Im Jahre 2010 auf dem Camino Inglés (Englischer Weg)
Beide Wegeäste: ab Ferrol und ab La Coruña
Herkunftspfad: Übersichtsseite meiner Pilgerberichte >>
Camino Inglés ab Ferrol bzw. ab La Coruña nach Santiago
Autor: Rudolf Fischer
Meine Netzadresse: Rudolf.Fischer@Esperanto.de
Siehe auch meinen Bericht von 2003 über einen
Aufenthalt in La Coruña
Meiner Frau Hedwig herzlichen Dank für die Bilder in diesem Bericht hier.
Einleitung
Wie ich schon bei der Planung schrieb:
Eigentlich wollte ich ja nicht mehr pilgern, und dieses Jahr sollte es auch nicht so
ganz das Pilgern nach den strengen Regeln werden. Wenn Wetter und Kräfte nicht
mitspielten, wollten lassen wir uns Alternativen offen lassen. Auch gibt es auf dem Camino Inglés nur
wenige Herbergen, und um die musste man hoffentlich auch in einem Heiligen Jahr nicht wettlaufen.
Das traf zu.
Was hat mich dazu bewogen, zum 11. Mal auf Jakobswegen in Spanien unterwegs zu sein?
Es war ganz einfach ein Fingerzeig für mich: Schon lange wollte ich mal wieder
an dem alljährlichen spanischen Esperanto-Kongress teilnehmen, und 2010 fand
er ausgerechnet in Santiago de Compostela statt. Damit war die Sache klar, und
meine Frau Hedwig machte auch mit. Also setzten wir dann für den Camino Inglés
den Zeitraum 23. Juni bis zum 2. Juli 2010 fest.
Vom 2. bis 5. Juli war dann der 69. Spanische Esperanto-Kongress. Wir waren dort die einzigen Ausländer,
trafen einige Bekannte wieder, die ich in früheren Berichten erwähnt habe und
lernten neue Freunde kennen. Insgesamt hat es sich gelohnt, aber für einen
Bericht ist hier nicht der richtige Platz.
Allgemeines
7 Etappen, offizieller Weg: 148 km
Wir liefen drei Abschnitte:
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Ferrol - Bruma
4 Etappen, 76 km + 5 km Umweg über die Kapelle von Breamo
Außerdem: Bruma - Mesón do Vento (normalerweise unnötig) 2 km
-
La Coruña - Bruma
1 Etappe, 32 km
-
Bruma - Santiago de Compostela
2 Etappen, 40 km
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Der Autor bei der Arbeit
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Neue Herbergen:
Inzwischen gibt es in Pontedeume eine Pilgerherberge,
mit der sich die
lange Etappe Neda-Miño (32 km) entschärfen lässt. Dabei ist sie ja gar nicht
so extrem lang, aber sie hat viele Höhenmeter:
Wenn man über die Eume-Brücke nach Pontedeume reinkommt, gleich
rechts durch (mindestens) einen Kreisverkehr. 20 Betten, ganzjährig geöffnet.
Seit 2014 lässt sich auch die Etappe La Coruña - Bruma durch eine
neue Herberge in Sergude in Abschnitte von 19 km und 13 km sinnvoll aufteilen.
(bestätigt durch Gerda Kambeck im Oktober 2015)
Entfernungen
Für den Ast Ferrol - Santiago sind also 116 km anzusetzen, für
La Coruña - Santiago 72 km. Da letztere Strecke für die Erlangung einer
Compostela zu kurz ist, wird sie wohl seltener begangen. Wir trafen einen
einzigen anderen Pilger, und der kam aus La Coruña und lief die
72 km in 2 Tagen mit einer Übernachtung in Bruma, um also nach 2 Tagen
auch schon wieder zu Hause zu sein. Das hatte er schon des öfteren gemacht.
Entfernungsangaben über 120 km für den Ferrol-Ast sind wohl
subjektiv gefühlt, aber objektiv zu hoch angesetzt.
Wege und Wegeauszeichung
Die Auszeichnung der Wege war tadellos, mit Muschelsteinen und Pfeilen. Es gab nur
wenige Stellen, wo man überlegen musste. Das ist wohl neu. Früher wurde
viel über mangelnde Auszeichnung geklagt.
Man läuft überwiegend Asphaltsträßchen, aber nur in
Ausnahmefällen Land- oder gar Fernstraße. Auch das im Gegensatz zu
vielen Klagen. Bei manchen Berichten habe ich den Eindruck, dass die Leute einfach
die Nationalstraße genommen haben, um schneller vorwärts zu kommen.
Oder sie haben die Wegeauszeichnung nicht gefunden, was besonders in den
Städten morgens leicht der Fall sein kann.
Wir liefen meist bei Sonnenschein. Daher waren alle Wege trocken. Gelegentliche
Rinnsale (vor Bruma) waren kein Problem. Bei Regenwetter kann das ganz anders
sein.
Handbuch
Unter dem Portal
Mundicamino findet man allerlei
nützliche allgemeine Informationen über den Camino Inglés, aber nur auf
Spanisch. Man kann damit planen (z.B. sich Hostales merken), aber sonst gibt es kaum
eine verwendbare Wegebeschreibung.
Ich verweise hier auf die Karten von Wikiloc, in denen der Pilgerweg eingezeichnet
ist. Zumindest im Bereich von Ordes (die bisherige
Wegeführung lässt diese Stadt rechts liegen) weicht er aber ab. Nun soll demnächst ja in
Ordes auch eine Pilgerherberge errichtet werden. Es ist gut möglich, dass
der Weg dann anders geführt wird. Der braunen Linie des Pilgerwegs ist nicht
im Detail zu trauen. Sie wirkt wie von zittriger Hand eingezeichnet, hat teils
wunderliche Zacken. Aber zur planerischen Orientierung reicht es.
Ich benutzte einige Pilgerberichte sowie ein englisches Manuskript, das allerdings
seine Tücken hatte. Sprachlich war ich erst irritiert, dass man "eventually"
in eine bestimmte Richtung gehen sollte, bis mir einfiel, dass das "schließlich"
heißt und nicht "eventuell". Ja, ja, die bekannten "falschen Freunde" bei Fremdsprachen.
In Ferrol gab es ein Büchlein "Der Englische Pilgerweg" (ja, sogar auf Deutsch),
herausgegeben von der Xunta de Galicia, Xacobeo 2010. Wunderschöne Bilder und
Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten. Dazu Wegeskizzen mit Angaben der Orte.
Außer für eine grobe Planung nützt diese Broschüre nichts.
Teils im Gegenteil: Man versuche mal, an Hand dieses Druckwerks herauszubekommen,
in welcher Richtung Mesón do Vento nun 2 km von Bruma entfernt liegt.
Trifft man von Norden kommend eher auf die Stadt oder auf die Herberge? Das kann sehr
wichtig sein.
Insgesamt braucht man eigentlich bei der jetzt sehr guten Auszeichnung kein Handbuch.
Mein Bericht hier soll auch nur Zweifelsfälle klären. Ich verzichte weitgehend
auf eine Wegebeschreibung und konzentriere mich auf präzise Angaben zu "Versorgungseinrichtungen".
Hier sind andere Pilgerberichte meist so nebulös, dass man verzweifeln möchte.
Was nützt einem die Warnung "meine Unterkunft in Sigüeiro kann ich nicht
empfehlen", wenn sie nicht mit Namen (oder gar Adresse) spezifiziert wird?
Hunde
Keine Gefahr durch frei laufende Hunde. Alle sind im Zwinger, angekettet oder
harmlos. Nur in einem Fall wurde gerade das Landhaustor geöffnet, als wir
vorbeizogen. 3 große weiße Pyrenäenhunde wären fast
hindurchgewischt und auf uns los, aber die Besitzerin hielt sie zurück.
Da konnten sie nur noch böse durch den Zaun bellen.
Wetter Ende Juni/Anfang Juli
In Deutschand brutheiß, in Spanien auch. Ab mittags fing die Sonne an zu
brennen, und der Wind kam uns dieses Jahr nicht zu Hilfe. Da wurden die nachmittäglichen
Stunden zur Qual. Gottlob nahmen wir immer genügend Wasser mit.
Nur an einem einzigen Tag, unserer letzten Etappe, regnete es durchgehend bis
zum späten Nachmittag. Auch konnte es abends erstaunlich kühl werden.
Also kamen sowohl der Pullover als auch der Regenumhang (der sonst bei einer Rast
auch als Unterlage diente) zum Einsatz.
Trinkwasser, Verpflegung, Finanzen
Obwohl es manchmal auf 10 und mehr Kilometer keine Bar gibt, hatten wir keine
Probleme, uns mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln zu versorgen. Nur in einem
Ausnahmefall kam ich auf Brunnenwasser zurück. Sonst blieb ich wie gewohnt
bei gekauftem Wasser, um einer Darmgrippe vorzubeugen.
Wenn man also die Etappe gut plant und sich die Entfernungen der "Versorgungseinrichtungen"
merkt, kann einem nichts passieren. Wir aßen einmal am Tag eine richtige
Mahlzeit; wenn es ging, mittags, sonst abends. Im Übrigen nahmen wir im
Rucksack Zwieback, Aufschnitt und Früchte mit, immer bis zum nächsten
Laden.
Ein Menu del dia kostet auf dem Land etwa 8 €. Die Qualität ist sehr
unterschiedlich. Fisch wird immer seltener. Merluza (Seehecht) wird schon durch
Bertorella ersetzt. Wer weiß, aus welchen Fischgründen armer
Länder der stammt. Jedenfalls ist er recht fett und hat üble Gräten.
Ich sah auch andere Gäste, die sich (z.B. im "Manolo" in Santiago) furchtbar
mit diesem Fisch abplagten: abzuraten! - Chipirones auf Reis - meine Lieblingsspeise -
gibt es auch nicht mehr. Das waren mal kleine knusprige Tintenfischchen. Statt dessen
werden einem heutige viel größere Exemplare als "Chipirones" vorgesetzt,
dazu noch mit den üblichen Ringen gestreckt, der dumme Tourist merkt's ja nicht.
Die Meeresfrüchtesuppe im
"Manolo" schmeckt zwar noch gut, aber der Besatz mit Muscheln etc. ist rapide
gesenkt worden. Ensalada mixta besteht oft nur noch aus grünem Salat,
Zwiebelringen und ein paar Tomatenscheiben. Wer mehr will, muss a la carte essen.
Das nur als Beispiele, wie die Spanier die Preise für Mahlzeiten
zu halten versuchen, die Qualität aber von Jahr zu Jahr zurückgeht.
Obwohl wir einige Male in Hostales unterkamen, sind wir bis Santiago wieder mit
25 € pro Tag und Person ausgekommen. Die 3 Herbergen auf dem Weg nahmen für eine
Unterkunft einheitlich 5 €. Das war völlig in Ordnung. Es gibt neuerdings
auch einen Matratzen- und einen Kissenüberzug aus Plastikgewebe, ein
hygienischer Fortschritt,
obwohl ich die unökologische
Verschwendung mit diesen Wegwerfartikeln bedaure.
Der Vorteil der Krise: auch Pilger sind überall gern als zahlende Gäste
gesehen. Freundlichkeit und Beflissenheit sind groß, wobei es meistens auch eine
ganz natürliche Freundlichkeit ist. Das muss man bei den Galiciern hervorheben.
Ausrüstung
Die Ausrüstung (siehe meine Packliste) war wieder ganz nach der
üblichen Routine. Nur die Isomatte blieb zu Hause. Die Pfefferspritze gegen
Hunde kam nicht zum Einsatz. Auf ein Mobiltelefon verzichtete ich wie gewöhlich,
was auf dieser Strecke Probleme mit sich bringen kann. Eine Vorbezahltelefonkarte (in Ferrol
gekauft) bot für 5 € 41 Minuten für Gespräche nach Deutschland, wobei bei jedem Gespräch
mindestens 2 Minuten gerechnet wurden. Man muss beim Kauf sagen, dass man nach
Deutschland telefonieren will, um eine internationale Karte zu bekommen. Man
kann dann auch Inlandsgespräche führen, aber die kosten dann nicht weniger.
Insgesamt sehr reell, wir kamen locker damit hin.
Meine Frau hatte noch die gute Idee, Wechselwäsche für die Tage nach
der Pilgerfahrt in unserer Unterkunft in Santiago zu deponieren. Machte die Wirtin gern.
Transport zum Flughafen in Santiago
Die Firma Freire fährt jetzt alle halbe Stunde zwischen Flughafen,
Innenstadt (Haltestelle in der Doutor Teixeiro, 26) und Busbahnhof
im Dreieck. Die Abfahrtstelle vor dem Flughafengebäude ist deutlich durch
ein großes Schild "Bus" gekennzeichnet. Der Preis scheint laufend zu steigen:
auf der Hinfahrt zahlten wir noch 2,90 €,
auf der Rückfahrt schon 3,00 €. Für spanische Verhältnisse teuer.
Unterkünfte
Auf dem Camino Inglés kommt man nicht um Hostales herum. Ich empfehle,
Google Maps zu benutzen, um Unterkünfte zu finden. Oder einfach unter
Google als Suchbegriffe den Ortsnamen und "alojamientos" eingeben.
In der Bar "La Campana"
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Unterkunft in Santiago neben der Kathedrale
Wir kehrten wie immer - diesmal wesentlich länger als sonst - in der
Bar "La Campana" bei Doña Josefina ein. Ich mache hier nochmal ausdrücklich
Reklame für diese Unterkunft. Sie ist nichts für richtige Hotelgäste,
aber für Leute mit bescheidenen Ansprüchen reicht sie völlig, und -
das ist der Riesenvorteil - sie liegt wirklich direkt neben der Kathedrale.
Nähere Beschreibung in meinem
Bericht von 2000.
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Die Preise sind geblieben:
Einzelzimmer mit Waschbecken 20 €, Doppelzimmer (ohne Waschbecken) 30 €,
Zimmer 6 mit Dusche (aber ohne Toilette) 40 €.
Bei mehrtägigem Aufenthalt
oder wenn man Grüße von mir bestellt (Rudolf Fischer, "el alemán de barba"),
dann gibt's auch wohl noch einen kleinen Rabatt.
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Zimmer in "La Campana"
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Anfahrt
22. Juni 2010, Dienstag: Flug nach Santiago
Wir wollten es ja geruhsam angehen lassen. Deshalb fuhren wir nicht wie sonst oft
nach unserer Ankunft gleich mit dem Bus zu unserem Abmarschort (in diesem Jahr
Ferrol) weiter, sondern schlugen uns zu unserer
üblichen Zimmerwirtin Doña Josefina durch, bei der ich uns
schriftlich kurz vorher angemeldet hatte. Sie zog die übliche Schau ab:
Warum wir uns nur in einem Heiligen Jahr erst 1 Tag vorher angemeldet hätten?
Jetzt wäre doch alles voll. Wir standen lächelnd daneben, ahnten schon,
wie es ausgehen würde, und richtig: Sie sei heilfroh, uns noch eines ihrer
schönen Zimmer geben zu können ...
In Wirklichkeit stellten wir bald fest, dass sie noch viel frei hatte, und das
blieb auch so, obwohl sie auf unsere leicht stichelnden Fragen, ob jetzt alles voll
sei, immer sagte: "Jetzt nicht, aber warten Sie das Wochenende / den Wochenanfang / usw.
ab."
Kaum hatten wir uns eingerichtet, wurden wir unten in der Bar von einem deutschen
Pilgerpaar angesprochen, das von Doña Josefina tags zuvor gehört hatte,
dass wir kommen würden. Wir tauschten dann einige Neuigkeiten über die
Wege aus. Der Andrang des Heiligen Jahres schien nur zu bewirken, dass die
letzten 100 km auf dem Camino Francés zum Volkswandertag wurden. Außerhalb
dieser Strecke schien es überall wie in sonstigen Jahren zu sein.
23. Juni 2010, Mittwoch: Mit dem Bus nach Ferrol
Die ganze Nacht machte eine Gruppe Jugendlicher vor unserem Fenster
Krach. Sie hatten es sich auf den Stufen neben der Bar gemütlich
gemacht, ein Tuch auf die Steine und dann reichlich Alkohol. Unsere
Esperantofreunde erzählten uns, das sei neuerdings Sitte unter den
Jugendlichen und nenne sich "fiesta". Erst gegen 4h00 zogen sie ab.
Nach einem Frühstück auf der Bettkante um 8h15 noch einen Kaffee in der
Bar unten. Gegen 8h35 zogen wir los. Den Busfahrplan
Santiago - Ferrol hatte ich schon zu Hause aus dem Internet gefischt.
War nicht einfach, wenn man die zuständige Busfirma nicht weiß.
Es ist Castromil, deren Busse aber mit Monbus beschriftet
sind. In der Halle des Autobusbahnhofs von Santiago haben sie zwei
bis spät abends besetzte Schalter, in einem Trakt, der so vorspringt,
dass er die Halle fast teilt, also leicht zu finden. Fahrpreis 9,90 €.
Als Weg zum Busbahnhof benutzen wir schon den Camino Inglés (aber
natürlich rückwärts), und - er führt doch glatt an
"unserer" Bar "La Campana" entlang, jedenfalls bis zur Praza da Paz,
wo es auch ein beeindruckendes Pilgerdenkmal gibt. Dort zweigt man dann rechts
zum Busbahnhof ab.
Ohne Probleme erhielten wir Fahrscheine (Sitze 5 und 6) für den
nächsten Bus um 9h15, den wir auch angepeilt hatten. Er kam
pünktlich und war fast leer. Es ging - entgegen meinem Fahrplan ohne
Halt in Pontedeume - durch sehr schöne Landschaft, die Vorfreude
weckte, nach Ferrol. 10h30 Ankunft.
Die Stadt gliedert sich in 3 Teile: Im Westen der alte Hafen und die
nicht allzu große Altstadt (Ferrol Vello), dann
anschließend ein über
2 km breiter Abschnitt mit schachbrettartigen Straßenzügen
(Ortsteil Magdalena).
Dann zuletzt im Osten ein größerer, eher kreisförmiger
Teil (Ensanche), in dem auch das Hostal Silva liegt. Ich vermute, dass hier
ursprünglich eine zweite Stadt entstand, die dann mit der Altstadt
von Ferrol systematisch durch Bebauung verbunden wurde.
Am westlichen Rand dieses Teils liegen auch Bahnhof und Busbahnhof.
Am Ausgang des Busbahnhofs sind
Toiletten. Das Verwaltungsgebäude der Regierung Galiciens im Stadtzentrum ist recht nahe.
Beim Verlassen des Busbahnhofs nach rechts, dann links die Av. de Compostela.
Man orientiere
sich an einem roten Turm mit Uhr. Bei ihm erreicht man die
Plaza de España, und dann ist schon das zentrale
Verwaltungsgebäude, ein riesiges Hochhaus, in Sichtweite:
Edificio Administrativo da Xunta de Galicia, Praza Camilo José Cela.
Ein Wachmann winkt uns nach kurzem Mustern durch in den 1. Stock.
Dort ist das Oficina de Turismo,
und wir werden sehr freundlich
mit allerlei Material über den Camino Inglés versorgt.
Nützlich:
-
eine Landkarte von Galicien (1:400.000)
-
ein
kleiner Führer, der aber wie üblich die historischen
Sehenswürdigkeiten anpreist, während dem Pilger der
nächste Wasserhahn oft wichtiger ist
-
ein Stadtplan von Ferrol mit den ersten Kilometern des
Pilgerwegs eingezeichnet
-
der erste Stempel für den Credencial
Die Credenciales haben wir schon mitgebracht. Sonst bekommt man sie
laut Pilgerberichten im Ordinariat der Diözese Mondoñedo-Ferrol (P.N.).
Wir mussten nicht herausfinden, wo das lag. Pilgerfreund N.R. teilt mit, dass die
Adresse Miramar ist.
Es scheint folgender Sitz des Bistums zu sein:
Obispado de Mondoñedo-Ferrol,
Casa de la Iglesia, Miramar s/n, Apdo. 176,
ES-15480 El Ferrol (A Coruñ)a)
Tel. 981 35 32 95. Fax. 981 35 14 33.
Netzpost: obmondonedoferrol@planalfa.es
Die Straße Miramar liegt nördlich des
Parque Raíña Sofía, auf den man am Ende der San
Francisco stößt, wenn man
dem Pilgerweg durch die Altstadt folgt. Sie heißt zunächst
Estrela, Miramar ist die Verlängerung nach Nordwesten. Eine
Hausnummer ist nicht angegeben ("s/n"), es muss ein großes Gebäude sein.
Wie gesagt, ich habe noch keinen expliziten Nachweis, dass man dort
einen Credencial bekommt, werde da weiter recherchieren und bin dankbar, wenn
ein Leser das bestätigen kann.
Hotel Silva
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Mit Hilfe des Stadtplans liefen wir zum mehrfach in Pilgerberichten empfohlenen
Hotel Silva, Rio Castro, 42, Tel. 981 31 05 52. Doppelzimmer mit Bad 35 €
So findet man es:
von der Praza de España die breite Achse Estrada de Castela
hoch.
Auf dieser bekam ich in einem knallgelb beschilderten Geschäft
"Ciber+" eine Vorbezahltelefonkarte, was ja nicht einfach ist.
Etwa die 10. Einmündung links ist die Manuel Belando. In diese
links abbiegen und die 2. rechts = Rúa Castro. Das Hotel
liegt sofort auf der rechten Seite. Eingang und Empfang durch die Bar.
Mit Schlüssel kann man auch direkt durch eine Seitentür.
Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis des ganzen Camino Inglés (Herbergen
nicht gerechnet), sehr freundliche Aufnahme.
Sogar der Fernseher ist keine Dekoration wie sonst, sondern funktioniert.
Einziger Nachteil ist, dass es von der Altstadt und damit auch dem
Beginn des Pilgerwegs gut 3 km entfernt ist. Es gibt eine Reihe von
Alternativen, die wahrscheinlich auch zu empfehlen sind. Am anderen Morgen
bei der Schlüsselrückgabe gleich einen weiteren Stempel.
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Nachmittags mit Hilfe des Stadtplans in Richtung Ría-Küste:
Von der Río de Castro links durch die Manuel Belando bis zur
großen zentralen Achse Estrada de Castela.
Die Hauptstraße
überqueren und die Nova de Caranza entlang, die
Autobahn unterqueren und dann bis zu einem Kreisverkehr. Dort kommt der
Pilgerweg von rechts und geht links weiter. Der Zugang zur Ría
ist durch ein riesiges Hafengebiet abgesperrt. An diesem Punkt wollten
wir morgen unsere Pilgertour beginnen.
Wir machten es, wie manche vor uns, die im Hotel Silva untergekommen waren:
Wir liefen heute schon die ersten 2,5 km des Camino Inglés
bis zum Kreisverkehr und konnten dann am anderen Morgen dort beginnen.
Es machte nichts, dass wir diese Entfernung doppelt liefen; wir wollten
uns ja sowieso die Stadt ansehen. Also gingen wir in Richtung Altstadt,
auf dem Hinweg nicht den offiziellen Pilgerweg mit seinen Schlenkern.
Es war bereits so heiß, dass wir jeden Schatten ausnutzten.
Ferrol hat viele wunderbare Parkanlagen, eine reiche Stadt. Um so mehr
wunderten wir uns, dass es neben sehr schön renovierten Häusern
direkt daneben die hässlichsten Ruinen gab. Ja, man fragte sich
manchmal, ob die Nachbarn nicht Angst hatten, dass diese offenbar
längst baufälligen Häuser nicht eines Tages ganz zusammenkrachten
und das Nachbarhaus gleich mit zum Einsturz brachten.
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Ruinen in der Altstadt
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Es ist über Ferrol noch etwas Kurioses nachzutragen. Im Netz findet man den
Hinweis auf eine Pilgerherberge von Ferrol in
Covas (galicisch: Cobas).
Sie ist relativ neu, von den
Bürgern von Covas initiiert und betreut. Ja, wo liegt sie denn?
Das zeigt die Karte von Wikiloc.
Erste Recherchen ergaben: 9 km von Ferrol entfernt. Nun ja, also kurz vor Neda, oder?
Zum Schluss merkte ich: Dieses Covas liegt im Nordnordwesten, Richtung Cabo Prior.
Die spinnen, die Ferroler! Leider habe ich vergessen, mich im Oficina de Turismo
näher nach diesem Kuriosum zu erkundigen. Doch sollten wir auf unserem Weg
trotzdem noch einiges erfahren.
Im Prinzip könnte man also seinen Weg dort beginnen und in einer 1. Etappe
nach Ferrol gehen. Ist aber schwierig zu organisieren, wenn man alles zu Fuß
machen will. Gut, wer 2 Tage übrig hat, kann ja hin- und zurücklaufen.
Aber sinnvoll finde ich das nicht.
Pilgerweg
23. Juni 2010, Mittwoch: Die ersten 2,5 Kilometer
Schwitzend erreichten wir den Paseo da Mariña am alten Hafen.
Am Ende gab es einen Kiosk im Schatten. Da wurde erst einmal ein kühles
Bier geordert, auch zwei. Der Wirt - vom Aussehen her typischer Galicier -
war erst etwas mürrisch, weil einige
karibisch angehauchte Gäste recht betrunken allerlei amouröse Kurzweil
trieben, wir schauten amüsiert zu. Erst als der Wirt hilfesuchend zu mir
herüberschaute und ich mich schulterzuckend solidarisch zeigte (ich Heuchler!),
taute er auf. Es kamen noch ein paar ältere, gut gekleidete Spanier,
die den Multikulti-Trubel zwei Tische weiter schockiert musterten und ihm dann ostentativ
ihre Rücken zuwandten. Man macht schon lustige Beobachtungen. Ganz platt
war der Wirt, als er auch noch Trinkgeld von mir bekam. Sowas war er nicht
gewohnt, aber wir waren so froh über diese Pause im Schatten, mit dem
frischen Wind vom Meer und der kostenlosen Unterhaltung.
Wo der Camino Inglés beginnt
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Dann gingen wir in Richtung eines Holzkiosks am Hafenkai,
über einen Zebrastreifen auf eine Apotheke gegenüber zu,
wo neben dem Tor zur Altstadt die erste Muschel war.
Durch das Tor
die Carmen Curuxeiras hoch: o Schreck, links und rechts Ruinen.
Die nächste Straße links.
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Es geht steil hoch zu einem Aussichtspunkt rechts, von dem man aus
unten die Straße sieht, die wir hergekommen waren
(Plaza de Cardinal de Arriba mit der San-Francisco-Kirche).
Man lässt den Platz rechts liegen und kommt geradeaus zur
San Francisco, die in eine größere Straße mündet,
am Rand des Parque Raíña Sofía, der
links liegt.
An der nächsten Kreuzung geradeaus in die Real, die
nun schnurgerade durch den mittleren Stadtteil führt.
In dieser Gegend gibt es auch einige Unterkünfte.
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Blick auf den Hafen von Ferrol
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Man kommt zum Rathausplatz mit dem Rathaus links. Eine Muschel
- viele sind in Mauern hoch an Gebäuden angebracht - nach
rechts zur Praza de Constitución. In den Seitenstraßen
Unterkünfte. Man hat jetzt den Platz Praza de Galicia rechts
unten liegen lassen; man sollte ihn sich auf dem Hinweg anschauen.
Jetzt kommt eine etwas komplizierte Stelle. Schräg links
lädt eine Allee zur schattigen Fortsetzung des Weges ein, und
dahin zeigt auch eine Muschel. Aber gleich darauf muss man halbrechts
unter den Bäumen weiter, an einem Kinderspielplatz mit
Holzschiff vorbei auf einen großen Holzpavillon "Sabactivos" zu
bis zur Straße Praza das Angustias, die wir beim Hinweg benutzt hatten. Gegegnüber
verläuft monoton eine Mauer, die zu einer Hafenfestung gehört.
Der Mauer nach links in einem Rechtsbogen folgen. Auf der Ecke gegenüber
bot die Café Bar Taxonera ein Menü für 7,80 € an.
Ganz rechts halten, immer an der Mauer entlang, in die Taxonera,
später MacMahon, nur nicht in eine der Sackgassen
in Richtung Ría rechts abbiegen. Im weiteren Verlauf
scharfe Linkskurve in die Estrada de Circunvalación.
Mit dem Stadtplan ist das alles kein Problem. Wer auf die spärlichen
Muscheln angewiesen ist, hat es schwerer.
Insgesamt macht man so einen Bogen als Umweg, den man auf dem Hinweg
vermeiden kann, aber man sieht auch einiges. Es folgt geradeaus
die Estrada de Caranza, die endlich in die breite
Avenida de Esteiro mündet, die wir den Hinweg gegangen
waren (Geschäfte und Hochhäuser, alles wenig anziehend).
Rechts geht es dann zum erwähnten Kreisverkehr.
Supermarkt Gadis in der Hernán Cortéz,
rechte Seitenstraße der Manuel Belando; vom
Hostal also links und dann rechts.
Ein Pilgerfreund berichtet, im Hostal Silva abends ein gutes Menü bekommen zu haben
Wir kamen leider nicht auf den Gedanken, das zu überprüfen, und
klapperten abends die ganze Gegend ab. Schließlich landeten wir im
Mesón A Maloca, Nova de Caranza 125 (also vom Hostal
Silva aus in Richtung Kreisverkehr, dann auf der rechten Seite; nicht
vorher andere Bar mit Angeboten) mit
passablen raciones. Wir waren die einzigen Gäste, die so früh
(20h30) zu Abend aßen (und dabei das Spiel Deutschland-Ghana, 1.
Halbzeit sahen). Leider Zuschlag für Brot, da geize ich dann immer mit
Trinkgeld.
Ferrol ist eine moderne Stadt, in der das Leben pulst. Viel Altehrwürdiges
gibt es aber nicht zu sehen. Das Schönste waren die vielen, teils sehr
aufwendig gestalteten Parks. Die Militärpräsenz im Hafen kommt einem
etwas anachronistisch vor. Doch wir hatten am anderen Tag noch eine positive
Facette zum Bild Ferrols beizutragen.
24. Juni 2010, Donnerstag:
Von Ferrol nach Neda, 11 km (11 km)
(Die Entfernung ist einschließlich der 2,5 km vom Vortag gerechnet.)
Man muss sich bei dieser Etappe zwischen einigen Möglichkeiten
entscheiden:
Mögliche Abkürzungen
-
Die ganz Eiligen, die nur rennen wollen, können zunächst etwa
500 m abkürzen, danach über die große Brücke direkt
nach Fene und von dort nach Miño, da spart man etliche
Kilometer, die man sonst in einem großen Rechtsbogen über
Xubia und Neda um die verzweigte Ría herumläuft.
-
Der bedächtigere Pilger, der den ganzen Weg gehen will, wie er ausgeschildert
ist, geht über Neda.
-
Aber wer es gar nicht eilig hat - bei dieser Kurzetappe, deren Ziel nichts
bietet - der macht erst mal Strandurlaub am Stadtstrand von Ferrol.
Dieser Stadtstrand liegt direkt am Pilgerweg, wenn man diesen nicht abkürzt.
Wir waren uns sofort einig, dass wir dort längere Pause machen wollten,
auch wenn es schon nach ein paar Kilometern war.
Varianten bis zum Lidl-Markt
7h30 werden wir von selbst wach. Die Nacht war abwechselnd kühl und
schwül. Frühstück im Zimmer. 9h10 holten wir uns an der
Rezeption noch einen Stempel. Zunächst wie beschrieben zum Kreisverkehr.
Danach läuft man den Rand der industriellen Hafenzone entlang bis zu
einer großen Kreuzung. Hier ist die Stelle, wo man etwa 500-700 m
Abkürzung rausholen kann:
Abkürzung: Links abbiegen, sich dabei rechts auf der Marques de
Santa Cruz halten, die Stadtautobahn überqueren. Es folgt eine
T-Kreuzung. Hier kurz rechts, dann sofort wieder links in die Canaval.
Diese mündet in die breite Avenida Nicasio Perez, der man nach
rechts bis zum Lidl-Markt folgt.
Seepromenade als Pilgerweg
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Ungleich schöner ist der alternative Weg, die Uferpromenade entlang,
denn ab der Kreuzung ist das Gewerbegebiet zu Ende, und man hat freien
Blick auf das Flussdelta. Also ab der Kreuzung sich immer rechts auf dem
breiten Plattenweg halten.
Wir erregen bei Passanten und Läufern einiges Aufsehen. Eine Frau
passt wegen uns nicht auf, stürzt über eine hervorstehende
Plattenkante (eine der vielen "Mordanschläge", wie ich immer die
Stolperfallen, offenen Schächte und Absturzkanten
in Spanien nenne) und rutscht der Länge nach auf uns zu. Wir
helfen ihr auf, Gottlob ist nichts passiert, weil die Platten eine glatte
Oberfläche haben.
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Pilgerurlaub am Strand
Wir steigen zu einem Kirchlein hinunter (Morgengebet). Kurz danach beginnt der
Strand von Ferrol. Er ist mit Duschen, Trinkwasserspender und (oben) mit einer Toilette
gut ausgerüstet. Es gibt sogar eine Strandwache, die mit grüner,
gelber bzw. roter Fahne (nach dem Ampelprinzip) signalisiert, ob man ins
Wasser darf. Die Sauberkeit des Strandes ist leidlich. Relativ wenig
Leute. Man kann gut schwimmen, das Wasser ist kühl. Kaum Brandung.
(Aus Bequemlichkeit bin ich nicht reingegangen, aber meine Frau Hedwig durchaus.)
Anfangs wollen uns "hilfreiche Spanier" "wegwedeln", da sie denken, wir hätten
uns verlaufen: "Arriba, arriba!". - Erst 13h40 ziehen wir weiter.
Zur Kirche San Martín de Xubia
Man erreicht eine große Fernstraßenkreuzung. Hier muss
man sich entscheiden, ob man über Neda geht. Geradeaus geht's
über die Brücke nach Fene. Der Pilgerweg überquert hier aber
nach links den Zubringer (Muschelstein) und geht durch die
Unterführung (gelbe Pfeile). Man läuft ein Stück
die Avenida Nicasio Perez zurück (und der o.g.
Abkürzung entgegen). Links liegt ein aufälliger hellblau
gestrichener Wohnblock. Er wird am anderen Tag immer als
Orientierungspunkt dienen. (5 km)
Der Pilgerweg biegt laut Muschel die erste Straße rechts
zum Ufer der Ría (die hier eine schmutzige Bucht hat) ab.
Aber der Lidl-Markt, bei dem man sich prima verproviantieren kann,
liegt 20 m voraus. Dort kaufen wir ein.
Gestern, die halbe Nacht hindurch und jetzt erst recht wummert
es gewaltig. Es geht mir sehr auf die Nerven, ich muss da wohl
als Baby ein Trauma aus den letzten Tagen des 2. Weltkriegs haben,
als die Alliierten meine Geburtsstadt stürmten. Eine Frau
antwortet auf meine Frage, dass man Johannistag feiere. Also
kein Militär, einfach nur die Lust der Spanier am Krach.
Man sieht die Raketen in den Himmel zischen und in ganzen
Ketten explodieren. Fast eine halbe Stunde lang. Die spinnen, die ...
An der Straße vor dem Lidl-Markt endet die Karte von Ferrol,
die wir im Oficina de Turismo bekamen. Ab jetzt waren wir
ganz auf Muscheln und gelbe Pfeile angewiesen. - Vom Ufer der
Bucht erreicht man wieder einmal eine riesige Kreuzung, die man
nach links umrundet. Dann geht es auf einer Brücke über
die Fernstraße FE-11 und gleich dahinter rechts steil einen
Schotterweg hinunter zur Eisenbahnlinie. Dieser folgt man ein Stück
rechts entlang, am Ende geht es nach links durch eine Unterführung
unter ihr her. Man erreicht nun ein Fleckchen schöner
Ländlichkeit, eine Insel in dem Gewirr von Nationalstraßen,
Autobahnen und Eisenbahnstrecken, das den ganzen Camino Inglés
doch sehr dominiert und immer wieder die Schönheit der
Landschaft beeinträchtigt, ja sagen wir ruhig ganz offen: diese praktisch zerstört hat.
Rechtsbogen (Rúa de Pena) auf kleinen Asphaltstraßen. Etwas weiter weist eine
Muschel geradeaus, gelbe Pfeile ein Sträßchen nach rechts hinunter.
Wir folgten den Pfeilen, die neu wirkten (richtig). Man unterquert die doppelspurige
Fernstraße FE-11
und muss dann sofort nach links einen Fußpfad hoch (also
nicht die Straße weiter). Eine Zeitlang geht man rechts an der
Fernstraße bzw. einem Zubringer entlang, bis man zwei lange
Häuserzeilen erreicht, die wie in die Landschaft geworfen wirken.
Zwischen den Häusern
hindurch bis zum Ende, da ist man wieder in ländlicher Einsamkeit.
(Am Folgetag ist diese isolierte Siedlung deutlich am anderen
Ufer auszumachen.) Hier kommt auch wohl die alte Pilgerwegführung von
links hinzu (die braune Linie in Wikiloc zeigt noch den alten Verlauf).
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Unterführung vor San Martín
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San Martín de Xubia
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Pilgerweg nach Norden
(7,5 km) Rechts unten liegt eine Wallfahrtskirche von einiger Bedeutung:
San Martíño de Xubia. Dort entdecke ich eine große
Informationstafel, auf der der Camiño de San Andrés de
Teixido, ein Pilgerweg, der zu dem bekannten Heiligtum im Norden
führt, eingezeichnet ist. Er hat einen Seitenast zu
einem Kloster am Meer im Westen, und an diesem Ast liegt - Covas.
Das also ist der Sinn dieser Herberge außerhalb von Ferrol!
Sie hat eigentlich mit dem Camino Inglés nichts zu tun. (Trotzdem
habe ich schon Ankündigungen im Netz entdeckt, dass Pilger
den Camino Inglés dort beginnen wollen. Ob das eine neue
Gewohnheit wird?) Dieser andere Pilgerweg wird mit roten und
weißen Pfeilen ausgezeichnet und biegt in Xubia nach Norden
ab.
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Wildes Zickzack bei Xubia
15h30. An der Kirche ist ein schönes Plätzchen im Grünen,
Bäume geben Schatten. Wir hielten uns aber nicht lange auf, sondern
gingen kurz zu der kleinen Straße zurück, die zur Kirche
geführt hatte, folgten ihr aber nicht in einen Linksbogen, sondern
verließen sie sofort wieder auf eine Piste, die halbrechts
nach unten führte. Man bleibt immer auf dieser, zweigt nicht in
einer Kurve nach links ab in den Wald hoch, sondern geht in
Richtung Eisenbahnbrücke, die schon die Wunschvorstellung weckt,
dort könnten auch Fußgänger die Ría
überqueren. Dem ist aber nicht so.
Später geht es geradeaus in den Wald, während die Piste nach rechts biegt.
Danach brauchten wir
noch eine ganze Stunde bis zur Herberge. Man unterquert die Autobahn und
folgt Waldwegen (dort waren Pferde zum Grasen angebunden, in
brütender Hitze), die bald wieder rechts an der FE-11
entlangführen. Vor uns kam eine Gruppe Fußwanderer
in Sicht, keine Pilger, die auf der Piste liefen; wir hingegen
auf einem parallelen Wiesenweg, der sich aber an der ersten
Fußgängerbrücke über die Fernstraße
mit der Piste vereinigt. An einer zweiten Fußgängerbrücke
zeigte eine Muschel auf einmal klar an, dass man die Brücke
überqueren soll, um auf die linke Seite der Fernstraße
zu gelangen. Was sollte das? Das war gegen das Gefühl, eigentlich
der Piste geradeaus folgen zu müssen. Nun habe ich zu oft erlebt,
dass man besser nicht seinem Gefühl, sondern der Muschel folgen sollte.
Brav zogen wir also über die Brücke.
Man erreicht auf einem Waldweg
eine kleine Asphaltstraße. Auf der Wand eines rosa Hauses
eine Muschel nach rechts. Dann kommt man zu einer Mauer, der man
nach links, dann nach rechts herum folgt und so das Ría-Ufer
erreicht. Nach rechts zu Mühlenruinen.
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Unter der Autobahnbrücke her
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Blick zurück auf die Mühlenruinen
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(9 km) Es war uns klar, dass das Ganze ein Umweg war. Nun, diese wilde spitze
Zacke des Pilgerweges sieht man auch auf der Darstellung von Wikiloc.
Sie bewirkt, dass man einen linken Zipfel der Ría (mit
Einfluss, viele Fische) auf
einem alten Damm überquert, direkt an den historischen
Ruinen der Mühlen vorbei. Das war sicher wohl der alte
Pilgerweg, und diese Sehenswürigkeiten lohnt es ja auch
mitzunehmen.
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Jenseits des Einflusses läuft man am Ufer
links weiter, jetzt nahe bei der Stadt Xubia, die aber
links liegen bleibt. An einer kleinen Wegekreuzung zweigen die weißen
und roten Pfeile nach links ab. Hier trennen sich die Pilgerwege.
Nach Santiago geht's geradeaus weiter.
Das Ufer wendet sich nach links,
und jetzt kommt man sich doch etwas auf den Arm genommen vor:
Man ist jetzt links von einem weiteren Einfluss. Gegenüber,
zum Greifen nahe, liegt die Brücke der FE-11, also nahezu
parallel verlaufend.
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Abzweig des Pilgerwegs nach San Andrés
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Man ahnt schon, dass man auch von dort
hätte kommen können, indem man einfach nicht über
die Fußgängerbrücke, sondern geradeaus
gegangen wäre. Unsere verschwundene Fußgängergruppe
hatte wohl genau das getan; jedenfalls meint Hedwig, sie gesehen zu
haben. Ein Fußweg begleitet die
Brücke, und von diesem kann man auf einer Fußgängerbrücke zum linken Ufer der
Ría hinuntersteigen, um wieder auf dem offiziellen
Pilgerweg zu sein.
Dann sieht man aber die Mühlen nicht, jedenfalls nicht
so nah, und kann nicht über den alten Damm stöckeln.
Wir liefen also am linken Ufer des Einflusses entlang,
bis er unter der FE-11-Brücke verschwand, zu der
wir nun hochlaufen konnten.
Variante durch Xubia
Man kann nun auch der FE-11
nach links in die Stadt folgen, wenn man Besorgungen machen will.
Wichtig ist nur, dass man am östlichen Ende der
Stadt rechtzeitig vor der Fernstraßenbrücke
halbrechts abzweigt, um den Fluss Xubia (den
Haupteinfluss der Ría) auf einer doppelbögigen
Fußgängerbrücke zu überqueren.
Das ist nämlich wieder der Pilgerweg.
Variante am Ufer entlang
Wer nicht in die Stadt gehen will, wendet sich auf der
FE-11-Brücke zunächst spitzwinklig nach rechts,
bleibt aber auf dem Fußweg, denn dieser
läuft nicht über die Brücke, sondern taucht nach
unten ab, um sie in einem Linksbogen zu unterqueren.
So erreicht man das linke Ría-Ufer. Hinter
der Brücke kommt von oben die erwähnte
Fußgängertreppe herunter.
Nun folgt man einfach dem Uferweg. Die Romantik wird durch
eine große Schrottanlage gestört, die links hinter
einer nur notdürftig kaschierenden Baumreihe liegt.
Wenn von dort noch Lärm und Schrottstaub herüberziehen,
wie wir das Pech hatten, ist dieser Weg nicht so schön,
wie er sein könnte.
Herberge von Neda im Hintergrund
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In Reichweite von Hochhäusern links steuert man
nach geraumer Zeit auf die schon erwähnte
Doppelbogen-Fußgängerbrücke zu. Der
Weg aus der Stadt kommt hier hinzu. Jenseits der Brücke
sieht man längst die Pilgerherberge liegen. Dass sie es war,
verwettete ich bereits seit einigen Minuten meinen Hut. Er war
nicht in Gefahr.
Gegen 16h25 überquerten wir, wegen der Sonne etwas erschöpft,
die schöne Brücke über den Fluss
Río Grande de Xubia.
Zur Orientierung: Rechts vom Weg lag die Herberge.
Geradeaus ging ich später in Richtung Bar.
Rechts um die Herberge herum erreicht man deren Eingang.
Außerdem verläuft dort ein plattierter Weg, der
sich etwas weiter halblinks in die Vorstadt von Neda hochzieht.
(zu einem Supermarkt!) Der Pilgerweg geht hinter der Brücke rechts
einfach das Ufer entlang weiter in
Richtung Ortszentrum Neda mit Kirche Santa María.
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Wenn man kein Mobil dabei hat ...
16h30 sind wir an der Herberge. Sie ist verschlossen. Die Nummern,
die man anrufen soll, lauten: 671 846 320 (Festnetz) und 981 387 751 (Mobil).
Da standen wir telefonlosen Halbmenschen nun! Ich fragte einen Mann, der
gegenüber den Zaun säuberte, nach einem Telefon. Ja, in der Bar
"Barriga Verde", die liege oben an der Hauptstraße. Also: von der
Brücke aus geradeaus, bis der Weg in eine Asphaltstraße
einmündet. Dieser nach rechts folgen, an einer Einmündung
von links vorbei, immer geradeaus, bis man spitzwinklig auf die
Hauptstraße trifft. Dort liegt oben, etwas links versetzt, gegenüber
die Bar (es gibt nur Bocadillos). Wo ich kurz darauf eine kalte Cola zischte. Es gab einen
blaugelben öffentlichen Fernsprecher, der aber meine Vorbezahlkarte wohl
nicht akzeptierte. Meinte jedenfalls die junge Bedienung. Ich bat
sie, für mich bei der Straßenwacht anzurufen, da ich
immer Manschetten habe, auf Spanisch zu telefonieren. "Mach ich doch
immer für alle Pilger" lachte sie. Da der Apparat einen Zähler
hatte, blieb ich ihr nichts schuldig.
Herberge in Neda
Zur Herberge zurück, wo Hedwig das Gepäck im Schatten bewachte.
Ein weiterer spanischer Pilger war bei ihr, wollte nachher aber nur
einen Stempel und lief weiter.
Recht bald kam auch ein Wagen der Straßenwacht, mit einem
freundlichen Herrn, der für die Herberge zuständig war.
Sie hat 24 Betten in einem Schlafsaal, außerdem 4 in einem
anderen, der für Behinderte reserviert ist. Zwei Badezimmer
(alles tipptopp), dazu eines gegenüber dem Behindertenzimmer.
1 Toilette pro 12 Personen ist allerdings nicht gerade viel.
Die unpraktischen Duschen in Galicien
Jetzt folgt wieder meine Kritik an den unpraktischen Duschen, wie
sie auch in Miño und Bruma (praktisch in allen neuen
Herbergen) sind: im Vorraum Waschbecken, rechts Toilette.
Im Hintergrund zwei symmetrische, einander gegenüberliegende
Duschnischen. Ohne jede Ablagemöglichkeit. Natürlich
keine Tür oder Vorhang. Man zieht sich im Vorraum aus
und lässt seine Sachen da, da ja sonst alles klatschnass wird
(wo lässt man bloß die Wertsachen?). Dann wischt
man in die Nische, um zu entdecken, dass der fest eingestellte
Duschkopf nur dorthin Wasser spritzt, wo man aus der Deckung der
Nische ist. Kurzum: Öffentliches Duschen! Wenn dann Andrang
ist, wird es wirklich peinlich. (Zum ersten Mal hatte ich solche
Duschen 2000 in Palas de Rei erlebt!) Die einzige Möglichkeit
ist, das ganze Badezimmer abzuschließen, aber das ist
unzumutbar, wenn andere Pilger Schlange stehen. In Bruma wurde dieses
Problem mit Hilfe der Herbergseltern gelöst, davon später.
Jeder muss anrufen!
Übernachtung 5 € pro Nase, wie in den folgenden Herbergen
auch. Dafür gibt's auch die erwähnten Plastikschaumbezüge
für Matratze und Kopfkissen.
Der Herbergsvater hatte seinen Spaß an uns, als wir
erzählten, wo wir überall schon gewesen waren.
Er gab uns gleich zwei Stempel in den Credencial mit
Ankunfts- und Abreisedatum.
Wir
bekamen einen Schlüssel für die Herberge, die auch
von innen nicht ohne diesen verlassen werden kann! Seltsam. -
Nervig: Wir durften niemanden einlassen. Jeder muss vorher wieder
telefonieren, sonst darf er nicht rein. Man stelle sich mal vor:
Draußen stehen halb verdurstende Pilger mit kaputten
Füßen, aber ohne Mobiltelefon, und ich feixe von
innen, dass sie nicht reinkommen, ohne dass sie erfolgreich
angerufen haben. Ich hoffte, mir blieb diese Situation erspart.
Aber der Mensch hofft oft vergebens ...
Zwei sympathische Mitpilger
Wir sind vom Einkaufen im Supermarkt zurück und tafeln gerade wie
die Fürsten, da fährt gegen 19h00 ein Auto vor, zwei
Männer springen raus, so um die 35-40. Was mache ich jetzt?
Ich mache die Tür (mit dem Schlüssel) auf und frage:
"Español? Francés? Inglés? Holandés?
Alemán?"
"No, polacos" ist die Antwort. Tja, mit Polnisch kann ich nicht
dienen. Ihr Spanisch war rudimentär, ebenso ihr Deutsch, also
Englisch. Antek und Frantek (sie hießen natürlich anders)
waren Brüder und blutige Pilgeranfänger. Eine hilfreiche
Spanierin hatte sie zur Herberge gebracht, damit sie nicht lange
rumsuchen mussten.
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Pilgerfreunde aus Polen
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Aber jetzt galt es zu telefonieren. Credenciales
hatten sie ja. Antek zückt sein Mobil, ruft eine der Nummern
und bittet in fließendem Englisch, dass jemand kommen möge.
Dann stockt er. Sein Gesprächspartner (es ist wohl die Frau vom
Herbergsvater oder eine Kollegin) kann kein Englisch. Da reicht er mir
den Hörer. Ein Schwall Galicisch tönt mir entgegen. O nein!
Ich sage einfach auf Castellano, dass zwei weitere Pilger an der
Herberge eingetroffen seien. Antwort: Schwall auf Galicisch.
Es kommt sofort einer, übersetze ich. Dabei habe ich gar nichts
verstanden. Alle bewundern meine Spanischkenntnisse.
Beförderung zum Hilfsherbergsvater
Was hätte ich bloß gemacht, wenn die Frau gesagt hätte:
"Da kommt heute keiner mehr"? - Doch, der Herbergsvater kommt tatsächlich
wieder in dem Dienstfahrzeug der Protección Civil vorgefahren.
Ich mache mit einem etwas mulmigen Gefühl Meldung: "Zwei polnische
Pilger mit Credenciales, bereits von mir eingewiesen." Der Herbergsvater
lacht sich kaputt. Er befördert mich sofort zum Hilfsherbergsvater,
sagt "Rudolf" zu mir und klopft mir auf die Schulter. Gut, dass wir in
Spanien sind! Ich werde u.a. in die Geheimnisse des Boilers in der Gerätekammer,
in der Wasser zentimetertief (ihn stört's nicht) auf dem Boden steht, eingewiesen.
Außer mir darf niemand die Kammer betreten. Ich schwöre, dass da nur
über meine Leiche jemand reinkommt.
Spät abends erscheint doch noch eine Kontrolle - ein Kollege -
dem ich aber gleich sage, dass alles in Ordnung ist, Boiler ausgeschaltet,
usw. Als Hilfsherbergsvater kenne ich meine Pflichten.
Antek und Frantek sind zum Supermarkt davon. Sie kommen auch vorerst nicht
wieder. Sie haben einen eigenen Schlüssel bekommen, kehren erst
von einem Gläschen Wein, wie sie anderntags erzählen, gegen
23 Uhr zurück - und ziehen fast geräuschlos in das
Behindertenzimmer. Wohl, weil Frantek auch schnarcht, wie er zugegeben hat.
Es wurde für uns alle eine ruhige Nacht.
25. Juni 2010, Freitag:
Von Neda nach Miño, 32 km (43 km)
(darin enthalten: 5 km Umweg zur Kapelle San Miguel de Breamo!)
Man kann sich selbst einsperren
Gleich am 2. Tag wurde das unsere längste Etappe, mit weitreichenden Folgen.
Der Trick ist immer, sich psychisch vorzubereiten, vor allem mit der
Salamitaktik: Teilziele definieren, Orte, besonders auch Bars, die dem
Körper Erfrischung verheißen. Z.B. heute: 1. Teilziel: Fene,
5 km, mit "Versorgungseinrichtungen": Bar, Läden, Telefon, Stempel ...
6h45 standen wir auf, unsere Freunde waren ebenfalls schon munter und
zogen vor uns ab. Als Hilfsherbergsvater kassierte ich den Schlüssel
und schob ihn unter der Tür des abgeschlossenen Büros hindurch,
später unseren ebenfalls. Dabei musste Hedwig die Außentür
aufhalten, sonst hätten wir uns eingesperrt. Eigentlich eine unmögliche
Regelung.
Herberge Neda und Uferweg
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8h20 ziehen wir los, ein wenig spät für so eine lange Etappe.
Der Weg begann mit viel Natur und eben, am Fluss entlang, wo aufwendige
Spazierwege gestaltet wurden. Am Ende über den ersten kleinen
Fluss nach Neda rein. Es geht gleich wieder rechts zur Kirche
Santa María, hinter ihr über das nächste Flüsschen
und dann die alte Dorfstraße entlang. Nach einer unvermuteten
Linksabzweigung gleich wieder rechts parallel zur Fernstraße.
Rechts ein modernes Verwaltungsgebäude mit Angabe
"Información". Dort gab es einen
Stempel. Man konnte auch auf die Toilette.
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9h15 passieren wir eine Bar "Hermida". Aber wir brauchen noch nichts.
Nach Überqueren der Fernstraße zieht man auf halber
Höhe durch lockere Bebauung, wobei man sehr schöne Blicke
auf die Ría hat. Man sieht deutlich, wo man am Vortag
hergezogen ist, z.B. die isolierte Reihenhaussiedlung vor
San Martiño de Xubia.
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Ría von Ferrol
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Zweideutige Wegemarkierung
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Vor Casanova sorgen eine Muschel und teils durchgestrichene Pfeile
für etwas Verwirrung. Wir ziehen halblinks hoch nach Casanova.
Beide Varianten sollen binnen kurzem ohnehin wieder zusammenkommen.
Dann senkt sich das Sträßchen nach Fene hinunter.
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Durch Fene
5 km. 10h08. Bar "A Ponte" ("comidas").
Man überquert die N651, die von Ferrol über die Brücke
kommt, und geht gegenüber weiter. Bar, Rathaus rechts
(Stempel möglich), Telefonzelle. Etwas aufpassen: Nach links und gleich
danach scharf rechts. Man ist dann schon wieder auf dem Land, folgt der
Piste immer geradeaus zwischen Häusern hindurch (im Zweifel
halblinks halten). An einer großen
Brunnenanlage steigt dann ein Asphaltsträßchen hoch (Blick zurück),
dann zweigt der Pilgerweg rechts ab in den Eukalyptuswald.
Am jenseitigen Waldrand halblinks hoch in Richtung Fernstraße N651.
An ihr rechts entlang. An einem riesigen Bagger bleiben wir stehen und
schauen auf das Tal hinter uns zurück. Man kommt doch sehr schnell
erstaunlich hoch.
Unter der Autobahn hindurch (die N651 ist mehr links geblieben).
Gelbe Pfeile auf Pfeilern weisen nach
links. Es geht scharf links an der Autobahn zurück, aber kurz darauf
auf eine Piste nach rechts abbiegen. An einer T-Kreuzung rechts, Häuser,
Landstraße überqueren: schräg rechts gegenüber
geht's weiter. Es folgen endlich wieder angenehme Wiesenwege,
bis man ganz auf der Höhe an einem Kreisverkehr herauskommt
und einen die Kulturwüste wieder hat.
Bar "Vilar do Colo"
8 km. 11h15. Rechts großes Fernfahrerhaus mit Laden, Bar "Vilar do Colo".
Wer sitzt dort an der Theke? Antek und Frantek natürlich.
Wir trinken einen Kaffe, ruhen etwas aus. Freundliche Bedienung (im
Fernfahrercafé nicht selbstverständlich). Wir lassen unsere
polnischen Freunde zurück und gehen im Kreisverkehr gegenüber
eine neuere Industriestraße hinein. Geradeaus Wald und eine der
unvermeidlichen Viadukte quer zu unserer Laufrichtung (die Autobahn
AP-9).
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Ein uriges Steinmännchen
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Aufpassen am Kreisverkehr
Ich habe vergessen, am Kreisverkehr nach Zeichen Ausschau zu halten.
Jetzt nichts zu sehen. Klar, wenn es geradeaus geht. Eine kleine
Kreuzung, kein Zeichen. Hedwig geht jetzt links, wir halten die Augen offen. Da,
vor mir auf dem Bürgersteig ein kleiner gelber Pfeil, und Hedwig
ruft: "Pfeil nach links". Stimmt, an einem Masten. Also die
2. Abzweigung links. Es folgen gleich weitere gelbe Pfeile an Masten.
Noch bevor man eine größere Straße erreicht, geht
es rechts in die Büsche.
Bemerkung: Wahrscheinlich haben wir am Kreisverkehr den falschen
Ausgang erwischt. Es ging, von da gesehen, wo wir
hergekommen waren, wohl scharf links weiter. Aber da man bald
darauf zwei Mal rechts abbiegt (so habe ich rekonstruiert),
kommt man unserer Route entgegen und zweigt dann links in die
Büsche ab. Jedenfalls bin ich bis zur der erwähnten
größeren Asphaltstraße gelaufen und habe prompt einen
gelben Pfeil gefunden, der in unser Industriesträßchen
rechts ab verwies. Auch nach Wikiloc ist das so richtig gedeutet.
Was soll's? Unsere Route (ohnehin geht's hier um 500 m) war
genauso gut.
Schöner Wiesenweg
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Nun folgten wieder schöne Naturwege, man
atmete richtig auf. Später rechts über eine Autobahnbrücke und wieder
Waldwege bis zur AC-1502. In lockerer Bebauung geht es links ab durch die Bauerschaft
Lodeiro, man sieht die AC-1502 immer rechts liegen. Brückchen
aus einem Steinquader über einen Bach.
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Tipp: Der schönste Strand des Camino Inglés
Vor Cabañas
trifft man auf die AC-122. Man überquert sie und geht gegenüber
eine Treppe hinunter auf ein Sträßchen, das nach
Cabañas hineinführt, unter der Eisenbahnlinie hindurch.
Jetzt kam die positive Überraschung des Tages: Rechts
ein Kiefernwald und dahinter ein wunderschöner Strand.
Warum wird nur der Pilgerweg geradeaus die Straße entlang des
Wäldchens geführt? Man kann genauso gut am Strand entlang,
denn am Ende kommt man doch wieder auf die Straße
(Kreisverkehr) und muss
auf jeden Fall unter der Bahnlinie hindurch den Uferweg zur
Brücke nach Pontedeume hinein.
Aber erst sollte man den Strand für eine ausgiebige Pause
benutzen. So ein Fleckchen Erde am Meer kommt auf dem Camino Inglés
nicht wieder! Ich empfehle, Pontedeume zum Ziel einer Kurzetappe
zu machen, zumal der Rest bis Minño recht happig ist, und
sich hier zu entspannen. Leider hatten wir selbst keinen Reservetag,
um diese Idee gleich zu verwirklichen.
12 km. 13h20 am Strand. Mittagessen auf einer Bank. Wohltuende Stille,
Leute im Wasser. Wunderbarer Blick.
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Strand von Cabañas
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Brücke vor Pontedeume
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Aber bald treibt es uns weiter,
da wir noch nicht einmal die Hälfte der Etappe hinter uns haben.
Über die große Brücke auf das malerisch vor uns liegende
Pondedeume. Wo mag die Kapelle von Breamo liegen? Ist die viel
zitierte Treppe zu sehen? Höhen gibt es vor uns genug, aber man
kann nicht ausmachen, wo es wohl hinübergeht.
Über eine enge Kreuzung hinter der Brücke direkt geradeaus
in die Altstadt, es geht steil hoch. Unter den Arkaden sitzt Antek, hat sich
gerade rasieren lassen und lässt jetzt Getränke auffahren.
Der Mann weiß zu leben.
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Entscheidung in Pontedeume
Wir rücken bis zur Santiagokirche hoch
vor. Der Pilgerweg geht von ihr wohl links weiter, aber den folgenden
Kilometer kann ich nicht beschreiben, weil wir ihn nicht gegangen sind.
Wikiloc nennt die Straßen: Calle de Empedrado (schlecht zu lesen),
Serpentine nach links, Rechtsbogen, Calle del Souto da Vila.
Wikiloc hat gegenüber Google Earth den Vorteil, dass über
das Satellitenbild das wichtigste Straßennetz, teils mit
Straßennamen und -nummern, gelegt ist. Genau hinter Pontedeume
ist aber ein technischer Fehler passiert: eine ganze Reihe Straßen
erscheinen als Zwillingspaar, was die Orientierung erschwert. Ein
Vergleich mit den Bildern von Google Earth bringt aber Klarheit.
Treffpunkt des Pilgerweges mit der Route, die ich beschreibe, ist
die Abzweigung, wo das Schild "3 km zur Kapelle von Breamo" steht,
ab Pontedeume ca. 1 km auf dem Pilgerweg.
Hinter der Santiagokirche ist eine Informationstafel über den
Aufstieg zur Kapelle von Breamo. Wir finden die Tafel zerstört, null
Information. Den diversen diffusen Beschreibungen glaubte ich entnommen
zu haben, dass man einen Umweg über die Kapelle machen kann,
hinter ihr aber wieder den Pilgerweg erreicht. Man nimmt dabei einen
heftigen Anstieg in Kauf. Dazu war ich bereit, hatte aber auf diese
Infotafel und Schilder gehofft. Jetzt wäre ich gut beraten gewesen,
mein Vorhaben aufzugeben und die Kapelle im Programm zu streichen. Aber mein
westfälischer Dickkopf ließ das nicht zu. Ich wollte und musste da
hoch. Eine krasse Fehlentscheidung.
Abstecher nach San Miguel de Breamo (nicht zu empfehlen)
Ich schildere zunächst den Weg, gebe dann Ratschläge, wie man
es besser machen kann.
14h30. Hinter der Kirche sind Treppenstufen, und oben ist die Rúa de Fonta
Nova (geradeaus, nicht nach rechts). Am Haus 8 geht rechts die erwartete
Treppe steil hoch. Ein "Por-Aqui" (hilfreicher Spanier, der einen auf den
rechten Weg "wedeln" will) schreit "falsch", der Pilgerweg ginge geradeaus
(evtl. eine Variante). "Zur Kapelle von Breamo?" frage ich zurück. "Ach so,
nein, dann seien wir richtig." Typisch "Por-Aqui": Weiß gar nicht, wo
wir hinwollen, weiß es auf jeden Fall besser.
Jetzt wird der Geländegang eingelegt. Immerhin im Schatten, die steile
Treppe hoch. Die hört zu meiner Verwunderung schon sehr bald auf. Ich dachte,
die ginge bis oben. Jetzt ist es ein steiler Hohlweg mit Pflasterresten. Einmal gibt
es einen schönen Blick auf die andere Ríaseite mit Cabañas.
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Steile Treppe nach oben
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Blick auf Cabañas
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Puh, der erste Absatz, eine T-Kreuzung. Geradeaus über uns muss ein
Bauernhof liegen, wir stehen vor einem Zaun. Eine Fahrspur quert. Allerlei Unrat
liegt rum. Nach links oder rechts? Keinerlei Zeichen. Spinnen die denn? Ich denke,
das ist der berühmte Aufstieg zur Kapelle von Breamo? Der Weg hält rechts
und links dieselbe Höhe, sonst hätte man die Richtung mit dem Anstieg wählen
können. Ich entscheide "nach rechts" (das war richtig). Der Weg wird zum Wiesenweg und erreicht wieder
ein umzäuntes Gelände linker Hand. Hier kann man vor dem Zaun links steil
hoch. "Hoch" muss ja richtig sein. Am Ende kommt man an einem Sträßchen
raus. Ein Schild sagt "Rúa Real" mit Pfeilen nach links und rechts. Aha, wir haben
also die "Hauptstraße" von was immer erreicht. Es ist das Bergdorf
Vista Alegre 'Frohe Sicht', wir schauen im Moment eher verkniffen.
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Rechts nach oben weiter. Links ein Bauernhof mit einem roten Turm, eine alte Frau
schaut aus einem Haus heraus. "Nach Breamo weiter hoch?" Sie gibt eine kompliziertere
Antwort, sieht an meinem Gesicht, dass ich fast nichts verstehe. Da winkt sie uns
und läuft uns voran. Dabei ist der Weg nur noch eine ausgewaschene
Rinne, in der sie mit Hausschuhen an den Füßen mühsam hochhampelt.
Ist mir direkt peinlich. Aber schon nach wenigen Metern kommen wir an einer Kreuzung
heraus. Ein Schild nach rechts: "Zur Kapelle von Breamo". "Viel zu weit" winkt sie ab.
Es ist das Sträßchen, das vom Pilgerweg herführt, mutmaße ich
korrekt. Links kommt das Asphaltsträßchen von unten her, ein anderes
geht links rauf.
Wir sollten letzterem folgen, sagt sie, "ganz nah". (Das war sehr übertrieben.)
An einem Haus, das ein Kreuz (cruceiro) im Garten hat, rechts in den Wald hoch und
immer geradeaus. Wir bedanken uns sehr und stapfen los. Nach ca. 150 m links das
Haus mit Kreuz im Garten, 10 m weiter spitzwinklig rechts hoch ein Fahrweg.
An dem Fahrweg liegt nach 100 m ein Haus, Hunde bellen hinter der Umzäunung.
Dass wir auf dem richtigen Weg sind, merken wir sofort, als der Fahrweg zu einem
Waldweg wird, der aber unverkennbar alte Pflasterung hat, die fast vollständig
erhalten ist. Es geht jetzt steil hoch, die Bäume geben in der Mittagszeit
fast keinen Schatten. Da kann ich mal zeigen, was ich noch drauf habe.
Die Strecke beträgt etwas über 1 km, kommt einem natürlich viel
länger vor. Das Ganze erinnert mich an den Aufstieg vor dem Flughafen von
Santiago, auf dem Camino Francés. Der führt auch durch Eukalyptuswald
hoch und will auch nie ein Ende nehmen. Endlich, vor uns die Höhe, ein
parkendes Auto, und dahinter die Kapelle.
Wir sinken auf eine Bank und schauen
uns um. O ja, Schilder sind da. Wann die Kapelle von wem und warum gebaut wurde
usw. usf. Aber null Information, wie es weitergehen soll. Wir laufen rum, schauen
uns die (geschlossene) Kirche von außen an und suchen nach Wegweisern.
Nebenbei: der in dem Heftchen der Xunta de Galicia geschilderte einmalige
360-Grad-Ausblick über die Rías ist natürlich ein Witz.
Ringsum sind die Bäume so hoch, dass man absolut nichts sieht. Nun,
wenigstens das hatte ich mir schon vorher gedacht.
Die Kirche ist wirklich sehenswert, aber nur für diesen Anblick allein
wäre ich hier niemals hochgestiefelt.
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San Miguel de Breamo
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Wo geht's zum Pilgerweg weiter?
Eine junge Ausflüglerfamilie weiß es auch nicht. Ich habe nur eine
verlässliche Information: Am Pilgerweg gibt es ein Schild "3 km bis Breamo",
und von dort müsste das Sträßchen unten am Bauernhof vorbei
hier hochführen. Bittere Schlussfolgerung: Wir müssen dieses
Sträßchen zurück! Der sog. "Umweg" ist ein "Abstecher" von
6 km! Ich schaue finster, Hedwig ebenso. Und außerdem tut ihr jetzt die
rechte Fußsohle weh. Die Kapelle liegt bei 305 m Höhe, höchster
Punkt der ganzen Gegend. Toll, dass ich es geschafft habe, da mal eben hochzulaufen
- ich Idiot!
16h00. Hadern hilft nicht. Ich erkläre Hedwig, wie ich zum Pilgerweg zurückfinden
will, sie ist "begeistert". Das Asphaltsträßchen windet sich in einer
großen Rechtskurve den Berg hinunter. Gleich nach 200 m kommt ein
Abzweig nach links, wäre genau die richtige Richtung. Wetten, dass man
da auch zum Pilgerweg kommen kann? Aber nicht der kleinste Hinweis, und ich habe
ja keine Karte. Die
Straße bergab läuft sich bequem, und man hat überdies als kleinen
Trost tatsächlich ein paar schöne Ausblicke. Bei etwa Kilometer
2 (das wird angezeigt) sind wir wieder an der geschilderten Kreuzung oberhalb
von Vista Alegre.
Ich nehme den unteren der beiden Wege, also nicht den oberen zum Haus mit
dem Kreuz im Garten, denn zum Pilgerweg muss es ja wohl runtergehen.
War im Prinzip richtig, aber oben hoch wäre kürzer gewesen.
1 km weiter kommen wir an einer Kreuzung raus,
und - mir fällt ein Stein vom Herzen: Da ist das Schild "3 km nach
Breamo" und dort ein gelber Pfeil.
14 km + 5 km Umweg. Wir haben den Pilgerweg wiedergefunden.
Ratschläge und Tipps:
Um mich zu wiederholen: Meines Erachtens nach lohnt der Abstecher nicht.
Wer ihn trotzdem machen will, sollte ruhig den Aufstieg so machen wie
wir, der historische Prozessionsweg mit der alten Pflasterung hat schon was.
Natürlich kann man statt dessen auch ab Vista Alegre das
Sträßchen gehen. Es ist auch nicht so viel weiter, wie die
Bäuerin meinte, ich schätze etwa 600-700 m.
Für den Rückweg habe ich
folgende zwei kürzeren Möglichkeiten mit Wikiloc gefunden:
- Den erwähnten Abzweig, von der Kapelle nach 200 m auf dem
Sträßchen, nach links benutzen.
Sobald man den Wald verlässt, liegt links eine Gebäudegruppe.
An der folgenden T-Kreuzung einfach nach links, 500 m
bis zu
einer T-Kreuzung, wo der Pilgerweg von links kommt.
Insgesamt kommt man so binnen etwa 2 km auf den Pilgerweg zurück,
hat damit nur noch einen Umweg von etwa 2 km gemacht. Nachteil: Man muss das alles finden
und meinen Angaben trauen :-)
- Man geht von der Kreuzung oberhalb von Vista Alegre nicht den Weg
hinunter, sondern den anderen Weg hinauf, an dem Haus mit dem Kreuz im Garten
vorbei. Nach wenigen 100 Metern kommt einem der Pilgerweg entgegen, und ein
Muschelstein (den sieht man aber ja dann von hinten) weist nach rechts
zum Waldrand. Damit kürzt man gegenüber dem unteren Weg
etwa 1 km ab.
Noch 13 Kilometer
Ich mochte Hedwig kaum sagen, dass wir noch ca. 13 km vor uns hatten.
Es ging die alte Nationalstraße entlang, bis kurz vor der
Einmündung in die neue. Dort standen rechts ein paar Frauen
und winkten uns, bei ihnen halbrechts abzuzweigen. Die Muschel oben
am Haus ist leicht zu übersehen und etwas komisch angebracht.
"Durchs Haus?" fragte ich scherzhaft. Den Witz kannten sie schon; sie lachten
und nickten bestätigend: "Ja, sieht so aus, nicht wahr?" - Doch zuvor
gingen wir noch an der Hauptstraße zu einer Bar, die als 50 m
entfernt (spanische 50 m = mind. 150 m) angekündigt wurde. Wir mussten
wieder Cola tanken.
Danach zurück und zwischen den Häusern, wo die Frauen gestanden
hatten, halbrechts hoch, das erste Stück sehr steil. Oben kommt dann
eine Linksabzweigung. Das ist da, wo einem der von mir empfohlene Rückweg
von Breamo entgegenkommt. Am Wald entlang (Bauerschaft Cermuzo). Nach einigen hundert Metern
kommt ein Asphaltsträßchen von rechts. Wir schworen, dass man da
von Breamo hätte herkommen können. Ja, das war richtig, siehe oben
meinen ersten Tipp für den Rückweg.
Psychisch hilfreiche Teilziele
Wir brauchten wieder psychisch hilfreiche Teilziele nach der Salamitaktik. Angekündigt
waren ein Picknickplatz bei km 16, Ortschaft Viadeiro nach km 20, Bañobre
nach km 22, Stadtgrenze Miño nach 25 km, Herberge nach 27 km. Diese letzten
12 km marschierten wir stumpf weiter, ziemlich erschöpft. Ich habe keine
Aufzeichnungen mehr gemacht und auch nicht alles wie einen Film im Kopf wie sonst,
wenn ich frisch war. Nachdem der Picknickplatz erreicht war (Wasserkran funktionierte
nicht, soweit ich mich erinnere), kam ein landschaftlich schöner Abschnitt,
auf einer Art Damm durch eine Niederung. Eine Landstraße (AC-4802) wurde
versetzt nach links gekreuzt. Dann wieder "Kultur": Kreisverkehr, in ein Golfgelände
gegenüber, über die Autobahn, dann links von ihr steil hoch und durch Wald
bis zu einer Landstraße. Rechts folgte dann Viadeiro. Es kann hier
gewesen sein, wo ich Hedwig im Schatten eines sterilen Betongemeinschaftsgebäudes
den rechten Fuß verarzten musste. Dicke Blase unter dem Ballen.
Bañobre mit einem Betonwerk rechts kam dann "verdächtig" schnell
für 2 Kilometer.
Evtl. muss man die geschätzten Kilometer-Angaben hier mal revidieren. Um so
länger zog sich der Rest hin.
Viadukt vor Miño
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Die letzten 4 Kilometer
Jenseits des Zubringers zur N651 (die blieb immer verborgen links) war ein lauschiger
Picknickplatz mit Flüsschen und alter Brücke. Danach erreichten wir das Ufer
der Ría von Miño, das Ziel schien nahe. Schien! Geduldig nahmen wir die
nächsten 2 km, bis Häuser in Sicht kamen: Miño! Schnell unter der
Autobahn hindurch, die hier wieder mit wilden Pfeilern durch die Gegend stelzte und mit der
N651 ein unentwirrbares Knäuel von Viadukten bildete, und nichts wie hinein in die Stadt!
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Denkste! Davor war ja noch der Fluss, und deshalb holte der Pilgerweg zu einem riesigen
Rechtsbogen aus, der erst nach links beinahe zurückführte, an der Autobahn entlang,
endlich rechtsrum in die Stadt. Dort ein-zwei Straßen weiter zum Hauptplatz, links gleich wieder hoch, an
einem geschlossenen Laden vorbei (es muss kurz nach 20h00 sein!), zur Hauptstraße
(AC-154), die sich durch den Ort zieht. (Links oben hinter der Kurve gab es einen Supermarkt, der
sicher auch noch geöffnet gewesen wäre. Geradeaus, jenseits der
Hauptstraße, ging es morgen weiter.)
Aber jetzt zur Herberge. Wir schlurften die Hauptstraße rechts hinunter, begafft von den
abendlichen Kunden mehrerer Bars und Restaurants. Endlich die Eisenbahnbrücke.
Hinter dieser rechts durch Häuser hinunter in Richtung Ría. Wohnwagen
kommen in Sicht, stehen im Schatten der Autobahnbrücke. Die Straße
windet sich nach links. Noch 200 m. Da steht die Herberge auf der linken Seite.
Ich glaube, es war gegen 20h30. Ewig war ich nicht mehr so spät angekommen.
Triefend vor Schweiß, ich will sofort unter die Dusche.
Propaganda und Wirklichkeit
Und so lesen sich diese letzten 4 Kilometer in der Broschüre, die die
Xunta de Galicia über den Camino Inglés vertreibt:
(S. 11 unten):
"Man überquert den Fluss Baxoi über eine mittelalterliche Brücke mit
nur einem Bogen und betritt Miño über den Königlichen Weg
und geht bis zum Marktplatz. Die Pilgerherberge befindet sich in der Nähe
des Meeresufers." - Ha ha! Der arme Pilger, der sich daraufhin psychisch falsch
einstellt.
Zurück zu unserem Eintreffen bei der Herberge.
Eine alte Dame kommt uns entgegen. Es ist Elena (Name geändert), Italienerin,
die in London wohnt. "Ach, da kommen ja doch noch Mitpilger!" Sie war einsam und
umtänzelt uns jetzt. Oben gibt's zwei Schlafräume. Die seien nach
Geschlechtern getrennt, meint sie. Hedwig und ich trennen uns ohne Aufbegehren. Ich
will unter die Dusche.
Antek und Frantek kommen dazu, begrüßen uns, sind auch noch nicht lange
da. Man muss die Telefonnummer 981 784 254 anrufen.
Derselbe Mist wie in Neda. Wir müssen unsere polnischen Freunde um den
Gefallen bitten, denn ich kann nicht auf der Stelle die gut 1 km ins
Ortszentrum zurück. Kein Problem, sie rufen an. Die Protección Civil
kommt in erstaunlich kurzer Zeit. 5 €, Bezüge, alles Routine. Ich will unter
die Dusche. Elena springt rum, quasselt, bietet Keks an, ich fliehe. Habe bald den ganzen
Waschraum für mich. Auch anders wäre es mir völlig wurscht gewesen. Ich
werde endlich Schweiß und Dreck los und kann mich abkühlen. (Die Dusche stelle
ich immer auf ziemlich kalt, sonst nützt es ja nichts.) Meine Füße sind
in Ordnung. Ich habe irgendwann unterwegs beim ersten Drücken einen Streifen
Elastoplast auf den rechten Ballen geklebt. Aber Hedwig hat große Schmerzen
unter dem rechten Fuß. Dürfte eigentlich nicht sein, ist ordnungsgemäß
verpflastert.
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Herberge von Miño
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Trautes Pilgerzusammensein
Später wird gemeinsam ein Süppchen gekocht. Da wanken noch zwei Gestalten herein,
ein älteres deutsches Paar. Sie kommen von Ferrol, sind aber wohl über die Brücke
der N651 gegangen, wissen kaum mehr, wie sie heißen.
Elena bietet ihr Mobil zum Telefonieren an. Hat sie gerade
für teures Geld in Spanien gekauft, kann aber noch nicht damit umgehen. Frantek ruft wieder
die Protección Civil. Dann hilft er Elena, in Australien und in New York ihre
Verwandten anzurufen.
Schlummertrunk am Abend
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Für Hedwig und mich ist der Tag gelaufen. Und ich habe kein Trinkwasser
mehr, geschweige denn einen Schlummertrunk. Dann habe ich doch noch eine gute Idee. Während ganz Spanien
vor der Glotze hängt und um seine Fußballmannschaft zittert, kann ich mich bei
Antek und Frantek revanchieren. Ich laufe doch in den Ortskern und kaufe in einer Kneipe
Wasser und für sie und mich je 0,5 l Bier. Den Schlummertrunk haben wir dann zu dritt genossen. Mehr
gab's nicht, denn alle mussten unbedingt ruhen. Und Antek und Frantek wollten morgen aus
Zeitmangel bis Bruma, viel Spaß! Ich war heilfroh, dass wir nur eine Kurzetappe bis
Betanzos geplant hatten. Unsere beiden Landsleute wollten die Distanz Miño - Bruma
dagegen hälfteln und einfach in der Bauerschaft Presedo dazwischen übernachten.
Wie das gehen sollte, wusste ich nicht. Möchte mal wissen, wie es ihnen ergangen ist.
Sie saßen lange erschöpft in der Küche, bis es Schlafenszeit war.
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Noch ein Nachtrag zu Elena: Sie hatte zwei künstliche Hüftgelenke und konnte kaum
laufen. Sie wollte aber unbedingt Pilgerin sein und schaffte das, indem sie andere ganz
geschickt für sich einspannte. Man höre und staune: Sie war auch schon in Covas
gewesen und hatte sich dort von den Einwohnern zwei Tage verhätscheln lassen. Morgen
wollte sie nach Betanzos, wo sie Freunde hatte. Wie sie das alles hinkriegte, erfuhren wir
anderntags.
Fazit zur Etappe
Fazit der Etappe: Sie ist arg lang. Ich empfehle, sie in Pontedeume aufzuteilen, wo es ja inzwischen eine Herberge gibt.
Zum Abstecher zur Kapelle von Breamo habe ich alles gesagt. Diese 32 km waren deshalb
so schwer, weil die Landschaft so bergig ist. Bei anderem Wetter und einfacherem Gelände
laufe ich auch bis 40 km, aber der Camino Inglés ist wie ein Stück Nordroute.
Und auf der habe ich auch keine 30-km-Etappen gemacht. Manche Pilger schwärmen vom
"schönsten ihrer Caminos". Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Sicher gibt es einige
schöne Blicke auf die Rías (praktisch nie aufs Meer), aber ich hatte mir das viel
öfter vorgestellt. Und mehr Strand! "Die Herberge von Miño liegt am Meer", schreiben
einige. Das stimmt nur sehr bedingt. Ja, wenn man von der Herberge aus zum Ende der Straße
geht und einem Fußpfad folgt, müsste man laut Wikiloc zu einem Strand kommen.
Aber selbst für diesen kurzen Spaziergang waren alle zu kaputt. So hatten wir vor der
Herberge nur die Ría, die bei Niedrigwasser eher einem Moorloch gleicht, und nicht
zu vergessen, das "unverzichtbare" Autobahnviadukt. Schade, ich war sehr enttäuscht.
26. Juni 2010, Samstag:
Von Miño nach Betanzos, 9 km (52 km)
Nach der gestrigen Etappe war uns klar, dass ich gut daran getan hatte, an 38 km durchs galicische
Bergland gar nicht erst zu denken. Schade, dass die Städte und Herbergen in so unregelmäßen Abständen liegen. So hat man abwechselnd eine Kurz- und eine Langetappe.
Der Himmel ist heute bedeckt. Wir nehmen Abschied von Antek und Frantek, die ja gleich bis Bruma
durchbrettern wollen. 9h15 gehen wir in Miño die Hauptstraße hoch: Oben direkt hinter
einer Rechtskurve ist links ein Supermarkt, in dem sich erst einmal verpflegt wird. Seit Tagen kaufen wir
immer Vollwertzwiebäcke. An denen isst man sich nicht leid, sie sind leicht zu transportieren und
halten sich beliebig. Brot gibt es nur, wenn wir mal Menü essen.
Kurz vor der Kurve geht der Pilgerweg rechts ab, gegenüber der Rúa Pardiñeira,
aus der wir gestern links hochgekommen sind. Später überschreitet man auf einer blauen
Fußgängerbrücke die Bahnlinie.
Vor der Brücke der erste Muschelstein mit Entfernungsangabe: 78,988 km, also 79 km bis Santiago,
in 4 Tagen gut zu machen.
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Noch 79 Kilometer
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Ein Wildschwein mit Kreuz
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Hier sehen wir das deutsche Paar noch einmal, danach
nicht mehr. Wo mögen sie geblieben sein? - Ein Rechts-Links-Schlenker. Der Weg geht die
Rúa de Alameda, parallel zur Ría entlang, die sieht nicht allzu verlockend für einen
Strandurlaub aus. Ein Denkmal mit einem merkwürdigen Wappen, das wir noch öfter sehen werden:
ein Schwein, nein, ein Wildschwein mit einem Kreuz auf dem Rücken. Das ist das Wappen der Adelsfamilie
Andrade, die die ganze Gegend hier beherrschte. Einmal sieht man auch die Burgruine auf der Höhe
liegen.
Geschlängel durch Naturoasen
Der Pilgerweg geht unter der N651 her und dann rechts über eine Brücke, die sintemalen
die Andrades bauten, um die Verbindung
Miño-Betanzos zu erleichtern. Es ist zugleich der Abschied vom Meer, schon hier.
Vor uns eine Halbinsel, über die der Schwerverkehr der N651 braust.
Gottlob biegt der Weg hinter der Brücke nach links, und man steigt zwischen Bäumen hoch,
um oben die Autobahn überqueren zu können. Rechts liegt ein Rastplatz.
Es gibt sofort einen unvermuteten Abzweig scharf links, dann wieder leicht
nach unten, durch viel Wald.
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Ein Café an der N651
2 km. 10h30 Wir kommen in Montecello raus. Friedhof und Kirche San Pantaleón
de Viñas. Man läuft im Zickzack durch die Samtgemeinde Viñas in
Richtung Ría. 10h50 erreichen wir die N651. Ortsteil O Barreiro. Gegenüber ein Café,
aber wir brauchen noch nichts. Man lässt die N651 rechts liegen und geht im Wald
bergauf. Oben hält uns ein alter Spanier an, quasselt uns mit Kriegserlebnissen
in Ferrol voll. Mich interessiert nicht, wie die Deutschen dort gelandet und von den
Amerikanern bombardiert worden sind. Zum Schluss müssen wir uns unhöflich mitten in
seinem Redefluss verabschieden. Weiter durch Wald. An einem Rastplatz (30 m links vom Weg)
mit Wasser machen wir eine Trinkpause.
Wie Elena ihre Pilgerfahrt organisiert
Etwas weiter kommt von unten schnellen Schrittes ein Spanier her, trägt nur einen Tagesrucksack.
Er erkennt uns wieder, denn wir hatten ihn schon in Miño an der Herberge gesehen. Kichernd
erzählt er, dass seine Familie Elena schon in Covas aufgegabelt habe. Seine Frau steuert wohl
das Auto mit dem Gepäck - und mit Elena drin. Nun ja, sie fordert das nicht, sondern bittet lieb
und versucht auch, für die anderen etwas zu tun: Kekse, Telefon, ... Was soll man da sagen?
Sie wolle in Betanzos bei den Nonnen unterkommen. Ich überlegte laut, ob wir das nicht vielleicht
auch versuchen sollten. -
Nun, meinte unser Gegenüber, Frauen nähmen sie ja vielleicht, aber mit einem Mann sollten
sie wohl Probleme haben. - Da hatte er recht. Mir war es ohnehin nur darum gegangen, andere
Möglichkeiten der Übernachtung auszuprobieren, und mit Klöstern haben wir eigentlich
gute Erfahrungen gemacht. - Fröhlich pfeifend zog der Spanier wieder davon.
6 km. 12h13 San Paio mit Kirche. Man ist jetzt ganz auf der Höhe. Kurz darauf beginnt
der Abstieg nach Betanzos, teils sehr steil, aber ohne Schwierigkeiten zu machen. Wir kommen
zwischen Häusern heraus, überqueren einen Bach. Dahinter geht es wieder etwas hoch.
Hedwig meutert etwas, ihr tut der Fuß weh. Die Stadt liegt zum Greifen nahe rechts.
Nun, man muss die große Brücke weiter im Süden erreichen. An Bach und Fluss
entlang sind auch gar keine Wege. Endlich mündet der Weg in die Rúa Nosa
Señora do Camiño, die sich rechts zum Fluss hinabsenkt. Kurze Zeit später
sind wir über die Brücke des Río Mandeo, gehen durch das Stadttor und dann
sofort links durch die Rúa da Ponte de Unta im Rechtsbogen sehr steil zum zentralen
Hauptplatz der Stadt hoch. (Am Anfang dieser Straße liegt links das Nonnenkloster, in dem
Elena unterkommen wollte.)
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Abstieg nach Betanzos
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Betanzos ist eine sehenswerte Stadt, das muss sogar ich, der die Städte nicht mag, zugeben.
Der Hauptplatz besteht aus zwei Teilen: Praza Irmáns García Naveira
(Denkmal mit den beiden Brüdern) und dahinter Praza de Galicia mit dem Rathaus
rechts. Da ist auch das Touristenbüro, das auch sonntags geöffnet hat.
Schnell eine sehr gute Unterkunft gefunden
9 km. 13h00. Wir betreten das Oficina de Turismo. Eine junge Dame heißt uns willkommen.
Nein, es sind zwar viele Touristen in der Stadt, aber die übernachten nicht, sagt sie. Nur eine
italienische Pilgerin habe schon angerufen. Sie sieht an unseren Gesichtern, dass sie uns wohlbekannt ist,
wir lachen gemeinsam. Dann bekommen wir ruckzuck einen Stadtplan und eine Liste mit Unterkünften.
Sie geht noch mit vor die Tür und zeigt, wo der Pilgerweg weitergeht, eine wichtige und oft
vergessene Information: nämlich am Ende des Platzes geradeaus in die Rúa do Rollo,
und - o Freude - dort ist die 2. Straße links die Rúa Pintor Seijo Rubio mit
der Bar Betanzos Chocolatería links auf der Ecke. Der Wirt vermietet Zimmer, die allgemein gelobt wurden.
Wir versuchen unser Glück (haben noch weitere Adressen bekommen). Im Fenster der Bar steht ein
kleines Schild "se hospedaje" (man beherbergt). Man beherbergt wirklich. Der Wirt nickt auf meine Frage
lebhaft mit dem Kopf und kassiert 30 €. Dann saust er um den Tresen und führt uns nach
gegenüber um die Ecke (Rúa Venezuela), wo er
seine Wohnungen in einem mehrstöckigen Gebäude hat. O je, er fummelt mit den Schlüsseln:
Wo ich doch sowieso schon immer damit Probleme habe. Es gibt 3 Schlüssel: Haustür, Etagentür
und Wohnungstür. Das kennen wir von Doña Josefina. In seiner Etage sind mehrere Zimmer.
Man kann gemeinsam eine Küche benutzen und - einen Kühlschrank! Wir haben ein großes
Zimmer mit viel Platz, dazu einen großen Vorraum mit Schrank und ein tadelloses Badezimmer.
Das Haus ist alt, daher die großzügigen Zimmer, in denen sich die spärlichen
Möbel fast verlieren. Es hätten noch mehrere Leute auf
dem Fußboden oder auf Feldbetten Platz.
Bilder sind nicht an den Wänden, aber überall Haken. Da hängen die Pilger ihre Wäscheleinen
auf, machen wir später auch. Wir beschauen unser Reich und sind äußerst zufrieden. Diese
Unterkunft ist sehr
empfehlenswert! (Wir bleiben die einzigen Gäste.)
Pensionen in Betanzos laut Touristenbüro (Stand Juli 2010):
-
Cheiño, Rúa Venezuela 35, Tel. 981 77 31 28, 5 Zimmer, 15 €
(1. linke Seitenstraße der Rúa do Rollo, kommt mir aber verdächtig billig vor)
-
Pension Universal, Linares Rivas 18, Tel. 981 77 00 55, 9 Zimmer, 25 €
(die Straße hinter dem Rathaus)
-
Estación Norte, Infesta 60, Tel. 981 77 00 02, 8 Zimmer, 28 €
(anscheinend im Südwesten, zu weit vom Zentrum)
-
Betanzos Chocolatería, Pintor Seijo Rubio 1, Tel. 981 77 44 95, 5 Zimmer, 30 €
(Bar in der 2. linken Seitenstraße der Rúa do Rollo, Wohnung aber in der Rúa Venezuela)
Mittagessen in der Bar Venezuela
Der Wirt empfiehlt uns zum Essen gegenüber die Bar Venezuela. Dort gibt es (evtl. nur heute)
kein Menü, aber raciones. Ich lese mit Stirnrunzeln die Preise, die nach meiner
Interpretation immer von ... bis ... lauten, z.B. "Chipirones 6 - 9 €". Später komme
ich dahinter: die erste Zahl gibt den Preis für die halbe Portion an, die zweite Zahl
den für eine ganze Portion. - Wir essen gut und zahlen ca. 20 € samt Getränken.
Da kann man nicht meckern.
San Francisco in Betanzos
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Wir haben noch den halben Tag zur Verfügung, können die Stadt besichtigen und uns erholen.
Machen wir auch alles. Insbesondere: Abpassen des Priesters in der Santiagokirche, wo gerade eine
Messe in kleinem Kreis zu Ende geht. In der Sakristei bekommen wir einen sehr schönen Stempel.
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Besonders beeindruckt mich in der San-Francisco-Kirche der Sarkophag von Andrade dem Guten, von
einem Bären und einem Wildschwein getragen. Das Wildschwein stammt natürlich aus dem
Familienwappen, eines ziert auch das Kirchendach. Zu seinen Füßen -
wie bei allen Rittergräbern -
ein Hund, als Sinnbild der Treue. Hier ist es nicht nur einer, sondern gleich mehrere, von denen
die zwei vorderen einen kleineren Hund schützend in den Vorderpfoten bergen. Dieser Andrade war eben
nicht nur treu, sondern auch "gut".
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Sarkophag Andrades des Guten
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Pilgerherberge geplant
Wir besuchen auch die Rúa de Cervantes, eine etwas versteckte Gasse in der Nähe der
Marienkirche. In Haus 1 soll eine Pilgerherberge eingerichtet werden, aber davon ist nichts
zu sehen, auch keine Bautätigkeit. 20h30 Messe in San Domingo am
Hauptplatz. Es ist Samstag, da wird die ganze Nacht hindurch gelärmt. Nun, das kennen
wir inzwischen. Betanzos habe ich in allerbester Erinnerung. Und sogar mit den Schlüsseln bin
ich klargekommen :-)
27. Juni 2010, Sonntag: Von
Betanzos nach Bruma, 29 km (81 km)
Heute war Sonntag, d.h. man musste mit geschlossenen Geschäften rechnen. Ich hatte das schon
vorausgesehen, und wir nahmen genügend Verpflegung mit und vor allem auch zu trinken.
Kaum dass die Bar unseres Gastgebers geöffnet hatte, gaben wir um 7h30 die Schlüssel zurück.
Dann also die Rúa do Rollo immer geradeaus bis hinunter zu einer mittelalterlichen
Brücke. Gegenüber links hoch, ziemlich steil und lange, bis auch die Häuser
zurückblieben. Aber früh am Morgen, mit frischen Kräften und ohne brennende
Sonne alles kein Problem. Es ging heute geruhsam auf und ab durch Streusiedlungen und Wald.
Kurz hinter Betanzos wird in dichtem Wald erst eine Eisenbahn-, dann eine Autobahnbrücke (A-6) überquert.
Es sind dies West-Ost-Verbindungen, nicht die üblichen Nord-Süd-Verkehrswege, die man sonst
immer kreuzt. Hinter der Autobahn scharf rechts Richtung Xanroso, etwas später links durch die
Bauerschaft.
Taxi gefällig?
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Taxis als ständige Versuchung
9h00. Als wir auf eine Kreuzung zulaufen, fährt dort ein Taxi vorbei. Der Fahrer sieht uns,
bremst, setzt zurück und biegt auf unseren Weg ein. Will der was von uns? Er hält und
gibt uns seine Visitenkarte. Wenn wir nicht mehr könnten (ja, Junge, da kannst du lange
warten!), sollten wir ihn jederzeit anrufen. (Auf die Idee, dass wir gar kein Telefon mithaben,
kommt er gar nicht.) In der Folge sehen wir noch viele Kilometer lang überall die
Reklameschilder von mindestens zwei Taxiunternehmen an Muschelsteinen, Masten,
Bäumen. Muss ja ein blühendes Geschäft sein, anscheinend geben viele Pilger auf
dieser Etappe auf. Wir jedenfalls noch nicht, obwohl Hedwig bald wieder ihre Blase am rechten Fuß
spürte.
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An einem Stopp-Schild erreicht man zum ersten Mal die AC-0105 (laut Wikiloc, warum nicht AC-105?),
die von Nord nach Süd östlich parallel der Autobahn AP-9 verläuft. Um diese wird
sich der Pilgerweg heute lange herumschlängeln.
Erst in
Höhe von As Travesas, dem höchsten Punkt, wo sich mehrere Landstraßen
kreuzen, biegt der Pilgerweg nach Westen ab (und die AC-0105 gleichzeitig nach Osten).
Links ein Stückchen auf der AC-0105 weiter, aber schon vor dem Wald geht es rechts ab,
man muss ja schlängeln. Nun geht es im Prinzip immer geradeaus, bis man das Sportgelände
von Limiñón erreicht, und eine erste von zahlreichen Informationstafeln
über den Camino Inglés. Der Pilgerweg holt dann nach rechts zu einem großen
Linksbogen aus. Man läuft in das Tal eines kleinen Flüsschens runter. Bald stößt
man wieder auf die AC-0105, die von links kommt und folgt ihr nach rechts über die
Flussbrücke.
Bar hinter Cos?
6 km. 9h25. Ortsschild Cos, aber kein Ort. An der nächsten Kreuzung auf der AC-0105 nach links,
dann halblinks die AC-0105 verlassen, an einer Technik-Station mitten im Wald (links)
vorbei und Rechtskurve hoch bis zur Kirche San Estéban de Cos.
Ein wenig nach rechts, und da ist die AC-0105 wieder. Die Sonne kommt raus. Trinkpause
in Bushaltestelle. Muschelstein mit Entfernung 60,7 km (ich runde auf 1 Stelle hinter dem Komma).
Hier ist nun etwas Bebauung.
Der Pilgerweg schlägt nun einen komischen Haken: rechts - links - rechts und auf der
AC-0106 in Richtung AC-0105, bevor diese wieder erreicht wird aber nach rechts, bei ein paar Neubauten abbiegend,
Richtung "Cesuras" in den Wald hoch. Hier sahen wir ein kleines Schild "Bar" mit Pfeil nach links.
Hinter dem Wald Rechts-Links-Schlenker und durch Bebauung. Linksbogen.
Links halten und parallel zur AC-0105 bis zu einem Stopp-Schild. Rechts-Links-Schlenker
(das heißt bei mir immer: kurz nach rechts und gleich wieder links abbiegen).
Dann ein ganzes Stück durch Wald, bis es zu einem Sträßchen hinuntergeht.
Auf diesem links zur AC-0105, auf dieser kurz nach rechts.
Brücke und Ortsschild Presedo.
12km. 11h00. Fast Halbzeit. Es geht vor der nächsten Rechtskurve der AC-0105 wieder links
in den Wald hoch, oben parallel zur Landstraße bis zu ein paar Bauernhäusern.
Links steht ein Brunnen mit Wasserhahn. Dort machen wir etwa 20 Minuten Rast. Der Bauer schaut aus der
Hintertür und ermuntert uns, sich beim Wasser zu bedienen. Wir lehnen zu seinem Erstaunen ab.
Übrigens: hier wollten unsere Landsleute Unterkunft suchen, in dieser Streusiedlung!
Die dichtere Bebauung ist aber unten an der Straße.
Auf den nächsten Kilometern bleibt man eine ganze Zeitlang links von der AC-0105. Ich glaube, es war auf diesem
Stück, wo links ein Stall lag, in dessen Wand Löcher geschlagen waren. Aus diesen schauten die
Köpfe mehrerer kleiner Hunde, die entsetzlich bellten und jaulten. Würde ich in so einer
Lage auch machen. 11h56 erreichen wir die Kirche von Leiro mit einem komplett überdachten
Rastplatz. Bei schlechtem Wetter Trumpf.
In der Folge passieren wir mehrere Muschelsteine mit Entfernungsangaben, wobei Bruma ja etwa
bei Kilometer 40 liegen muss. 12h07 53,9 km, 12h36 52,3 km, 12h51 51,4 km. Auf diesem Abschnitt
hinter der Kirche von Leiro muss man zunächst eine bewaldete Höhe überqueren,
die man in einem sehr großen Rechts- und dann Linksbogen überwindet, bis man wieder
auf ein Sträßchen trifft. An Häusern vorbei und dann nach einem Rechts-Links-Schlenker sehr lange schnurgeradeaus, bis an einigen Bauernhöfen mal wieder die AC-0105
von schräg rechts hinzukommt.
Freundliche Hilfe abgelehnt
Auf dem Hof rechts steht eine Bauersfrau und schaut uns mitleidig an, wie wir daherkommen, recht verschwitzt.
Ob wir Wasser haben wollten? Ich habe die Unruhe im Bauch, denn das nächste psychische Teilziel,
die Bar Julia, muss jetzt jeden Moment kommen. Ob es noch weit bis zur Bar Julia sei, platze ich mit der
Gegenfrage heraus. Sie ist sichtbar vor den Kopf gestoßen. Sie muss denken, dass ich das Wasser ablehne
und mich lieber bis zur Bar durchdurste, tut mir echt leid. Wir stolpern verlegen
weiter. Gleich in der folgenden Linkskurve verlässt man die AC-0105 geradeaus auf einen Wiesenweg.
Gleichzeitig dreht die AC-0105 nach Osten ab. Wir müssen die Höhe rechts von uns überwinden.
Die Piste geht rechts
an einem murmelnden Bach (den Río Mero) entlang. Dann geht es hoch: Rechtsbogen, dann Linksbogen
über die genannte Höhe. Da kommt man nochmal ins Pusten, aber bald sieht man von oben ins benachbarte
Tal, und da fällt gleich ein Haus ins Auge, das muss die Bar Julia sein.
18 km. 13h06. Bar Julia erreicht. Sehr gut, wenn man mittags deutlich mehr als die Hälfte geschafft
hat. In der kleinen Bar holen sich Einheimische Mittagessen ab. Was da ausgeteilt wird, bekommen wir nicht
mit. Wir trinken nur was, haben noch genug Vorräte. Außerdem gibt es pinchos (Knabberzeug:
Oliven, Erdnüsse, und dergl.) dazu, die essen wir natürlich. Auf einmal verdunkelt sich die
Tür, und zwei baumlange Pilger treten ein. Zwei alte Männer, hager, braun gebrannt,
sehnige Sportlergestalten. Junge, ein Schritt von denen, und da kann ich
Natozwerg gleich zwei Mal die Hufe schwingen! Sie schauen uns prüfend an, sagen aber nichts. Trinken
was (ich meine, niederländischen Akzent zu hören). Recht schnell sind sie wieder davon. Na, die lernen wir heute bestimmt in der
Herberge kennen.
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Bar Julia
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Über die gefürchtete Höhe vor Bruma
Frohgemut ziehen wir 13h40 weiter. Es ist dies die Stelle, wo man die AC-0105 endgültig verlassen hat und
nun mehr nach Westen zieht. Ich wusste, dass vor Bruma noch eine wilde Steigung kam. Sie kam jetzt.
Rechts ab (13h45), an einer Kirche hoch und dann steil nach oben. Angeblich 3 km lang durch Wald hoch,
einmal spitzwinklig links weiter, bis man endlich ein Pilgerkreuz erreicht, wo es rechts abgeht und
wo die schlimmste Steigung geschafft ist.
Nun ja, man hat schon schlimmer und länger steigen sehen! Ich erinnere an die Pyrenäenetappe
vor Roncesvalles, die Aufstiege zu den Pässen Somport, Cebreiro, Rabanal, Pardonelo, A Canda
und nicht zu vergessen Gaucín in Andalusien, wo ich wirklich an der Kante war. Da Hedwig diesmal
die langsamere war, hatte ich keine Mühe, den Anstieg zu bewältigen. 14h30 oben.
Wir sind also 3/4 Stunde gestiegen. Das waren keine 3 km, allenfalls 1 - 1 1/2. Meine Uhr ist immer
unbestechlich. Kurze Zeit später
kam hinter einigen Häusern ein schön schattiger Rastplatz, auf dem wir uns ausruhten und sogar
etwas schliefen. Bauerschaft Vizoño. (Schon nach 10 Minuten Schlaf bin ich immer wieder
erstaunlich erholt, kann man empfehlen.)
Erholsamer Schlaf und weitere Pilger
15h14. Stimmen weckten uns. 3 Pilger, 1 Frau, 2 Männer (es war eine Familie mit erwachsenem Sohn). Sie
winkten und schmissen sich dann auch ins Gras. Wir zogen dann weiter.
21 km. Ein Schild:
"Bar 100 m links" (Bar Vizoño), aber wir waren nicht mehr zu halten. Es geht westlich auf die Autobahn
(AP-9) zu, ein Stück an ihr entlang nach Süden und dann mit einem komischen Zacken (links nach unten -
spitzwinklig rechts unterhalb zurück)
zu einer Unterführung. (Ein Pfad im Gebüsch kürzt das anscheinend ab, aber wegen der 100 m
lohnt es sich nicht, die Straße zu verlassen und auf der steilen Böschung seine Knochen zu
riskieren.) Hinter der Autobahn geht es wieder steil hoch
in Richtung As Travesas (460 m), dessen Sendemast ein Orientierungsmerkmal ist. Hier irgendwo hat uns ein einzelner
Spanier überholt, war aber nicht viel schneller als wir. Auch kam einmal noch die Familie hinter
uns in Sicht, blieb dann aber endgültig zurück. Linksbogen auf einer sehr breiten Piste
durch ein Gebiet mit Wirtschaftsgebäuden.
Die Kreuzung von As Travesas muss wenige 100 m rechts von uns sein. Unser Weg zweigt aber nach nach links
ab, durch Eukalyptuswald, dann rechts abbiegen, weiter Wald, an ein paar Bauernhöfen vorbei.
Nochmal rechts ab. Danach kommt ein Hof mit einen merkwürdigen würfelförmigen
schwarzen Betonklotz rechts auf der Wiese.
Wo die beiden Zweige des Camino Inglés zusammenlaufen
Hedwig witzelt: "Wir sind wohl nach Santiago de Mekka unterwegs (Anspielung auf einen heiteren Pilgerfilm),
das ist wohl die Kaaba." Sofort danach erreicht man eine Landstraße (AC-223). Dies ist der Punkt, wo die
beiden Routen von Ferrol und La Coruña zusammenlaufen. Nur weiß ich nicht genau, wo die andere
Route herauskommt, tippe auf eine Piste scharfrechts. (Dieser Punkt wurde später geklärt.)
Noch 1 km bis zur Herberge
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16h27. Gegenüber geht es weiter, lange durch Eukalyptuswald, einmal um einen Bauernhof herum. Über einen
Bachlauf per Quaderstein. Dann eine T-Kreuzung, wo zum ersten Mal die Auszeichnung fehlt. Ich tippe auf rechts,
und dann sehen wir auch einen blassen gelben Pfeil oben an einem Baum etwas weiter rechts.
16h53. Kilometerangabe 42,2 km. 16h59 der 2. Bach
mit Quaderbrücke, und dem oft genannten Schild: "1 km bis zur Herberge". Nun, auch der letzte Kilometer
will gelaufen sein. Den Bildern und Berichten über die Herberge Bruma glaubte ich immer zu entnehmen, dass sie einsam mitten
im Wald liegt und ein selbstloser Herbergsvater dort ab und zu mit dem Auto vorbeischaut. Das ist alles ganz
anders. (Ich wundere mich immer, warum Berichte oft so missverständlich sind.) Die
Herberge ist zwar teils von Bäumen umgeben, liegt aber am Ende des Straßendorfes Bruma.
Direkt daneben ist ein Kinderspielplatz. Und die Herbergseltern wohnen nur ein paar Häuser weiter
und können so genau verfolgen, ob und wann Pilger kommen.
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17h15 treffen wir an der Herberge ein. Der einzelne Spanier und die Herbergsmutter sehen uns als erste.
Wir sind nicht die frischesten, aber auch nicht fertig. Dann wuselt der Herbergsvater heran. Er
überschüttet uns mit hilfreichen Hinweisen, spricht mal wieder viel zu schnell, wenn auch
verständlicher als die sonstige Bevölkerung. 5 € und Bezüge für Kopfkissen und
Matratze, so ist es jetzt anscheinend überall
in Galicien. Es gibt Stempel in die Ausweise, und zwar einen
mit dem heutigen und einen mit dem morgigen Datum. Im Hof stoßen wir auf die zwei
hochgewachsenen Pilger. Der eine, mit weißem Bart wie ich, hebt den Daumen und beglückwünscht
uns. Es stellt sich heraus: Sie haben uns in der Bar Julia nicht ansprechen mögen, um uns nicht zu
verlegenen Erklärungen zu nötigen, weil sie fest davon ausgingen, dass wir beiden Alten doch sicher
nur auf ein bestelltes Taxi warteten. Jetzt entschuldigen sie sich. Einer ist Belgier, einer Niederländer.
Natürlich Veteranen des Camino wie wir.
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Herberge von Bruma
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In der Herberge
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Der Herbergsvater sammelt Bestellungen fürs Abendessen, das per Auto von Mesón do Vento
um 19h30 herangekarrt werden soll. 9 € + 3 € für den Transport. Ein bisschen happig. Wir haben
sowieso noch alles, fast alles. Mein entzückter Blick fällt auf einen Getränkeautomaten,
in dem es auch 1/3 l Estrella Galicia für 1 € gibt. Berichtigung: Wir haben alles.
Die zwei Badezimmer sind nach galicischer Art (siehe meinen Mecker oben). Aber: Die Herbergseltern
verteilen die Pilger zum einzelnen ungestörten Duschen und schieben Wache vor der Tür. Das
ist wirklich sehr nett und wiegt die baulichen Nachteile auf. (Damit's schneller geht, sage ich dem
Herbergsvater, dass lang Verheiratete wie Hedwig und ich doch sicher auch zusammen ...? - Klar, sagt er
ganz verlegen :-) Die Herberge hat 14 Etagenbetten unten und 8 oben, dazu einige Reservematratzen.
Einen großen Aufenthaltsraum mit
Küche (leider nur 1 kleiner Topf). Ansonsten alles vorbildlich, auch der Einsatz der Herbergseltern.
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Es kommen noch folgende Pilger: Kurz nach uns die Familie. Muttern schmeißt sich auf ein Bett und ist mit der Welt fertig,
trägt eine Kniebandage.
Ob wir etwa auch den ganzen Weg von Betanzos ...? - Ja, sicher. - Das hatten auch sie uns nicht zugetraut.
Die beiden Riesen waren von Miño gekommen. Später noch Spanier, Vater und Sohn. Dann noch
später ein junger Spanier Carlos mit einem jungen deutschen Paar. Sie sind von La Coruña aus
gekommen und heute Morgen in O Burgo gestartet. Leider kann ich ihnen nichts Verwertbares über
die Route entlocken. Sie haben "irgendwo" in einer "ziemlich schwierig zu findenden" Pension (Name nicht notiert)
übernachtet; mein Dokumentiererherz schlägt erzürnt. - Wir haben alle viel Platz. Fast jeder kann seine
Sachen auf das obere Bett legen. Und Haken gibt's an der Wand auch noch. Insgesamt sind wir 13 Pilger bei 22 Betten.
Hedwig und ich müssen die Füße verpflastern. Auch ich habe mir heute eine kleine Blase
unter dem Ballen zugezogen. Aufstechen, ausdrücken und Elastoplast drauf. Damit hatte ich die
anderen Tage keine Probleme mehr. Bei Hedwig sah's schlimmer aus: Mehrere Zehen blutig. Sie wurden einzeln
verpflastert. Ach ja, zwei Zehen von mir, darunter der "Problemzeh", der jedes Jahr erst eine Blase,
dann eine dicke Hornhaut vorn produziert, wurden auch mit Heftpflaster umwickelt. Aber das zählt ja
gar nicht.
Erkundungsgang Richtung Mesón do Vento
Bald haben wir uns so gut erholt, dass wir probeweise noch am Spielplatz einbiegen und in Richtung
Mesón do Vento laufen. Wir kommen noch auf die AC-542 bis kurz vor dem Ortsanfang. Der Sendemast
der Stadt ist ein guter Wegweiser. Eines ist klar: Die Stadt liegt südwestlich von Bruma, nicht etwa
nordwestlich, wie die Broschüre der Xunta de Galicia mit ihren irreführenden Skizzen glauben lässt.
Entfernung 2,5 km, keine Steigungen, also kein Thema. Als wir gegen 20h45 zurückommen. schiebt alles noch
Kohldampf, weil das zu 19h30 angekündigte Essen erst um 21h05 kommt. War wohl auch nichts Besonderes,
es gab keine lobenden Kommentare.
Die Nacht war ruhig. Nur lästig, dass die Außentür klemmte und deshab nur mit Lärm
geöffnet werden konnte, wenn einer nachts zum Klo ging, und das waren etliche.
Fazit der Etappe: Absolut machbar, wenn man sich psychisch drauf einstellt (und das Wetter einigermaßen
mitspielt). Herberge und Herbergseltern verdienen höchstes Lob.
28. Juni 2010, Montag: Von Bruma aus nach Mesón do Vento, 2 km (83 km)
Bei der Planung dachte ich, dass man auf jeden Fall über Mesón do Vento
ginge, aber das ist nicht der Fall. Die kleine Stadt bleibt westlich liegen (genau wie später
Ordes), und nur wer dort übernachten will, kommt dorthin. Für solche Leser ist die
folgende Beschreibung nützlich.
Nachdem wir Bruma erreicht hatten, wollten wir den anderen Zweig des Camino Inglés,
nämlich den ab La Coruña laufen und
dokumentieren. Ich plante außerdem, bei der Rückkehr nicht erneut in die Herberge von Bruma
zu gehen (evtl. wurde das ja gar nicht erlaubt), sondern eine neuere Unterkunft in Mesón do Vento
zu testen. In der Herberge von Bruma hingen Busfahrpläne von und nach Santiago aus. Wir wollten den
Bus um 9h50 nach La Coruña nehmen, und dementsprechend legte ich den Zeitplan fest.
Lange schlafen ging sowieso nicht, da alles schon ab 5h30 rumrumorte. Einige wollten ja direkt bis Santiago.
Gegen 6h00 rollte ich auch aus den Federn. Die Waschräume waren schon frei. Dann gemütlich
frühstücken. Wir waren schon fast die Letzten. 7h33 rückten wir ab.
Weg nach Mesón do Vento
Vor der Herberge am Kinderspielplatz einbiegen, an der nächsten Gabelung links. Dann kommt eine
2. Verzweigung. Wir gingen nach rechts und kamen an der AC-542 raus,
wo gegenüber schon ein Bürgersteig in
die Stadt führt. Dadurch hatten wir mit dem ätzenden Verkehr auf der AC-542 nichts zu tun. Ich rate
sogar Pilgern, die in Mesón do Vento übernachten wollen, ab As Travesas nicht die
AC-542 zu laufen (wenn man von La Coruña kommt) bzw. nicht schon am Ortseingang von Bruma rechts zur
AC-542 abzuzweigen (wenn man von Ferrol kommt).
Wikiloc ergab: Läuft man an der o.g. 2. Verzweigung links, dann kommt man kurz darauf auf das
Sträßchen, das von Mesón do Vento nach Seixo führt. Von rechts kommen morgens die Pilger,
die in der Stadt übernachtet haben und in Seixo wieder auf den Pilgerweg stoßen. Ebenso kann man,
von Bruma kommend, nach rechts in die Stadt gehen. Man kommt dann hinter dem Hostal Mesó Novo
raus, das ich für Übernachtungen empfehle.
Hostal Mesón Novo und Anschluss zum Pilgerweg
Nun, wir gingen also an der 2. Verzweigung aber nach rechts, kamen an die AC-542, überquerten diese und liefen
auf dem Bürgersteig zur zentralen Einmündung in die N-550, die spitzwinklig rechts nach La Coruña führt.
Mesón do Vento ist fast eine
Straßensiedlung. Jenseits der Kreuzung rechts das Hotel Canaima. Links, etwas weiter, eine
Bushaltestelle und dann das Mesón Novo. Wir waren so früh auf den Beinen, dass wir schon den Bus
um 8h50 bekommen konnten und hatten noch Zeit, das Hostal zu inspizieren. Vor uns verließen es gerade zwei Pilgerinnen,
und ich merkte mir, dass sie 50 m weiter links abbiegen. Das ist das Sträßchen nach Seixo, wie ein
Wegweiser anzeigt. Na, alles bestens, so kam man wieder auf den Pilgerweg. Doppelzimmer im Mesón Novo
40 €, wie uns der beflissene Wirt mitteilt. Ich sollte nur alles in meinen Bericht schreiben.
Tel. 981 692 776, 981 696 008, Mobil: Antonio 678 585 431 (aus dem Netz)
So hatten wir schon alle Informationen, die ich wollte, und damit stand es uns frei, auf dem Rückweg in
der Herberge oder hier zu übernachten. 40 € sind ja doch nicht wenig. Gegen 8h42 verlassen wir das
Hostal und schlendern zur Haltestelle, da braust der Bus schon an uns vorüber. Gut 5 Minuten zu früh!
Ich hatte mich nicht an die Regel in Spanien erinnert, dass ein Bus auch bis zu 10 Minuten früher kommen
kann (hatten wir schon selbst erlebt) und keineswegs an der nächsten Haltestelle wartet, bis er wieder im
Zeitplan ist. Das dämpfte die Freude über den frühen Erfolg an diesem Tag etwas.
Also hingen wir 1 Stunde rum, und der nächste Bus kam natürlich nicht ebenfalls früher, sondern mit
Verspätung. Was soll's? 2,60 € bis La Coruña.
Oficina de Turismo in La Coruña
Wir genossen die Fahrt wie die nach Ferrol. Im Nu waren wir in La Coruña am Busbahnhof. Den Stadtplan
hatte ich von unserem ersten Aufenthalt 2003 noch mitgebracht. Wir liefen nun zum Hafen und an diesem entlang
in Richtung Altstadt. Wenn man das letzte Hafenbecken erreicht, muss man nach dem Oficina de Turismo
Ausschau halten. Ein flacher grauer Bau, nicht leicht zu finden. Er liegt am Anfang der Prachtstraße
Avenida La Marina, auf einer Verkehrsinsel zwischen viel Grün. Dort bekamen wir Tipps zu
Unterkünften. Die Adresse, die ich schon kannte, war die einzige in der Altstadt und ganz nah an der
Santiagokirche, dem Anfang des Pilgerwegs. Nur wenn da alles voll war, wollte ich weitersuchen.
Lage der Bar Los Potes und der zugehörigen Unterkunft
Am Ende der Avenida La Marina ließen wir uns durch ein Stadttor links auf den großen
Platz María Pita ablenken. Das war falsch. Es ging einfach schnurgeradeaus (also das Tor
links liegen lassen) eine schmale Straße hoch, die Rúa Santiago. Vor einem sieht man
schon die Santiagokirche. Vor dieser, am Ende der Straße, liegt rechts die Bar Los Potes. Dort gab
es den Schlüssel zu einer Wohnung in der Straße Zapatería 15. Man geht dazu einfach
links an der Kirche vorbei geradeaus, zwischen Parkanlagen durch (Telefonzelle!), dann durch eine Straße
weiter geradeaus bis zu einer T-Kreuzung. Die Querstraße ist schon die Zapatería. Ein paar Schritte
nach links, dann liegt die Nummer 15 rechts.
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In der Bar Los Potes
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Hospedaje Los Potes, Manuel Ríos Quintana und (seine Frau) Gomez Pitar, Café-Bar Los Potes, Santiago, 10,
Tel. 981 205 219 oder 629 994 199 (Mobil)
Unterkunft in der Zapatería 15, Zimmerpreis 40 €
Wir bekamen ein großes, gut ausgestattetes Zimmer mit ebenso großzügigem Bad nebenan.
(Die Zwischentür zum Bad konnte auch abgeschlossen werden. Dann konnten die Wirtsleute mehrere
Zimmer auf dem Flur mit gemeinsamem Bad vermieten, denn vom Bad aus ging eine weitere Tür
auf den Flur.) 40 &€o; waren für die Lage und Ausstattung nicht zu viel. Wir waren wieder sehr
zufrieden. Die Adresse habe ich ursprünglich von Pilgerfreund R.W. bekommen, der vor etlichen
Jahren (wohl 2001) hier übernachtet hat. Die Bar Los Potes hatten wir auch schon 2003
besucht und den Wirt von R.W. gegrüßt. (Siehe meinen
Bericht von 2003)
Tipp: Menü im Momos (Casa de Xantar), Santo Domingo 16 (Verlängerung der Zapatería, an der
Kirche Santo Domingo). 8 €.
Bar Momos
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Das Glück blieb uns treu. Wir schlendern gegen 13h00 die Zapatería hoch und halten Ausschau nach
einem Mittagessen. Rechts ein italienisches Restaurant und dahinter: Ich sehe in einen vollen Barraum mit
Tischen, an denen Straßenarbeiter und Einheimische mit vollen Backen kauen. Ich winke Hedwig, nichts wie
hinein. Wo Einheimische sind, gibt es gutes und günstiges Essen. Es war wirklich ein Glücksgriff,
das reinste "Manolo von La Coruña", von der Qualität sogar noch besser
Wir platzten einfach rein und setzten uns an einen Tisch, der gerade frei geworden war. Das war unhöflich,
die Bedienung wedelte uns wieder hoch und deckte erst. Man sollte an der Tür stehen bleiben und warten,
bis man einen Platz zugewiesen bekommt. Oder an der Theke, nachdem man der Bedienung gesagt hat, dass man essen
möchte. Sie halten sich streng an die Reihenfolge. Meistens gibt es eine ziemlich lange Warteschlange.
Die Auswahl war groß, man bekam sogar einen Zettel, auf dem alles stand. Ich bestellte Empanada und
Bacalao. Super. Ein Bier dazu. Wer Wein bestellte, bekam eine ganze Flasche. Nachtisch. Alles zusammen nur 8 €.
Man glaubt es nicht.
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Supermarkt im Altstadtviertel
Einen Supermarkt zu finden, war schwierig. Wir stießen nach mehrfachem Fragen auf einen Mercadona in der Panaderas 29,
aber dahin zu finden, durch die verwinkelte Altstadt, ohne dauernd Treppen hoch- und runterzulaufen, war nicht
einfach. Zudem war alles durch Straßenbaustellen noch komplizierter. Ohne Stadtplan ist da wenig zu machen.
Am selben Tag besuchten wir noch den Stadtstrand und sahen uns überhaupt noch einiges an. Wie in Ferrol, aber hier
noch mit größerem Kontrast, verläuft in La Coruña parallel zur Haupteinkaufsstraße San Andrés
eine weitere, wo links und rechts nur Ruinen liegen. In einer so reichen Großstadt nicht zu fassen! Für das
Wohlbefinden der Bürger wird viel getan. Es gibt eine ganze Reihe großzügiger Grünanlagen, mehrere
saubere und bewachte Strände, kostenlose Sportanlagen, usw. So hält man die Einwohner bei Laune.
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Stadtstrand von La Coruña
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Hostal Alba nicht mehr existent
Dann musste ich noch telefonieren, denn wir wollten morgen in einem Hostal Alba übernachten, das 13 km in
Richtung Bruma liegt. Ich hatte zwei Telefonnummern. Bei der ersten fiepte ein Faxgerät los, bei der anderen
meldete sich niemand. Aber beim zweiten Versuch. Ein Mann gab brummelnd ("privado") an seine Frau weiter, die keifte
gleich los: "Tag und Nacht rufen sie hier an. Kann man nicht seine Ruhe haben? Das ist ein Privathaus hier." -
"N-nicht das Hostal Alba?" - "Nein!!!" - Ich stammelte eine Entschuldigung und legte auf. Also mussten wir wieder
zur Oficina de Turismo. Die junge blonde Bedienung war zwar hübsch, aber sie sprach trotz meiner Bitte
wie ein Maschinengewehr, so dass ich kaum was verstand. Als ich ihr vom Hostal Alba erzählte, galt ich nun
ganz als debil, denn sie hielt mir den Prospekt der Übernachtungsstätten von Galicien unter die Nase,
und da stand's doch drin. So sicher wie in der Bibel. Ich bestand darauf, dass die angegebenen Nummern nicht funktionierten,
äußerte sogar den Verdacht, dass das Hostal Alba gar nicht mehr existierte. Mitleidiger
Blick von ihr. Dann schritt sie doch zu einer Kollegin, und man telefonierte selbst. Ich merkte, wie
der Ton bald hektisch wurde. Nach 5 Minuten kam sie zurück. Tja, musste sie zugeben, ich hätte wohl Recht.
Niemand wüsste Genaueres, aber das Alba sei telefonisch nicht mehr zu erreichen. Ich nahm dann das
Unterkunftsverzeichnis mit, in dem noch zwei Hostales in Tabeaio standen (Adressen siehe unten). Aber auch unser Wirt vom
Los Potes wusste nur, dass die "nah" am Pilgerweg lagen. Wie schon gesagt, lässt der Pilgerweg aber
alle Städte abseits liegen, das ist das Problem.
Wenn die Hostalbesitzer gescheit wären, würden sie am Pilgerweg Reklame machen,
aber das ist nur in den seltensten Fällen so. Doch es kam sowieso alles anders.
Messe und Stempel
Es gibt an der Santiagokirche keinerlei Hinweise, wann eine Messe ist und wo es einen
Stempel gibt. (Im Oficina de Turismo fragen!)
20h00 Messe in der Santiagokirche. Danach schlüpften wir wieder einfach dem Priester in die
Sakristei hinterher. Er war auch ganz freundlich. Wir bekamen unsere Stempel und einige Informationen für
den Weg (die natürlich nicht viel nützten).
Schlummertrunk in der Bar Los Potes. Viel Spaß mit den Wirtsleuten und einigen Gästen. Ich komme mit
meinen Witzchen bei den Spaniern immer gut an. Unterkunft morgen hin oder her, das sollte schon irgendwie klappen.
29. Juni 2010, Dienstag: Zwangspause in La Coruña
Den Donnerschlag gab es am anderen Morgen beim Frühstück, als Hedwig mir ruhig eröffnete,
dass sie heute nicht laufen könne und mit ihrem Fuß zum Arzt müsse. Ich dachte an alle
meine guten Vorsätze für diesen Pilgerweg, schluckte und sagte "ok". Ihr schmerzte nun der ganze
Vorderfuß, Verdacht auf Sehnenscheidenentzündung. Nun, zur Freude unserer Wirtsleute wurde erst
einmal das Zimmer um eine Nacht verlängert.
Ich erspare dem Leser nun unsere Odyssee durch das öffentliche Gesundheitssystem in Spanien und erinnere
nur an dementsprechende Erfahrungen 2003 in Villalba. Wenn man privat versichert ist und sowieso bar zahlt,
sollte man gleich zu einer Arztpraxis gehen, nicht in ein Gesundheitszentrum. Dass Pilger kostenlos behandelt
werden, hat sich keineswegs überall herumgesprochen, in La Coruña jedenfalls nicht.
Ergebnis: über 75 € gezahlt, ein verbundener Fuß und Verdacht auf
Sehnenscheidenentzündung ausgeschlossen. Immerhin! Hedwig hatte wohl im Schongang immer die Zehen nach
oben gezogen, und das macht eben kein Fuß lange mit, ohne richtig weh zu tun. Vor Freude
zum Mittagessen nochmal zum Momos. 5 riesige Gambas als 1. Gang, Dorada (Fisch) als 2., sowas
habe ich noch nicht erlebt.
Leuchtturm von La Coruña
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Dann nahmen wir uns vor, das zu tun, wofür wir bisher keine Zeit gehabt
hatten: Die ganze Meeresküste im Norden zu erkunden, besonders das Gebiet um den Leuchtturm,
von dem man aus eine fantastische Sicht bis zu der Halbinsel von Ferrol hat.
Sicher sind wir an dem Tag noch an die 7 km am Meeresstrand entlanggelaufen.
Eigentlich war der Tag doch noch gelungen.
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Vorher hatte ich mir einen Plan für morgen zurechtgelegt.
Leider hatten wir keinen Reservetag, wir mussten am Freitag in Santiago sein, weil dann der Esperanto-Kongress
begann.
Hedwig meinte, wieder laufen zu können.
Also, morgen mit dem Zug nach O Burgo und von dort nach Bruma, das sind 32 - 8 = 24 km, normal. Allerdings waren es
eigentlich 2,5 km mehr, denn wir liefen ja erst durch die Stadt zum Bahnhof.
Nun, 24 km klingt aber freundlicher, und Durch-die-Stadt-Laufen wird nie mitgerechnet ;-) Also ging ich nochmal
zu der Blondine vom Oficina de Turismo und erstaunte sie mit einem neuen Wunsch: Einen Fahrplan für
den Zug nach O Burgo. Ich sah's ihr an: Der Debile wieder! - "Es gibt keine Bahnstrecke nach O Burgo", brachte sie mir
schonend bei. - "O doch," sagte ich fest, "in O Burgo ist sogar eine Renfe-Station, kein Regionalbahnhof." (Ich wusste
das aus dem englischen Manuskript und hatte die Bahnlinie auch auf der Karte gesehen.) -
Sie überlegte, was da
zu tun sei, konsultierte dann wieder die Kollegin, um Sekunden später zu einem Regal zu flitzen und mir den
Fahrplan auszuhändigen. Wie sich nachher herausstellte, war der Fahrplan veraltet, aber die Abfahrtszeit
gottlob in Wirklichkeit etwas später als in meinem Plan angegeben. So herum ging's ja noch gut.
Mit einigen Zweifeln, ob dieses Vorhaben nicht doch Hedwigs rechten Fuß (und die drei übrigen von uns)
wieder überstrapazieren würde, schlief ich abends ein.
30. Juni 2010, Mittwoch: Von
La Coruña nach Bruma, 32 km (115 km)
(Davon 5,5 km mit dem Zug)
Mein englisches Manuskript beklagt, dass es die ersten 14 km nahezu keine Wegezeichen gibt. Dafür
fand ich zu spät eine einleuchtende Erklärung. In der Stadt hatten wir jedenfalls frische und
deutliche gelbe Pfeile gesehen, z.B. am Busbahnhof. Ansonsten hatte ich als wichtigste Information: Nach 8 km
geht der Pilgerweg am Bahnhof von O Burgo vorbei. Auch die Pilgergruppe, die wir in Bruma getroffen hatten,
waren ja von O Burgo gekommen. Darauf beruhte mein Plan, den Pilgerweg wenigstens ab da zu erkunden.
5h30 raus, kein Problem. Leider musste ich bis zur Abfahrt des Zuges alles zeitlich großzügig
planen. Man hätte sicher auch einen Stadtbus benutzen können. 7h00 Morgengebet an der
Santiagokirche, dann den Schlüssel in der Bar abgeliefert. Erste 2,5 km des Tages bis zum Bahnhof,
der ziemlich versteckt liegt (durch eine Schnellstraße vom Busbahnhof getrennt). Fahrkarten am
Schalter. Danach sehe ich, dass ich sie auch problemlos am Automaten bekommen hätte. 1,65 €.
Im Bahnhof Sicherheitskontrollen. Uns Pilgern gönnt keiner einen zweiten Blick. Abfahrt 8h35
am Gleis 1 (nicht 8h27, wie in meinem veralteten Fahrplan). Bummelzug mit nur 2 Waggons. Der Schaffner
begrüßt jeden persönlich und merkt sich, wer wo aussteigen will.
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Santiagokirche in La Coruña
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Der Zug fährt langsam durch Vororte, hält nicht an der Universität, wie in meinem
nicht aktuellen Fahrplan angegeben. 8h47 Ankunft in O Burgo-Santiago. Der Schaffner überzeugt sich,
dass wir aussteigen. Der Bahnhof ist voll Wandschmierereien und auch sonst abstoßend dreckig.
Vom Bahnhof zur Flussbrücke
Laut dem englischen Führer
geht es vor dem Bahnhof nach links. Ich will aber Stempel für die Credenciales. Nach rechts sieht's
dafür günstiger aus. Stimmt. Rechts liegt die Ortsverwaltung, in der wir nicht nur sehr freundlich
Stempel bekommen, sondern sogar noch einen Handzettel über den Verlauf des Pilgerweges auf dem
Gebiet der Gemeinde Culleredo, wozu O Burgo gehört. Es ist allerdings ein sehr "spanisches"
Informationsblatt, schwarz-weiß kopiert, wahrscheinlich von einem farbigen Original. Deshalb kann man
fast nichts erkennen, nicht das nahe Ríaufer, nicht einmal die Bahntrasse, nur die Autobahn und den
Bahnhof. Das nützt mir gar nichts. Ich stecke es aber ein. (Inzwischen habe ich es zu Hause mit Hilfe von
Wikiloc deuten können. Ergebnis siehe unten.)
Vom Bahnhof aus sieht man in Richtung der Gleise weit vorn die Santiago-Kirche von O Burgo (die auch über
die Hauptstraße AC-211 erreicht werden kann). Der englische Führer beschreibt den Weg rechts die Gleise entlang,
sich immer links haltend, bis man die Gleise nach links überqueren kann. Sofort dahinter rechts, auf die Kirche
zu. (Die Gleise biegen nach Süden ab.) Die Kirche hat geschmiedete Tore in Form von Muscheln und war ausnahmsweise mal geöffnet.
Man überquert die AC-211 und läuft nach links, an ihr entlang zum Fluss und zu einer sehr alten
Brücke hinunter. Hier steht ein Muschelstein mit der Entfernung 64,3 km. (Bis Bruma muss man bis auf 40 km
herunter, die 24 km ab O Burgo scheinen also zu stimmen.) Außerdem gibt es eine Skulptur (Kalebasse mit Pilgerstab)
und eine Informationstafel mit der Streckenführung. Die hilft einem wie gewöhnlich überhaupt nicht. Man sieht nur,
dass der Weg offenbar nicht durch Cambre geht, und deshalb war ich sehr erstaunt, als wir später doch durch Cambre kamen.
"Hilfreicher Spanier"
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9h18. An diesem Muschelstein fallen wir einem "hilfreichen Spanier" in die Hände. Er schwallt uns zu, dass wir
doch nicht über die Brücke laufen sollten, das sei ganz übel. Ich verstehe, dass er abrät,
Landstraße zu laufen. Dahinten, er wedelt unbestimmt nach rechts, sei es doch viel besser. "Lieber
Mann," sage ich ihm, "ich laufe hier nach meiner Wegebeschreibung. Es mag ja sein, dass sie einen schöneren
Weg kennen, aber was nützt mir das? Ich darf doch den Pilgerweg nicht verlieren." Er regt sich immer mehr
auf, bis ich mich nochmal entschuldige, und dann nehmen wir die Beine auf den Nacken, bevor er uns am Kragen in
die (seines Erachtens nach) richtige Richtung schleift. Weder Hedwig noch mir ist aufgefallen, dass die längs an unserem Weg stehende Muschel
nach rechts weist, nicht über die Brücke, sondern genau in die Gegenrichtung, die wir gerade von der Kirche
gekommen sind, die AC-211 zurück. Vielleicht wollte uns Sankt Jakob aber auch nur gütigerweise durch den "Helfer" ablenken, denn die neue
Pilgerwegführung (laut dem Informationsblatt, das ich jetzt verstanden habe) ist derart kompliziert, dass wir sie ohne dauernde Wegezeichen ohnehin nicht gefunden hätten.
Letzten Endes war mein Argument: "Ich folge meinem Material" (hier dem englischen Manuskript) doch zeitsparender,
und länger war diese alte Pilgerstrecke auch nicht (nur mehr Landstraße).
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Durch Cambre
Jenseits der Brücke geht es halbrechts auf eine Landstraße (Rúa Temple), der man kilometerlang folgt.
Man unterquert zunächst die Autobahn, dann folgt links das
Hotel Marisqueira. So geht es weiter bis Cambre 10h20. Supermarkt. Im Ort rechts
durch eine Allee abzweigen und zur Kirche Santa María de Cambre.
12 km. 10h33. Die Kirche ist geöffnet. Kleine Trinkpause im Schatten. Die Sonne brennt schon
wieder. Von der Kirche aus links auf eine Ausfallstraße, die bald rechts abdreht und sich dann steil nach unten bis zu
einem Eisenbahnübergang und einer Flussbrücke dahinter senkt. Schöne Gegend. Hinter dem Fluss natürlich
steil hoch, immer geradeaus. Wir entdecken auf der rechten Straßenseite zwei große lila Schilder, die
auf Sehenswürdigkeiten hinweisen: Eine Kirche und - den Camino Inglés! Die Schilder weisen nach rechts auf
eine kleine Asphaltstraße. Doch zuvor wollen wir das Schicksal des Hostals Alba klären, das hier irgendwo
sein muss. Endlich fragen wir in der Bar Pulpeira Nona nach. Ja, das Hostal liege noch ein Stückchen weiter,
sei geschlossen.
Den offiziellen Pilgerweg wiedergefunden
Der englische Führer schickt einen weiter die Straße hoch. Wir haben aber ja die Schilder gesehen und wollen ihnen folgen.
(Beide Routen kommen ohnehin wieder zusammen.) Also von der Bar ein Stück zurück (ohne das
Hostal Alba gesehen zu haben). Von der Straße ab, wie die Schilder zeigen. Kurz darauf eine Kreuzung. Halbrechts
jenseits geht es weiter, steil hoch. Bis zu einem Pilgerkreuz. O Freude, Muschelstein und gelbe Pfeile.
14 km. 11h50. Der von uns gelaufene Weg (nach dem englischen Manuskript) ist nicht der offizielle Pilgerweg, sagt an dieser Stelle
auf einmal der Führer selbst, der den Weg über dieses Kreuz und die nachfolgende Kirche als Umweg
erwähnt.
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Wichtiger Orientierungspunkt
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Erläuterung der verschiedenen Varianten
Jetzt ist es an der Zeit, mal sämtliche Rätsel hier aufzuklären, nachdem ich zu Hause alles bei Wikiloc so gut es ging
kontrollieren konnte.
Es gibt - o Schreck - gleich 3 Routen bis zum o.g. Pilgerkreuz:
-
Es gibt eine wohl sehr neue Pilgerwegroute ab der Brücke von O Burgo. Deshalb wies der Muschelstein stadteinwärts
anstatt über die Brücke. Die Route ist auf dem genannten Informationsblatt skizziert, aber ohne lesbare
Straßennamen, die gesondert in einer Liste aufgeführt werden, aber ohne Hinweise, ob es rechts oder links abgeht, usw.:
völlig unbrauchbar. Ich habe nach Wikiloc die Straßen identifiziert und gebe unten eine
Beschreibung der neuen Route, aber ohne Gewähr.
-
Dann ist da die alte Pilgerwegroute. Sie steht noch in Wikiloc eingezeichnet. Sie führt auch nicht über
die Brücke, sondern am diesseitigen Ufer nach rechts entlang, merkwürdigerweise an der Stelle, wo die Autobahn
ist, mit dieser über den Fluss und dann zur Landstraße AC-1706 nach Cambre wie gehabt.
Gibt es unter der Autobahn eine Fußgängerbrücke? Oder stimmt da was nicht? Ich kann mich dunkel erinnern,
eine Holzbrücke gesehen zu haben. In jedem Fall könnte man genauso gut am jenseitigen Ufer rechts entlanglaufen.
Beide Varianten führen wieder auf die AC-1706. Wenn der "hilfreiche Spanier" wegen der paar hundert Meter
so einen Aufstand gemacht hat, ist das grotesk. Aber vielleicht meinte er ja die neue Route. Warum zeigte er dann nicht
vielsagend auf den Muschelstein?
-
Die in dem englischen Manuskript beschriebene Route folgt auch schon vor der Brücke nicht dem offiziellen
Pilgerweg. Der führt nämlich gar nicht am Bahnhof O Burgo-Santiago vorbei, sondern dahinter, am Ríaufer
entlang. Erst an der Brücke stoßen beide Routen aufeinander. Kein Wunder, dass nur da ein Muschelstein
steht und - wegen der neuen Route - auch weiterhin bis zum Pilgerkreuz gar nichts.
Allein die englische Beschreibung führt einen durch den Stadtteil Temple jenseits der Brücke. Ansonsten
schickt sie einen schon richtig über Cambre. Lediglich vor und hinter der Flussbrücke von Cambre leistet
sich der alte Pilgerweg wieder Schlenker, denen die englische Beschreibung nicht folgt. Vor allem macht der alte
Pilgerweg hinter der Brücke von Cambre rechts ab einen großen Linksbogen in Richtung Xira. Dort stößt
auch die neue Route von rechts dazu (sie ist immer westlich vom Fluss geblieben). Alte und neue Route laufen dann
auf das Pilgerkreuz zu.
Fazit:
- Wer der englischen Beschreibung folgt, spart einige Schlenker, läuft aber Landstraße und
verpasst Pilgerkreuz und die nachfolgende Kirche Santiago de Sigrás, kommt aber in Cambre und
hinter der Brücke von Cambre an "Versorgungseinheiten" vorbei.
- Wer die neue Route läuft, kommt nicht durch Cambre und verpasst die sehenswerte Kirche.
- Entfernungsmäßig sind alle Varianten etwa gleich lang. Lediglich der kurze Schlenker der
alten Pilgerwegroute vor der
Brücke von Cambre ist unsinnig.
- Ich empfehle die neue Route, wenn sie denn verlässlich ausgezeichnet ist.
Beschreibung der neuen Pilgerwegroute:
Vor O Burgo bleibt der Pilgerweg nach allem, was ich gesehen habe, immer dicht an der Küste, bis er
in O Burgo auf die Brücke trifft. Von der Brücke aus geht es ca. 200 m auf der AC-214 zurück Richtung
La Coruña. Über die Bahnbrücke und sofort scharf links in die Rúa de Colina, die parallel zu
den Gleisen verläuft, dann aber nach rechts schwenkt und auf die Calle de Pablo Picasso stößt,
die geradeaus weiterführt. T-Kreuzung mit der Avenida de Galicia, links ab auf dieser weiter.
Halbrechts auf die Calle de los Palamios. Rechtsbogen. Calle de Elado de la Iglesia Doldán. Linksbogen.
T-Kreuzung mit der Rúa de San Xiao, rechts ab auf dieser weiter. Abzweigungen rechts (Calle de Bo Home)
und links (Camiño da Igrexa) ignorieren, geradeaus in die Rúa da Choeira, die zur Rúa das
Catas wird. Abzweigungen links (Rúa dos Pereiros, Rúa Alfons X) ignorieren, aber danach links in die
Rúa do Arcebispo Xelmírez abbiegen.
Diese windet sich an einem Waldstück entlang und kommt dann
in ein neues Industriegebiet, wo es schwierig wird. An einer T-Kreuzung nach rechts zu einem großen
Kreisverkehr vor riesigen Hallen. Richtung geradeaus, nach links versetzt, aus dem Kreisverkehr in die Calle GA.
Diese läuft vor den Gebäuden auf die N-550 zu, führt dann an ihr links entlang. An 2 Kreisverkehren
geradeaus an der N-550 weiter. Dann vor einer großen Kreuzung spitzwinklig nach links in die Calle A,
aber schon nach ca. 50 m wird die Straße nach rechts überquert, und es geht gegenüber auf einem Weg durch die
Büsche weiter.
Hier ist man in Xira, wo auch eine mittelalterliche Brücke überquert werden soll,
wie ich den allgemeinen Unterlagen entnommen habe. Wo diese liegt, habe ich nicht herausgefunden.
400 m weiter Kreuzung mit der AC-214. 300 m weiter geradeaus. Zwei Rechtsabzweigungen ignorieren.
Direkt hinter einer dritten kommt von links die
alte Pilgerroute dazu. Geradeaus/halbrechts. 100 m
weiter kommt man am Pilgerkreuz raus. Der Weg, den Hedwig und ich gelaufen sind, kommt hier von links unten hoch.
Ein Mitpilger
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Ich fahre jetzt mit der Beschreibung unseres Weges ab dem Pilgerkreuz fort, nachdem alle Varianten bis dahin besprochen sind.
Von dem Pilgerkreuz aus geht es nach links. Etwas später kommt man zur Kirche Santiago de Sigrás, wo früher ein
Pilgerhospital lag. Hier läuft ein einzelner spanischer Pilger herum, den wir eingeholt haben. Es stellt sich heraus:
Er wohnt in La Coruña und läuft fast jede Woche "mal eben" nach Santiago, die 72 km in 2 Tagen mit Übernachtung
in Bruma, wobei er sofort nach der Ankunft in Santiago wieder nach Hause fährt. Eine 2-Tage-Pilgertour also, aber das
laufend. =:o
Mit ihm laufen wir den ganzen Tag parallel, wobei wir uns wechselseitig überholen, je nachdem, wann wer Pause macht.
So geht das ja beim Pilgern oft. Jedenfalls war er nicht schneller als wir und litt später ebenso wie wir unter der
glühenden Sonne. Ich konnte mich recht gut mit ihm verständigen.
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Ein letztes Mal durch ein Fernstraßenknäuel
12h09. 59,5 km. Man konnte jetzt wieder ohne Schwierigkeiten den Muschelsteinen und Pfeilen folgen. Bald ist man wieder im Gewirr von
Straßen, läuft einmal einen Grasweg hinter Häusern her, bis man doch auf die Fernstraße muss,
um die Autobahn zu überqueren. Zum Trost wird es danach landschaftlich immer schöner. Städte und Fernstraßen
bleiben fern. Man muss dazu sagen, dass das Gebiet um La Coruña eines der am dichtesten besiedelten Gegenden Galiciens
ist. Hier hatten wir jetzt ungefähr die Grenze dieses Gebiets erreicht.
Anceis mit Informationstafel.
12h59. 57,0 km. Achtung: Kurz darauf geht es bei einer T-Kreuzung links ab (steht im englischen Führer falsch).
An einer T-Kreuzung nicht dem Schild "Alta Mira" nach rechts folgen, sondern links gehen.
Dann ein Schild, das die Pilger auf dem Gebiet von Carral willkommen heißt.
Bald darauf eine Bäckerei (mitten im Grünen), in der
wir ein ordentliches Stück Empanada kaufen.
Ein schöner Platz für eine Mittagspause
17 km. 13h27. Dahinter kommt in A Lameira gleich ein prima Rastplatz mit Schatten und Wasser, wo wir
Mittagspause machen. Der Wasserhahn ist so blöd eingestellt, dass er gar nicht oder wie eine Feuerspritze funktioniert. Man wird klitschnass,
ohne was auffangen zu können. Auch unser Pilgerkamerad, den wir hier eingeholt haben, "erfrischt sich". Auf der Übersichtskarte
sehen wir erschreckt, dass wir heute noch nicht allzu weit gekommen sind (erst 11,5 km gelaufen, 15 km noch vor uns, der Rest war die Bahnfahrt).
13h54 weiter.
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Rastplatz in A Lameira
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Hinter A Lameira kommt man nach Corpo Santo (ich habe kein Ortsschild gesehen), man läuft auf der AC-1708.
Es folgte eine Kreuzung: der Pilgerweg geht links (AC-2103) nach Sergude (die AC-1708 geht geradeaus weiter und trifft etwas später
auf die N-550); rechts ist eine Verbindung zur N-550, die etwa 500 m entfernt ist. Dort müssten auch
Unterkünfte für diejenigen sein, die nicht gern in Pilgerherbergen übernachten.
19 km. Dorf Sergude. Wenigstens gibt es jetzt ein psychisches Teilziel nach dem anderen.
Seit 2014 neue Herberge in Segude
Pilgerin Gerda Kambeck schreibt im Oktober 2015:
"In Sergude gibt es seit 2014 eine hervorragende Herberge. Da hat ein
Architekt wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Aufenthaltsräume sind
ansprechend möbliert, eine knallrote Küche sieht auch nach einem Jahr noch
wie neu aus, die Schlafräume sind großzügig bemessen und die Sanitärräume
(getrennt nach Geschlechtern!) praktisch und qualitätiv hochwertig angelegt.
Die Hospitalera ist von der Gemeinde angestellt und hält alles perfekt
sauber. W-LAN ist kostenlos vorhanden."
Mit dieser Herberge ist auch die lange Etappe La Coruña - Bruma gut aufgeteilt.
21 km. 15h16. Wir kommen nach Sarandones rein. Rechts liegt sofort die Bar Centro und ist auch geöffnet.
Andächtige 2 Colas im Schatten vor der Bar. Die Straße weiter hinauf hält ein Schild fest, dass hier Felipe II
auf seinem Weg nach England übernachtet hat. Schmeißt mich nicht um.
Wieder steil nach As Travesas hoch
Danach kommt die Herausforderung des Tages. Man verlässt die links abknickende Hauptstraße geradeaus. Man sieht vor sich
einen Taleinschnitt. Links oben der Sendemast von As Travesas, den erkannte ich sofort. Also war klar, dass wir auch von
dieser Seite eine gewaltige Steigung bewältigen mussten. Wie ich richtig vermutete, durch den Taleinschnitt, am rechten Hang stetig nach oben.
Und mit gleichmäßer Steigung, das musste man zugeben. Am Ende des Einschnitts liegt die Streusiedlung
Cruz de Veira.
24 km. 16h41. 48,2 km bis Santiago. Unser Pilgerfreund liegt rechts in einer Bushaltestelle, winkt müde und schachmatt. Ich rufe, dass es links um
die Ecke eine Bar gäbe. (Steht im englischen Manuskript) Glaubt er nicht. Ich schaue durch eine halb offene Haustür in
einen dunklen Raum, in dem 3 Frauen verschiedenen Alters sitzen. Links steht ein Tresen. "Ist hier eine Bar?" - Die Frauen verneinen.
Es war wohl mal eine. Aber die jüngste Frau bietet uns frisches Wasser aus dem Kran im Garten an. Hedwig und ich trinken
ordentlich und füllen noch eine Flasche. (Wir hatten heute schon vorsorglich 1 Reserveflasche mitgenommen.) Wohl, gemerkt,
ganz gegen meine Gewohnheiten habe ich hier nicht gekauftes Wasser getrunken. Man muss auch mal von seinen Prinzipien abweichen
können. Und geschadet hat es mir gottlob nicht.
In einem weiten Linksbogen weniger steil hoch in Richtung Sendemast. Auf der Höhe bleibt er doch links liegen.
27km. 17h39. 45,5 km bis Santiago. Wir
kommen an der AC-542 in As Travesas heraus. Es geht gegenüber gleich wieder ins Grüne und dann
parallel zu der Straße einen Wiesenweg entlang, der bei Regen sehr schlammig sein könnte. Die Kräfte lassen
nach, sobald kein Wind mehr weht. 17h56. Unter den nächsten Bäumen, die den Weg beschatten, legen wir uns hin und machen
die Augen zu. Nur Minuten später scheucht uns der Pilgerfreund wieder auf.
Lieber nicht über die Fernstraße
Einen schattigen Hohlweg entlang. 18h17. 44,5 km bis Santiago. Wir kommen von links wieder auf die AC-542.
Die gefällt mir gar nicht. Es gibt nicht viel Verkehr, aber alle fahren dafür halsbrecherisch schnell, können
einen leicht übersehen. 18h23. Die Bar Angelina kommt rechts an der Straße in Sicht. Der spanische Pilger
verlässt sie gerade. Man solle geradeaus die AC-542 entlanggehen, habe die Wirtin gesagt. Irgendwann links ab nach Bruma.
Ich streike. Erstens will ich nicht die gefährliche Straße noch weiter entlang; zweitens will ich zum Treffpunkt der
beiden Camino-Äste. Und dazu geht es jetzt links die AC-223 rein, eine "provisorische Strecke" des Camino Inglés,
wie ein Schild anzeigt. Unser spanischer Kamerad schließt sich neugierig meiner Führung an, scheint aber
skeptisch zu sein. (Er läuft wohl immer die AC-542.)
Schnittpunkt der Äste
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Zu meinem Schreck geht es die nicht weniger gefährliche neue Landstraße AC-223 weiter entlang, und
ausgerechnet jetzt kommt uns ein riesiger Jauchetrecker entgegen, dem wiederum einige spanische Kamikazefahrer im Nacken
sitzen. Um ein Haar hätten wir in den Graben springen müssen. Hedwig meutert jetzt, hält das Ganze für
einen Umweg. Sie hat auf der AC-542 geradeaus nicht allzu weit entfernt große Gebäude gesehen und das für
Mesón do Vento gehalten. Es ist aber nur eine Industriesiedlung 5 km vor den Toren. Ich laufe finster
blickend weiter.
18h42. Zum Glück kommt schon wenig weiter die Stelle, auf die ich gehofft habe:
Der Pilgerweg von Ferrol kommt links an der "Kaaba" raus, rechts geht's ins Gebüsch weiter. Jetzt hat meine arme Seele
Ruhe: Ich weiß jetzt, dass der Camino von La Coruña her tatsächlich über die Landstraße
hinzukommt, nicht über die Piste, wie ich vermutet hatte.
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Es sind leider immer noch 3 km bis Bruma. Wir sind jetzt alle drei ganz schön müde. Nach einigen hundert Metern
macht der Weg eine auffällige Spitzkehre nach links. Von vorn kommt ein Grasweg hinzu. "Hier", erläutert der
Pilgerfreund lebhaft, "kam sonst der Weg von La Coruña dazu." Warum er jetzt gesperrt ist, weiß er nicht.
Den Rest des Weges stapfen wir verbissen weiter. An der erwähnten unsicheren T-Kreuzung baue ich rechts gegenüber
ein Steinmännchen. Unser Kamerad schaut interessiert zu. Das Schild "1 km" lässt auch diesmal wieder Erleichterung aufkommen.
19h30 sind wir an der Herberge, wesentlich erschöpfter als beim ersten Mal. 10 1/2 Stunden für 24 km (ab O Burgo).
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Ehemaliger Schnittpunkt
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Zum zweiten Mal in der Herberge: kein Problem
Der Herbergsvater fragt nervös, warum wir so spät kommen. Es ist keine Kritik, er hat nur das Abendessen schon geordert.
Er atmet auf, als wir kein Essen brauchen. Unser spanischer Freund tritt für mich ein: "Der schreibt doch einen Bericht, muss
dauernd anhalten, um alles aufzuschreiben." (Danke, Kamerad.) Beim Bezahlen muss ich doch innerlich grinsen. Erstens erinnert sich
der Herbergsvater gar nicht an uns. Es ist also keine Frage, dass wir wieder unterkommen, und die 2x 5 € kann er für die
Herberge auch gut gebrauchen. Zweitens sage ich ungeniert, dass wir noch am Sonntag da waren. "Ach," sagt der spanische Pilger,
"ich am Samstag." Wir grinsen alle.
An der Herberge von Bruma
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Die Herberge ist diesmal mit 12 Leuten belegt: Außer uns sind noch da: Unser spanischer Begleiter von heute;
ein weiterer Einzelpilger, der nachher beim Verpflastern überall rohes, blutiges Fleisch an den Füßen hat;
ein jüngeres spanisches Paar, ein älteres (er liegt erschöpft im Bett) und 4 Polen (2 Männer, 2 Frauen).
Alle sind sehr nett und reden in mehreren Sprachen durcheinander. Ich erzähle auch was über Esperanto. Die Idee wird
gut aufgenommen, sowas bräuchte man jetzt. Hedwigs Verband hat natürlich nicht gehalten. Es muss wieder Elastoplast
her. Da sie tapfer aufgetreten ist, haben sich die Schmerzen im oberen Bereich gegeben. Dafür spürte sie
die Blase unterm Ballen und die gequetschten Bereiche vor den Zehen um so mehr. Aber sie hat durchgehalten.
Noch später kommt eine 5-köpfige Gruppe: Zwei korpulente junge Frauen, die eine in einer Art Uniform, ist wohl
der Führer, 3 junge Burschen, alle mit Tagesrucksäcken. Holen sich die Stempel für die Credenciales, dann
fährt ein Großraumauto vor, wohl das Begleitfahrzeug. Na ja. Ich vergesse immer, dass wir es 1998 genauso gemacht
haben. Sonst keine weiteren Vorkommnisse. Mindestens 3 Leute schnarchen, niemand stört sich dran.
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Fazit der Etappe:
Es war richtig von uns, dass wir Hedwigs Fuß 5,5 km erspart hatten. Bei diesem extrem heißen
Wetter ist die Etappe schwer. Sonst durchaus zu bewältigen, also auch in einem einzigen Tag von La Coruña bis Bruma.
1. Juli 2010, Donnerstag: Von Bruma
über Ordes
nach Sigüeiro, 24 km (139 km)
Wikiloc zeigt das als zwei Etappen, da der Pilgerweg als Abstecher angeblich über Ordes führt. Das ist aber nicht so.
Man sieht Ordes zwar lange rechts von sich liegen, läuft aber 2-3 km an der Stadt vorbei, ohne den Abstecher
machen zu müssen.
Morgens standen wir mit den anderen auf. Kein Problem, einen freien Waschraum zu bekommen. Wer bis Santiago wollte,
hielt sich nicht lange auf, sondern zog zügig los. Beim Frühstücken waren wir aber auch nicht ganz allein.
7h47 zogen wir los. Morgengebet an der Kapelle, die links am Ortsausgang liegt. Man läuft noch lange recht hoch,
ohne großes Auf und Ab, eine kleine Asphaltstraße entlang, wobei die Ortschaften wie Perlen an einer
Kette folgen. Nach den Bars lässt sich die Etappe gut einteilen.
Dörfer wie an der Perlenschnur
7h57. Muschelstein: Noch 40,3 km. Danach schon Seixo mit dem Sträßchen, das rechts von Mesón do Vento
kommt. Links nach Cabeza de Lobo ("Wolfskopf", ein merkwürdiger Name) rein.
8h41. 3 km. Rechts die erste Bar O Porto (geschlossen, ohnehin zu früh). Dörfer Carreira, Mámoas und
Carballeira in regelmäßigen Abständen. Als Ortsangabe steht meist "Ardemil" als Bezeichnung der Samtgemeinde,
aber Schmierereien lassen darauf schließen, dass das den Lokalpatriotismus hier und da verletzt. 9h10: Die Sonne kommt raus.
Inzwischen haben wir einige andere Pilger gesehen, und einer hat uns überholt. Hinter Carballeira, das man links liegen
lässt, geht der Pilgerweg in einer Linkskurve der Straße endlich wieder geradeaus auf einem schönen Waldweg.
Es kann an dessem Ende gewesen sien, wo der Weg auf einmal durch ein Rinnsal versperrt war und man links in die Büsche auswich.
Zu meiner Überraschung ging dort auch der Pilgerweg weiter.
9h30. 8 km. Buscás mit Bar Novo. Hier treffen wir auf mehrere der anderen Pilger. Gegenüber liegt ein ansprechend
aussehendes Haus (Casa Rural) "Doña María", wo man übernachten kann. Die 5er-Gruppe von gestern Abend zieht
vorbei. Neben der Bar links ist wieder einmal eine Übernachtungsstätte von Felipe II. Nach kurzer Pause weiter.
An der Kirche rechts (mit Märtyrerstatue San Paio) überholen wir unseren Freund von gestern und ein spanisches Ehepaar.
Der Mann lag gestern wie krank im Bett, läuft auch heute etwas mühsam, aber er läuft. Am Ortsausgang rechts
eine weitere Bar (O Rúa). Ein Stück hinter Buscás kreuzt man die AC-524, die rechts nach Ordes führt. (Hier
gibt Wikiloc den Abstecher an.) Der Pilgerweg geht aber jenseits der Straße weiter.
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Historisches Haus
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Kopftransport
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11h00. 13 km. Calle de Poulo. Links Bar O Cruceiro, unser schon vorher ausgegucktes psychisches Teilziel. Eigentlich
für die Mittagspause, denn wir haben ja schon etwas mehr als die Hälfte weg. Wir finden es aber trotzdem zu früh
und trinken nur gern eine kalte Cola. Beim Weiterziehen sehen wir eine Frau, die eine Art Ring auf dem Kopf trägt. Darauf
balanciert sie eine große Plastikflasche mit Trinkwasser. Das habe ich in Spanien noch nie gesehen.
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12h40. Wir treffen an einem Bauernhof auf die 5er-Gruppe, die am Weg Mittag macht. Danach kommen wir an einer kleinen Landstraße
heraus, wo links gegenüber ein schöner schattiger Platz mit Sitzmöglichkeiten ist (aber kein richtiger Rastplatz).
Zeit und Entfernung (ca. 18 km) lassen die Mittagspause angeraten sein. Wir trinken und essen gemütlich. Nach kurzer Zeit
zieht die 5er-Gruppe vorbei. Dann erneut Stimmen. Aus dem Weg gegenüber löst sich eine lange Reihe von Gestalten. Ich schätzte
nachher, etwa 40 Personen, jugendliche Pfadfinder aus Mérida, mit Pfarrer und Begleitern. Sie rufen uns fröhlich zu. Einer der Begleiter fragt, wo wir
herkommen, ist auch Deutscher, der bei dieser Pilgergruppe hilft. Er erzählte anderntags unterwegs, dass sie in Ordes übernachtet
hatten und morgens den Pilgerweg nicht wiederfanden. Eine Frau schickte sie 3 km in die falsche Richtung. Eine andere Person hatte ihnen
gerade weisgemacht, dass es noch 9 Kilometer bis Sigüeiro seien. Ich konnte ihn beruhigen, dass wir noch etwa 6 Kilometer vor uns
hatten, allenfalls 7. Er gab die frohe Kunde gleich an die erleichterten Jugendlichen weiter. Sie übernachteten in Turnhallen.
Diese Gruppe sollten wir noch bis Santiago immer wieder sehen. 13h25 weiter.
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Pfadfinder-Pilger
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Schnurgeradeaus
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Der Weg änderte sich nun sehr. Nachdem man die Autobahn unterquert hatte, kam man in eintönigen Eukalpyptuswald, in dem es
noch einmal nach rechts und dann mehrere Kilometer lang auf einer Sandpiste schnurgeradeaus ging.
Die Sonne brannte unbarmherzig senkrecht von oben. Hedwig hatte wieder Probleme, musste viel trinken.
Zum Glück hatten wir reichlich Wasser mitgenommen. Weit vor uns
sah ich Pünktchen: die Pfadfinder. Gern hätte ich das Tempo angezogen, um sie einzuholen. Tatsächlich kamen
wir an die letzten noch bis auf wenige hundert Meter heran, konnten noch verfolgen, wie ein Begleitfahrzeug auftauchte, auf das sich alles
stürzte. Dort wurde wohl Wasser verteilt, wie sie uns später bestätigten. Aber dann zogen sie uns wieder davon.
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15h27. Stadtrand von Sigüeiro erreicht. In ein ödes Industrieviertel rein. Dann Rechtsknick, links Grünanlagen -
und lautes aufmunterndes Geschrei: dort lagerten die Pfadfinder. Hinter einer Einmündung links ab über eine kleine
Brücke zum Freibad, das man links umlief. Jetzt dichte Bebauung. Hinter dem Schwimmbad erneut Gejohle. Dort saßen
7-8 unserer Pilgergeschwister und winkten uns heran. Wir waren schweißbedeckt und sichtbar ausgelaugt, während sie
schon einiges getrunken hatten, auch Bier. Der Einzelpilger mit den kaputten Füßen flitzte los und holte uns eine
Riesenflasche eisgekühltes Wasser aus dem nahen Café. Es war mir direkt peinlich, weil ich weiterwollte. Hatte mal wieder
nervösen Druck, eine Unterkunft zu finden. Alles radebrechte durcheinander. Die 4 Polen, die doch noch bis Santiago
wollten, waren lustig und hatten es gar nicht eilig. Einer sagte langsam zu uns etwas auf Deutsch, die anderen hörten
respektvoll zu, verstanden nichts. Sie erwähnten noch einmal positiv Esperanto, das man nun gut gebrauchen
könne. Dumm, dass wir nicht blieben, weil ich nur an die Unterkunft dachte. Deshalb verabschiedeten wir uns, ich ziemlich
verlegen.
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Pilgergeschwister
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Hostal Miras
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Es ging die Straße weiter geradeaus, dann halblinks zu einem Platz mit Caminodenkmal. Am Ende des Platzes
die linke Straße weiter hoch (Muscheln hoch an Häuserwänden). Dann links ab in die Rúa do Tambre.
Hier hatte ich zu Hause im Netz zwei Hotels in einer Seitenstraße links gesehen. Oben erreichte man eine größere
Straße. Rechts ab, an mehreren Bars vorbei. Menschen beim Essen, obwohl es kurz vor 16 Uhr ist. Am Ende erreicht man
eine große Kreuzung. Die N-550 führt dort quer vorbei. Rechts an der Ecke liegt das Hostal Miras, Café,
Bar und Restaurant, Tel. 981 694 508.
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Herberge in Sigüeiro geplant
Die Bar ist voller Rentner, die Karten spielen und sich dabei lautstark streiten. Endlich kommt jemand an die lange Theke,
eine junge Frau, ganz in Schwarz, mit etwas melancholischen Gesichtszügen. Geschäftsmäßige Freundlichkeit,
auf Abstand. Durch eine Seitentür geht's hoch in den 1. Stock. Nun ja, nach den Berichten hatte ich mir unter dem
Hostal Miras was Privates mit
Behelfszimmern vorgestellt. Das war es ja nun nicht, durchaus ein professionelles Hotel. Aber 35 € für ein Zimmer,
in dem fast alles kaputt war, auch Bad nur auf dem Flur, das war das schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis des
Camino Inglés. Sicher war es auch hier, wo die Pilger einhellig von der Unterkunft abrieten, ich schließe
mich an. In Sigüeiro ist eine Herberge geplant. Ein Grundstück für einen Neubau gibt es schon, aber ob
mit dem Bau schon angefangen wurde, ist mir nicht bekannt. Auch in Ordes soll eine Herberge eingerichtet werden, was dann
einen Abstecher sinnvoll machen würde. Nachts dröhnte der Verkehr auf der N-550, ein weiterer Grund, das Miras zu meiden.
Für ein abendliches Menü sehr empfehlenswert
Die Pfadfinder gingen in die städtische Turnhalle, die inzwischen offensichtlich regelmäßig für Pilger
zur Verfügung gestellt wird. "Hätte ja auch ganz lustig sein können", meinte Hedwig und dachte an die
Begegnung mit den Pilgergeschwistern am Freibad. Na, ich wusste nicht: Gewusel von 40 Jugendlichen, Kampf um die Toiletten,
Schnarchen, das von den Wänden widerhallt, usw., das hatte ich schon erlebt und war auf eine Wiederholung nicht scharf.
Also richteten wir uns achselzuckend ein. Einen Trost gab's später. Als einzige Gäste (jedenfalls um 20h30)
bekamen wir von derselben melancholischen Dame, die nur durch eine ältere (ihre Mutter?) in der Küche
unterstützt wurde, eine erstaunlich gutes Menü angeboten. Ich aß zum ersten Mal Bertorella (siehe Einleitung).
Als Nachtisch gab es außer dem Üblichen (Dosenfrüchte, Eis) verschiedene "tartas" zur Auswahl. Als wir wie
üblich Eis bestellten, kam Leben in das blasse Gesicht: Was? Warum wir nicht eine der "tartas" nähmen, die wären
schließlich selbst gemacht. Aha! Das war ja ein Hinweis. Also bestellten wir "tarta", ich tarta de café.
Obwohl ich sonst nicht so für Kuchen bin, muss ich doch einräumen, dass wir richtig entschieden hatten. Der selbst
hergestellte Kuchen war wirklich lecker.
Wie man den nächsten Supermarkt findet
Supermarkt: Die N-550 etwa 20 m nach rechts, auf dem Zebrastreifen die Schnellstraße überqueren. Etwas nach links,
Rechts-Links-Schwenker in eine Parallelstraße. Dort ist - vom Hotel aus nicht zu sehen - ein Supermarkt, ich glaube,
El Árbol.
Wo liegt das Hostal San Vicente?
Das junge spanische Paar wollte zu
einem Hostal San Vicente, ich sah sie am Miras vorbeiziehen. Vergebens habe ich dieses Hostal im Netz gesucht.
Es muss etwa 4 km außerhalb liegen, so versicherte mir ein Pilgerfreund, der dort übernachtet hat, aber
mit dem Taxi hingefahren ist. Wahrscheinlich liegt es an der N-550 und damit nicht am Pilgerweg. Ob unsere polnischen
Freunde noch am selben Tag Santiago erreicht haben, bezweifelten wir doch sehr. Merkwürdigerweise haben wir von allen,
die in Bruma übernachtet haben, in Santiago niemanden mehr wiedergesehen.
Fazit der Etappe: Gut in "psychische Teilziele" aufteilbar. Nicht sehr anstrengend, kaum Auf und Ab. Aber auch keine
besonderen Höhepunkte. Für den 2. Teil bei Hitze viel Wasser mitnehmen.
Am Abend vorher waren schon dunkle Wolken aufgezogen. In den Nachrichten war für heute Regen angekündigt. Niemand
konnte nach den wochenlangen Sonnentagen so recht daran glauben. Aber tatsächlich zogen wir an diesem Tag 8h35 in leichtem
Regen los, der sich später noch verstärkte. Also kamen sogar unsere Regenumhänge zum Einsatz. Bis dahin hatten
wir sie tief im Rucksack versenkt und nicht ein einziges Mal gebraucht. So konnte uns der Regen nichts anhaben. Mich nervte nur,
dass meine Notizen, die ich ja immer wieder zur Hand nahm, nass wurden.
Die ersten 5 km bis zur N-550
Der Pilgerweg ging mit der N-550 über die nahe Brücke, dann links hoch zu einer Kirche und rechts an dieser vorbei
steil hoch. Klar, dass man hinter einem Fluss eine Steigung hat. Man zog nun über Waldwege, wobei es hoch und runter ging,
aber erträglich. Rechts sah man ins Tal, wo die Autobahn und die Nationalstraße verliefen. Nach ca. 2 km scharfrechts
und über die AC-250 in Richtung N-550, etwas weiter scharf links und dann parallel zur Autobahn AP-9, die inzwischen die N-550
gekreuzt hat und nähergekommen ist. Danach ein Schlenker links-rechts-rechts und bis zur Autobahn, an dieser entlang,
noch nicht durch die erste, aber durch die zweite Unterführung. Dahinter links ab, durch lockere Bebauung, aber
noch viel Grün. En kleines Schild nach rechts verweist auf ein Café Fontina nur 30 m entfernt an der nahen N-550.
5 km. 10h18.
Dann läuft man durch die Ortschaft Forte mit Kirche, Cruceiro, usw. zum Schluss nach rechts zur N-550, links an ihr
vorbei und nach 300 m (erst die 2. Unterführung nehmen!) unter ihr her auf die andere Seite. Hier schaute ich mich nach
dem Hostal San Vicente um, denn wir hatten
gut 4 km hinter uns, aber nichts zu sehen. Eine Idee wäre ja, im Café zu fragen. Ich vermute, dass das Hostal
auf der N-550 noch etwas zurück in Richtung Sigüeiro liegt.
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Unter der N-550 her
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Fußpfad an der N-550
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10h22. Noch 11,2 km bis Santiago. Es kommen jetzt mehr Muschelsteine mit Entfernungsangaben.
Der Pilgerweg schlängelt nun einige Kilometer um die N-550 herum. Die Planer haben sich bemüht, dass man möglichst
wenig direkt an der N-550 herlaufen muss, denn der Randstreifen ist schmal, und die Lastwagen sind eine echte Gefährdung.
Es folgen zwei kurze Linksschwenks, wobei man jedes Mal wieder an der N-550 landet.
10h45.
Nach dem zweiten Mal kann man einen Fußpfad
hinter der Leitplanke bis zu einem Buswartehäuschen gehen. Dann wird's allerdings hinter der Leitplanke sehr schmal und
abschüssig, so dass man doch besser auf der Straße, links von der Leitplanke bleibt. Zum Glück geht es bald
endgültig rechts ab von der N-550.
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8 km. 11h10. Rechts liegt ein riesiger Schulkomplex. Es geht im Linksbogen steil hoch,
unter der Eisenbahn her, weiter hoch, in erneutem Linksbogen, bis man die Höhe erreicht hat. Hier holten wir das spanische
Paar ein, wo der Mann in Bruma so schlecht zurecht war.
Eine angenehme Umleitung
11h30. Noch 8 km bis Santiago, Halbzeit!
Gleichzeitig erreichten wir eine Stelle, wo es eine Umleitung gab. Nicht
mehr links ab in Richtung N-550, sondern geradeaus einen sehr schönen Waldweg entlang. Hier hielten wir kurz ein,
als hinter uns die ganze 40-köpfige Pfadfindergruppe von gestern auftauchte. Wir liefen nun mit einigen Teiltrupps
parallel und unterhielten uns auch etwas mit dem deutschen Begleiter.
An einem Bauernhof ging es unvermutet um diesen rechts herum. Hier kam die ursprüngliche Route von links,
deshalb stand der Muschelstein ungünstig. Ich frage mich aber, warum die "Umleitung" nicht zum offiziellen Weg
gemacht wird. Laut Wikiloc wäre man sonst nur mal wieder an der N-550 gelandet. Die neue Route ist viel schöner.
Hinter dem Hof geht es durch Wald, am Ende mit scharfem Knick nach links, und schon hat einen die N-550 wieder.
Besserer Verlauf möglich
11h40. Noch 7,3 km. Diesmal geht es auf einer Piste rechts neben der N-550 entlang, also ohne Gefahr, aber den Lärm kriegt man ab. Auch
hier frage ich mich wieder, warum der Pilgerweg nicht anders geführt wird. Wikiloc zeigt deutlich, dass man an
dem scharfen Knick auch hätte im Wald bleiben können, bis zu dem hässlichen Industrieviertel, in dem
man sowieso landet (das Ganze mit minimalem Umweg).
Durch ein übles Industrieviertel
Der Pilgerweg neben der N-550 knickt bei Erreichen des Industrieviertels Poligono industrial do Tambre
nach rechts ab. Vor einer Einfahrt lagerten
die Pfadfinder, die uns inzwischen alle überholt hatten, auf nassem Boden, seltsam. Wir folgten dem Rand des
Viertels weiter bis zu einer Straße. Gegenüber lag eine Fernfahrerbar. 12h18 Bar Poligono. Cola
und Toilette. 12h35 weiter. Es geht geradeaus über 2 Kreisverkehre. Die Bebauung
ist an Hässlichkeit nicht zu überbieten. Laut Netz liegt hier auch ein Hostal San Vicente, ist aber nicht
mit dem anderen, gleichnamigen, 4 km hinter Sigüeiro, zu verwechseln.
Durch die Vorstädte zur Praza da Paz
Es geht weiter geradeaus, an einem Friedhof entlang. Hier hatten sich die Pfadfinder untergestellt, denn es schüttete
nun sehr. Auf der rechten Seite folgte eine Kindertagesstätte. Dann kam ein sehr gefährliches Stück
(Rúa das Mulas),
schmal und ohne
Randstreifen. Die Autos sausten weiter unbeirrt dicht an uns vorbei. Ich atmete auf, als wir wieder Bebauung und
Bürgersteige erreichten. Man läuft an der Bar Miro, die links liegt, vorbei. Immer geradeaus weiter, kurz darauf nicht
halblinks in eine Seitenstraße, sondern halbrechts die Hauptrichtung weiter (Rúa do Tambre), an der Bar Andega Bello vorbei.
Dann 1 km hinter dem Friedhof, bei Haus 59 rechts ab und steil hoch (Rúa do Río).
(Man könnte statt dessen auch geradeaus weiter, käme dann aber nur über eine breite Fernstraße zur Praza da Paz.)
13h28. Noch 2,8 km.
Oben links und dann immer
geradeaus ein winkliges Vorstadtsträßchen (Camiño dos Vilares) entlang. Hier überholten uns wieder die Pfadfinder.
Urplötzlich sind schräg links die Türme der Kathedrale zu sehen. Kurz darauf in einem Linksbogen (mehrere Einmündungen)
nach unten. Bei einer Verzweigung halbrechts halten und weiter nach unten in den Park gegenüber.
Links liegt eine bemerkenswerte Mauer. Aber jetzt hatte uns die Unruhe kurz vor dem Ziel gepackt. Die Pfadfinder sangen
schon Ankommenslieder.
13h50.
Man läuft halbrechts diagonal durch den Park und kommt nach wenigen Minuten
an der Praza da Paz raus, schon wohlbekanntes Terrain. Hier verloren wir die Gruppe aus den Augen,
aber wir wollten ja ohnehin direkt zur Bar "La Campana" und liefen deshalb den uns bekannten Weg zum Busbahnhof
rückwärts.
Wikiloc schickt einen unterhalb der hier beschriebenen Wegeführung durch den Busparkplatz an der
Avenida de Xoán XXIII, aber ich finde diese Route nicht so günstig. Statt dessen gingen
wir von der Praza da Paz eine Straße höher rechts in die Rúa da Pastoriza
in Richtung Konvent der Hl. Klara. Erst jetzt, nach all den Jahren, fand ich hier die optimale Variante, den Busbahnhof anzusteuern,
die ich ab da immer ging und gehen
werde. Es ist kein großer Vorteil, aber man sieht, dass der Camino Inglés tatsächlich an der
Bar "La Campana" vorbeiführt (nicht nach meiner Fantasie, sondern so habe ich es auch auf offiziellen
Karten gesehen): Die Variante lautet, von der Rúa de Santa Clara hinter dem Zebrastreifen
halbrechts in die
Rúa dos Loureiros (ein Straßenschild kommt erst später) abzuzweigen. Die Stelle ist kaum
zu übersehen, praktisch die erste, wo man auch scharf rechts abbiegen kann. Rechts liegt
das Convento do Carme und links das Convento de Santa Clara.
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Rúa dos Loureiros
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Bar "La Campana" (links)
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Nun geht es etwas abwärts
immer geradeaus. Man erreicht an der nächsten Kreuzung schon die Altstadtgrenze, geht gegenüber in
die Rúa da Porta da Pena. Nur wenige Meter, dann liegt rechts, etwas abseits, der riesige Komplex
Igrexa de San Martiño Pinario. Man kann dann rechts gleich die Stufen hinunter in die Rúa
da Moeda Vella - und geradeaus ist schon die Seitenfront der Bar "La Campana". (Pilger gehen rechts an
ihr vorbei und erreichen so die Praza da Immaculada an der Kathedrale.)
14h15 lugen zwei tropfnasse Gestalten in weiten Regenumhängen bei Doña Josefina um die Ecke.
Wir gehen dann aber, wie es sich gehört, erst zur Kathedrale und danken für die gelungene Pilgerfahrt.
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Der deutsche Helfer macht ein Bild von uns. Aus Spaß habe ich es
als Titelbild gewählt, weil es so schön irreführt: Dies war der einzige Regentag, und danach
folgte wieder der brüllheiße Sommer. Aber an so einem Ausnahmetag kann ich immer meinen alten
Witz bei den entsetzten Galiciern anbringen: "Das soll Galicien im Sommer sein? Das ist doch Deutschland
im November!" Und sie schwören Stein und Bein, dass es sonst nie so ist (und haben ja mehr oder minder
recht).
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Die Pfadfinder vor der Kathedrale
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Hinter uns auf dem Platz toben die Pfadfinder im Regen.
Da es ein Heiliges Jahr war, konnte man auch durch die Heilige Pforte gehen. Als die Warteschlange mal nicht so lang
war, taten wir das auch. Es stellte sich heraus: Nur so konnte man in die Krypta und zur Apostelfigur. Der ganze Vorderteil
der Kathedrale war ansonsten durch ein hohes Gitter abgetrennt und nicht vom Hauptschiff aus zugänglich.
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Hier endet mein Bericht vom Camino Inglés. Wir nahmen dann bis zum Montag an dem 69. Spanischen
Esperanto-Kongress teil, flogen aber erst am Mittwoch wieder nach Hause.
Um sich am Dienstag nicht zu langweilen,
schlug ich Hedwig einen Ausflug zum Pico Sacro vor, der mich schon lange zu einem Besuch gereizt hatte.
Er liegt am Weg der letzten Etappe der Via de la Plata. - Da dieser Ausflug nichts mit dem Camino Inglés
zu tun hat, widme ich ihm eine eigene Seite, die alle die interessieren könnte, die entweder von der
Via de la Plata kommen und Zeit haben oder die von Santiago aus einen sehr lohnenswerten Ausflug machen wollen.
Letzte Überarbeitung: 29.09.2025