ich lasse mich nieder, als Ute und Annette aus dem benachbarten Supermarkt kommen. Auch Reyes und Javier gesellen sich dazu. Wir machen noch ein paar Abschiedsfotos. Dann rücken die andern über die große Ríabrücke ab. Sie wollten evtl. weiter als La Caridad, unserem heutigen Ziel, je nachdem, wie sich Reyes' Blasen machen ... Meine Frau kauft im Supermarkt nebenan ein, und wir essen und trinken nochmal gemütlich.
(11h38, 1.42) weiter, über die schon erwähnte Brücke die N-634 entlang. Hinter der Brücke die 2. Straße links ab. Schöner Blick nach links auf die Ría und die Stadt. Nach 500 m Asphalt- bzw. Betonsträßchen rechts steil hoch (Schild "Hotel/Restaurante"). Achtung: (11h53, 1.57) Wir folgen automatisch dem einladenden Weg, aber bald rufen uns Einheimische zurück. Denn schon nach 80 m geht es urplötzlich halbrechts und sofort wieder links einen Wiesenpfad hoch. Diesem folgt man aufwärts. (12h01, 2.05) Es geht nun immer weiter in derselben Richtung über Wiesenpfade und Fahrwege, wobei man ab und an eine Straße überquert. Rechts unten im Tal liegt die N-634 mit riesigen Baustellen. An einer Y-Kreuzung links. Kurz darauf schwenkt der Feldweg nach links, man selbst geht aber geradeaus ab und überschreitet eine Eisenbahnlinie. Leicht rechts um ein Maisfeld herum zu einem Feldweg auf Bauernhöfe zu. (12h14, 2.18) Zwischen diesen weiter, auf eine Kapelle zu (der Vorbau lädt zum Rasten ein). Halbrechts von ihr in einen Hohlweg, am Ende rechts auf eine Asphaltstraße. Nach 50 m Vorfahrtstraße überqueren (Muschelstein am Schulgebäude). (12h20, 2.24) Nach 80 m halbrechts auf eine Fahrspur. 80 m weiter auf einem Wiesenpfad geradeaus. 30 m wieder Fahrspur, rechts an einer Mauer entlang. An einem Haus Wiesenpfad immer geradeaus (rechts ist die Fernstraße sichtbar), links zu einem Asphaltsträßchen, zu dem man schon lange parallel lief. Lastwagen nerven hier, sie fahren zu einer riesigen Baustelle im Tal. (12h29, 2.33) auf dem Asphaltsträßchen nach rechts weiter. (12h36, 2.40) Ortsschild Torce. Nach 80 m halbrechts eine Piste abwärts. An T-Kreuzung rechts zu einem roten Haus. (12h46, 2.50) Auf einer Asphaltstraße geradeaus an Haus vorbei. Man nähert sich der Schnellstraße. Kurz vor ihr T-Kreuzung, kein bzw. nicht deutbarer Pfeil. Hier verloren wir ca. 10 Minuten. Richtig ist: Rechts zur N-634 und auf ihr links weiter. (12h56, 3.00)
Das machten wir zunächst auch, bis wir links auf den Weiden einen Masten mit Pilgerzeichen sahen und diesen leider missdeuteten. Wir dachten, dass dort, links von der Straße der Pilgerweg verläuft. Deshalb gingen wir zu der T-Kreuzung zurück und gingen diesmal in die andere Richtung bis zu einem Bauernhof links. Dort, etwas hinter einem rechts abseits liegenden Hof, ging ein Asphaltsträßchen rechts ab, an dem Bauernhof vorbei, in Richtung Straße. Kurz vor der Straße sahen wir wieder den Masten mit dem Pilgerzeichen, und er wies nach links auf einen Feldweg, nämlich für diejenigen, die richtig hier von der N-634 kamen.
Richtig wäre also gewesen: Auf der N-634 ca. 200 m weiter, dann links ab (wo der Mast ist), nach 80 m rechts rein. (13h13, 3.10) Kurz darauf erreicht man schon wieder die Straße. - Dieses Herumschlängeln um die N-634 ist typisch für diese Etappe. Nach jedem Schwenk fragt man sich, ob sich das gelohnt hat. Aber man verliert nicht sehr viel an Zeit, und es ist doch abwechslungsreicher als nur auf der N-634 mit ihrem dichten Verkehr zu laufen.
Die N-634 überqueren und zur Abwechslung mal rechts von ihr weiter. Ortsschild Cartario. Wiesenpfad. An Y-Kreuzung links, bis (13h23, 3.20) wieder über Pisten und Feldwege links die N-634 erreicht wird. Nach rechts weiter. Wo die Straße von Jarrio rechts rauskommt, Straße überqueren und links rein. An Y-Kreuzung rechts, gleich wieder rechts und zwischen Häusern hindurch parallel zur Straße weiter geradeaus. (13h32, 3.29) Asphaltstraße . Nach ca. 500 m rechts ab auf die N-634. (13h38, 3.47)
Bevor wir die Straße erreichten, machten wir lieber nochmal Mittagspause an einer Wieseneinfahrt. (14h15, 3.47) weiter. Als wir gerade die Rucksäcke schultern, kommt ein Pilger angetrabt, kahlköpfig, nicht sehr groß, aber von beträchtlichem Körperumfang. Aus der Nähe erkenne ich, dass es eine Frau ist. Wegen des kahlen Kopfes tippe ich zunächst auf eine Krankheit, doch die Haare sind wohl nur abrasiert. Wir nennen sie daher die Buddhistin. Sie begrüßt uns freundlich, hat etwa unsere Geschwindigkeit und schließt sich uns daher an. Neugierig fragt sie mich aus, woher wir kommen usw. Sie benutzt einen Pilgerstock, hat aber noch zwei Teleskopstöcke auf den Rücken geschnallt ...
Wir laufen also gemeinsam weiter. Hinter einer Unterführung geht es nach rechts. Man bleibt nun oberhalb der Straße, also nicht den Abzweigen zur Straße folgen. (14h29, 4.01) Hier fehlen Kennzeichnungen. Einmal hält die Buddhistin einen Wagen an und fragt nach dem Weg.
Wir kommen in einiger Entfernung an einem Haus, das rechts liegt, vorbei. (14h40, 4.12) Ein kleiner Junge steht am Weg und fragt, ob wir Pilger sind. Als wir bejahen, sagt er: "Wollt ihr was zu essen?" Die Buddhistin fragt gleich, was es kosten soll. Denn manchmal versuchen Einheimische, unterwegs landwirtschaftliche Erzeugnisse an Pilger zu verkaufen. Nein, kosten tät es nichts. - Nun, wir haben gerade Mittagspause gemacht, aber so eine Einladung kann man nicht ausschlagen. Wir biegen also ab, auf das Haus zu. Ein Bruder des Kleinen springt uns entgegen. An dem Haus begrüßen uns zwei Frauen. Sie geben uns in Frischhaltefolie eingewickelte Pakete mit lecker gefülltem Brot. Wir brauchten uns nicht bedanken, sagen die Frauen, es seien Reste vom Festtag gestern, die ihnen ohnehin schlecht geworden wären, so viel hätten sie davon. Und da haben sie gedacht, das kann man doch lieber vorbeiziehenden Pilgern geben. Eine sehr gute Idee! Wir bedanken uns, haben soeben schon ein Abendessen auf Vorrat erhalten. |
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1. Abzwei- gung nach Tol | Etwas (14h47, 4.19) weiter kommen wir an ein schön verziertes großes, rotes Santiagokreuz. Hiervon gibt es in der Gegend noch mehr. Ein Schild verweist auf einen Abzweig des Pilgerwegs nach Miudes. Ich bin mir heute noch nicht sicher, ob das - so früh schon! - die erste Abzweigmöglichkeit in Richtung Tol, also den südlicheren asturischen Herbergen, war. Wie dem auch sei, diese seien ja geschlossen, hatten wir erfahren, und überdies wollten wir sowieso über Ribadeo pilgern. Auch die Buddhistin will nach La Caridad weiter. |
Die Herberge hat 24 Plätze in zwei Schlafräumen. Der erste liegt direkt hinter dem Eingang und dient zugleich als Aufenthaltsraum. An der Decke ein selbst gebastelter Lüster mit Pilgermännchen darauf, lustig! Meine Frau und ich beziehen den zweiten Schlafraum, der schlauchartig hinter dem ersten liegt. Dort haben wir nicht nur ein Eckchen für uns, sondern liegen auch an einem kleinen Fenster, das nächtens Frischluft verspricht. Links von beiden Räumen liegen 4 Duschen und 2 Toiletten, alles in nicht sehr gutem Zustand. Die Türen so verzogen, dass sie kaum schließen, geschweige denn abschließbar sind, große verbleibende Ritzen gewähren Einblick. Die Wassertemperatur ist praktisch nicht regulierbar. - Nun, wir sind ja nur zu dritt, da stört das alles wenig. Man kann Wäsche waschen und draußen aufhängen.
Wir haben noch viel Zeit und beschließen, den ca. 2 km entfernten Strand zu besuchen. Also den Betonweg hoch, an dem Haus, wo es den Schlüssel gab, vorbei. Oben erreicht man eine Straße in den Ortskern. Man muss sich die Einmündung gut für den Rückweg merken, denn sie ist als Abzweigung zur Herberge recht unscheinbar (kein Zeichen). Kommt man aus der Stadt und nicht über den Pilgerweg, ist es sicher schwierig, die Herberge zu finden. - In der Stadt Läden und Bares. Auch ein Hostal. Etwas weiter liegt links ein Gemeindezentrum, wo es auch einen Imbiss gibt. Rechts die Kirche. Der Pilgerweg führt die Straße weiter geradeaus, merken wir uns. Zum Strand weist ein Schild nach rechts von der Straße ab. Wir laufen also in diese Richtung und sind bald am Ziel. Die Stadt hat den Strandbereich aufwändig gestaltet. Links liegen zwei Badebuchten, leider Steinstrand. Rechts Toilettenhäuser und eine weitere, wenig einladende Bucht. Dazwischen eine Bar, viele Tische und Stühle. Wir laufen zu einer der Buchten links und treffen auf die Buddhistin, die uns wie alte Bekannte begrüßt. Sie lupft ihr Badeanzugoberteil und weist auf einen Teerflecken, den sie abgekriegt hat. Na, da war für mich kein Gedanke mehr an Baden. - Eine Weile schauten wir dem familiären Treiben zu. Dann wollte meine Frau sich noch etwas umschauen; auch schnitt die Flut unsere Bucht ab. Ich ging oben zur Bar, holte mir ein schönes kühles Bier und ruhte mich an einem der Tische aus. Es war Platz genug, und niemand sagte was, wenn man nichts oder lange nichts verzehrte. Sowas kennt man in Deutschland gar nicht, wo man immer zum Konsum gedrängt wird. Später brachte ich Flasche und Glas an die Theke zurück, wo sich die Bedienung überrascht bedankte. Das Wetter blieb gut, und es waren erholsame Stunden.
Als wir wieder an der Herberge anlangten, fanden wir dort reges Treiben vor. Der vordere Schlafsaal war nun fast besetzt. Wir lernen Javier aus Madrid kennen. Die Buddhistin verarztete übel zugerichtete Füße. Ich bot zaghaft mein Wunderpflaster an, wurde aber nicht gebraucht. Ich konnte auch nicht verständlich machen, dass es was Besonderes war, und die Buddhistin hatte alles fest im Griff. (Der Kamerad von Javier musste später wegen seiner Blasen aufgeben.) | Vor dem Refugio von La Caridad |
Wir sitzen vor dem Refugio und schreiben, als zwei Männer mit einem Kombi vorfahren. Sie laden die Bettgestelle und Matratzen auf. So, so, also kümmert sich doch jemand um die Herberge. Die Betten drinnen waren neu, das war mir schon aufgefallen. - Gleich sieht die Herberge nicht mehr so heruntergekommen aus. (Außer dem kleinen Schild um die Ecke gibt es übrigens sonst keinerlei Kennzeichen.) -
(21h10) Der Fotopilger trifft ein. Der hat's wohl immer mit den Nachtstunden. Er schwankt furchtbar, hat sich dauernd verlaufen. Diesmal nackter Oberkörper, auf dem die Rucksackgurte wie Hosenträger wirken. Selbst die Spanier schmunzeln. Als er hört, dass es Platz genug gibt, strahlt er übers ganze Gesicht. Den Stempel oben im Haus holen? Ist ihm ein Spaß! Bald ist er wieder da. Ich habe hier notiert "Ohne 'vieira' läuft gar nichts", verstehe aber nicht mehr, was ich damit meinte. Eine vieira, eine Jakobsmuschel, baumelt ihm um den Hals. Vielleicht meinte ich, dass er ohne sie für einen Strauchdieb gehalten werden könnte. Aber die schleppen kein Fotostativ mit sich rum ... Seine gute Laune steckt an, und jetzt unterhält er sich auch mit uns, als hätte er alte Freunde wieder getroffen. Alle essen und trinken etwas, die Stimmung ist bestens. Da keine Touristen unter uns sind, geht auch alles früh zu Bett, und die Nacht ist ruhig. - Ich habe La Caridad so in ganz guter Erinnerung, R.W. hatte die Stadt mit einer abfälligen Bemerkung abgetan. Nun, er war im April hier; bei gutem Wetter sieht alles anders aus.
Tipp: Ich habe hier in Erinnerung (das steht nicht in meinen Notizen), dass wir vor der Kapelle Holzpfähle mit Hinweisen auf einen Wanderweg antrafen. Hier sind Annette und Ute wohl abgebogen, denn im Refugio von Tapia berichteten sie, dass sie die Küste entlang einem wunderschönen Wanderweg gefolgt sind.
(Hinweis von 2013: Wikiloc
zeigt, dass sie hier den Wanderweg AS-19 (= E-9) erreichen konnten. Ca. 5 km Umweg.
Hinweis von 2014: In diesem Jahr sind wir selbst dem Weg gefolgt, wunderbar!)
Anderntags sind wir ebenfalls die Fortsetzung dieses Wanderwegs gelaufen, denn die Route ist ungleich schöner als der straßennahe Pilgerweg. Man muss nur genügend viel Zeit haben. - Man könnte das auch schon ab Luarca machen, aber dann verpasst man die Herberge in Piñera und muss zur Übernachtung spätestens in Höhe von La Caridad wieder landeinwärts. Insgesamt aber eine reizvolle Möglichkeit, denn außer den Städten Luarca und Navia gibt es unterwegs nichts Besonderes auf dem Pilgerweg zu sehen. In Tapia de Casariego erreicht man wiederum die Herberge, die direkt am Meer liegt, automatisch, wie wir erleben würden. Ebenso kommt man automatisch an die Brücke nach Ribadeo. - Dieser Weg ist ein großer Fortschritt für das Wandern in Spanien.
Zwei ungleiche Häuser | Man folgt der alten Straße, indem man zunächst vor der Brücke die N-634 überquert. (Gegenüber liegen zwei Häuser wie Zwillinge, eins renoviert, das andere nicht, ein hübscher Kontrast.) Es geht noch vor den Häusern links runter. Hohlweg mit Mauer links. Vor einem ahnt man den Fluss. Der Weg geht nun wieder in einem langen Rechtsbogen etwas hoch. Rechts taucht eine Mauer auf, dann eine Kapelle. (10h14, 1.36) Man erreicht eine Straße, die links über die alte Brücke in den Ort Porcía führt. Nach 100 m hinter der Brücke geht es rechts eine Betonpiste hoch. |
Wir bogen also zögernd rechts ab und liefen parallel zur N-634, rechts von ihr, weiter. Kurz darauf trafen wir einen alten Bauern und fragten nach der Herberge. Er sagte nur: "Immer weiter geradeaus." Na gut. Man erreicht eine Kirche und geht rechts-links leicht versetzt weiter. (10h42, 2.04) Nieselregen setzte ein. Wir erreichen das Dorf Salave. Man überquert die Straße und umrundet einen Kinderspielplatz nach rechts. Kleine Asphaltstraße, etwa in Richtung Küste. (10h50, 2.12) Aufgepasst, jetzt kommt ein völlig unnötiger Linksschwenk: Nach 200 m geht der Pilgerweg an einem Bauernhof links ab. Dort nicht dem Zeichen folgen, sondern geradeaus auf der kleinen Asphaltstraße weiterlaufen. Nach gut 600 m kommt nämlich der Pilgerweg wieder von links auf sie.
Was soll dieser Unsinn? - Wir gingen nämlich links ab (obwohl ich von der Richtung schon schwor, dass geradeaus doch wunderbar passte), kamen an die N-634 und liefen dort nach rechts, neben ihr auf einer Piste her, die etwas später in einem Rechtsbogen die Schnellstraße verlässt, um wenige 100 m später wieder auf die kleine Asphaltstraße zu stoßen. Zurück, in der Ferne, lag klar der Bauernhof, wo wir links abgebogen waren. Die einzige Erklärung für diesen Umweg ist, dass das Stück Straße von dem Bauernhof bis zur Wiedervereinung der beiden Routen neu war, also zur Zeit der Auszeichnung des Pilgerweges noch nicht bestand.
Der Asphaltstraße geradeaus bis zur N-634 folgen. 11h15 (2.37) kamen wir dort an und ließen uns regengeschützt in einer überdachten Bushaltestelle zu einer Trinkpause nieder. 11h25 (2.27) weiter. Gleich wieder rechts eine kleine Asphaltstraße rein, immer geradeaus auf den Kirchturm von Tapia zu. 11h53 (2.55) erreichten wir die Küste bei einem Rastplatz. (Hier müsste auch der Küstenwanderweg von rechts hinzustoßen.) Unten auf dem Kies Teersammler in weißen und grünen Schutzanzügen. Ansonsten ein sehr malerisches Bild der zerrissenen Steilküste. - Der Regen hat aufgehört.
Dann liegt Tapia de Casariego vor uns. Ich weiß nur, dass die Herberge im Stadtteil Represas liegt. Da R.W. über Tol gegangen ist, ist in seinen Aufzeichnungen über diesen Wegabschnitt nichts enthalten. Ein Info-Schild, das anzeigt, wo wir sind. Ja, gibt's denn das? Im Stadtteil Represas! Also, her mit dem Refugio! Und keine 150 m weiter, direkt am Steilabhang, liegt ein kleines gelbes Haus, das unsere erfahrenen Augen gleich als die Herberge erkennen. Sie ist es. Neu und sehr gut eingerichtet, alles sauber. Unten links im Aufenthaltsraum einige Betten, die meisten aber oben auf einer Art Galerie, richtig moderne Architektur. Toiletten und Duschen: alles vom Feinsten. 12h02 (3.04) sind wir da. |
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Im Pilgerbuch des Refugios grüßen uns Ute und Annette und berichten, wie schon erwähnt, dass sie den Küstenweg gegangen sind. Ich merke mir das.
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Hier geht es rechts zum Mesón Restaurante El Puerto, wo wir später ein herrliches Menü einnehmen. Aber zunächst die Straße überqueren und zum Rathausplatz. Etwas weiter liegt die Stadtkirche und davor die Plaza de la Constitución. Dort am Info-Pavillon hole ich mir einen Stadtplan und weitere Informationen. Nach einer Kurzbeschreibung der Restaurants tippe ich auf das o.e. El Puerto, das gutbürgerliche Küche bietet. Wir gehen gleich dorthin. Viele Autos davor zeugen schon von seiner Beliebtheit. Es ist eines dieser einfachen Restaurants, in denen massenhaft Menüs serviert werden, schnell und freundlich, und billig. Nicht für Gourmets, aber sehr gut für Pilger. Preis (an Alltagen) 7,20 EUR. Wir schauen auf die Nachbartische (an denen Einheimische und keine Touristen sitzen). Dann bestelle ich als ersten Gang eine Suppe mit Kartoffeln und sagenhaft dicken Fleischbrocken. Es gibt eine ganze Terrine. Nebenan schaufeln sich Arbeiter im Blaumann freudig brummend diese Riesenportionen in den Mund. Ich habe lange keine ordentliche Fleischmahlzeit mehr gehabt und tue es ihnen nach. Da kommen Sabine und der ALSA-König. Als sie sehen, was wir essen, wissen sie, dass sie hier richtig sind. Bald hauen sie ebenso rein. - Es gab natürlich noch einen zweiten Gang sowie einen Nachtisch. Ich war danach wirklich pumpsatt, und es hatte herrlich geschmeckt. |
Tapia de Casariego hat uns ausnehmend gut gefallen. Cudillero und Luarca wären schöne Städte, aber Tapia hat diese großen Sandstrände direkt vor der Tür. Es ist alles überschaulich und anheimelnd, nicht so überlaufen wie Gijón und Avilés. Wenn wir einmal Urlaub an der Nordküste machen wollten, wäre Tapia de Casariego ein heißer Kandidat.
Wir haben uns vorgenommen, heute Morgen die ganze Küste vor der Stadt entlangzugehen. Also erst nach rechts und dann in einem großen Linksbogen weiter, oberhalb des Leuchtturms vorbei, zum Hafen über eine kleine Brücke, jenseits des Hafens wieder hoch und dann zu den Stadtstränden von Ost nach West. Das Wetter ist gut, alles liegt in freundlichem Sonnenschein, aber es ist sehr frisch, und ein kühler Wind weht. - Am Ende des letzten großen Strandes erreicht man die übliche Flussmündung. Hier kommt die Av. General Primo de Rivera von der Stadtkirche her und geht in Richtung Ribadeo weiter. Ein großes Informationsschild zeigt den Küstenweg AS-19/E-9. Diesen wollen wir heute gehen, und nicht den Pilgerweg, denn das Geschlängel um die N-634 haben wir satt und möchten an diesem Tag noch einmal richtig Abschied vom Meer nehmen.
Wir haben uns nämlich entschlossen, von Ribadeo aus dem Pilgerweg nach Südwesten zu folgen, also nicht weiter am Meer entlang und erst bei Foz nach Süden, wie ich geplant hatte. Dafür gab es drei Gründe: 1. Das nicht so tolle Wetter. 2. Die teerverseuchte Küste. (Das war mein Hauptgrund.) 3. weil wir dann auch den Pilgerweg bis Lourenzá erleben und dokumentieren konnten.
Ab Ortsausgang von Tapia de Casariego laufen Pilger- und Wanderweg zusammen links vom Fluss
landeinwärts, bis es hinter der Flussbrücke, an einer Bar rechts abgeht.
(9h29, 1.08) Dann kommt ein langer Rechtsbogen, in dem der Pilgerweg links
abbiegt. Der Wanderweg läuft aber weiter und geht am andern Ufer ein ganzes
Stück am Fluss zurück; oben sieht man rechts die Straße, die man gekommen ist.
Tipp: Wer ebenfalls den Küstenweg (senda costera) - nicht den Pilgerweg! - gehen will, kann hier erheblich abkürzen. Schon vor der Flussbrücke von der Straße einen Pfad die Ría hinunter. Unten geht eine kleine Holzbrücke über den Fluss. Gegenüber liegt ein Sportplatz, an dem man die kleine Straße und damit den Wanderweg wieder erreichen kann. |
Hinweisschild auf den Küstenweg |
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Zum Straßenknick zurück, die Straße weiter. 13h09 (3.28) Playa de Peñarronda. Von einer Kapelle aus kann man auf sie herabblicken. Unten viele Badelustige, nicht so einsam wie an der Playa de Ribeirin. Jenseits der Bucht oberhalb der Playa rechts hoch. 13h49 (4.08) Große Freizeitanlage mit Toiletten. 50 m weiter scharf rechts an einem Flugplatz vorbei, anstatt der Straße weiter zu folgen. Man geht so (gemäß dem Verlauf des Wanderweges) einen sehr großen Umweg zur Brücke nach Ribadeo, aber der lohnt sich auch. Am Ende kommt noch ein schmales Stück, schon am Rand der Ría von Ribadeo, das man bis zu einem kleinen Leuchtfeuer ganz am Ende der Ría gehen kann. Dort nahmen wir 14h41 (5.00) Abschied vom Meer. Von dort geht es am Ufer der Ría des Flusses Eo entlang nach Süden auf die große Brücke zu. 15h00 (5.19) waren wir oberhalb der Playa de Arnaz auf einer Asphaltstraße, die auf die Brücke zuläuft. |
Zunächst entdeckten wir hinter der Brücke gleich links eine Muschel. Links lag auch die Stadt, die man ja von der Brücke aus schon gut sehen kann. Also: links den schmalen Weg hinunter! Aber: Die Muschel zeigte "verkehrt herum", d.h. mit ihrer Basis nach rechts statt nach links. Ich dachte schulterzuckend: "Naja, ist eben so ein Fall, wie er schon mal vorkommt, dass die Muschel falsch eingesetzt ist." Wäre der schmale Weg nämlich nicht richtig, hätte hier ja gar kein Muschelstein stehen müssen. - Wir steigen also 15h28 (5.47) parallel zur Brücke zum Ufer hinunter. Unten quert die Flusspromenade, und eine Muschel zeigt mit ihrer Basis nach rechts. Na also, ab in die Stadt! - Meine Frau hält mich zurück. Sie glaubt, dass es links zum Refugio geht. Aus der Stadt heraus? Unter der Brücke hindurch? Also, sie hat manchmal schon seltsame Ideen! - Eine hilfreiche Spanierin mischt sich ein: "Zur Herberge? Nach links!" - Ich glaube, ich spinne. Ein wenig später fällt der Groschen:
Vor der Herberge liegt ein Mann auf dem Rasen und döst. Ich denke, es ist der ALSA-Pilger, und winke ihm freundlich zu. Dann sind wir, husch, im Refugio und wollen Betten belegen. Die Herberge ist klein, nur 12 Betten. Von einem Vorraum aus gelangt man in eine schlauchartige Küche. - Überall lagen Berge von Abfällen, der reinste Saustall. - Dahinter, ebenso schlauchartig, der (einzige) Schlafsaal. Einige wenige Betten sind belegt. Wir wollen gerade unsere Rucksäcke absetzen, als eine strenge Stimme sagt: "Verlassen Sie sofort das Gebäude. Sie müssen sich erst bei der Polizei melden." - Es ist der Mann, den ich draußen gesehen habe. Als wir verblüfft gucken, fragt er, woher wir kommen und schaltet dann auf Deutsch um. Einer der ganz wenigen Spanier mit Deutschkenntnissen, die ich getroffen habe. Nun, er ist in Deutschland verheiratet, wie sich etwas später herausstellt. Ich nenne ihn mal Felipe (Name geändert). Also, etwas belämmert wieder aus der Herberge raus. |
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War die Strenge, aber auch der Einsatz hier ein Zeichen dafür, dass es in Galicien anders zugeht als in den übrigen Provinzen? Nun, in etwa schon. Der Pilgerweg war nämlich ab jetzt gut ausgezeichnet, und mit den Wegen durch Dornen und Gestrüpp war es vorbei. Auch erhielt man viele nützliche Informationen in den Herbergen. Nur innerhalb der größeren Städte haperte es noch mit der Auszeichnung des Pilgerweges.
Felipe, Sabine, Hedwig | Am Ende der Straße erreicht man die querende Villafranca del Bierzo (aber Vorsicht: die heißt abschnittsweise auch anders) und kommt auf ihr links zur Plaza de España und dem Rathaus, dessen rote Kuppeln die Stadt überragen. In der Oficina de Turismo ein selten dämliches Weib, das absolut nichts hatte, nicht einmal einen Stadtplan. Auch Felipe, der mit Sabine dazukam, richtete nichts aus. (Irgendwoher, evtl. aus der Herberge, habe ich wenigstens noch eine Übersicht über die Stadt bekommen, aber mit nur wenigen Straßennamen.) |
Zwei junge Pilger, Marta und Alejandro, doktern an ihren Füßen herum. Besonders Alejandro hat's schlimm erwischt. Ich kann's nicht mit ansehen, biete nachdrücklich mein "Wunderpflaster" an. Sie akzeptieren. Jetzt habe ich das Kommando. Weg mit den unnützen Compeed-Streifen, die schon übereinander geklebt, aber doch verrutscht sind. Eine Blase schaut darunter hervor. Marta sticht Alejandro mit einer abgeflämmten Nadel in die Blasen und drückt sie aus. Er nimmt's sehr tapfer hin. Dann klebe ich großflächig mein Wunderpflaster (Elastoplast) darauf. Sie können gar nicht glauben, dass das tagelang helfen soll und auch nicht beim Duschen abgeht. Ich prophezeie dem jungen Mann, dass er morgen wieder laufen kann, als sei nichts gewesen. Ohne Schmerzen. Sie glauben es nicht, hoffen es aber. |
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Gegen 20h30 wieder in die Stadt zu dem ausgemachten Restaurant. Dort riss der Wirt die Augen auf: Wir wollten schon was zu essen haben? Nicht vor 21h45, sie wären knapp an Bediensteten. - Das kam nicht in Frage, viel zu spät. Also im Galopp zur Av. de Rosalia de Castro zurück und gerade vor Geschäftsschluss noch was zum Abendessen eingekauft. Auf dem Rückweg regnet es heftig. - In der Herberge gibt's dann eine Suppe und ein Fertiggericht. Meine Frau hat Mühe, bei der vielen Konkurrenz der Kochenden einen Topf und eine freie Herdplatte zu erwischen. Aber es geht. - Der "Schleicher" schleicht weiter herum, sagt keinen Ton, guckt nur überall. Was will der? Felipe und ein paar andere sprechen ihn an. Ob er Hunger hat? Ob er ein Bett will? (Es ist jetzt nahezu alles belegt.) Nein, will er alles nicht. - Nachts liegt er doch in einem Bett, weil ein Radfahrer lieber bei seinem Fahrrad im Vorraum schläft. So sehr müssen die Radfahrer in Spanien befürchten, dass man ihnen ihr Stahlross klaut! (Die Radfahrpilger nahmen auch anderenorts die Räder möglichst mit in die Herbergen, war mir schon aufgefallen.)
Abends sitzen wir zu viert (Felipe, Sabine, meine Frau und ich) vor der Herberge auf dem Rasen, klönen auf Deutsch und sprechen reichlich dem Rotwein zu. Felipe ist ein Veteran des Pilgerweges, trotz seines Alters (älter als wir) praktisch dauernd unterwegs. Sein Gepäck zieht er auf einem kleinen zweirädrigen Karren hinter sich her. Muss bei manchen schmalen Fußpfaden und in matschigem Gelände sehr mühsam sein.
Pilgertratsch: Hinter uns kommt eine Gruppe von 40-45 Pilgern aus Kantabrien. Sie laufen demonstrativ den Pilgerweg, um die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass viele Wege in Kantabrien und Asturien in unmöglichem Zustand sind. Können wir nur unterstreichen. Wir hatten von ihnen schon Tage vorher gehört (in Almuña?) und auch in einer Zeitung gelesen, dass sie vom Bischof von Oviedo empfangen worden sind. Sie waren zuerst etwa 5 Tage hinter uns, holen inzwischen aber wegen unserer kurzen Etappen langsam auf. Mit Felipe sprechen wir erstmalig mit jemanden, der die Gruppe schon kennen gelernt hat. Er ist ihnen davongelaufen, denn parallel zu ihnen muss man immer befürchten, Schwierigkeiten mit der Übernachtung zu haben. Zurzeit sind sie noch 2 Tage hinter uns. Ich kann mir ausrechnen, dass sie uns einholen werden. Wir haben mit Lourenzá - Mondoñedo noch einmal eine Kurzetappe, wo sie 1 Tag näherrücken werden, und da für diese Gruppe eine Übernachtung in Miraz nicht in Betracht kommt (das Pfarrhaus ist zu klein), werden sie voraussichtlich eine Doppeletappe bis Sobrado dos Monxes laufen und uns damit einholen. - Na, aber an dem Tag haben wir einen gehörigen Vorsprung und sollten wesentlich eher da sein ...
Felipe hört, welche kurzen Etappen wir die letzten Tage gelaufen sind, und unterschätzt uns deshalb total. Nein, die nächste Etappe nach Lourenzá schafften wir "10-km-Pilger" niemals. Es seien über 40 Kilometer, aber (er zwinkert vertraulich) er kenne eine Schule, 25 km entfernt, wo wir uns bei der Betreuerin, seiner Bekannten, melden sollten. Mit einem schönen Gruß von ihm könnten wir da auf gut halber Strecke unterkommen. Meinen zaghaften Einwand, dass nach den Angaben auf dem Schwarzen Brett des Refugios Lourenzá nur 28 km entfernt sei, wischt er beiseite. (Auch 28 km traut er uns nicht zu, will uns davor bewahren, unterwegs zusammenzubrechen.) Gut, es könnte sein, dass die offiziellen Kilometerangaben mal wieder zu niedrig angesetzt sind. Trotzdem, meine Frau und ich schauen uns in wortlosem Einverständnis an: Das Thema fallen lassen, aber wir gehen morgen nach Lourenzá. Felipe weiß ja nicht, was für Mammutetappen wir schon gelaufen sind, und zurzeit sind wir ausgeruht, bei bester Gesundheit und vollen Kräften. Nur, wie schwierig das Gelände sein wird, das wissen wir nicht, und unser Kartenmaterial ist sehr dürftig. (R.W. ist ja, wie gesagt, diesen Abschnitt nicht gegangen, sondern hat den Abzweig vor Ribadeo benutzt.) In der Herberge hängt die Route durch die Stadt aus, und ich zeichne sie mir in meinen Übersichtsplan. So werden wir den Weg wohl anderntags finden.
8h05 (0.00) los, zuerst den schon beschriebenen Weg in die Innenstadt. Also, am Hafen entlang, an der Kapelle vorbei (Morgengebet), dann an der Kreuzung wie gestern die Av. de L. Calvo Sotelo halbrechts hoch. Aber an der großen Querstraße diesmal nicht links in Richtung Rathaus, sondern eine Kreuzung weit nach rechts, wo rechts auch die Av. de Rosalia de Castro rauskommt. An dieser Kreuzung links in die Ramón González. Immer geradeaus (Rua da Pega) bis zur T-Kreuzung. Dort rechts in die Rua San Lazar, die auf meiner Übersichtskarte mit Diputación beschriftet ist. Etwas merkwürdig. Nach 100 m links eine Kapelle. Kurz darauf der erste gelbe Pfeil geradeaus. (8h32, 0.27) Nach weiteren 50 m Pfeil und Muschelstein (ca. 194 km bis Santiago) links ab.
Notunterkunft in Gondán | 14h21 (5.21) haben wir das weiße Gebäude erreicht: "Refugio Gondán-Barreiros" steht in großen Lettern am Giebel. Innen sind Tische und Bänke, ebenfalls in einem Nebengebäude, aber keine Betten oder Matratzen. Duschen und Toiletten abseits hinter dem Haupthaus. Sicher nur kaltes Wasser. - Nun, bis hierhin haben wir knapp 20 km gebraucht. Laut unseren dürftigen Unterlagen sind wir aber schon weit in Richtung Lourenzá. Kein Gedanke, nicht weiterzulaufen, denn wir sind noch voll bei Kräften. (Später erzählt uns Johanna, dass sie hier übernachtet hat. Es sei ganz gut gewesen - wohl doch Matratzen - nur so einsam, denn sie war allein. - Das fände ich für eine Frau doch gefährlich.) |
Man überquert, parallel zur Straße, eine alte und schöne Brücke und geht dann auf den Ortskern zu. Achtung: Zum Schluss schwenkt die Straße in der Altstadt rechtwinklig nach links, direkt auf Kirche- und Klosteranlage zu, die vor einem auftauchen. Hier sagten uns die Gaffer nicht, dass wir geradeaus gehen mussten, also nicht der Kurve nach links folgen, sondern zwischen einem Schuhgeschäft und einer Bank die Straße rein.
Bei der T-Kreuzung am Ende geht der Pilgerweg geradeaus einen Fußweg hoch. Zur Herberge jedoch rechts ab. Man passiert links ein "Restaurant" (von ihm blieb nur die Inschrift), und etwas weiter liegt links die Herberge, ein unübersehbares knallgelbes Gebäude mit einem schönen, mit Bögen versehenen Vorbau. Die Herberge ist relativ neu (erbaut 1998) und in sehr gutem Zustand. 16h36 (7.18) sind wir da, eine gute Leistung, aber bei den gut ausgeschilderten und leicht begehbaren Wegen von Galicien kein Wunder. Ein Hoch auf Galicien! | Herberge von Lourenzá |
Felipe begrüßt uns leicht erstaunt. Haben wir es also doch geschafft! Auf seine übertriebenen Kilometerangaben angesprochen, meint er: Nun, er sei in Galicien zu Hause, und da achte er nicht auf Entfernungen, habe sie nur nach Gefühl eingeschätzt. - Nun ja, aber nur gut, dass er uns keine Angst einjagen konnte.
Kloster und Kirche in der Altstadt sind nur zu "Unpilgerzeiten" geöffnet, meine Frau muss also auf eine Besichtigung verzichten. Mich betrübt etwas, dass das ganze Kloster nur Museum ist, keine Mönche mehr da. Unweit finden wir an der Hauptdurchgangsstraße Geschäfte zum Einkaufen. Da die Herbergsküche Teller und Besteck hat (eine Seltenheit), möchte meine Frau kochen. Wer wird ihr da in den Arm fallen? - Wir erleben noch einen ruhigen Abend und eine ruhige Nacht. Unsere Tür lässt sich nicht abschließen; deshalb hänge ich unsere Edelstahltassen mit den Löffeln drin an die Klinke. Da der Fußboden aus Naturstein besteht, löst jeder, der die Klinke runterdrückt, einen Höllenlärm aus. Ich weiß halt gerne nachts, ob jemand unser Zimmer betritt, und wenn es Pilgernachzügler sind!
Nachtrag von September 2004:
In Mondoñedo soll eine neue Herberge gebaut werden. Fast möchte ich
"schade" sagen. Sie wird nicht so weit aus der Stadt heraus liegen, in derselben
Richtung wie die bisherige Herberge, etwa den halben Weg (also doch immerhin
etwa 1 km vom Zentrum), an einem Platz mit einem Denkmal; an beides erinnere ich mich
dunkel.
Pause am Brunnen | Eine kleine Asphaltstraße läuft durch eine große Gärtnerei auf einige sehr verfallene Häuser zu. Hier toben Hunde in Zwingern. (10h32, 1.17) Geradeaus die Kapelle San Pedro. Kein Zeichen, aber ein Mann weist nach links. 80 m weiter links ein Brunnen mit Steinbänken. Dort 10h38 (1.23) Milchpause bis 10h45. (Die Hunde sehen uns noch und toben weiter. Mir soll's recht sein.) Gegenüber grasen anmutige Ziegen am steilen Hang. Ein Stück weiter kommt man gleich unter mehreren Hórreos durch. Dann rechts die Kapelle San Paio. Rechts unten voraus kommt Mondoñedo in Sicht. |
Dort hält bei unserem Kommen ein strammer Polizist Wache. Ich spreche ihn höflich an. Er lädt uns gleich in die Wache ein, stempelt unsere Ausweise und gibt uns den Herbergsschlüssel. (Wir sind also die ersten, die eingetroffen sind.) Freundlich erklärt er uns, dass wir am Morgen den Schlüssel in die Wache zurückbringen sollen. Ich verspreche es.
Der Weg zur Herberge führt zum Rathausplatz zurück, dann nicht nach links, wo wir hergekommen sind, sondern nach rechts bis zur nächsten T-Kreuzung. Dort links in die Rúa Sarmiento, später Av. das San Lucas und immer geradeaus, fast 2 km lang. Dabei kommt erst rechts ein Supermarkt, dann eine Kirche, ebenfalls rechts. Links Bares. Endlich kommt die N-634 von rechts dazu, und man folgt ihr geradeaus. Hinter dem Ortsendeschild ist die Herberge das zweite Haus rechts, ein altes, weißes Bauernhaus, angebauter Hof mit hohen Mauern. Es ist schon ein rechtes Stück Weges.
Nun kommt eine blöde Szene. Der Schlüssel öffnet nicht. Ich murkse herum. Auf einmal bewegt sich etwas im Haus. Jemand versucht die Tür, von innen zu öffnen, aber es gelingt ihm nicht. Man ruft mir unterdrückt etwas auf Spanisch zu, ich verstehe nichts. Dann, verständlich, ich solle den Schlüssel durch einen Spalt zwischen oberer und unterer Hälfte der Tür hindurchwerfen. Ich zögere. Den Schlüssel hat mir die Polizei gegeben, ohne zu sagen, dass schon welche da sind. Vielleicht sind das irgendwelche Gauner, die sich eingeschlichen haben. Ohne Schlüssel, für den ich verantwortlich bin, stehe ich dann doppelt dumm da. Man redet mir gut zu. Meine Frau zuckt mit den Schultern. Also werfe ich den Schlüssel rein, und nach 1 Minute öffnet sich die Tür. Es ist ein junges Pilgerpaar, das wir von Ribadeo her schon kennen. Sie sind mit dem Fahrrad unterwegs und haben hier nur Pause gemacht. Erleichterung! - Warum ging die Tür mit dem Schlüssel nicht auf? Nun, Künstlerpech: Erstens war die Tür gar nicht verschlossen, nur zugezogen, und zweitens öffnete der Schlüssel linksherum und nicht rechtsherum, wie gewohnt. (Das muss einem doch gesagt werden!) Ich hatte deshalb die offene Tür abgeschlossen, so dass sie auch von innen nicht mehr mit Zurückziehen des Schubriegels geöffnet werden konnte.
Nach und nach treffen weitere Pilger ein, bekannte wie Javier, Marta und Alejandro, und unbekannte, darunter Johanna, eine lebhafte, attraktive Studentin. Sie wohnt in Madrid, kommt aus Kolumbien und ist deutscher Abstammung, kann auch noch gut Deutsch. Sie ist allein unterwegs, scheint vor nichts Angst zu haben. Ein Polizist fährt vor, schaut nach dem Rechten und sagt, ich könne den Schlüssel ruhig auf dem Tisch in der Diele liegen lassen (die Haustür konnte man wohl von außen zuziehen). Wir verabreden mit Javier, Johanna, Marta und Alejandro, gemeinsam etwas einzukaufen und dann abends hier groß zu kochen und zu essen. Wer Spanien kennt, weiß, dass sowas (aus deutscher Sicht) in großem Chaos endet. Wir gehen getrennt in die Stadt. Ein mittelalter Pilger, schlank, sportlich, aber mit kurzen grauen Haaren, kommt mir halben Wegs entgegen. Ich rede ihn an, weise in Richtung Herberge. Das war Javi, den wir einige Tage lang wiedersehen werden.
Wir haben uns mit den anderen verabredet, wann wir uns am Domplatz treffen. Tatsächlich sind irgendwann endlich alle da. Was sollen wir einkaufen? Jugendliche Unschlüssigkeit. Niemand weiß es. Erst einmal in die nächste Bar, einen Kaffee trinken. (Ich bezahle heimlich für alle, weil ich den Vorschlag gemacht habe. So gehört es sich in Spanien. Das trägt mir Anerkennung ein, als man es beim Aufbruch bemerkt.) Ohne klare Verabredung zerstreuen wir uns und kaufen ein. Leider kein Grillfleisch zu bekommen, und wir haben so ein schönes Herdfeuer in der Herberge. Wenigstens gibt es Fisch. | Kathedrale von Mondoñedo |
So hätt' man's immer gern ... | Auf dem Rückweg sehe ich einen jungen Mann die Kathedrale verlassen. Oha, noch ein Pilger. Es ist Marcos, mit dem wir gut Freund werden. Es ist schön, dass die jungen Leute mit uns Älteren überhaupt keine Probleme haben. Javi will beim Abendessen dabei sein und stürzt zum Einkaufen davon. Am Ende sind wir etwa acht Leute, und jeder packt was auf den Tisch. Das kriegen wir niemals auf! Es gibt mindestens vier Gänge, nach dem zweiten bin ich schon pumpsatt. Dazwischen immer wieder reichlich Wein, obwohl ich mit Bier angefangen habe. Die Stimmung ist super, ich könnte hier versacken, möchte das aber nicht. |
Aber jetzt sind sie offensichtlich mit dem Auto unterwegs und machen alles andere als pilgern. Die Spanier sind verlegen. Sie wollen nicht zustimmen, aber man geht ja bekanntlich in Spanien jedem Konflikt gern aus dem Weg. Als sie noch unschlüssig einander ansehen und mit den Köpfen wackeln, saust ein mittelgroßer Hund ins Zimmer und inspiziert unsere wohlgedeckte Tafel. - "... und ein liebes Hündchen", meint Blondi. - Der Hund verschwindet in den Schlafzimmern. Das ist den Spaniern doch zu viel. "Nein, kommt nicht in Frage." "Den Hund raus" klingt es durcheinander. Die beiden Schnorrer (denn nichts anderes waren sie) flink ins Haus und den Hund ins Auto gesperrt. Ebenso flink in das größere Schlafzimmer links und sind schon zur Dusche, ehe die anderen Papp sagen können. (Na, wenigstens sind sie nicht zu uns ins Zimmer gekommen, das haben die andern noch verhindert.) Hat man Töne? Kurz darauf fragen sie, wo der Schlüssel ist. Ja, das fehlte noch! Gerade will einer antworten, dass ich den Schlüssel habe, als ich mit "policía" dazwischenfahre. Absichtlich nur dieses eine Wort. Zum einen soll es die Gauner etwas erschrecken, und zum andern erinnert es meine Mitpilger daran, dass ich den Schlüssel von der Polizei bekommen habe. Also bedauert man allgemein, und ich kann kein Spanisch mehr. - Mir ist klar, dass die beiden den Schlüssel haben wollen, um sich morgen hier ungestört loslassen zu können. Aber das will ich ihnen versalzen. (Es könnten übrigens Vater und Tochter sein, aber die Blondine sieht eher wie eine Dänin als wie eine Spanierin aus.) - Man muss den Schnorrern eines lassen: Sie verhielten sich unauffällig und passten sich an. Das Auto war alt. Meine Frau meinte, sie hätten einfach kein Geld. So kam ich ohne zu viel an Alkohol ins Bett, und die Nacht verlief ruhig, trotz der N-634 vor dem Haus. Dieses lag, im Gegensatz zu der Herberge von Piñera, doch etwas von der Straße weg, und außerdem waren die Schlafzimmer nach hinten raus. Das half schon gegen den Lärm.
Auf dem Tisch in der Küche verblieb einiges an Vorräten, darunter ein nicht angebrochenes Literpack Wein. Das will viel besagen! ;-)
Die ersten ziehen los. Überraschung: Marcos geht auf meine Frau und mich zu und sagt einfach nur: "Ich gehe jetzt mit euch." Gestern Abend hat er neben mir gesessen und allerhand gefragt und erzählt. Ich wollte nicht, dass er ins Englisch fiel, was er auch nicht besser konnte als ich Spanisch, und riss mich sprachlich zusammen. Offensichtlich fand er uns zwei Alten sympathisch. Uns kam er (25 Jahre alt) wie unser jüngster Sohn vor, und mit einem unserer Neffen hatte er große Ähnlichkeit. Insgesamt war es ein netter junger Mann. Das einzige, was mich störte, war sein häufiges "Fuck!". Er kam übrigens aus La Coruña und war (als Galicier) also praktisch zu Hause ... Als wir stutzten, denn eine Begleitung ist nicht üblich und meistens auch nicht erwünscht, fragte er doch noch: "Es ist euch doch recht, oder?" |
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Zunächst in die Stadt. Ich hatte mir überlegt, den Schlüssel entgegen der Empfehlung der Polizei zurückzubringen und das damit zu erklären, dass sich in der Herberge zwei nicht ganz koschere "Pilger" herumtreiben. Außerdem wollen wir auf dem Pilgerweg weiter, und der geht, wie schon erwähnt, ab dem Platz vor der Kathedrale los.
Zu spät fiel mir ein, dass Samstag war. Die Polizeiwache ist geschlossen, als wir gegen 8h40 dort auftauchen. Marcos telefoniert etwas rum, erreicht aber niemanden, dem man den Schlüssel geben könnte. Das Oficina de Turismo ist natürlich auch geschlossen, das Rathaus ebenfalls. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als den Schlüssel zur Herberge zurückzubringen. Marcos und meine Frau bleiben mit dem Gepäck am Rathausplatz. Ich stiefele los, natürlich ziemlich sauer. Unterwegs kommen mir die letzten Mitpilger entgegen; jedem muss ich erklären, warum ich zurücklaufe. Das hebt meine Stimmung keineswegs. - An der Herberge angekommen sind die Schnorrer verschwunden, wenigstens das! Ich lasse den Schlüssel auf dem Tisch und ziehe die Tür hinter mir zu. (Vorher habe ich der Versuchung widerstanden, die Tüte Rotwein mitzunehmen, die immer noch auf dem Tisch in der Küche stand. 1 Liter = 1 kg, das gab den Ausschlag.)
Am Rathaus zurück, erzählten mir die anderen, dass die Polizei um 9 Uhr gekommen und jetzt zur Herberge unterwegs sei. Klar, haben sie nicht verstanden, warum ich nicht ihrer Empfehlung gefolgt war. Der Beamte hatte am Vortag auch vergessen, dass heute Samstag war, deshalb die veränderte Anweisung. - Naja, was soll's? 9h46 (0.20) also endlich los.
Fonte Vella in Mondoñedo | Von der Kathedrale aus geht man zur Fonte Vella, einem uralten Brunnen. (Wenn man vor der Kathedrale steht, geht es nach rechts dorthin.) Am Brunnen nach rechts weiter und dann die nächste Straße links hoch (Muschelkachel am Haus). |
"Sag mal, kommt sowas in Deutschland auch vor?" fragt Marcos mich. Ich lache mich immer noch kaputt. "Doch, doch," beruhige ich ihn, "frag nie einen Einheimischen, und wenn ausnahmsweise mal doch, dann die richtige Frage." Es ist schon nicht zu fassen, dass die Frauen nicht wissen, dass hier der Pilgerweg vorbeiführt. Läuft denn sonst immer alles die N-634?
Ruckzuck, sind wir den Hohlweg hoch und haben von oben durch einen Zaun einen sehr schönen Blick auf die Stadt. 100 m weiter oben ein paar Bauernhöfe: San Cayetano, noch in Reichweite der Stadt. Man erreicht eine Asphaltstraße und folgt ihr nach links, viele Kilometer lang. Diese Straße führt parallel zur N-634 (links von ihr) durch ein atemberaubend schönes Tal. Deshalb ist dieser Weg unbedingt zu empfehlen. Auch wenn man sich bei einer Übernachtung in der Herberge damit ca. 4 km Umweg einhandelt. Es kommt im ganzen weiteren Verlauf des Pilgerwegs nur noch ein ähnlich schönes Teilstück, nämlich zwischen Baamonde und Miraz. Da man sich nicht verlaufen kann, enden nun vorerst die Skizzen auf meinem Informationsblatt, und es sind nur die Orte genannt, die man passiert. Ich halte es hiermit genauso. Also:
(10h05,0.39) Barbeitas, (10h23, 0.57) Maariz, Brunnen bei km 155,8. (10h43, 1.17) Paadin, (10h56, 1.30) Casabella, (10h59, 1.33, 153,3) Pacios. - Tief unten fließt links ein Fluss, der das Tal ins Gebirge gesägt hat. Links begleiten einen Schroffen, die dabei entstanden sind. Alles ist grün und üppig, die kleinen Dörfer liegen halb versteckt, sie stören kaum. (11h20, 1.54, 151,7) sind wir am Friedhof von San Vicente, das für uns unsichtbar, hoch über uns an der N-634 liegt. (Hier ist R.W. von oben dazugekommen.)
Marcos ist gut mit uns ausgekommen. Er drängt sich nicht auf, läuft oft weit voraus, wartet dann, bis wir wieder aufgeholt haben. Am Friedhof treffen wir auf Javier und Javi. Später kommen vier weitere Pilger, die wir noch nicht kennen, drei Männer und ein Junge. 11h35 weiter. (11h50, 2.09) Ortsschild Lousada. In Höhe des Ortes Brunnen oberhalb der Straße rechts. Dann kommt ein großer Schwenk nach unten, den wir trotzdem gehen. (R.W. hatte darauf verzichtet, denn man weiß genau, dass man alles, was man da hinuntergeht, am Ende zum Pass wieder hinauf muss.) (12h08, 2.27, 146,4) also links ab. An einer ehemaligen Marmorfabrik vorbei. (12h34, 2.53) geht es wie erwartet, rechts herum und sehr steil hinauf zum Pass. Ich bleibe ein-zweimal keuchend stehen. Das ist wirklich ein Hammer. Nach meinem Notizbuch waren es ganze 4 Minuten, aber sie sind mir sehr lange vorgekommen.
(12h38, 2.57) Eine Kirche, San Cosme de la Montaña, inmitten einer grünen Hochfläche, daneben ein Brunnen. Die übrigen sechs Pilger sind schon da und erfrischen sich. Marcos macht seine Lockerungsübungen, Tai Chi, oder wie das heißt. Die anderen grinsen. Na, das ist doch seine Sache und sicher ganz nützlich. - Mittagspause bis 13h28. Die anderen sind längst weitergezogen. (Die drei Männer und den Jungen sahen wir nicht wieder, die hatten ein sagenhaftes Tempo drauf.) Ich liege wie betäubt im Gras, schlafe etwas, komme gar nicht wieder hoch. Sind wir zu schnell gelaufen? Habe ich das Tempo verschärft, um mit Marcos mitzuhalten? Aber 3 Stunden für schätzungsweise 10 km sind doch nichts Besonderes. Dieses Tal war wohl atemberaubender, als ich dachte, haha. |
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(13h44, 3.13, 146,4) Überqueren der N-634. (14h15, 3.44) Ortsschild Gontán. (14h28, 3.57, 142,9) Ein Ort kommt unten unten in Sicht; ich denke, es ist Abadín, aber es ist noch Gontán. (14h31, 4.00) erreichen wir am Ortseingang die Café-Bar Casa Requeira. Javier und Javi sind auch dort. Wir machen eine Cola-Pause. Ich dachte, dass es die Bar sei, wo R.W. eingekehrt ist und wo es den Schlüssel gibt, aber wir sind ja noch gar nicht in Abadín. Das ist noch ein ganzes Stück weiter an der N-634. Und ein Refugio ist leider auch noch nicht gebaut oder eingerichtet, wir müssen immer noch in die Turnhalle, die bei R.W. ziemlich schlecht weggekommen ist. 14h43 weiter. Ich trotte nur hinter den anderen her, brauche mich ja um nichts zu kümmern. Außerdem fühle ich mich immer noch ziemlich kraftlos, und es ist verdammt heiß.
Am Dorfplatz (der liegt links) vorbei halbrechts über einen weiteren Platz (links ein Brunnen) zur alten N-634 hoch (schöne rote Straßenlaternen). Dann zur neuen N-634 (rechts halten) hoch. Oben auf ihr nach rechts. 14h56 (4.10) Ortsschild Abadín. Supermärkte rechts. Die N-634 entlang, bis links ein Schild Zona de Deportivos auftaucht. (Ich übersetze zynisch: "Ghetto der Verschleppten", das sind die Pilger ;-)) - An einem Laternenpfahl hängt ein Zettel: Marta und Alejandro lassen uns grüßen. Sie sind gleich bis Villalba weitergezogen. - Ja, das Wunderpflaster, mit dem ich Alejandros Blasen kuriert habe, hat seinem Namen wieder alle Ehre gemacht.
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Links an der Ecke das Restaurant Niza, wo R.W. gegessen hat, rechts die von ihm beschriebene Bar, wo's den Schlüssel gibt. Mit Kramladen, was sonntags mal wichtig sein kann! - Man hat angeblich keinen Stempel. (Und das in einer Bar, die den Schlüssel fürs Refugio hat! Das ist selten.) Aber die Sporthalle sei geöffnet. - Diese Seitenstraße also ganz hoch. Links in einem trostlosen kleinen Hof ohne jedes Fitzelchen Grün zwei arme Strauße, die vor Verzweiflung am Stacheldraht nagen. Außerdem eine Apotheke, wo man uns später bereitwillig die Stempel in die Credenciales drückt. - Man erreicht geradeaus ein Gesundheitszentrum (rechts daneben Kinderspielplatz und Rasen zum Liegen, an der Sporthalle gibt's nämlich nichts). Den Komplex links herum umgehen, dahinter ist die Sporthalle. Der Eingang ist etwas versteckt, links um einen Betonvorbau herum. 15h05 (4.19) sind wir angekommen. |
Rings um die Turnhalle keine Möglichkeit, sich auf der Isomatte niederzulassen. Als Tipp habe ich nur den erwähnten Kinderspielplatz. - Vorne neben dem Eingang gibt es eine Theke und dabei ein Waschbecken. Das kann man zum Wäschewaschen benutzen. Aber Wäscheleinen gibt es gar nicht; wir sind froh, dass wir eine eigene mit haben.
Marcos macht es sich ebenfalls in einem separaten Raum "bequem". Der Arme hat nicht mal eine Isomatte mit, sammelt Pappkartons als Unterlage. Javi und Johanna haben sich zusammengetan, erklären, lieber draußen übernachten zu wollen und ziehen ab. Einer von den beiden hat ein kleines Zelt mit.
Ich bin unruhig, fühle mich unwohl, nicht nur wegen der ungemütlichen Halle. Etwa 20h30 frage ich im Restaurant Niza, ob es was zu essen gibt. Vor 22h00 nicht. Die spinnen wirklich. Wir holen was aus dem Supermarkt. Ich bin sauer und grantig, nörgele rum. Eigentlich habe ich nämlich gar keinen Hunger, und was da in meinem Innern so grummelt und kneift, ist nicht der Magen, sondern der Darm. Ich habe Angst, wieder eine Darmgrippe zu bekommen. Die Symptome sind eigentlich da: Erschöpfung, kein Appetit, erste Koliken. Ein Gang zur Toilette bringt Gewissheit: Mich hat's mal wieder erwischt. Sch...! Diesmal nehme ich gleich eine Anti-Durchfall-Tablette, will nicht wie vor zwei Jahren tagelang dauernd in die Büsche.
Das Lager auf der Isomatte ist hart, besonders an Hüfte und Schulter, wenn ich auf der Seite liege. Tipp: Sämtliche Kleidung noch als Polster verwenden, obwohl die dann natürlich schlimm zerknittert. - Irgendwann muss ich nachts noch einmal raus, aber wenigstens nicht dauernd. Man wird ja so bescheiden ...
8h45 ziehen wir langsam los. Meine Frau hat sich unsere gesamten Vorräte aufgeladen, um mich zu entlasten. Ich spüre das deutlich, sie sicher auch. Ich bin ihr sehr dankbar. Für die heutige Strecke habe ich eine Kartenkopie aus einem spanischen Pilgerführer von R.W. bekommen.
Von der N-634 geht es an der Bank rechts, an der Post sofort wieder links, dann parallel zur N-634, rechts von ihr entlang. Außerhalb der Stadt kommen wir in eine sehr schöne Landschaft. Stundenlang liegt rechts von uns eine malerische Bergkette. Obwohl mir schlecht ist, schaue ich immer wieder bewundernd umher. Ein Riesenglück, dass es nicht mehr auf und ab geht. | Herrliches Bergpanorama in der Morgensonne |
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Es geht nun links der N-634 weiter. (11h35, 2.07) Eine große mittelalterliche Brücke, aufs Feinste (aus EU-Mitteln) renoviert. Wir haben ca. 9 km hinter uns, schon die Hälfte geschafft. Ich bin froh, dass ich laufen kann. Einmal muss ich mich Hals-über-Kopf auf eine Wieseneinfahrt hocken, obwohl meine Frau ruft, dass ein Bauer naht. Marcos kann ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Ja, wer den Schaden hat... Es folgen wieder schöne Wiesen- und Waldwege. Hinter einer kleinen Furt ist eine grasbestandene Kreuzung. Mittagspause von 12h05 bis 13h27 (2.37). Wir liegen zum Schluss auf unseren Isomatten (Marcos auf dem nackten Gras) und schlafen richtig. Fast kann ich Javi und Johanna verstehen, was für ein Unterschied zu dieser dumpfen harten Turnhalle! Danach ist Marcos bester Laune, findet es ganz toll, mit uns beiden herumzuziehen. |
14h17 (3.27) gelangen wir zum Dorf Santiago de Goiriz, das auch
R.W. wegen seinem Friedhof mit den auffallenden Grabspitzen erwähnt.
Aufpassen: Hinter Goiriz auf einer Wiese könnte ein Draht, der gefährlich dicht am Boden ist, zu Fall bringen. |
Der Friedhof in Goiriz |
Erschrocken springen Marcos und ich hin, und wir hieven sie hoch. Sie sieht furchtbar aus, alles schlammverkrustet. Aber: Gottlob hat sie sonst nichts abgekriegt. Wäre sie auf einen Stein gefallen, hätte sie sich leicht was brechen können. (Später schreibt mir eine Pilgerin, dass sie ebenfalls dort gestürzt ist.) Auch mischt sich nur 2 m weiter Jauche in den Matsch; wenigstens ist ihr das erspart geblieben. Rechts steht eine Viehtränke, an der sich meine Frau notdürftig säubert. "Kann man ja alles waschen!" Ja, sie ist nicht tot zu kriegen. Ich spüle ihren Wanderstab ab, möchte irgendwie nützlich sein. Dann hat sie den Schrecken überwunden.
Ca. 20 Minuten später erreichen wir die Vorgeplänkel von Villalba, Betonstraßen, dann Industrie. Die N-634 biegt in einem riesigen Linksbogen ab. Wir laufen die alte Strecke geradeaus in Richtung Stadt.
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Die Herberge von VillalbaRechts kommt ein würfelförmiges schwarzes Gebäude in Sicht. Davor ein Denkmal mit der Pilger-Mickymaus: es ist die Herberge, zugleich das Zentrum der Straßenwacht. Ich hatte mir ein altes, wenn es hoch kam, renoviertes Gebäude vorgestellt, mit einem Matratzenlager unterm Dach. O nein, ganz falsch. Ein fast futuristisches Gebäude, erst 2000 neu errichtet, mit allen Schikanen. Den Schlüssel muss man nicht in der Stadt holen, wie ich bei den Vorbereitungen befürchtet hatte. Die Straßenwacht ist rund um die Uhr besetzt; im Empfang sitzt immer jemand am Nottelefon. Auch schaut regelmäßig Polizei herein (zu den Pilgern sehr freundlich). Und "klein" ist die Herberge auch nicht: 44 Betten (+ etwa 8 Reserve). Sogar zwei getrennte Schlafsäle, (für mich leider) im 2. Stock. Natürlich blieben meine Frau und ich trotzdem zusammen und zogen in den Schlafsaal der Frauen. |
Jenseits der Kreuzung - in Richtung Stadt - eine Bar mit Grill. (Wir sind dort aber nicht eingekehrt, wie man sich denken kann.) - Supermarkt am Stadtrand. Am schnellsten läuft man einfach die Straße entlang. Die verläuft schnurgerade, und man merkt, dass es 2 km sind. Na, das Hin und Zurück zum Einkaufen schaffte ich gerade noch.
Abends wusste niemand, wie man das Licht löschen konnte. Erst die Aufsicht unten, ein junges Mädchen, zeigte uns einen Sicherungskasten. Normale Lichtschalter gab's nicht. - Nachts musste ich trotz der Tabletten gegen 2h30 dringend raus. Man glaubt es nicht, aber um diese Zeit trafen noch Radfahrer ein. Andererseits zogen die ersten Knistertüten schon wieder vor 6 Uhr los, ich kam nicht zur Ruhe. Schrecklich müde und immer schwächer.
Frühstück und Beratung mit dem ebenfalls geschockten Marcos. "Ich muss zum Arzt, wahrscheinlich ins Krankenhaus." murmelte ich. Ich schaute Marcos hilfesuchend an. "Dafür sorge ich", sagte er sofort. "Kannst du laufen?" Ich konnte, wenn auch mühsam. Wir ließen unsere gepackten Rucksäcke zurück, nur Marcos schulterte seinen. Der Aufsicht teilten wir mit, dass wir wegen meiner Krankheit nicht endgültig gingen. Wir wiesen auf die sichtbar abgestellten Rucksäcke, man möchte bitte nicht die Herberge abschließen. Das junge Mädchen versprach es.
Wir liefen in die Stadt. Ich war etwas besser drauf. Laufen, das kannte mein Körper. Etwa 2,5 km zum Gesundheitszentrum und Krankenhaus. Wenn wir jetzt Marcos nicht gehabt hätten, wären wir in große Schwierigkeiten gekommen. Als erstes überzeugte er die Aufnahme, dass ich krank war und sofort einen Arzt für eine Untersuchung brauchte. Als ich meine ADAC-Unterlagen für die Auslandskrankenversicherung vorwies, zuckte die Frau hilflos mit den Schultern. Ohne spanische Versicherungsnummer akzeptierte ihr Computer nichts, ich passte nicht in die Routine. Doch sollten wir zum Untersuchungszimmer 15 gehen.
Dort warteten einige wenige Patienten. Ein Arzt kam aber erst nach einer Viertelstunde, in mittlerem Alter, einen kompetenten Eindruck verbreitend. Eine Hilfskraft erschien und heftete die Liste mit den zu untersuchenden Patienten an. Marcos kontrollierte: Ich war nicht darunter. (Klar, ohne spanische Versicherungsnummer kommt man wahrscheinlich nicht mal unter die Erde.) Als danach ein Patient aus dem Untersuchungszimmer kam und der Arzt den nächsten laut Liste ausrufen wollte, sprang Marcos zu ihm hin und drang in ihn, mich sofort dranzunehmen. Nach einem prüfenden Blick auf mich nickte der Arzt zustimmend mit dem Kopf. Da sprang eine ältere Frau auf und beschwerte sich keifend. Sehr krank war sie wohl nicht, jedenfalls im Vergleich zu mir, der ich wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl hockte. Da ging ein Ruck durch den Arzt. Seine Augen schossen Blitze, als er sie andonnerte: Wenn ihr was nicht passe, solle sie sich anderswo untersuchen lassen, und sie könne ja auch zum Klinikdirektor gehen und sich dort beschweren ...
Mir war's sehr peinlich, und mit schlotternden Knien ging ich in den Untersuchungsraum. Drinnen war der Arzt sofort wieder friedlich und freundlich, entschuldigte sich sogar für den Auftritt draußen.
Das Ergebnis der Untersuchung
war erfreulich: Eine normale Darmgrippe, die, wie er sagte, in der Gegend
grassierte. Mit fiel ein Stein vom Herzen. Aber für das Rezept musste wieder
eine spanische Versicherungsnummer her; Marcos gab dann einfach seine eigene an.
In der Stadt zurück drängten wir Marcos, sich nun endlich auf den Weg zu machen. Noch konnte er zeitlich Baamonde ganz gut erreichen. Zögernd gab er nach. Wir bedankten uns sehr und drückten ihn zum Abschied. Hätte, wie gesagt, einer unserer Söhne sein können ... |
Abschied von Marcos |
Als wir auf dem Rückweg sind, so gegen 14 Uhr: Wer kommt uns da wie immer strahlend entgegen? Der Fotopilger! Er erzählt fröhlich, er käme von Mondoñedo. Damals habe ich das nicht geglaubt, aber wenn er von der Herberge dort die Straße entlang direkt nach hier gelaufen ist: ca. 32 km, naja, bisschen knapp, aber machbar. Hier erwähnt mein Notizbuch die kantabrische Pilgergruppe. Ich weiß nicht mehr, ob der Fotopilger sie nach Abadín hat ziehen sehen. Jedenfalls sind sie nur noch einen Tag hinter uns und werden uns in Sobrado dos Monxes einholen, wie schon geahnt.
In der Herberge ist alles klar. Die Aufsicht weiß Bescheid, dass ich krank bin. Ich ruhe und schlafe ausgiebig, fühle mich nachmittags schon etwas besser. Später kommen zwei Mädchen dazu, die sich einfach in einer anderen Ecke unseres Schlafsaales einrichten. Sie merken, dass ich krank bin. Wir machen einen "Probegang" in die Stadt, um gleichzeitig den Pilgerweg zu erkunden, bis zur jenseitigen Altstadtgrenze, wo die Kennzeichnungen etwas spärlich sind. Auf dem Kirchplatz stoßen wir auf zwei neue Pilger: Jimmy, den Engländer, der von Barcelona aus zu Fuß unterwegs ist, und Carlos aus Bilbao. Erst bin ich sauer, dass Jimmy immer gleich auf Englisch umschaltet, weil ich ihn für einen Spanier halte. Er spricht nämlich auch fließend Spanisch, auch etwas Deutsch und manches andere. Auch Carlos spricht gutes Englisch. Ich versuche aber, so gut es geht, doch mein Spanisch zu verwenden.
Wir gehen zur Kirche hinüber und schauen hinein: Messe. Oh gut, gleich hinein, denn gestern am Sonntag war damit nichts. Wie in Gijón: Wir sind ganze 6 Minuten zu spät, und sie sind schon beim Evangelium...
Jimmy hat seinen Credencial verloren (mit all den schönen Stempeln). Er kennt auch die große kantabrische Pilgergruppe. Evtl. haben die ja seinen Ausweis gefunden. Er will in Villalba bleiben und sie morgen erwarten. Für alle Fälle will er aber auch den Pfarrer bewegen, ihm einen neuen auszustellen. Deshalb lungert er jetzt hier auf dem Kirchplatz rum. Der Pfarrer wird wohl sobald nicht kommen, denn die Gemeinde versammelt sich nach der Messe oft in einem Gemeindesaal ...
Wir merken uns den weiteren Pilgerweg (Beschreibung siehe unten) und gehen die Hauptstraße zurück. Der nächste Pilgerschwung ist eingetroffen, darunter viele Radfahrer. Dass wir die zweite Nacht hier sind, fällt überhaupt nicht auf. Platz ist genug. Nachts wache ich ein paarmal auf und merke, dass ich wieder bei Kräften bin.
Nach einem herzhaften Tee-und-Zwieback-Frühstück ;-) machen wir uns fertig. Ein Auto mit zwei Männern fährt vor. Ich spreche sie an, vermute etwas. Es stimmt: Es sind Quartiermacher der großen kantabrischen Pilgergruppe. Mir war schon klar gewesen, dass die mit Begleitfahrzeugen unterwegs sein mussten. Sonst geht das gar nicht als Gruppe.
8h51 (0.00) auf den Weg. Der Pilgerweg geht in Richtung Stadt, biegt aber an den Strommasten rechts auf eine Piste ab. (Dieser Schwenk lohnt.) Kurz darauf links ab, also parallel zur N-634. Die Piste, später Asphaltweg, kommt kurz vor dem Supermarkt wieder auf die Hauptstraße. Etwas weiter, an der ersten großen Kreuzung, setzt sich der Weg halbrechts versetzt in eine schmale Straße hinein fort. Geradeaus sieht man die Pfarrkirche. (Danach kommt eine Stelle, wo man rechts wenige Schritte zu einem Aussichtspunkt gehen kann. Da war ein kleiner Kläffer angeleint, der sich schäumend so erregte, dass er sich fast mit dem Halsband erwürgte. Ich fragte mich, wie ein Hund so werden kann. Wir waren immerhin mitten auf dem Weg und nicht auf seinem Terrain.)
Die Straße könnte die alte Hauptstraße sein, mit schönen alten Häusern. 9h22 (0.31) erreichten wir wieder den Kirchplatz. Dort ist kein Zeichen. Links liegt der Parador mit einem alten Festungsturm. Man geht versetzt links weiter, also rechts an Turm und Parador vorbei. Zeichen. Am Ende wieder auf die von links kommende N-634. Ungefähr geradeaus über die Kreuzung hinweg sieht an ein großes Pilgerschild, das den weiteren Verlauf anzeigt. (Man kann vom Kirchplatz auch etwa parallel hierhin laufen.)
Mühle hinter Villalba |
Jetzt folgt ein sehr schöner Abschnitt. Die Stadt hat hier entlang des
Flusses ein Erholungsgebiet eingerichtet. Nach einem Hohl-, später Wiesenweg
kommt man zu einer kleinen Straße (9h37, 0.46, 121,0), der man nach rechts
folgt. Wasserwerk. Dann über die Brücke zu einer restaurierten Mühle am Fluss.
Achtung: Hier nicht nach links, den Fluss entlang, der einladenden Promenade folgen. Das hat R.W. gemacht, und dank seinem Fehler bin ich alarmiert und suche umher. Endlich finde ich ein Zeichen: (9h44, 0.53) Es geht nach rechts zur Mühle und vor dieser links hoch. |
Durch eine herrliche Wald- und Wiesenlandschaft erreichen wir 10h10 (1.19) wieder den Fluss, und zwar wie gestern an einer mittelalterlichen Brücke, die man völlig restauriert hat. Auf den Weg achten! Man muss hinter der Brücke zwischen den Gebäuden hindurch. (Schön bemalter Hórreo.) Kurz darauf eine Rechtskurve über einen Bauernhof. Keine bösen Hunde. Der Feldweg verzweigt sich; man bleibt links und muss etwas aufwärts. Sobald man eine Asphaltstraße erreicht hat, geht es rechts versetzt weiter (gut sichtbarer Muschelstein). | Sehenswerter Hórreo vor Alba |
Wie geht's weiter? | 11h09 (2.18) Ortschaft Alba. Bevor wir die Straße erreichen, machen wir an einem kleinen Platz mit schöner Aussicht, vor einem Kreuz Pause. Auf einmal kommen Javi und Johanna daher. Haben die Nacht offensichtlich wieder gut überstanden. Naja, wenn's nicht regnet, ist die freie Natur natürlich am schönsten. Sie laufen weiter. (Von Johanna war es für uns der Abschied. Sie musste anderntags nach Madrid zurück. Wir fanden sie sehr nett und sympathisch.) |
14h53 (4.38) Abzweigung ohne Zeichen. Es geht geradeaus, nicht links in Richtung Fernstraße. Kurz vor der N-634 links, dann (15h01, 4.46, 107,6) die Straße überqueren. Etwas später rechts ein einladender Rastplatz am Bach auf einer Wiese; man muss allerdings etwas "Kuhflair" in Kauf nehmen.
(15h28, 5.13) Zum ersten Mal in diesem Jahr ein frei laufender Schäferhund, der uns nachsetzt, aber ehe die Pfefferspritze in Aktion treten kann, lässt er schon wieder von uns ab. (15h34, 5.19, 105,4) N-634 erreicht und rechts auf ihr weiter. In der Ferne die Autobahnbrücke vor Baamonde, unserem heutigen Ziel. Durch die Unterführung muss man auf jeden Fall, aber der Pilgerweg ziert sich und weicht noch ein paarmal links aus. (15h48, 5.33, 104,4) In Sicht der Autobahnbrücke links ab. Kreuzung an Bauernhöfen: Ein kleines Schild mit "Santiago" (kaum zu sehen) weist nach rechts zur Fernstraße hin. Man hat sie fast erreicht, da geht's noch zweimal nach links, bis man am Straßentunnel rauskommt. (16h05, 5.50)
Tipp: Vor dem Tunnel die Straße überqueren und rechts bleiben. So vermeidet man hinter der Unterführung auf der linken Seite die großflächige Kreuzung einer Autobahnauffahrt, bei der man über einige Leitplanken klettern muss. - Also rechts bleiben, denn es ist gar nicht mehr weit bis zur Herberge, die ebenfalls rechts, direkt an der Straße liegt. Wir hätten sie fast übersehen, obwohl ein Schild auf sie hinweist. (16h11, 5.56) Wir haben unser Ziel erreicht. Nun, die Etappe war sehr leicht. Keine Steigungen, gute Wege. Das schaffte ich auch als Noch-Kranker.
Ein tolles Refugio! Unten drei kleine Schlafzimmer (4, 8 bzw. 6 Betten), oben auf der Galerie noch 44 Zweistockbetten. Duschen und Toiletten im Hof gegenüber. Bänke und Tische. Herdfeuer. Alles sehr gut in Schuss. Nur die Küche ist vernachlässigt, sagt meine Frau. In dem 4-Bett-Zimmer ist ein Bett schon belegt. Jimmy und Carlos gehen in das 8-Bett-Zimmer, wir beziehen das dritte mit den 6 Betten. An der Tür daneben hängt ein Schild: Behindertendusche, bitte nicht benutzen. - Das kennen wir schon, man will natürlich Putzkosten sparen. Wir werden uns dran halten. | Inneres der Herberge von Baamonde |
Uns fällt auf, dass für spanische Verhältnisse ziemlich viel Verbots- und Gebotsschilder rumhängen. Nun, das weiß ich aus mehreren Pilgerberichten, u.a. von R.W.: Hier herrscht "Conchi", die bekannteste Person auf diesem Abschnitt der Nordroute. 17h20, vermerkt mein Notizbuch, taucht Conchi auf, und vorbei ist's mit der Gemütlichkeit. Grauhaarig, etwas kantiges Gesicht, mit Augen, die je nach Situation freundlich oder zornig funkeln. Sie muss etwa in unserem Alter sein, irgendwo in den 50ern. Zurzeit funkeln die Augen zornig. "Wer hat sich in dem rechten Zimmer eingerichtet? Der muss da sofort raus." - Wir sind gemeint. Erst bekomme ich rote Ohren, dann werde ich auch wütend. Was haben wir denn getan? - "Por que?" frage ich grimmig-freundlich. Sie schnappt nach Luft, ihren Anweisungen wird normalerweise ohne Rückfrage Folge geleistet. (Sie wäre im letzten Weltkrieg wahrscheinlich eine sehr tüchtige Feldlazarettleiterin gewesen.)
"Weil - weil das das Behindertenzimmer ist" schwallt sie los. Meine Frau schiebt sich vor: "Das ist gut. Mein Mann ist nämlich krank, sozusagen behindert." Die anderen Pilger nicken bestätigend mit dem Kopf. Ich setze mich prompt auf einen Stuhl. "Nichts da" Sie wird immer wütender. - Ich lenke ein. "Gut, wir ziehen um." Wir holen unsere Sachen und ziehen zu Carlos und Jimmy. Dann lasse ich mich "erschöpft" nieder und zücke mein Notizbuch.
Die beiden Mädchen, die mit uns in Villalba übernachtet haben, sind auch inzwischen da und bestätigen der Hospitalera, dass ich sehr krank gewesen sei. Carlos fügt hinzu, dass ich ein bekannter Pilgerwegspezialist bin, jetzt unterwegs, um im Netz für die deutschen Pilger über den Jakobsweg auf dieser Route zu berichten. Conchi schaut zu mir rüber: Da ist sie ja wohl fein ins Fettnäpfchen gelatscht! Ich weiß, was sie denkt, schaue nur kurz auf und mache dann angelegentlich weitere ausführliche Notizen. Ich spüre direkt auf fünf Meter, wie es in ihr brodelt. Sie weiß genau, dass sie in meinem Bericht schon durchgefallen ist, und knirscht innerlich. Aber zurück kann sie ohne Gesichtsverlust nicht mehr.
Mir ist eingefallen, dass sie mich an eine Bekannte erinnert, und damit kann ich sie mit einem Schlag genau einschätzen. Normalerweise ist sie die Güte und Freundlichkeit selbst, solange sie die Leute dazu bringen kann, alles zu tun, was sie sagt. Aber wehe dem, der sich ihrer "Fürsorge" entziehen will, der Rückfragen wagt oder gar sich weigert, in ein allgemeines Dankbarkeits- und Loblied für sie einzustimmen...
Jemand fragt Conchi, ob wir einen Stempel bekommen können. "Um 7h30!" (fauch) "Und gleich zwei!" (säusel) Hier herrschen geordnete Verhältnisse, und sie tut ja alles für die Pilger!
Die anderen gehen in die Stadt, weil der alte Herr, der uns aufgeschlossen hat, ihnen die örtlichen Sehenswürdigkeiten zeigen will. Ich bin wirklich noch sehr schlapp und lege mich hin. Zwei Minuten später steht Conchi an meinem Krankenbett und säuselt "Gute Besserung", lässt mir den Schlüssel fürs Gittertor da. (Das Haupttor, man ahnt es schon, wird nie benutzt.) Ich nehme den Schlüssel und seufze ein wenig leidend. Dann habe ich meine Ruhe.
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Abends um 19h30 bin ich gespannt,
warum es genau dann die Stempel geben soll. Nun, Conchi rauscht majestätisch hinter
den Tresen vom Empfang und hält Hof: Sie stempelt die Ausweise. Jeder erhält
eine Art Visitenkarte von ihr:
Concepción Prado Martul Albergue peregrinos de Baamonde Carretera de Villalba, km. 9 Baamonde 27370 Begonte -Lugo- 982-39-82-41 625-76-01-84 "Conchi". |
Zum Beispiel sollten wir auf keinen Fall nach Arzúa gehen: Alles überlaufen! Nein, nach Pedrouzo, das sei doch viel besser. - Dies Lied hatte ich auch schon anderswo gehört und auf Hinweiszetteln gelesen. Man will die Pilger um jeden Preis nach Westen vom Camino Francés abdrängen. Carlos fragte mich, was ich davon hielte. "Nichts," sagte ich. "Du läufst 40 Kilometer, die vielleicht gar nicht gut gekennzeichnet sind, denn das ist nicht der normale Pilgerweg. Gut, Pedrouzo ist groß, ca. 130 Betten, aber die können teils durch Jugendgruppen belegt sein, und wenn du dann wegen der Entfernung spät am Tag eintriffst, hast du dasselbe Problem wie angeblich in Arzúa." (Allerdings können die, die zeitlich knapp dran sind, einen Tag sparen.)
Nachtrag von 2004:
Pilgerin Cornelia Schmitz (die im Juli 2004 nach meinen Aufzeichnungen
unterwegs war) konnte meine obigen Vermutungen bestätigen. Um einen Tag zu
sparen, was für sie sehr wichtig war, da dann die Zeit noch für einen Besuch
am Kap langte, ist sie von Sobrado dos Monxes aus direkt nach
Pedrouzo gelaufen. Der Weg sei sehr schlecht ausgezeichnet, und sie
und ihr Freund hätten die ganze Zeit Angst gehabt, sich zu verlaufen. Am Ende kamen
sie recht spät in Pedrouzo an - und landeten auf dem Fußboden, wie von mir
vorhergesagt. - Nun war es in einem Heiligen Jahr, und außerdem wollten sie ja
den Tag sparen. - Aber ansonsten ist diese Abkürzung nicht zu empfehlen.
Nachtrag von 2009:
2009 bin ich selbst bis Pedrouzo gegangen. Ich hatte mir aber Iberpix-Karten
aus dem Netz mitgenommen, so dass die Orientierung nicht schwerfiel. Es geht ohnehin
immer nur Landstraßen entlang. Kein schöner Weg, und mit fast 40 km
die längste Etappe, die ich je gelaufen bin.
Später am Abend machte meine Frau ein leckeres Essen (im Ort gab's alles zu kaufen). Danach traf Jimmy ein und verwandelte die Küche in einen Saustall. Als wir schon abgeräumt hatten, gesellte sich Conchi zu Jimmy. Ich brauchte noch eine Information, die sie wahrscheinlich gleichzeitig ärgern würde. Etwas hinterlistig verlockte ich sie zu einer Lüge, sie fiel prompt darauf rein. Ich habe im Netz gehört, sagte ich (ohne zu erwähnen, dass ich das auch von R.W. wusste, dem sie es selbst gesagt hatte), dass auf der nächsten Etappe ein Grundbesitzer die Pilger mit der Flinte bedroht. Wie steht's denn damit? (Sie hatte das bei ihrem Vortrag ja mit keiner Silbe erwähnt.) - Wie erwartet, ging sie hoch. "Blödsinn! Das hat's nie gegeben." (Lüge) "Das hat mal einer im Scherz erzählt." (Ja, und warum hatte sie dann R.W. noch vor einem Jahr explizit gewarnt und einen anderen Weg empfohlen?) Anscheinend war das Problem inzwischen behoben, und dann wird im konfliktscheuen Spanien einfach behauptet, es habe nie existiert. - Nun, ich hatte so meine Auskunft, dass uns anderntags kein Ungemach drohte, und außerdem die Genugtuung, sie dabei zu ertappen, mir direkt ins Gesicht zu lügen. (Machte meine o.e. Bekannte notfalls auch genauso.)
Abends wurde noch das Geheimnis gelüftet, warum wir nicht im "Behindertenzimmer" bleiben durften und sie deshalb keinen Rückzieher hatte machen können: Als wir alle im Bett waren und die Luft rein war, wie sie ausspionierte, schlich sich der merkwürdige alte Mann in dieses Zimmer und übernachtete dort, einschließlich Benutzung von Dusche und Toilette nebenan. Nicht nur das: Er gehörte ebenfalls zu der kantabrischen Gruppe und war Quartiermacher. Nach den Regeln der Refugios hätte er als Fahrer eines Begleitfahrzeugs auf keinen Fall hier übernachten dürfen. Das alles wollte Conchi verbergen und deshalb ihr Theater. - Überflüssig zu sagen, dass sie das alles hätte ganz anders regeln können. Ein offenes Wort zu uns, und wir hätten dem Pilgerveteran (der sicher fast an die 80 Jahre alt war) gern sein Reich gegönnt und hätten von uns aus die Betten geräumt. Aber so war's hinterfotzig von ihr. (Und ich hatte auch nicht gerade mit christlicher Duldsamkeit reagiert.)
(10h22, 0.56, 99,8) Links ab über die Gleise hinweg, dann auf einer alten Brücke den Río Parga überqueren. An der folgenden T-Kreuzung sollte man wohl früher links gehen, um den wütenden Grundbesitzer zu vermeiden. Nun, das war ja überholt. Wir wandten uns nach rechts und kamen zu Quelle und Kirche von San Alberte. Nachdem wir die Kirche von außen genügend gewürdigt hatten, stiegen wir auf einem Fußpfad, die Kirche rechts lassend, hoch und kamen in ein einsames Heidegebiet, einer der landschaftlich sehenswertesten Abschnitte dieses Zweiges der Nordroute. Man läuft über eine Art Hochfläche und sieht im Hintergrund das Band des Gebirges Sierra de Coba da Serpe (ca. 800 m hoch), das anderntags zu überwinden war. Na, so himmelhoch schien es nicht zu sein. Ich habe mir nun keine besonderen Notizen gemacht, denn man folgt den Kennzeichnungen ohne Schwierigkeiten, an beeindruckenden Steinmauern und den schönsten Blumen vorbei, bis man über einen Wiesenweg langsam wieder in die Zivilisation zurückkehrt. |
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12h40 (2.37, 94,7) weiter. Hinterm Dorf in eine Piste nach links ab. Auf einer Wiese rechts steht ein großer Baum; dort wär's für die Pause schöner gewesen... Wir passieren weiter namenlose Siedlungen und kreuzen Sträßchen, die auf keiner Karte stehen.
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13h36 (3.33) erreichen wir einen heruntergekommenen Rastplatz, mit kaputter Pumpe. Er gehört schon zu Seixón, das erste Dorf, das auf meiner Karte verzeichnet ist. Hm, etwas zu weit nach Süden; nach Miráz muss man fast 1 km nach Nordwesten. Erst 13h54 (3.51) kommen wir an der Landstraße Friol-Parga heraus. Links liegt eine "sehenswerte" Kirche, naja, lohnt (m.E. nach) nicht. Der Pilgerweg geht wie erwartet ein Stück nach rechts auf der Landstraße weiter. 90,538 km noch bis Santiago. Etwas weiter an der Straße rechts eine Bar, kaum als solche zu erkennen. Verschlossen. Aber eine Frau hat uns gehört, schließt auf und lässt uns ein. Wir Pilger finden freundliche Beachtung. Es sind wohl nur Familienangehörige da; offiziell ist die Bar ja geschlossen. Einen Kaffee. Mir schmeckt es schon wieder, na also. Die Aspirin (je 1 morgens, mittags und abends) haben gut geholfen. |
Man könnte auf der Straße bleiben, was sogar ein wenig kürzer ist. In diesem Fall erreicht man erst die Mauer eines Gutshofes rechts, dann ein Ortsschild Laxes (nicht beirren lassen, es ist Miraz), und dann folgt links die Bar, wo es den Schlüssel zum Pfarrhaus gibt.
Wir bogen jedoch dem Pilgerweg nach brav halbrechts ab und liefen über angenehme Feldwege durch viel Grün auf den schon genannten Gutshof zu, erreichten ihn aber an seiner rechten Seite. 14h53 (4.50) kamen wir zu einem wuchtigen Wehrturm. Hier begann der Ort. Einige halbgroße Hunde liefen auf uns zu und bellten, ich zückte meine Pfefferspritze und lauerte auf einen Einsatz, aber die feigen Tölen wichen aus.
Einstöckig, weiß, im traditionellen Stil, mit neuen Vorsatz-Aluminium-Fenstern. Geländer vor der Haustür. Rechts ein Gittertor, durch das man an der Garage vorbei zur Hintertür und zum Garten links vom Haus gelangt. Im Garten die schönsten Äpfel in Überfülle. Es schien sie niemand zu ernten, denn jede Menge lagen auf dem Rasen zu verfaulen. Dann haben wir doch noch vergessen, einige mitzunehmen. - Wir hatten je einen Schlüssel für die Vorder- und für die Hintertür. Innen 5 verschieden große Zimmer. Nur 4 Bettgestelle, aber viele Matratzen. Wir belegten ein Zimmer mit einem Doppelbett; Matratzen auf riesigen Spiralfedern. Toilette und Duschbadewanne in Ordnung. Leider nur kaltes Wasser. Holzfeuerherd. (Holz liegt in der Garage.) Ferner noch ein Gasherd. Ein einziger riesiger Topf. Besteck und Teller in der Abstellkammer! - Wer nicht sehr geschickt ist, muss auf Kochen verzichten. |
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So liefen wir später frohgemut den Weg zurück. Unsere zwei Pilgerkameraden berichteten, dass inzwischen der Pfarrer höchstpersönlich nach dem Rechten geschaut hatte. Das überraschte uns positiv, denn was hätten wir gemacht, wenn wir erst nach Schließenszeit der Bar eingetroffen wären? So hatte sich der Pfarrer vergewissert, dass niemand verzweifelt vor der verschlossenen Tür saß. Im Unterstand draußen neben der Garage hätte man nicht nächtigen können. Dort hatten irgendwelche Sauigel ihre Notdurft verrichtet. (Ging das denn nicht in dem großen Garten?)
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8h15 (0.00, 88,0) zogen wir die kleine Landstraße an der Kirche vorbei geradeaus weiter. Siehe da, sie lief sich sogar tot, wurde zur Piste. Dann geht es links ab, durch ein Heide- und Felsengebiet hoch. Wieder ein landschaftlich wunderbarer Abschnitt voller Einsamkeit. Da man hochsteigt (aber nicht schlimm), sehr schöne Blicke zurück. Vor uns der Gebirgszug der Sierra de Coba da Serpe, oben ein Antennenmast auf der höchsten Spitze. Es ging direkt darauf zu. Na, ich war begierig, den Übergang zu "schaffen". Daraus wurde so schnell nichts: Der Pilger muss sich psychisch darauf einstellen, dass es lange Zeit im Zickzack und sogar mit etwas Rauf und Runter nach Süden das Gebirge entlanggeht, bis man endlich die Landstraße, die von Friol kommt, erreicht, auf der im Prinzip Pilger vom Camino primitivo aus Richtung Lugo dazukommen können (siehe meinen Bericht von 2002). Erst auf ihr geht's über den Pass. Aber so weit waren wir noch lange nicht. |
Etwas die Straße weiter hält ein Auto neben uns. Zwei Männer grüßen und winken. Es ist ein Begleitfahrzeug der Pilgergruppe, ich erkenne die Männer wieder, und sie uns auch. Zum Leidwesen der Pilger sind jetzt auch einige Höhenmeter rauf und runter zu bewältigen. 11h14 (2.49) Ortsschild Roxicu. 11h25 (3.00, 77,1) Cabana, ein paar Häuser mehr als heute gewöhnlich. Die Straße schwenkt vor der Ortschaft her nach links, und man folgt ihr, an einem Wehr mit Ruine vorbei. Nach 100 m geht es rechts ab eine Piste hoch (76,9), nach 50 m links herumbiegend, dann geradeaus, bis wieder zu einer Asphaltstraße. (11h41, 3.16) Auf dieser nach rechts weiter. (11h45, 3.20) Ortsschild Travesa. Ich zweifelte schon etwas an dem Bericht von R.W., der eine Ortschaft Marcela mit Kramladen erwähnt. Einmal wies ein Schild mit einem ähnlichen klingenden Namen links ab. War es eine galicische Variante von "Marcela"? - Wir blieben auf der Straße, und das war richtig, denn nachdem wir Baumwuchs hinter uns gelassen hatten und über eine Art fast baumlose Hochebene gingen, kam wieder eine dieser winzigen Ortschaften in Sicht: ein weißes Haus rechts an der Straße, irgendwo eine Scheune und ein Rohbau. Das war Marcela. (12h02, 3.37) Getränkekästen wiesen das Haus als Bar aus. Drinnen saßen die beiden Fahrer des Begleitfahrzeugs und auch unsere beiden Pilgerkameraden von gestern. Alle begrüßten uns mit Hallo, fanden das gut, wie wir zwei Alten tapfer unseren Weg machten. Den Fahrern war deutlich am Gesicht abzulesen: Also, für mich wäre das nichts!
Es gab Grundnahrungsmittel, Konserven und Getränke zu kaufen. Leider kein Obst! Die Wirtin freute sich natürlich auch durch den Umsatz, den ihr der Pilgerweg bescherte. Sie kredenzte uns handgemachten cafe con leche. Man diskutierte über den Pilgerweg. Ich verstand, dass die Wirtin den anderen einen schöneren Weg übers Gebirge erklärte. Aber das war nichts für uns. Zu riskant, ich wollte den Pfeilen folgen. Die beiden Pilgerkameraden liefen dann los, kurz darauf auch wir. Die Fahrer hatten Zeit ...
Jetzt kam auch noch hinzu, dass der Weg auf diesem Abschnitt schwieriger zu finden war. Zunächst 12h36 (3.37) die Straße weiter, dann rechts ab, über einen Bach, mit Rechtsschwenk links in ein Dörfchen hoch.
Jetzt kommt etwas weiter eine Stelle, wo man sich leicht verlaufen kann. Man strebt wieder mal direkt auf die Bergkette zu, die jetzt fast greifbar nahe ist. Vor einem geht der Feldweg einladend durch Wiesen hoch. Man muss aber nach links, zwischen Wald links und einer Wiese rechts einen Hohlweg hinein. Wohl sieht man einen Pfeil, aber es ist nicht klar, ob er geradeaus oder links ab zeigt. Mit etwas mulmigem Gefühl folgten wir dem Hohlweg, keine Zeichenwiederholung, wie üblich. (13h03, 4.04, 72,9) Sobald man Weg und Wald verlässt, endet rechts die Wiesenumzäunung, und man muss steil rechts hoch. (Muschelstein) Es ist ein halb zugewachsener Pfad, aber mit harmlosen Pflanzen, kein Stechginster. Links und rechts hat man jetzt weitläufige Weiden.
Oben angekommen, bog der Pfad rechts um die Wiesenumzäunung herum und verlief dann geradeaus weiter. Hier verloren wir einige Minuten, denn gleich hinter dem Rechtsknick lag ein halb zerstörter Pfeil aus Zweigen auf dem Pfad. Er schien nach weiter oberhalb zu weisen, durch die Büsche hindurch. (Das war richtig. Nachdem wir mehrere 100 m weiter fälschlicherweise dem Pfad gefolgt waren, gingen wir zurück, stellten den Pfeil wieder her und liefen nun richtig.) Man folgt also nicht dem Pfad weiter, sondern geht nur wenige Meter hinter dem Rechtsknick wieder links, also zur ursprünglichen Richtung, die man hangauf gekommen ist, versetzt nach rechts weiter nach oben - und trifft sofort auf eine breite Asphaltstraße: die ersehnte Landstraße LU-233 aus Richtung Friol. Erst jetzt wusste ich, wo wir auf der Michelin-Karte waren, nämlich direkt östlich vom Pass. Leider gibt es keinerlei Zeichen, auch nicht, dass man oben auf der Straße nach rechts weiter muss. Erst ein Stück später folgt ein Muschelstein (13h22, 4.23, 72,5).
R.W. schimpft auf diesem Abschnitt über fehlende Zeichen, zum Teil sicher zu Recht. Aber aus seiner Beschreibung geht hervor, dass er den Pilgerweg schon früher verloren haben muss (evtl. unten vor dem Hohlweg), und rätselhafterweise geht er links auf der Straße weiter. Irgendwas stimmt da nicht.
Wir passieren einen Kilometerstein 12 (Sind es noch 12 km bis Sobrado?). Mein Notizbuch sagt nun lakonisch "13h31". Evtl. haben wir zu diesem Zeitpunkt den Pass erreicht. Na, das war ja leicht. Zwar sind wir auf den letzten Kilometern immer wieder gestiegen, aber nie sehr steil, nur dieses Stückchen die Wiese entlang. Also tatsächlich kein Vergleich zum Camino primitivo, wie ich es vermutet hatte.
Hinweis von 2009: In diesem Jahr lief ich mit Hans den Camino Primitivo. Wir liefen vor dem Pass aber eine etwas kürzere Variante (ich variiere ja gern, um zu berichten) und kamen in Meson heraus. Durchaus zu empfehlen.
Wir überqueren einen ersten großen Innenhof und erreichen das eigentliche Torgebäude. Die Portería ist verrammelt. Kein Schild, keine Information, keine Schelle. Etwas ungastlich, finde ich. In Baamonde hatte uns Conchi erzählt, dass das Kloster bis 16h15 geschlossen ist und man bis 18h30 eintreffen solle, weil die Mönche danach wieder beim Singen sind. Alles gut und schön, aber es ist inzwischen 16h15, und nichts tut sich. Wir laufen herum, treffen Jimmy im Hof. Er erzählt, dass Carlos und er seit gestern hier sind. (Aha, man darf also auch im Refugio länger als einen Tag bleiben.) Sie mussten auch erst rumfragen, bevor sie das Refugio fanden. Es liegt im zweiten Innenhof, aber wir können ja nicht einfach durch das Tor hinein, ohne zu fragen. Inzwischen läuft auch ein verzweifelter Lebensmittellieferant vor der Pforte herum, hat vergebens mehrmals geklopft. Ich lasse mich auf dem Steinpflaster gegenüber nieder und entspanne mich. Touristen kommen und betrachten uns unauffällig. |
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Kloster Sobrado dos Monxes | Endlich, 16h25 öffnet sich die Tür zum zweiten Innenhof und ein junger Pater erscheint, begrüßt uns fast liebevoll, so dass ich sofort alles Ungemach vergessen habe. Er lässt doch glatt die Touristen, die für einen Obolus das Kloster besichtigen dürfen, und sogar den Lebensmittellieferanten stehen, wie verzweifelt der auch seine Lieferliste schwenkt, und geht mit uns Pilgern in den Innenhof, rechts durch den Kreuzgang zu einer großen verglasten Doppeltür, durch die man ins Refugio schauen kann. |
Zu unserer Freude traf auch noch der Fotopilger ein und bezog strahlend neben uns Quartier. Wir waren inzwischen gute Freunde. Es dauerte nicht lange, dann kam ein erster Trupp erschöpfter älterer Pilger, kurz darauf weitere, und dann riss es nicht mehr ab: Die lang erwartete Pilgergruppe! Alle nur mit Tagesgepäck, aber dafür auch mit einer gesalzenen Doppeletappe heute. Im Nu waren alle Gemeinschaftseinrichtungen überlaufen, nichts ging mehr. Unsere Wäsche hing zwar schon draußen, aber es kam ein Regensturm auf, vor dem wir sie halbtrocken in Sicherheit bringen mussten. (Die ganze Nacht hindurch hielt dieses Unwetter an.) - Die Leiter der Gruppe schenkten uns (und anderen) später T-Hemden, die eigens für die Pilgertour der kantabrischen Gruppe hergestellt worden waren. Wir mussten nur versprechen, sie beim Einzug in Santiago (wo wir 1 Tag später als die Gruppe eintreffen würden) zu tragen. Tatsächlich trugen wir sie auf der ganzen Strecke von Arzúa bis Santiago. |
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Abends tafelten und tranken Javi, der auch eingetroffen war, Jimmy und der Schnorrer in der Küche. Aber nichts war aufgeräumt, alles gebrauchte Geschirr usw. lag und stand herum, Essensreste, Kippen dazwischen, eine ziemliche Schweinerei. So hatte niemand anders mehr eine Chance, was zuzubereiten. Es war natürlich keine Absicht, einfach Gedankenlosigkeit. - Direkt neben der Tür kamen noch drei weitere Pilger unter. Ich wettete darauf, dass einer ein Deutscher war, hörte ihn aber nur Englisch reden. Nun, das war Rainer, von dem schon mehrfach die Rede war, den wir aber erst ab Arzúa anderntags richtig kennen lernen würden. Die drei waren abends auch noch lange laut in der Küche zugange, aber danach schlief doch alles friedlich. Die große Gruppe störte auch nicht weiter, die waren alle sehr müde.
Wir hatten heute einen besonderen Plan, nämlich in unserem schnellsten Tempo direkt auf der Landstraße Arzúa anzusteuern, um die Chance auf ein Bett zu vergrößern. (Zu der Alternative, direkt nach Pedrouzo zu gehen und einen Tag zu sparen, siehe meine Bemerkungen oben unter "Baamonde".)
Der Pilgerweg ging, wie schon erwähnt, an der Post halbrechts hoch, am Restaurant Real vorbei. Dort gingen auch zwei unserer Pilgerkameraden gerade hoch, aber wir blieben unten auf der Straße. Die Michelin-Karte gab eine Abzweigung etwa 2 km hinter Sobrado an. Danach wollte ich mich orientieren, dass wir die richtige Landstraße erwischt hatten und nicht etwa nach Süden liefen. Die Abzweigung kam nicht, ich wurde nervös. Kein Mensch, den man fragen konnte. Doch, dann eine Frau. Nun stolperte ich mit der Zunge über diese verd... Corredoiras. Ja, ja, sagte sie, weiter geradeaus. Es klang aber nicht überzeugend. Bald ging es durch Eukalyptuswälder im Zickzack über ein Flüsschen, auch etwas hoch. War das alles richtig? Die Abzweigung hätte längst kommen müssen. - Eine Ortschaft. Bauarbeiter arbeiten lustlos im Regen an einem Graben. Ich sage ganz deutlich "Corredoiras", aber sie behaupten doch glatt, dass sie es nicht kennen. Ich fange unter dem Umhang an zu schwitzen. Aber etwas weiter sei der Pilgerweg ... Ja doch! Den wollen wir ja gar nicht, mit seinem Geschlängel um die Landstraße herum, wie ich vermute. Etwas später kommen weit vor uns zwei Gestalten in Sicht. Langsam rücken wir näher. Es sind unsere beiden Pilgerkameraden, die an der Post hochgegangen waren. Also schlängelt der Pilgerweg tatsächlich wieder, und wir sind richtig, hurra! (Die Abzweigung haben wir also nicht gefunden, vielleicht war sie noch im Stadtbereich. Solche Karten sind ja nie sehr genau.)
Ein Wagen fährt auf uns zu, hält. Es ist eines der Begleitfahrzeuge. In der nächsten Ortschaft sollen wir rechts abbiegen. Sie glauben, wir laufen jetzt mit der Gruppe, die wohl direkt auf Pedrouzo zuhält. Da versorgen sie uns ebenfalls mit Informationen. Ist ja gut gemeint. Wir erklären ihnen, dass wir nach Arzúa wollen. Sie schütteln den Kopf, begreifen es nicht. - Ein dicker gelber Pfeil nach links: "Ribadiso". Wieder will man die Pilger abfangen. Wir stürmen unbeirrt weiter. 10h40 (1.51) sind wir in Corredoiras. An der zentralen Straßenkreuzung gingen wohl die meisten Pilger rechts ab in Richtung Pedrouzo, während es nach Arzúa geradeaus weitergeht. - In der Bar an der Ecke machen wir Kaffeepause, haben schon etwa 9 km hinter uns, sehr gut. Weitere Pilger kommen und ziehen weiter.
10h56 (1.51) nehmen wir den Weg wieder auf. Es geht schnurgerade die breite Straße entlang. Vor uns mehrere Pilger in Sicht. (11h27, 2.22) Boimorto-Vilanova, ein größerer Ort. Rastplatz mit Brunnen. Hier biegen alle halbrechts auf den Pilgerweg ab, nur wir laufen weiter. 11h49 (2.44) das nächste Dorf, Viladoniga. An einer Bushaltestelle machen wir Mittag mit Obst. 12h10 (2.44) weiter. - Wir behalten die Nerven, auch wenn abermals gelbe Pfeile nach Ribadiso locken wollen. Dieses sehr schöne Refugio liegt 2 km vor Arzúa, aber ich kenne es gut und will den Umweg nicht.
Ca. 2 km vor Arzúa der letzte Umweg: Der Pilgerweg biegt von der Straße wieder nach links ab ins Tal. Man denkt, es geht parallel nach Arzúa weiter, aber Rainer, der diesem Pfeil gefolgt ist, sagt: Nein, er sei irgendwo auf die Straße von Ribadiso herausgekommen. Nicht mit uns: Wir sehen, dass es erheblich ins Tal runtergeht, und das muss man nachher wieder hoch, um Arzúa zu erreichen. Wir bleiben auf der Straße und damit auf der Höhe, auch wenn wir so von einer ziemlich hässlichen Seite nach Arzúa hereinkommen. Mitten in schon älterer Bebauung gehe ich versetzt nach links, da ich da einen Park sehe. Es ist aber nicht der von der Hauptstraße. Die haben wir noch nicht erreicht und gehen deshalb rechts weiter, parallel zu unserer ursprünglichen Richtung. Tatsächlich kommen wir direkt im Zentrum raus, wo wir uns ja auskennen. Gleich über den Platz, hinter der Kirche links und zum nahegelegenen Refugio. 14h00, 4.34 für 22 km, sehr gute Leistung, ich bin zufrieden.
Drinnen empfängt uns die Hospitalera ohne Aufregung. Betten? Kein Problem um diese Zeit! Juchhu! - Also wirklich alles Blödsinn, dass sie vor Überfüllung warnen, man muss nur rechtzeitig da sein, und - sicherlich - es war auch schon relativ spät im Sommer.
Wir haben auch diesen Zweig der Nordroute geschafft. Fast kommt es uns vor, als seien wir mit dem Erreichen des Hauptweges "nach Hause" gekommen. Aber wir haben noch längst nicht genug. "Gottseilob" soll es ja noch bis Muxía gehen, und da ich völlig von meiner Darmgrippe kuriert bin, freue ich mich auf die neue Herausforderung.
Letzte Änderungen: 11.11.2021